Schätze des Staatsarchivs Marburg
Schätze des Staatsarchivs
Diplom König Karls d. Gr. über die Erteilung von Privilegien (Schutz, freie Abtswahl, Beschränkung der bischöflichen Gewalt) für das Kloster Hersfeld, 5. Januar 775
Diplom König Karls d. Gr. über die Erteilung von Privilegien (Schutz, freie Abtswahl, Beschränkung der bischöflichen Gewalt) für das Kloster Hersfeld, 5. Januar 775
Dokument 1: KÖNIG KARL (DER GROSSE) VERLEIHT DEM KLOSTER HERSFELD SCHUTZ, BESCHRÄNKUNG DER BISCHÖFLICHEN GEWALT UND FREIE ABTSWAHL Pergamenturkunde mit Monogramm des Königs, das ehemals durchgedrückte Siegel fehlt, Kreuzschnitt. Urkunden Stift Hersfeld, 775 Januar 5, Quierzy.
Eine der ältesten Urkunden des Staatsarchivs, die erste für Kloster Hersfeld überlieferte Urkunde.
Druck: H. Weirich, Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld 1 (VHKH 19/1, 1936), Nr. 5.
PRIVILEG KÖNIG KARLS DES GROSSEN FÜR DAS KLOSTER HERSFELD



Quierzy 775 Januar 5
Ausfertigung. Pergament, 41 x 52 cm, durchgedrücktes Siegel fehlt
Bestand: Urk. Stift Hersfeld
Druck: H.Weirich (Bearb.), Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld 1. Bd. 1936 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck XIX,1)
Lit.: Ph. Hafner, Die Reichsabtei Hersfeld bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts 21936. – K. Heinemeyer, Hersfeld im frühen Mittelalter, in: ZHG 96, 1991, S: 17-33. – G. Heinemeyer, Hessen und Thüringen. Von den Anfängen bis zur Reformation. Ausstellungskatalog 1992, Nr. 109 S. 116

Sturmi, Schüler des hl. Bonifatius, hatte seit 736 mit zwei Gefährten in dem in der Einöde Buchoma liegenden Hersfeld als Einsiedler gelebt, bis er im Auftrage seines Lehrers im Jahre 744 das Kloster Fulda gründete. An der Stelle von Sturmis Einsiedelei gründete Lull, des Bonifatius Nachfolger auf dem Mainzer Bischofsstuhl, zwischen 765 und 775 sein Benediktinerkloster, ohne daß sich eine Siedlungskontinuität schlüssig beweisen ließe. Auf dem Reichstag zu Quierzy am Jahresbeginn 775 übergab Lull seine den Aposteln Simon und Judas Thaddaeus geweihte Stiftung dem Frankenkönig Karl dem Großen zu eigen.

Mit dem vorliegenden, sprachlich schwer verständlichen Diplom erteilte der König seinem Kloster weitgehende Privilegien: Er nahm es in seinen Schutz, beschränkte die Rechte weltlicher und geistlicher Amtsträger und verlieh ihm das Recht der freien Abtswahl. Hersfeld trat dadurch in die Reihe der Reichsklöster ein, wie vor ihm schon Fulda 765 bzw. 774 und Lorsch 772. Noch auf dem Reichstag zu Quierzy stattete der König Hersfeld wie die beiden älteren Reichsabteien zuvor mit zahlreichen und ansehnlichen Schenkungen von Rechten und Gütern aus, denen er später weitere folgen ließ. Allein die kirchliche Exemtion von der Gewalt des zuständigen Diözesanbischofs erhielt Hersfeld wie auch Lorsch im Gegensatz zu Fulda nicht. Es blieb also kirchlich seinem Diözesanbischof, dem Erzbischof von Mainz, unterstellt.

K.H.

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Diplom König Friedrichs I. für Graf Heinrich von Gudensberg über die Bestätigung der Güterschenkung für das Kloster Ahnaberg in Kassel, 3. Mai 1154
Diplom König Friedrichs I. für Graf Heinrich von Gudensberg über die Bestätigung der Güterschenkung für das Kloster Ahnaberg in Kassel, 3. Mai 1154
Dokument 2: KÖNIG FRIEDRICH I. (BARBAROSSA) BESTÄTIGT DEM NONNENKLOSTER ST. MARIEN ZU KASSEL (AHNABERG) DIE GÜTERSCHENKUNGEN DES STIFTERS, DES GRAFEN HEINRICH VON GUDENSBERG Pergamenturkunde mit Monogramm und durchgedrücktem Majestätssiegel. Urkunden Kloster Ahnaberg, 1154 Mai 3, Worms.
Druck: Schultze, Stifter, Klöster und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein (VHKH 9/2, 1913), S. 3f. Nr. 2. - Die Urkunden Friedrichs I. 1152-1158, bearb. H. Appelt (MG DD X,1, 1975), S. 123 Nr. 74.
Lit.: Die Zeit der Staufer [Ausstellung, Stuttgart 1977], Bd. 1, S. 20 Nr. 28, Bd. 3 Abb. 3.
DIPLOM KÖNIG FRIEDRICHS I. FÜR DAS STIFT AHNABERG Worms 1154 Mai 3



Ausfertigung. Pergament, 44 x 43 cm, durchgedrücktes Thronsiegel , d 8,3 cm
Bestand: Urk. Kloster Ahnaberg
Druck: MGH DF I Nr. 74; Abb. in: Hessen und Thüringen von den Anfängen bis zur Reformation,Ausstellungskatalog 1992, Nr. 221 S. 162
Lit.: W. Schick, Die Entstehung der Stadt Kassel. 1075 Jahre Kassel – 800 Jahre Stadt Kassel 1989 (Quellen und Perspektiven zur Entwicklung Kassels Bd. l) S.10. – K. Heinemeyer, Königshöfe und Königsgut im Raum Kassel 1971 (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte 33) S. 204 ff. – W.A. Eckhardt, Kaufungen und Kassel. Pfalz – Kloster – Stadt, in: Festschrift z. 60. Geburtstag von K.A. Eckhardt, hg. von O. Perst (Beiträge zur Geschichte der Werralandschaft und ihrer Nachbargebiete 12) 1961 S. 38 ff

Nachdem Kassel zuletzt unter König Heinrich II, genannt worden war, begegnet der Ort erst wieder in der Mitte des 12. Jahrhunderts in zwei im Staatsarchiv Marburg verwahrten Urkunden Erzbischof Heinrichs I. von Mainz von 1152 und König Friedrichs I. von 1154. Nach dem Bericht des hier ausgelegten königlichen Diploms haben Graf Heinrich Raspe II. von Hessen (Gudensberg), Bruder Landgraf Ludwigs II. von Thüringen, und seine Mutter (Hedwig) zur Ehre Gottes und der hl. Maria ein Augustinerstift in Kassel gegründet (zwischen 1140 und 1148); es ist unentschieden, ob als Doppelstift oder als Chorfrauenstift. Der König bestätigte auf Bitte des Grafen dem Stift dessen Güterschenkungen und verfügte, daß nur der die Vogtei über das Stift und seine Insassen ausüben dürfe, der sie vom König oder seinen Nachfolgern zu Lehen empfangen habe.

Das Stift lag im Norden von Kassel auf dem Ahnaberg, einer heute im Stadtbild nicht mehr erkennbaren kleinen Anhöhe im Winkel zwischen dem alten Lauf der Ahna und der Fulda. Ein Teil der von Heinrich Raspe II. übertragenen Besitzungen läßt sich als königlicher Grund und Boden ausweisen; er befand sich damals im Besitz der Ludowinger, die seit 1122 die Grafenrechte in Hessen ausübten und bis 1247 Thüringen und Hessen in ihrer Hand vereinigten.Vermutlich befand sich auch der Stiftsbezirk selbst als königliches Lehen im Besitz der Ludowinger.

Die landgräfliche Burg im Süden und das neu gegründete Stift im Norden waren die Eckpunkte, zwischen denen sich längs der Fulda die in den Urkunden von 1152 und 1154 genannte „villa“ in der Folgezeit zum landgräflichen Marktflecken entwickelte. Über die Marktkirche daselbst hatte Graf Heinrich Raspe II. dem Stift im Einvernehmen mit Erzbischof Heinrich I. von Mainz 1152 das Patronat ( „investituram „) übertragen. Auch sie besaßen die Ludowinger als königliches Lehen. Es handelte sich um die Altstädter Kirche, die 1526 abgebrochen wurde. Wie weit die Stadtwerdung Kassels damals gediehen war, ist unsicher, da der Ausdruck „villa“ mehrdeutig ist und archäologische Untersuchungen fehlen; „civitas“ (Stadt im Rechtssinne) wird Kassel erst in einer undatierten, spätestens im Juni 1189 ausgestellten Urkunde Landgraf Ludwigs III. genannt. Seit Erzbischof Adalbert I. von Mainz (1111-1137) bemühte sich das Erzbistum um den Aufbau eines geschlossenen Territoriums in Hessen. Die Ludowinger übernahmen seit Konrad III. für die ihnen eng verbundenen Staufischen Könige die Abwehr gegen Mainz im nördlichen Hessen. Mit dem Erwerb des von den Märkern von Ditmold im Habichtswald gestifteten Augustiner-Chorherrenstiftes Weißenstein (spätestens 1137) war Mainz gegen den an die Landgrafen von Thüringen verlehnten Königshof Kassel vorgestoßen. Zu ihren Abwehrmaßnahmen gehörte offenbar die Gründung des nur 6 km entfernten Stiftes Ahnaberg durch den Grafen von Hessen. Damit erhielten die Ludowinger zugleich die Gelegenheit, sich aus Eigengütern und königlichen Lehen in Kassel einen eigenen Herrschaftsbereich aufzubauen. Seitdem ging der Ort in das Eigentum der Landgrafen von Thüringen über. Die Urkunden von 1152 und 1154 sind die letzten Spuren königlicher Rechte in Kassel.

K.H.


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Diplom Kaiser Friedrich III. für Graf Philipp d. J. von Hanau über die Bestätigung von Priviliegien für die Städte Windecken, Hanau und Babenhausen. Regensburg, 29. Juli 1471
Diplom Kaiser Friedrich III. für Graf Philipp d. J. von Hanau über die Bestätigung von Priviliegien für die Städte Windecken, Hanau und Babenhausen. Regensburg, 29. Juli 1471
Dokument 3: KAISER FRIEDRICH III. BESTÄTIGT DEM GRAFEN PHILIPP DEM JÜNGEREN VON HANAU DIE KAISERLICHEN PRIVILEGIEN, INSBESONDERE FÜR SEINE STÄDTE WINDECKEN, HANAU UND BABENHAUSEN
Pergamenturkunde mit an roter Seidenschnur anhängendem Majestätssiegel (Münzsiegel). Urkunden Hanau, Ksl.Privilegien, 1471 Juli 29, Regensburg.
Lit.: Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493), hrsg. H.Koller, Heft 3, bearb. P: J.Heinig (1983), S. 84 Nr. 111.
KAISER FRIEDRICH III. BESTÄTIGT DEM GRAFEN PHILIPP DEM JÜNGEREN VON HANAU DIE PRIVILEGIEN,



1471 Juli 29, Regensburg Pergamenturkunde mit dem an roter Seidenschnur anhängenden Majestätssiegel
Best. Urkunden Hanau, Kaiserliche Privilegien
Lit.: Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493), hg. H. Koller, Heft 3, bearb. P.-J. Heinig (1983) S. 84 Nr. 111.

Für die Herren, seit 1429 Grafen von Hanau lassen sich im Spätmittelalter besonders enge Beziehungen zu den deutschen Königen nachweisen; sie gehören wie z. B. die Grafen von Katzenelnbogen oder die Grafen von Nassau zu den ‚königsnahen’ Familien des hohen Adels im Bereich des heutigen Landes Hessen. Die engen Beziehungen zum König seit dem Interregnum haben ihren Niederschlag in der großen Zahl von Königsurkunden – Belehungen, Privilegierungen, Verpfändungen, Bestallungen – , gefunden, die das Archiv der Grafen von Hanau im Staatsarchiv Marburg noch heute in Ausfertigung oder Abschrift bewahrt. Nur die Grafen von Katzenelnbogen und die Abtei Fulda können in der Zahl der Königsurkunden mit den Hanauern konkurieren. Mit der hier gezeigten Urkunde, ausgestellt in Regensburg am 29. Juli 1471, bestätigt Kaiser Friedrich III. dem Grafen Philipp dem Jüngeren von Hanau, dem Stammvater der Linie Hanau-Münzenberg, die wörtlich eingefügten (inserierten) Urkunden seiner Vorgänger, König Albrechts I. vom 1303 Februar 2, König Karls IV. von 1351 August 18 und Kaiser Sigismunds von 1434 Juni 15. Auf die Klage Graf Philipps, daß diese und andere von Kaiser Friedrich III. schon früher bestätigte Privilegien trotz der Verbote und der angedrohten Strafen unter Mißachtung seiner kaiserliche Obrigkeit nicht eingehalten würden, erneuert er darüber hinaus alle anderen Rechte und Privilegien, erklärt alle entgegenstehenden Privilegien für ungültig, gebietet nachdrücklich die Beachtung der Freiheiten, sichert Graf Philipp seinen besonderen Schutz zu und setzt bei Mißachtung eine Strafe von 50 Mark Gold fest, die je zur Hälfte die kaiserliche Kammer und Graf Philipp von Hanau erhalten sollen. Die Urkunde Kaiser Friedrichs III. unterscheidet sich in der äußeren Form von den beiden in der Ausstellung gezeigten Königsurkunden von 775 und 1154. Protokoll und Eschatokoll (Schlußprotokoll) sind nicht durch besondere Schrift ausgezeichnet und vom Kontext abgehoben; vielmehr ist der Text in einem geschlossenen Block geschrieben; nur in der ersten Zeile sind die Initiale „W“ des einleitenden „Wir“ und einige Großbuchstaben durch Verzierungen hervorgehoben.

Das große Format des Pergaments mit den breiten von der Schrift freigelassenen Rändern und der breite Umbug lassen zusammen mit dem an purpurner Seidenschnur anhängenden Majestätssiegel das kaiserliche Privileg besonders feierlich und repräsentativ wirken. Das Majestätssiegel Kaiser Friedrichs III.ist wie unter dessen Vorgänger Kaiser Sigismund als doppelseitiges Siegel, als sogenanntes Münzsiegel, gestaltet; Vorder- und Rückseite sind gleich groß. Die Vorderseite nimmt das seit der späten Ottonenzeit übliche Siegelbild des thronenden Herrschers in der zeitgemäßen spätgotischen Gestaltung wieder auf; umgeben ist er von den Wappen seiner Erbländer. Die Rückseite zeigt in einem Siebenpaß den doppelköpfigen Kaiseradler, der seit Kaiser Sigisrnund im kaiserlichen Wappen geführt wurde, während der einköpfige Adler dem König vorbehalten blieb.

H.P.L.



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Papsturkunde Gregors IX. über die Heiligsprechung der Landgräfin Elisabeth von Thüringen, Perugia 4. Juni 1235
Papsturkunde Gregors IX. über die Heiligsprechung der Landgräfin Elisabeth von Thüringen, Perugia 4. Juni 1235
Dokument 4: HEILIGSPRECHUNG DER LANDGRÄFIN ELISABETH VON THÜRINGEN DURCH PAPST GREGOR IX. Pergamenturkunde mit an Seidenfäden anhängender Bleibulle.
Urkunden Marburg, Deutschorden, 1235 Juni 4, Perugia. (Druck: A. Wyß, Urkundenbuch der Deutschordensballei Hessen I (1879), S. Slff. Nr. 54

HEILIGSPRECHUNG DER LANDGRÄFIN ELISABETH VON THÜRINGEN DURCH PAPST GREGOR IX.



Pergamenturkunde mit an Seidenfäden anhängender Bleibulle.
Urkunden Marburg, Deutschorden, 1235 Juni 4, Perugia.
Druck: A. Wyß, Urkundenbuch der Deutschordensballei Hessen I (1879), S.5lff. Nr.54.
Lit. und Abb.: Th. Franke in: Sankt Elisabeth. Fürstin, Dienerin, Heilige. Sigmaringen 1981, S.478ff.

Im Blick auf das Leben und Wirken Elisabeths von Thüringen (1207-1231) mag allenfalls die Schnelligkeit erstaunen, mit der ihre Heiligsprechung erfolgte. Nachdem die Landesfürstin wohl in der Nacht vom 16. zum 17. November des Jahres 1231 in ihrem Marburger Hospital an Entkräftung verstorben war, verstrichen noch nicht einmal vier Jahre, bis am Pfingstsonntag (27. Mai) 1235 die Kanonisierung feierlich vollzogen wurde. Die Urkunde ( „Bulle „) Papst Gregors IX. schloß den Vorgang formgerecht ab.

Sie entspricht in ihrer äußeren Form und in ihrem Formular nicht dem zeitgemäßen feierlichen Privileg der Päpste, sondern dem schlichteren Typus der päpstlichen Littera. Dabei fungiert sie sowohl als päpstliches Mandat, den Festtag der Heiligen zu feiern, wie auch als Gnadenerweis mit der Gewährung eines Ablasses für all jene, die das Grab Elisabeths aufsuchen. Auffällig ist auch die kunstvolle, mit Metaphern und rethorischen Elementen überfrachtete Sprache. Es ist dies allerdings nur eine Urkunde von vielen, die das Ereignis publizieren sollten, 11 Ausfertigungen sind nachweisbar. Die Eile und das Bemühen um Publikation werden vor dem Hintergrund eines politischen Programmes und machtpolitischer Auseinandersetzungen verständlich. Alle 11 bekannten Papsturkunden sind der Überlieferung des Deutschen Ordens zuzurechnen. Er war es, der das von Elisabeth 1228 in Marburg begründete Hospital schon 1234 samt zugehöriger Patronatsrechte über die Pfarrkirche der Stadt übernahm, hier nach ihrem Tode einen monumentalen Kirchenbau, die heutige Elisabethkirche errichtete und abgesehen von einer strittig bewerteten Bedeutung der Grabstätte bzw. Kirche der Heiligen als Wallfahrtsort die Marburger Kommende zu einer der bedeutendsten Deutschordensniederlassungen in Deutschland entwickelte. Elisabeth wurde schließlich gar zur Patronin Hessens und seines Fürstenhauses. Die Grablege der hessischen Landgrafen ist in der Elisabethkirche noch heute zu besichtigen.

W.M.

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Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert
Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften mit ältester Messe zum Fest der Heiligen Elisabeth, 15. Jahrhundert

Dokument 5: MESSE ZUM FEST DER HL.ELISABETH Zwei Doppelblätter aus Missalhandschriften des 15. Jahrhunderts, wohl aus ehemaligem Deutschordensbesitz. Enthalten: Introitus und Psalmvers: „Gaudeamus omnes ... „, die Lesung aus Sprüche Salomonis (31, 10-31): „Mulierem fortem ...“, und den Beginn der Elisabeth-Sequenz „Gaude Syon ... . - Abgelöst von Trappenei-Rechnung 1636 (Bestand 106b Nr. 3) und dem „Inventarium der [Eppsteinschen] Register 1593 (Bestand 40f Nr. 285).
Lit.: F. Rädle, Älteste Messe der hl. Elisabeth (in: St. Elisabeth. Fürstin, Dienerin, Heilige, hrsg. Philipps-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde, 1981, S. 528 Nr. 149).

MESSE ZUM FEST DER HL. ELISABETH



Zwei Doppelblätter aus Missalehandschriften des 15. Jahrhunderts, H. 33, 7 cm, B. 24 crn Pergament. Abgelöst van Trappenei-Rechnung 1636 (Bestand 106b Nr. 3) und dem Inventarium der [Eppsteinschen] Registe 1593 [Bestand 40f Nr. 285].
Lit.: F. Rädle, Älteste Messe der hl. Elisabeth, in: St. Elisabeth, Fürstin, Dienerin, Heilige, Marburg 1981, S. 528 Nr. 149.

Die beiden Blätter mit roten und blauen Initialen und mit roten Überschrifiten, die den Text gliedern, stammen aus zwei verschiedenen Missale-Handschriften des ausgehenden Mittelalters Ein Missale vereinigt alle Texte, die während eines Kirchenjahres bei der Meßfeier gelesen oder gesunden werden. Man unterscheidet die Texte, die bei jeder Messe gleich lauten (Ordo missae), von den Texten, die je nach dem Festtag zu diesem Grundbestand hinzukommen. Man findet sie im Proprium de Tempore oder im Proprium de Sanctis. Die Meßtexte zu Ehren bestimmter Heiliger an ihrem von der Kirche festgelegten Datum bestehen manchmal nur aus einer Oration und einem Zwischengesang (einer Sequenz) zwischen Epistel und Evangelium. Die übrigen Meßoffizien werden den Messen für allgemeine Heiligengruppen, dem Commune Sanctorum entnommen. Die beiden ausgestellten Blätter enthalten die „Messe zum Fest der hl. El.isabeth“ in zwei unterschiedlichen Versionen: eine ausführliche und eine knappe Form, in der durch Hinweise auf die Texte aus der „Messe für eine hl. Frau, die nicht Märtyrin war“ verwiesen wird. Die „Elisabethmesse“ beginnt auf dem linken Exponat (fol. 1r Zeile 10 der ersten Spalte) mit dem gebräuchlichen Introitus ( „Gaudeamus om[ne]s in d[omi]no ...“, der Name der Heiligen wird jeweils eingesetzt) und dem Anfang des 44. Psalms. Es folgt ein zweiter Introitus, der sich nicht nur auf den Festtag der hl. Elisabeth bezieht ( „Dilexisti iustitiam ... „), sondern auch während der Oktav, der Woche nach dem 19. November, benutzt werden konnte. Die Lesung, der Lobpreis der starken Frau aus den Sprüchen Salomonis (31,10-31 ), hingegen ist der „Messe für eine heilige Frau, die nicht Märtyrin war“ entnommen. Auf der Rückseite (fol. 1v) folgen das Graduale und der für die Fastenzeit bestimmte Tractus; vor dem Evangelium (Matthäus 13,44-52) erklingt die berühmte, nur zu Ehren der hl. Elisabeth geschriebene Sequenz. Die 16 Strophen dieses Liedes standen sicherlich in einem speziellen Hymnenbuch, so daß auf dem vorliegenden Blatt nur die Anfangsworte „Gaude Syon“ zu lesen sind. Auf den beiden anderen Seiten dieses Doppelblattes stehen Texte aus dem generellen Commune Sanctorum. Das rechte Exponat zeigt eine Seite (fol . 2v) aus dem Proprium de Sanctis. Nach einigen Zeilen aus der Messe zu Ehren des hl. Papstes Martin (12. Nov.) beginnt in Zeile 17 die Messe zum Fest der hl. Elisabeth (19. Nov.) jeweils mit den Hinweisen auf die Texte aus dem Commune Sanctorum. Schon in der 6. Zeile der rechten Spalte folegen die Texte zum Festtag der hl. Caecilia (22. Nov.), für die auch die gesungene Communio bestimmt ist. Die drei verdeckten Seiten des Doppelblattes enthalten Meßtexte zu Ehren der hl. Apostel Simon und Judas und des hl. Bischofs Martin mit einer schönen Notenschrifit der Martinssequenz.

NN



































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Urkunde der Herzogin Sophie von Brabant und ihres Sohnes Landgraf Heinrich über die Erteilung von Privilegien (Schutz und Bestätigung der Schenkungen) für das Deutsche Haus in Marburg, 3. Dezember 1265
Urkunde der Herzogin Sophie von Brabant und ihres Sohnes Landgraf Heinrich über die Erteilung von Privilegien (Schutz und Bestätigung der Schenkungen) für das Deutsche Haus in Marburg, 3. Dezember 1265
Dokument 6: HERZOGIN SOPHIE VON BRABANT NIMMT MIT ZUSTIMMUNG IHRES SOHNES LANDGRAF HEINRICH DAS DEUTSCHE HAUS IN MARBURG IN IHREN SCHUTZ Pergamenturkunde mit den an Seidenfäden anhängenden Siegeln der Landgräfin Sophie und Landgraf Heinrichs.
Urkunden Marburg, Deutschorden, 1265 Dezember 3, Marburg.
Druck: Wyß I [wie oben zu Nr. 4], S. 167 Nr. 216.
HERZOGIN SOPHIE VON BRABANT NIMMT DEN DEUTSCHEN ORDEN IN IHREN SCHUTZ



1265 Dezember 3, Marburg Pergamenturkunde mit den an Seidenfäden anhängenden Siegeln der Herzogin Sophie und des Landgrafen Heinrich
Best. Urkunden Marburg, Deutschorden
Lit.: Wyß I [wie oben zu Nr.4] S. 167 Nr. 216.

Nach Beendigung des thüringisch-hessischen Erbfolgekrieges 1264 kam es im Laufe des Jahres 1265 auch zu einer Regelung der Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Orden und den Landgrafen. Dabei nahm Sophie, „Tochter der heiligen Elisabeth, Witwe des Herzogs von Brabant“, in einer Urkunde vom 3. Dezember 1265 den Deutschen Orden, besonders aber dessen Haus in Marburg, wo ihre Mutter begraben liegt, zum Dank für die der heiligen Elisabeth erwiesene Verehrung in ihren besonderen Schutz und bestätigte den Ordensbrüdern alle Schenkungen, die ihnen ihre Mutter, die hl. Elisabeth, die Landgrafen Heinrich und Konrad, ihre Vatersbrüder, sowie ihr Bruder, Landgraf Hermann, gemacht hatten.

Eine völlig gleichlautende Urkunde hatte Herzogin Sophie dem Deutschen Orden am 23. April 1248 ausgestellt; zwei der Zeugen aus der Urkunde von 1248, der Kaplan der Herzogin, Walter, und der Deutschordensbruder Ludwig von Naumburg, sind auch Zeugen in der Urkunde von 1265.

Besiegelt ist die Urkunde von der Herzogin Sophie und dem Landgrafen Heinrich. Das Siegel der Sophie, das auch bereits an der Urkunde von 1248 hängt, zeigt auf der Vorderseite die zur Falkenjagd reitende Herzogin, den Falken auf der Hand, auf der Rückseite einen nach rechts aufgerichteten Löwen. Die Umschrift lautet: S(IGILLVM) SOPHIE FILIE S(AN)N)(T)E ELIZABET DVCISSE BRABANCIE und auf dem Rücksiegel weitergehend: ET DOMINE HASSYE. Das große Siegel führte Sophia, wie die Umschrift ausweist, bereits als Herzogin in Brabant; es wurde nach 1247 durch das Rücksiegel ergänzt, das den Anspruch Sophies auf Hessen zum Ausdruck brachte. Das Siegel Landgraf Heinrichs zeigt einen nach links aufgerichteten Löwen mit der Umschrift; S(IGILLVM) SEC(RE)TV(M) HEN(RIC)I DE TORI(N)GIA F(RAT)RIS DVC(IS) B(RA)BA(N)TIE: Dabei ist eine antike Gemme als Siegel für den jungen Landgrafen mit einer neuen Umschrift gefaßt worden. Auch hier bringen das Siegelbild und die Umschrift den Anspruch Heinrichs auf das großväterliche ludowingische Erbe zum Ausdruck. Landgraf Heinrich stellte dem Deutschen Orden am 3. Dezember 1265 ebenfalls eine Schutz urkunde aus, die bis auf die Änderungen, die durch den anderen Aussteller bedingt sind, wörtlich mit der Urkunde seiner Mutter übereinstimmt. Auch an dieser Urkunde hängen die Siegel der Herzogin Sophie und des Landgrafen Heinrich an Seidenschnüren an.

H.P.L.

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Statutenbuch des Deutschen Ordens mit Handzeichnung eines Ordensritters. Pergamenthandschrift mit farbigen Abbildungen, nach 1606
Statutenbuch des Deutschen Ordens mit Handzeichnung eines Ordensritters. Pergamenthandschrift mit farbigen Abbildungen, nach 1606
Dokument 7: STATUTENBUCH DES DEUTSCHEN ORDENS Pergamenthandschrift mit farbigen Abbildungen. Aufgeschlagen: Ordensritter.
Geschrieben nach 1606.
Bestand H Nr. 83.
STATUTENBUCH DES DEUTSCHEN ORDENS



Pergamenthandschrift mit farbigen Abbildungen: Geschrieben nach 1606.
Bestand H Nr. 83.
Zit.: H. Noflatscher, Maximilian der Deutschmeister (1558-1618), Marburg 1987 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 11), S: 273 ff.; Der Deutsche Orden in Hessen, Ausstellungskatalog, Marburg 1983, Nr. 100, S. 60, m. Abb. auf S. 61.

Die Handschrift enthält die auf dem Generalkapitel zu Mergentheim 1606 reformierten und neu beschlossenen Statuten des Ordens. Es handelt sich bei der vorliegenden Handschrift offensichtlich um das für die Ballei Hessen bestimmte Musterexemplar, mit beigefügten farbigen Zeichnungen der Kleidung für Ordensritter und Ordens­priester sowie der Ordenskreuze (vgl. Noflatscher S. 278!).

H.L.

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Modell eines Deutschordenskreuzes aus schwarzem Atlas mit silbernem Rand, 1741
Modell eines Deutschordenskreuzes aus schwarzem Atlas mit silbernem Rand, 1741
Dokument 8: MODELL EINES DEUTSCHORDENSKREUZES
Schwarzer Atlas, mit Silber gefaßt, 1741.
Bestand 106a/1 Nr. 94.
MODELL EINES DEUTSCHORDENSKREUZES



Schwarzer Atlas, mit Silber gefaßt, 1741.
Bestand 106 a/1 Nr. 94.
Lit.: B. Dudik, Des Hohen Deutschen Ritterordens Münzsammlung (1858, Neudruck 1966), S. 64 ff.; Der Deutsche Orden in Hessen, Nr. 128 b S. 70 f.

Das Kreuz war von den Komturen und Ordensrittern ständig auf der linken Brustseite ihrer Kleidung zu tragen. In der Begründung des Hoch- und Deutschmeisters, Kurfürst Clemens August, für die Neuerung (Brühl 1741 Mai 7) wird auf das Vorbild der Malteser verwiesen; bei der bisherigen Trageweise (als Halskreuz) werde das Kreuz durch Kamisol und Rock öfters verdeckt. Neben dem gewöhnlichen Kreuz für die Komture und Ritter gab es noch eine besondere Ausführung für die Landkomture (Reskript des Hoch- und Deutschmeisters, Augustusburg 1741 Juni 22).

H.L.

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Siegel und Siegelstempel des Marburger Komturs des Deutschen Ordens, geführt von 1296 bis 1809
Siegel und Siegelstempel des Marburger Komturs des Deutschen Ordens, geführt von 1296 bis 1809
Dokument 9: SIEGELSTEMPEL DES MARBURGER KOMTURS
13. Jahrhundert, Griff und Holzkapsel aus jüngerer Zeit.
Bestand Slg. 5: Siegelstempel VIIIb Nr. 3 und abgefallene Siegel Nr. 1109.
SIEGELSTEMPEL DES MARBURGER KOMTURS



13. Jahrhundert, Griff und Holzkapsel aus jüngerer Zeit. Bestand Slg. 5: Siegelstempel VIII b Nr. 3 und abgefallene Siegel Nr. 1109° Lit.: Der Deutsche Orden in Hessen, Nr. 32 f. s . 33 f .

Der Siegelstempel wurde von 1296 bis zur Aufhebung des Ordens 1809 gebraucht. Das Siegelbild zeigt das Brustbild einer weiblichen Heiligen (hl. Elisabeth), die eine brennende Lampe und ein Buch hält; die Umschrift lautet: + S(IGILLVM) • CONMENDATORIS • IN • MARBURG.

H.L.

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Fragment eines Nekrologs des Deutschordenshauses in Marburg. Pergamenthandschrift, geführt um 1320 bis 1531 (bzw. 1627)
Fragment eines Nekrologs des Deutschordenshauses in Marburg. Pergamenthandschrift, geführt um 1320 bis 1531 (bzw. 1627)
Dokument 10: FRAGMENT EINES NEKROLOGS DES DEUTSCHORDENSHAUSES MARBURG
Pergamenthandschrift, um 1320 (fortgeführt bis 1627).
Aufgeschlagen: November (mit dem Fest der HLElisabeth).
Lit.: Wyß [wie oben zu Nr. 4] III Nr. 1290.
FRAGMENT EINES NEKROLOGS DES DEUTSCHORDENSHAUSES MARBURG



Pergamenthandschrift, um 1320 (fortgeführt bis 1627). Bestand K 286.
Aufgeschlagen: November (mit dem Fest der Hl. Elisabeth).
Lit.: A. Wyß, Urkundenbuch der Deutschordensballei Hessen III Nr. 1292.

Der Nekrolog enthält Einträge über den Tod von Ordensangehörigen (Ordensritter, unter ihnen Amtsträger, wie Komture, Trappiere, Vögte, aber auch des Gesamtordens, wie Hochmeister; Ordenspriester; Ordensschwestern) sowie von Stiftern und Wohltätern. Bestimmte Stiftungen waren mit hohen Festtagen des Ordens verknüpft, so etwa die Stiftung eines jährlichen Geldbetrages seitens der Königin Agnes von Ungarn mit dem Tag der hl. Elisabeth (19. November).

H.L
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Historische Karte der Landgrafschaft Hessen in Gerhard Mercators Atlas, 1595
Historische Karte der Landgrafschaft Hessen in Gerhard Mercators Atlas, 1595
Dokument 11: KARTE DER LANDGRAFSCHAFT HESSEN
Hessen in Gerhard Mercators „Atlas“, 1595
Bestand Karten P II Nr. 9597.
Lit.: F.Wolff, Hessen im Bild alter Landkarten. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive 1988, S. 6 Nr. 3.
KARTE DER LANDGRAFSCHAFT HESSEN



Hessen in Gerhard Mercators ‚Atlas’, 1595.
Bestand Karten P II Nr. 9597.
Lit.: F. Wolff, Hessen im Bild alter Landkarten. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive 1998, S. 6 Nr. 3. F. Wawrik, Berühmte-Atlanten, Dortmund 1982

Die Karte der Landgrafschaft Hessen – „Hassia Landgraviatus“ des berühmten Duisburger Kartographen Gerhard Mercator wurde 1585 zum ersten Male veröffentlicht; in unveränderter Form wurde sie in den 1595 erschienenen „Atlas“ aufgenommen und in den folgenden Auflagen nachgedruckt. Sie zeigt den geographischen Raum Hessen in verengter Form, hervorgehoben ist durch die übrigens ungenaue Grenzkolorierung das Niederfürstentum (Hessen-Kassel), während die anderen durch die Teilung des Landes nach dem Tode des Landgrafen Philipp 1567 entstandenen Territorien an den Rand gerückt sind wie das Oberfürstentum (Hessen-Marburg, auf der Karte als „Fürstenturn an der Lon“ bezeichnet) oder überhaupt außerhalb des Kartenbildes liegen, wie die alte Obergrafschaft, nun Hessen-Darmstadt, oder die Grafschafv Nidda am südlichen Vogelsberg. Gegenüber der älteren Karte des Hessenlandes von Dryander, die zuerst 1550 in der „Cosmographie“ von Sebastian Münster und dann in verbesserter Form 1579 von Ortelius veröffentlicht wurde, stellt die Mercator-Karte einen unbestreitbaren Fortschritt dar. Trotzdem weist sie noch zahlreiche Fehler auf – nicht nur in der unkorrekten Grenzkolorierung, die ja nicht dem Kartenmacher, sondern dem Illuminator anzulasten ist, sondern vor allem in der Zeichnung des Gewässernetzes: die Wohra mündet nicht bei Kirchhain in die Ohm, sondern fließt nach Norden in die Eder ab, die Lahn macht zwischen Marburg und Gießen einen weiten Bogen nach Osten, so daß Grünberg in Uferlage kommt, der Zusammenfluß von Eder und Fulda ist stark verzerrt dargestellt. Im Jahr der Erstveröffentlichung der Mercatorkarte 1585 hat Landgraf Wilhelm IV. Gerhard Mercators Sohn Arnold den Auftrag zu einer exakten Neuaufnahme seines Landes gegeben. Die auf der genauen Vermessung beruhende Karte wurde von dessen Sohn 1592 vollendet und ist nur in einem großformatigen handgezeichneten Exemplar erhalten. Die Ergebnisse der Neuaufnahme sind erst in späteren Auflagen des Mercator-Atlas berücksichtigt worden.

F.W
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Fragment aus der Hessischen Chronik von Wigand Gerstenberg mit grafischer Darstellung einer hessischen Regententafel, Ende 15. Jahrhundert
Fragment aus der Hessischen Chronik von Wigand Gerstenberg mit grafischer Darstellung einer hessischen Regententafel, Ende 15. Jahrhundert
Dokument 12: HESSISCHE REGENTENTAFEL
Eigenhändig von dem hessischen Chronisten Wiegand Gerstenberg aus Frankenberg, fortgeführt bis auf Philipp den Großmütigen.
Ende 15. Jahrhundert, Fragment. Bestand 147 Genealogien.
Lit.: C. Knetsch, Das Haus Brabant, Darmstadt [1918-1931], S. 6 Anm.
HESSISCHE REGENTENTAFEL



Eigenhändig von dem hessischen Chronisten Wiegand Gerstenberg aus Frankenberg, fortgeführt bis auf Philipp den Großmütigen
Ende 15. Jahrhundert, Fragment,
Bestand 147 Genealogien
Lit.: C Knetsch, Das Haus Brabant, Darmstadt [1918-1931], S. 6 Anm.

H.P.L.

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Vertrag der Erbeinigung zwischen Wilhelm, Ludwig, Philipp und Georg, den vier Söhnen des Landgrafen Philipp von Hessen, 28. Mai 1568
Vertrag der Erbeinigung zwischen Wilhelm, Ludwig, Philipp und Georg, den vier Söhnen des Landgrafen Philipp von Hessen, 28. Mai 1568
Dokument 13: DIE VIER SÖHNE LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN WILHELM, LUDWIG, PHILIPP UND GEORG VON HESSEN TEILEN DIE LANDGRAFSCHAFT
Libell mit den anhängenden Siegeln der vier Landgrafen von Hessen und der Landstände. Urkunden, Verträge der Landgrafen untereinander, 1568 Mai 28, Ziegenhain.
Lit.: K. E. Demandt, Die hessische Erbfolge in den Testamenten Landgraf Philipps des Großmütigen und der Kampf seiner Nebenfrau um ihr Recht (in: Hess. Jahrbuch für Landesgeschichte 17, 1967), S. 138-190.
ERBEINIGUNG ZWISCHEN DEN VIER SÖHNEN LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN VON HESSEN WILHELM, LUDWIG, PHILIPP UND GEORG



Druck: G. Hollenberg (Hrsg.), Hessische Landtagsabschiede 1526-1603, Marburg 1994 (VHKH 48,5), Nr. 42 e.
Urkunden, Verträge der Landgrafen untereinander, 1568 Mai 28, Ziegenhain. Libell mit den anhängenden Siegeln der Landgrafenbrüder, der Grafen Philipp von Waldeck und Ludwig von Sayn-Wittgenstein, des Landkomturs, der Universität Marburg und von 13 Rittern und 10 Städten.

In den Testamenten von 1536, 1539, 1542, 1545, 1547 und 1557 hatte Landgraf Philipp die Landgrafschaft ungeteilt seinem ältesten Sohn übergeben wollen. Nachdem aber Margarethe von der Saale, seine 1539 geheiratete Nebenfrau, im Jahre 1560 eine Versorgung ihrer Söhne mit abgetrennten Gebietsteilen erreicht hatte, konnte der Landgraf die legitimen jüngeren Söhne nicht schlechter stellen. So bestimmte er in seinem letzten Testament von 1562, daß die vier Söhne, wenn sie nicht gemeinsam regieren wollten, die Landgrafschaft in einer genau spezifizierten Weise unter sich aufteilen sollten.

Nach dem Tode des Landgrafen (31. März 1567) wählten die Söhne, die noch gemeinsam die Landeshuldigung entgegennahmen, die vorgezeichnete Teilungsoption. Ein förmlicher Vertrag über die Landesteilung existiert nicht. Rechtsgrundlage der Teilung war das Testament selbst. In mehreren Verträgen regelten die Brüder aber zahlreiche Einzelfragen, die bei der Ausführung der Teilung auftauchten, zunächst vor allem die Teilung der Schulden, der Landessteuern, der Wertsachen in den Schlössern, der Geschütze und der Urkunden. Die vorliegende „Erbeinigung“ von 1568 hatte dagegen – so die Präambel – nicht eine Teilung, sondern die Erhaltung der Einigkeit zum Ziele.

Der Vertrag enthält 8 Artikel. Diese betreffen (1.) den evangelischen Konfessionsstand und die gesamthessischen Synoden, (2.) die Erhaltung der Stiftungen Landgraf Philipps: Universität, Stipendiatenanstalt, Hospitäler, Armenfonds ( „Kasten „) und Siechenhäuser, (3.) die Amtshilfe bei Strafverfolgungen und die gesamthessischen Gerichte, (4.) den Ausschluß weiblicher Erbfolge, den Samtlehnsempfang, die Versorgung der bei Aussterben einer Linie hinterlassenen Töchter und Witwen und die Erhebung der Fräuleinsteuer, (5.) das Verbot der Veräußerung und Verpfändung von Land und Leuten ohne Zustimmung der Agnaten, (6.) die anteilige Beteiligung an Prozessen vor Reichsgerichten und an Reichssteuern, (7.) die gemeinsame Verwaltung des Guldenweinzolls sowie (8.) die Friedens- und Beistandspflicht und die Bildung eines Schiedsgerichts.

Die Erbeinigung wurde den Landständen nicht förmlich zur Billigung vorgelegt. Aber „zu mehrer Sicherheit ewiger Bekantnus und stetiger Bevestigung“ wurde sie von den oben genannten 2 Lehnsfürsten und 25 ausgewählten Landständen mitbesiegelt. Gleichwohl hatte die angestrebte erbliche Einigkeit über die Lebenszeit der Landgrafenbrüder hinaus keinen Bestand, und nur wenige der gemeinsamen Einrichtungen überdauerten den Marburger Erbfolgestreit von 1604-1648.

G.H.

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Hessisches Wappenbuch mit grafischer Darstellung der Anordnung der Wappen aus dem 16. Jh. im Rittersaal des Rotenburger Schlosses. Nachzeichnung, 18. Jahrhundert
Hessisches Wappenbuch mit grafischer Darstellung der Anordnung der Wappen aus dem 16. Jh. im Rittersaal des Rotenburger Schlosses. Nachzeichnung, 18. Jahrhundert
Hessisches Wappenbuch mit grafischer Darstellung der Anordnung der Wappen aus dem 16. Jh. im Rittersaal des Rotenburger Schlosses. Nachzeichnung, 18. Jahrhundert
Dokument 14: HESSISCHES WAPPENBUCH
Zusammenstellung der Wappen, die 1577/78 von Landgraf Wilhelm IV. im Rittersaal dcs Rotenburger Schlosses angebracht wurden.
Nachzeichnung, 18. Jahrhundert.
Aufgeschlagen: „Ordnung deren Wappen in dem Ritter-Saal [des Schlosses zu Botenburg]“ (links), Hessisches Wappen, 16. Jahrhundert (rechts).
Bestand H Nr. 113g.
HESSISCHES WAPPENBUCH



„welches für des durchlauchtigsten Fürsten und Herren Herrn Constantin Landgraf zu Hessen ... fürstliches Hofarchiv allhier zu Rotenburg mit allem Fleiß gefertiget worden im Jahr 1757-1778, demnächst aber bei der Erbfolge des durchläuchtigsten Fürsten und Herrn Emanuel Landgrafen zu Hessen continuiert und geendiget in dem Jahre 17..“
Best.: H Nr.113 g.
Lit.: Hans Ortmüller: Kurze Geschichte des landgräflichen Schlosses in Rotenburg a. d. Fulda, in: ZHG Bd. 81, S. 5-59.

Der im Jahre 1570 von Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel in Rotenburg begonnene Schloßbau besaß in seinem Parkflügel einen Rittersaal, der sich in der Länge auf 102 Mannsschritte erstreckte und nächst dem königlichen Saal in Prag als größter Saalbau im Deutschen Reich galt. 1627 kam Rotenburg mit seinem Schloß in den Besitz der landgräflichen Nebenlinie

Hessen-Rotenburg, ab 1648 Hessen-Rheinfels-Rotenburg genannt. Die begrenzten Mittel dieser sich weiter verzweigenden Nebenlinie, die zudem nicht ständig in Rotenburg residierte, führte zu einem allmählichen Verfall des Schlosses. 1790 wurden der Fuldaflügel mit der Schloßkapelle und der Parkflügel mit seinem Rittersaal abgebrochen. Nur der Fuldaflügel wurde danach wieder aufgebaut, so daß das Schloß seither als eine sich zum Park hin öffnende Dreiflügelanlage erscheint. In dem mit dem Parkflügel verschwundenen Rittersaal hatte Landgraf Wilhelm IV. 1577/78 die hessischen Landeswappen sowie die Wappen des hessischen Adels und der Städte anbringen lassen. 180 Jahre später erteilte Landgraf Consantin von Hessen-Rheinfels-Rotenburg den Auftrag, diese Wappen in Nachzeichnungen festzuhalten. Trotz der langjährigen, sich noch bis in die Regierungszeit des Landgrafen Carl Emanuel erstreckenden Bearbeitungsdauer ist das umfangreiche Werk nie beendet worden. Zahlreiche Wappen fehlen, von einigen sind nur die Umrißzeichnungen vorhanden. Die aufgeschlagenen Seiten zeigen links die „Ordnung deren Wappen in dem Ritter-Saal“ und rechts das hessische Wappen des 16. Jahrhunderts.

U.L
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Schmähbrief mit Schandbild des Grafen Erwin von Gleichen zu Blankenstein gegen den Ritter Werner von Hanstein, 14. März 1468
Schmähbrief mit Schandbild des Grafen Erwin von Gleichen zu Blankenstein gegen den Ritter Werner von Hanstein, 14. März 1468
Dokument 15: SCHEUBRIEF DES RITTERS WERNER VON HANSTEIN AN DEN GRAFEN ERWIN VON GLEICHEN, HERRN ZU BLANKENSTEIN
Papier, koloriert, 1468 März 14.
Bestand 2: Auswärtige Beziehungen Grafen von Gleichen.
Lit.: Scheltbriefe und Schandbilder. Ein Rechtsbehelf aus dem 15. und 16. Jahrhundert, gesammelt und erläutert von Otto Hupp (1930), S. 20f.
SCHELTBRIEF DES GRAFEN ERWIN VON GLEICHEN, HERRN ZU BLANKENSTEIN, GEGEN DEN RITTER WERNER VON HANSTEIN



Papier, koloriert, 1468 März 14.
Bestand 2: auswärtige Beziehungen Grafen von Gleichen.
Lit.: Scheltbriefe und Schandbilder. Ein Rechtsbehelf aus dem 15. und l6.Jahrhundert, gesammelt und erläutert von Otto Hupp (1930), S.20f.

Schelt- und Schmähbriefe dienten im späten Mittelalter als „Rechtsbehelf „. Wenn ein Beschuldigter sich seinem Richter entzog oder ein gesprochenes Urteil gegen ihn nicht durchgesetzt werden konnte, war die öffentliche Verunglimpfung des Gegners für den Geschädigten mitunter ein letzter, im Grunde schon ohnmächtiger Versuch, zu „seinem Recht“ zu kommen. Einen solchen Schmähbrief richtete Erwin Graf von Gleichen am 14.März 1468 an den Ritter Werner von Hanstein.

Erwin V. war der Sohn des Grafen Ernst, der 1432 die Stadt Remda im Nordwesten Rudolstadts von den Grafen von Schwarzburg gekauft hatte und hier lebte. Werner von Hanstein gehörte dem alten Geschlecht des Eichsfeldes an, dessen Stammsitz die Burg Hanstein bei Witzenhausen war. Der Streit ging um nicht bezahlte Schulden.

Was jener Graf nun an Schmähungen zu bieten hatte, spricht auf dem gezeigten Stück zunächst durch die bildhafte Darstellung weitgehend für sich selbst: Ein rittlings auf einem Esel sitzender Reiter, in welchem der Autor seinen Kontrahenten sieht, drückt sein Siegel – wie das Spruchband erläutert – „disser mern vor ire spaldin“, mehr also ist das Siegel des Geschmähten nicht wert! Darüber hinaus fällt die Derbheit des verwendeten Vokabulars ins Auge. Sie wendet sich nicht nur gegen den Hansteiner selbst (rotbertigk rodritter, schalgk vnd beßewicht) und seine Missetaten (gelogen, truwebruchigk), sondern verunglimpft in zeitlos übler Manier auch dessen Mutter (daz dich eyn hure uß der meter gasse zcu Erffurt vorwechseld habe in der wigin). Derartige sprachliche Rohheiten, die selbstverständlich zunächst dem Zorns des Autors anzurechnen sind, waren für die Sprache der Zeit allerdings keineswegs ungewöhnlich.

W.M.

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Schmähbrief mit Schandbild der Brüder von Gladbeck gegen Friedrich von Niehausen und dessen Bürgen, 1526
Schmähbrief mit Schandbild der Brüder von Gladbeck gegen Friedrich von Niehausen und dessen Bürgen, 1526
Dokument 16: SCHMÄHBRIEF DER BRÜDER VON GLADBECK GEGEN FRIEDRICH VON NIEHAUSEN UND DESSEN BURGEN
Farbige Zeichnung, Papier, 1526.
Bestand 17d von Niehausen Nr.l.
Lit: Scheltbriefe [usw., wie zu Nr.17], S. 34-37.
SCHMÄHBRIEF DER BRÜDER VON GLADBECK GEGEN FRIEDRICH VON NIEHAUSEN UND DESSEN BÜRGEN



Farbige Zeichnung, Papier, 1526.
Bestand 17d von Niehausen Nr.1
Lit.: Scheltbriefe [wie zu Nr.l5], S.34-37.

Das mit besonderer Sorgfalt ausgestaltete Bild zeigt acht Männer, denen wahrlich nicht viel Gutes widerfährt: den Paderborner Domherrn Wolf von Haxthausen (aufs Rad geflochten), Jost Kanne von Lügde (am Galgen hängend), Todrank Spiegel (darunter in der Mitte), Silvester von Malsburg (unter dem Rad links), Eberhard vom Kalenberge (links, den Schwanz des Schweines haltend), Reinecke von der Lippe (unter dem Rad rechts), Wolf Schilder (vor dem Schwein knieend) und Bruno von Donop (rittlings auf dem Schwein sitzend).

Erst ein Blick in die Akten des Marburger Staatsarchivs klärt über die Hintergründe der Darstellung auf und läßt in den gezeichneten Figuren jene Männer erkennen, die einem Friedrich von Niehausen als Bürgen zu Hilfe gekommen waren.

Dieser Friedrich der Jüngere von Niehausen, einem im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Geschlecht mit Sitz im Raum Warburg entstammend, hatte am 29. Oktober 1525 den Brüdern Friedrich, Hans, Hermann, Jost und Joachim von Gladbeck einen Schuldbrief über 450 rheinische Gulden ausgestellt und dafür die acht adligen Bürgen benannt. Zum Streit kam es über den Zeitpunkt und den Ort der Rückzahlung des Geldes, nachdem Friedrich zwar seine grundsätzliche Bereitschaft zur Zahlung erklärt, gleichzeitig aber auf einer ihr vorausgehenden Zusendung der Quittung bestanden hatte! Auf dieses Ansinnen reagierten die Brüder von Gladbeck schließlich nicht nur mit der Schmähung Friedrichs sondern – wie zu sehen – auch der Bürgen, die der vertraglich zugesicherten Gewähr, d. h. ihrem persönlichen Einlager bis zur Zahlung der Schuldsumme in der Stadt Braunschweig, unter Hinweis auf die doch bestehende Zahlungsbereitschaft Friedrichs nicht entsprechen wollten.

W.M.

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Ablassbrief des Erzbischofs Franciscus von Vosprum und weiterer Bischöfe zugunsten des Augustiner-Chorfrauenstifts Ahnaberg in Kassel, Avignon 15. September 1336
Ablassbrief des Erzbischofs Franciscus von Vosprum und weiterer Bischöfe zugunsten des Augustiner-Chorfrauenstifts Ahnaberg in Kassel, Avignon 15. September 1336

Dokument 17: FRANCISCUS, ERZBISCHOF VON VOSPRUM [AM BOSPORUS], UND WEITERE GENANNTE BISCHÖFE VERLEIHEN EINEN ABLASS ZUGUNSTEN DES KLOSTERS AHNABERG IN DER STADT KASSEL
Pergamenturkunde mit 13 anhängenden Siegeln und reichhaltigem farbigem Bildschmuck. Urkunden Kloster Ahnaberg, 1336 September 15.
Druck: Schultze [wie oben zu Nr. 3], S. 60 Nr. 151

Ablaßbrief für das Augustiner-Chorfrauenstift in Ahnaberg – Avignon 1336 Sept.l5



Ausfertigung. Pergament. 58,5 x 71 cm, mit 13 an Seidenfäden anhängenden Siegeln und reichem, farbigen Bildschmuck
Bestand: Urk. Kloster Ahnaberg
Druck: J. Schultze (Bearb.), Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein. Regesten und Urkunden 1913 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck IX,2) Nr. 151

Franciscus, Erzbischof von Vosprum (am Bosporus) und zwölf weitere Bischöfe verleihen, damit das Augustinerinnenstift in Ahnaberg in der Stadt Kassel besucht werde, einen Ablaß von 40 Tagen, die Zustimmung des Diözesans vorausgesetzt: allen Reuigen, die das Stift besuchen an den Tagen der Patrone und an den Festen: Weihnachten, Beschneidung, Epiphanias, Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Trinitatis, Fronleichnam, Kreuzfindung, Kreuzerhöhung, Johannis Geburt und Enthauptung, Peter und Paul, den Tagen aller Apostel und Evangelisten, Aller Heiligen, Aller Seelen, an allen Marientagen, den Tagen der Heiligen: Stephanus, Laurentius, Martinus, Nikolaus, Gregorius, Augustinus, Ambrosius, Jeronimus, Benedictus, Maria Magdalena, Katharina, Margarete, Cecilia, Agathe, Agnes, Lucia und der 11.000 Jungfrauen und an den Oktaven der Feste, am Kirchweihtage, an den einzelnen Sonntagen und Sonnabenden, oder allen, welche der Messe, Predigt, Matutin, Vesper oder anderen heiligen Übungen dort beiwohnen, oder welche dem Leibe des Herrn oder dem heiligen Öle, wenn sie zu Kranken getragen werden, folgen, oder die beim Abendläuten nach der Weise der römischen Kurie mit gebeugten Knieen dreimal Ave Maria sprechen, oder die das Stift unter Gebeten für die dort ruhenden Toten umschreiten, oder die für die Kirchenfabrik, Beleuchtung oder den Schmuck des Klosters beisteuern, oder die dem Kloster Legate oder Schenkungen zuwenden und für alle Stiftsfrauen, für alle seine lebenden und toten Wohltäter und für den, der diesen Ablaß erlangt hat, zu Gott beten.

Siegler: Die Aussteller mit ihren Siegeln. Der gleichzeitige Rückvermerk nennt den für den Ablaßbrief gezahlten Preis von 36 Turnosgroschen.

Bildschmuck: In der Initiale U (Universis) der segnende Christus auf einem Throne, zu beiden Seiten stehend die Apostel Petrus mit dem Schlüssel und Paulus mit dem Schwert, im folgenden ‚n’ der Christuskopf. Links an dem Seitenrand der Propst mit einem Kreuzstab und eine Anzahl Stiftsfrauen. Rechts an der Seite zwei Geistliche sowie ein Mann und eine Frau. Der vordere Geistliche hält ebenfalls einen Kreuzstab, der hintere ein Band mit der Aufschrift: exaudi me Christe salvator mundi.

Der Ablaßbrief für das Augustiner-Chorfrauenstift Ahnaberg in Kassel ist ein Beispiel der in der päpstlichen Kanzlei zu Avignon im 14. Jahrhundert ausgestellten Prachtausfertigungen. Sie wurden für die den Ablaß suchenden Reuigen in der Kirche ausgestellt. In dem farbigen Bildschmuck konnte wie in der vorliegenden Urkunde den besonderen Wünschen der Auftraggeber entsprochen werden. In den Beständen des Staatsarchivs Marburg befinden sich noch einige weitere Prachtausfertigungen von Ablaßbriefen (Deutscher Orden in Marburg, Stift Fulda).

W.H
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Diplom Kaiser Ferdinand III. für Johann Christian von Boineburg über dessen Erhebung in den Reichsfreiherrnstand, 1. September 1653
Diplom Kaiser Ferdinand III. für Johann Christian von Boineburg über dessen Erhebung in den Reichsfreiherrnstand, 1. September 1653
Dokument 18: FERDINAND III. VERLEIHT JOHANN CHRISTIAN VON BOINEBURG DEN REICHSFREIHERRENSTAND, VERMEHRT SEIN WAPPEN UND ERHEBT IHN UND SEINE NACHKOMMEN ZU HOFPFALZGRAFEN
Pergamentlibell, besiegelt mit der Goldbulle des Kaisers, Lederbd. mit vergoldeten Metallbeschlägen und 2 Schließen.

1653 September 1, Regensburg. Urkunden Dep. v. Boineburg.
Ferdinand III verleiht Johann Christian von Boineburg den Reichsfreiherrnstand, vermehrt sein Wappen und erhebt ihn und seine Nachkommen zu Hofpfalzgrafen



Pergamentlibell, besiegelt mit der Goldbulle des Kaisers, Lederbd., mit vergoldeten Metallbeschlägen und 2 Schließen
1653 September 1, Regensburg
Urkunden, Dep. v. Boineburg

NN

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Salbuch (Libell) des Klosters Naumburg (Wetterau) zu Kaichen mit Abbildungen der Burg Friedberg und dem Hl. Georg als Schutzpatron der Burg. Bebilderte Handschrift, 5. Dezember 1514
Salbuch (Libell) des Klosters Naumburg (Wetterau) zu Kaichen mit Abbildungen der Burg Friedberg und dem Hl. Georg als Schutzpatron der Burg. Bebilderte Handschrift, 5. Dezember 1514
Salbuch (Libell) des Klosters Naumburg (Wetterau) zu Kaichen mit Abbildungen der Burg Friedberg und dem Hl. Georg als Schutzpatron der Burg. Bebilderte Handschrift, 5. Dezember 1514
Salbuch (Libell) des Klosters Naumburg (Wetterau) zu Kaichen mit Abbildungen der Burg Friedberg und dem Hl. Georg als Schutzpatron der Burg. Bebilderte Handschrift, 5. Dezember 1514

Dokument 19: BESCHREIBUNG DER GÜTER DES KLOSTERS NAUMBURG (WETTERAU) ZU KAICHEN
mit zahlreichen farbigen Darstellungen, aufgeschlagen: Burg Friedberg und Hl. Georg als Schutzpatron der Burg (Schlußseiten).
Urkunden Hanau, Kloster Naumburg, 1514 Dezember 5.

Beschreibung der in der Gemarkung Kaichen gelegenen Güter des Klosters Naumburg in der Wetterau



Reich ausgemalte und bebilderte Handschrift Best.: Urkunden Hanau, Kloster Naumburg, 1514 Dez. 5.
Lit.: Friedrich Küch: Bilderschmuck einer Urkunde des Klosters Naumburg in der Wetterau, in: Hessen Kunst – Kalender für Kunst- und Denkmalpflege, 1. Jg., 1906

1086 schenkte Kaiser Heinrich IV. die vermutlich auf salisch-konradinischem Eigengut gegründete Benediktinerpropstei Naumburg dem Bischof Huzmann von Speyer, dessen Nachfolger sie 1149 dem Kloster Limburg an der Haardt übereignete. 1514 ließen Propst und Konvent des Klosters Naumburg ihre in der Gemarkung Kaichen gelegenen Äcker und Grundstücke von den Landscheidern zu Kaichen neu ausmessen und aussteinen und diesen Vorgang urkundlich festhalten. Offenbar war es einer der Mönche, der den in Buchform überlieferten Bericht dieses Grenzbegangs niederschrieb und mit ausgesprochener Freude an der Malerei nicht nur jede der Pergamentseiten mit farbig ausgemalten Initialen versah, sondern auch auf eingehefteten und eingeklebten Papierblättern farbige bildliche Darstellungen hinzufügte. Das erste, eine Doppelseite füllende Bild zeigt oben links eine Ansicht des Klosters, darunter die einzeln benannten Konventualen mit ihrem Prior und rechts den vor einem mit den Symbolen der Evangelisten versehenen Kruzifix knienden Propst Johann von Dietesheim, ausgewiesen durch sein Wappen. Rechts vom Kreuz steht der Schutzpatron des Klosters, der den Teufel austreibende Heilige Cyriacus. Auf der folgenden Seite erscheinen die sieben Landscheiden von Kaichen mit ihren Vermessungswerkzeugen. Die hier aufgeschlagene Schlußseite der Urkunde zeigt eine Abbildung der Burg Friedberg, die als Siegler der Urkunde auftrat. Ein Loch am unteren rechten Seitenrand markiert die Stelle, wo ursprünglich das Siegel befestigt war. Die gegenüberliegende Seite zeigt St. Georg als Drachentöter, der das Wappen der Burg hält – den doppelköpfigen schwarzen Adler mit weiß-schwarz gespaltenem Herzschild im goldenen Feld. Auf den anschließeden Seiten finden sich die Wappen des Friedberger Burggrafen und weiterer zwölf Burgmannen.

U.L.

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Anweisung (sog. Ahnenprobe) für die Aufnahme in den Deutschen Ritterorden mit grafischer Darstellung einer Ahnentafel, Druck 1750/51
Anweisung (sog. Ahnenprobe) für die Aufnahme in den Deutschen Ritterorden mit grafischer Darstellung einer Ahnentafel, Druck 1750/51

Dokument 20: ANWEISUNG WORNACH EIN JEDER, WELCHER IN DEN HOHEN TEUTSCHEN RITTER=ORDEN ZU TRETTEN VERLANGET, SICH ZU ACHTEN HABE
Druck: 1750/51, 10 S. und 2 Beilagen. Ausgestellt: Titelblatt und Schema einer Ahnentafel zu 16 Ahnen.
Bestand 106a/3 Nr. 15.

ANWEISUNG, WORNACH EIN JEDER, WELCHER IN DEN HOHEN TEUTSCHEN RITTER=ORDEN ZU TRETTEN VERLANGET, SICH ZU ACHTEN HABE



Druck: 1750/51, 10 S, und 2 Beilagen. Ausgestellt: Titelblatt und Schema einer Ahnentafel zu 16 Ahnen.
Bestand 106 a/3 Nro 15.

Die Anweisung betrifft vor allem die sog. Ahnenprobe des Kandidaten für eine Aufnahme in den Deutschen Ritterorden; im Mittelpunkt steht der Nachweis von 16 ritterbürtigen und stiftsmäßigen Ahnen (durch Ahnentafel ( „Stammbaum „) und zugehörige Beweisdokumente ( „documenta probatoria „)). Ein gesondert beiliegendes Reglement legt die bei einer Aufnahme in den Orden dem Kandidaten erwachsenden Kosten fest.

Die Anweisung und ihr Druck gehen auf eine an den Hoch- und Deutschmeister gerichtete Anregung des Landkomturs der Ballei Hessen, Kardinal Schönborn, von 1736 zurück. Als Hauptmotive und -vorteile nennt Schönborn (1737): Einführung einer Gleichheit in allen Balleien, Erleichterung sowohl für den Orden wie für die Aspiranten, Kostenersparnis für die Aspiranten, Ersparung von Mühe und Verdruß für die Landkomture und die Balleien, Bekanntmachung der (gerechten) Aufnahmekriterien des Ordens und (dadurch erfolgender) Nachweis ihrer Konformität mit den Aufnahmekriterien bei den Hochstiftern. 1750 lag die Anweisung dann in einer durch die Mergentheimer Regierung – auf der Grundlage der gutachtlichen Äußerungen Schönborns und anderer Landkomture überarbeiteten Fassung vor und wurde um die Jahreswende 1750/51 bzw. Anfang 1751 von Buchdrucker Engmann (Würzburg) gedruckt.

H.L
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Ahnentafel (sog. Ahnenprobe) des Grafen Christian zu Erbach für die Aufnahme in den Deutschen Orden (Ballei Hessen), 3. November 1753
Dokument 21: AHNENPROBE DES GRAFEN CHRISTIAN ZU ERBACH FÜR DIE AUFNAHME IN DEN DEUTSCHEN ORDEN (BALLEI HESSEN) Pergament mit farbigen Wappenzeichnungen, Stammbaum. Bestätigung: Unterschriften und aufgedrucktes Lacksiegel der Ballei Hessen, 1753 November 3. Bestand 106a/7 Nr. 34.
AHNENPROBE DES GRAFEN CHRISTIAN ZU ERBACH FÜR DIE AUFNAHME IN DEN DEUTSCHEN ORDEN (BALLEI HESSEN)



Bestand 106 a/7 Nr. 34.
Pergament mit farbigen Wappenzeichnungen, Stammbaum. Bestätigung: Unterschriften und aufgedrucktes Lacksiegel der Ballei Hessen, 1753 November 3.

Christian Reichsgraf von und zu Erbach-Schönberg, 1728 geb., diente als Offizier in kaiserlichen Diensten. 1754 wurde er als Ordensritter in die Ballei Hessen aufgenommen; Einkleidung und Ritterschlag erfolgten jedoch in Mergentheim. 1772 trat er zum Katholizismus über und mußte daher die Ballei Hessen verlassen; zunächst war vorgesehen, ihn in die Ballei Franken zu übernehmen; doch nahm diese ihn nicht auf; schließlich wurde er Mitglied der Ballei Österreich, wo er es bis zum Komtur brachte (er hatte nacheinander verschiedene Kommenden inne; bei seinem Tode war er Komtur zu Friesach). 1783 wurde er zum Statthalter in Mergentheim berufen; dieses höchste Amt des Ordens – unmittelbar nach dem Hochmeister bekleidete Erbach bis zu seinem Tode 1799.

H.L
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1. Adelsbrief über die Erhebung der Familie Lieven in den Grafenstand des Russischen Zarenreiches, 27. September 1799
2. Gestickter russischer gekrönter Reichsadler mit dem Georgsschild auf der Brust, Szepter und Reichsapfel mit darüber schwebender Krone
1. Adelsbrief über die Erhebung der Familie Lieven in den Grafenstand des Russischen Zarenreiches, 27. September 1799
2. Gestickter russischer gekrönter Reichsadler mit dem Georgsschild auf der Brust, Szepter und Reichsapfel mit darüber schwebender Krone
1. Adelsbrief über die Erhebung der Familie Lieven in den Grafenstand des Russischen Zarenreiches, 27. September 1799 2. Gestickter russischer gekrönter Reichsadler mit dem Georgsschild auf der Brust, Szepter und Reichsapfel mit darüber schwebender Krone
Dokument 22: ERHEBUNG DER FAMILIE VON LIEVEN IN DEN GRAFENSTAND DES RUSSISCHEN KAISERREICHES 1799 September 27.
Depositum Kurländische Ritterschaft VI, 3 v. Lieven Nr. 5.
ERHEBUNG DER FAMILIE LIEVEN IN DEN GRAFENSTAND DES RUSSISCHEN KAISERREICHES – 1799 September 27



Best. 701, Kurländische Ritterschaft VI,3. v. Lieven, Nr. 5.
Lit.: Heiner Baron v. Hoyningen-Huene, Vor 25 Jahren. Ernst v. Mühlendahls Rettungsaktion. Ein Beitrag zur Baltischen Archivgeschichte, in: Nachrichtenblatt der baltischen Ritterschaft, Nr. 74, 19. Jg., Juni 1977, S. 43-45.
Patricia Kennedy Grimsted, Archives and Manuscript Depositories in the USSR. Estonia, Latvia and Belorussia, Princeton, N. J. 1981. Central'nyj gos. archiv drevnich aktov SSSR, Putevoditel', Moskau 1991, Bd. 1, S. 217.

Johannes Enno Korn, Adler und Doppeladler. Ein Zeichen im Wandel der Geschichte, Diss. Göttingen 1969, S. 79 f., Reinhold Kaim, Russische Numismatik, Braunschweig 21968. Alla Sergeevna Mel'nikova, Russkie monety ot Ivanan Groznogo do Petra Pervogo, Moskau 1989 Aleksandr Borisovic Lakier, Russkaja geral'dika, N. A. Soboleva, Hrsg., Moskau 21990 Im Staatsarchiv Marburg liegen als Depositum auch Akten und Urkunden der Baltischen Ritterschaften. Der Bestand Kurländische Ritterschaft ist nur ein kleiner Teil des alten Kurländischen Ritterschaftsarchives und enthält vor allem Material über einzelne adlige Familien. Auch auf Fürsprache des damaligen Generalgouverneurs von Kanada, des englische Feldmarschalls Lord Harold Alexander of Tunis, ehemals Chef der Baltischen Landeswehr, hatte der Kommandierende der englischen Armee in Deutschland gestattet, aus dem kriegsbedingten Zwischenlager in Grasleben bzw. Goslar Familienpapiere zu entnehmen. Der erheblich größere Rest des Kurländischen Ritterschaftsarchives liegt heute im Staatsarchiv Riga. Einzelmitglieder anderer baltischer Ritterschaften haben ihre über Aussiedlung und Krieg geretteten oder nach dem Krieg entstandenen Familienpapiere ebenfalls im Staatsarchiv Marburg deponiert.

Die Urkunde über die Erhebung der Familie Lieven in den Grafenstand des russischen Reiches gehört zu den prächtigsten Stücken in den baltischen ritterschaftlichen Beständen. Aufgestickt ist der russische gekrönte Reichsadler mit dem Georgsschild auf der Brust, Szepter und Reichsapfel mit darüber schwebender Krone. Das entspricht – vom Ordensband abgesehen – dem sog. kleinen Wappen wie es seit Ende des 18. Jahrhunderts üblich ist oder der Rückseite einiger Münzen seit der Zeit Peters d. Gr. Der Doppeladler wird unter dem Großfürsten Iwan III. Teil der russischen Reichssymbolik. Früher ist man irrtümlich davon ausgegangen, die Annahme des Doppeladlers ab 1497 stünde im Zusammenhang mit Iwans III. (1462-1605) Heirat mit Sofija (Zoe Palaiologos), der Nichte des letzten byzantinischen Kaisers, bedeute also ein Anmelden der Ansprüche auf das byzantinische Erbe, die Führungsrolle unter den Griechisch-Orthodoxen, stünde also im Zusammenhang mit dem Entstehen des Mythos von Moskau, dem dritten Rom. Man geht heute eher davon aus, daß der Doppeladler im Staatssiegel eingeführt wurde, um im diplomatischen Verkehr mit dem ebenfalls einen Doppeladler führenden deutschen Kaiser Gleichrangigkeit anzumelden. Siegel und Wappen werden in Rußland generell erst seit dieser Zeit, vom Adel speziell im 17. Jahrhundert, von Städten und Provinzen im 18. Jahrhundert, angenommen, und deren Verwendung ist ein Element des Prozesses der Verwestlichung Rußlands.

Seit Aleksej Michajlovič, dem Vater Peters d. Gr. symbolisieren die drei Kronen offiziell die drei unterworfenen Zarenreiche Kazan', Astrachan' und Sibirien. Die zentrale dritte Krone meldete, deutlich als Königskrone erkennbar, jedoch zunächst nichts anderes an, als den Anspruch des ersten falschen Dmitrij auf Anerkennung des Titels Imperator für ihn, den vermeintlichen Sohn Iwans IV., der 1547 als erster nach einer eigenen Krönungszeremonie den Titel Car' angenommen hatte.

Der Georg als Schutzpatron der Russen taucht – seitenverkehrt nach russischer Tradition, nach westlichen Vorstellungen heraldisch korrekt – aufgelegt auf dem gekrönten Doppeladler unter der erwähnten dritten Krone zuerst auf dem Staatssiegel und auf Münzen auf, die der aus Litauen kommende erste falsche Demetrius mit seinem Bildnis auf der Vorderseite der Münze – auch dies war neu – deutlich unter westlichem Einfluß hat prägen lassen. Rein russische Vorgängermünzen seit der Münzreform von 1535 der Regentin Elena Glinskaja, der Mutter Iwans IV., des Schrecklichen, zeigen einen Reiter mit Lanze, der noch als Zar verstanden werden wollte: „Und unter dem Großfürsten Vasilij Ivanovič (Vasilij III.) war ein Zeichen auf dem Geld, der Großfürst zu Pferde mit einem Schwert in der Hand. Und der Großfürst Iwan Vasil'evič machte ein (neues) Zeichen auf den Münzen, den Großfürsten mit einer Lanze in der Hand auf dem Pferd, und deshalb nannten sie sich Lanzengeld (dengi kopejnye)“ berichtet die Sofien-Chronik aus Novogorod. Der Hl. Georg war Schutzpatron Moskaus seit der Zeit des Dmitrij Donskoj und er verschmolz allmählich mit diesem Reiter, sicher auch deshalb, weil Münzen als Orden für militärische Großtaten verwendet wurden. Den Grafentitel verleiht Paul I. hier, weil die Staatsdame Charlotte (Šarlotta Karlovna) Lieven sich seit 1785 bei der Erziehung seiner Töchter besondere Verdienste erworben habe, und zwar für deren legitime Nachkommen in männlicher und weiblicher Linie. Der Titel sei nicht nur im russischen Reich, sondern auch im Ausland gegenüber Standesgenossen ein voll gültiger Rang. Hiermit stellt der Zar bei den neuen, europäischen Adelstiteln (das alte Rußland vor Peter d. Gr. kannte nur knjaz' – Fürst) den deutlichen Anspruch auf Unabhängigkeit Rußlands gegenüber dem deutschen Kaiser. Noch 1794 hat Kaiser Franz II. P. V. Zavadovskij den Grafentitel verliehen. Seit 1706, der Verleihung des Grafentitels durch Peter d. Gr. an Boris Petrovic Šeremetev war es üblich gewesen, beim Kaiser um die Anerkennung des Ranges nachzusuchen. Allmählich hörte dies auf, Voraussetzung für eine rechtskräftige Titelführung zu sein.

I.A.

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Wappen des Grafen Wolrad IV. von Waldeck und seiner Gemahlin Anna, geborene Markgräfin von Baden-Durlach. Kolorierte Handzeichnung, 1621
Wappen des Grafen Wolrad IV. von Waldeck und seiner Gemahlin Anna, geborene Markgräfin von Baden-Durlach. Kolorierte Handzeichnung, 1621
Dokument 23: WAPPEN DES GRAFEN WOLRAD IV. VON WALDECK UND SEINER GEMAHLIN ANNA, GEBORENE MARKGRÄFIN VON BADEN-DURLACH
Kolorierte Handzeichnung, mit nachträglicher Datierung „Anno 1621“.
Daneben: Gemalte, mit Papier kaschierte und ausgeschnittene Wappen der Grafen von Hohenstem und von Hoya aus einer Waldeckischen Genealogie des 17. Jahrhunderts. Bestand 147 Genealogien.
WAPPEN DES GRAFEN WOLRAD IV. VON WALDECK UND SEINER GEMAHLIN ANNA; GEBORENE MARKGRÄFIN VON BADEN-DURLACH



Bestand 147 Genealogie.
Kolorierte Handzeichnung, mit nachträglicher Datierung „Anno 1621 „.
Daneben: Gemalte, mit Papier kaschierte und ausgeschnittene Wappen der Grafen von Hohenstein und von Hoya

Ahnenproben und Aufschwörungstafeln mit ihren sorgfältig ausgeführten Wappenzeichnungen besaßen Rechtsqualität und waren somit für die dauernde Aufbewahrung bestimmt; in Stein gehauene oder in Erz gegossene Wappen auf Grabdenkmälern oder an Schlössern und herrschaftlichen Gebäuden haben sich durch die Dauerhaftigkeit ihres Materials über Jahrhunderte erhalten können. Daneben gab es eine Art Gebrauchsheraldik, von der sehr viel weniger übriggeblieben ist. Auf Holz, Stoff, Blech oder Karton gemalte Wappen wurden für zahlreiche Gelegenheiten gebraucht: bei Festlichkeiten im Saal an den Plätzen der Gäste, an Herbergen und Quartieren von Gesandten, auf der Kleidung von Hofbedienten und Amtspersonen, an Grenzpfählen, bei militärischen Feldzeichen, an den Hochzeitskutschen oder am Leichenwagen. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert hatte diese Wappenmalerei eine weite Verbreitung; betrieben wurde sie meist von ganz normalen Handwerksmeistern, aber auch bedeutende Künstler waren daran beteiligt. Lukas Cranach und seine Schüler, die hessischen Hofmaler Michel Müller und Georg Corneth, Philipp Uffenbach in Frankfurt und manche andere haben derartige Aufträge erhalten und ausgeführt.

Das meiste von dieser auf vergänglichen Stoffen gemalten Gebrauchsheraldik ist untergegangen; nur manchmal finden sich in den Akten noch Entwürfe oder Nachzeichnungen. Die zwanzig auf Papier und Pappe gemalten Wappen, die in den Waldecker Beständen des Staatsarchivs Marburg überliefert sind, besitzen so einen gewissen Seltenheitswert. Daß sie eine praktische Verwendung gehabt haben, beweisen die Nagellöcher, die sich in ihnen befinden. Für welche Gelegenheit sie angefertigt wurden, ist nicht sicher. Der Doppelbogen mit dem Mappen des Grafen Wolrad IV. und seiner Gemahlin Anna von Baden, datiert 1621, ist vielleicht bei der Taufe ihres Sohnes Jacob (1621-1645) verwendet worden; andere mit der Jahreszahl 1649 beim Begräbnis der Gräfin Anna.

F.W
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Druckbogen mit Darstellung Hanauischer Siegel mit handschriftlichen Zusätzen, 18. Jahrhundert
Druckbogen mit Darstellung Hanauischer Siegel mit handschriftlichen Zusätzen, 18. Jahrhundert

Dokument 24: DRUCKBOGEN MIT DARSTELLUNGEN HANAUISCHER SIEGEL mit handschriftlichen genealogischen Zusätzen. 18. Jahrhundert. Bestand H Nr. 147.

DRUCKBOGEN MIT DARSTELLUNGEN HANAUISCHER SIEGEL, erläutert durch handschriftliche Zusätze



Best.: 81 A Rubr. 12 Nr. 4.
Lit.: Reinhard Suchier: Festschrift des Hanauer Geschichtsvereins zu seiner fünfzigjährigen Jubelfeier am 27. August 1894, Hanau 1894, Abb. 1-12; Hans-Peter Lachmann: Siegel der Herren und Grafen von Hanau, in: 675 Jahre Altstadt Hanau, Festschrift zum Stadtjubiläum, Hanau 1978, S. 141-149.

Im Zusammenhang mit dem 1642 erfolgten Erlöschen des Hauses Hanau-Münzenberg im Mannesstamm setzte eine rege Beschäftigung mit der Genealogie und Geschichte der Grafen von Hanau ein. Neben historischen Abrissen und Stammtafeln entstand auch eine Sammlung von Siegelzeichnungen, die offenbar als Vorlage für eine Publikation dienen sollte. Überliefert ist allerdings nur ein Druckbogen mit insgesamt 19 Abbildungen. Über den oder die Verfertiger der zum Teil sehr fein und detailgetreu wiedergegebenen Tuschzeichnungen und der etwas gröberen Bleistiftskizzen der Sammlung ist nichts bekannt, doch dürften sie im Umfeld der Hanauer Kanzlei zu suchen sein. Da das 1641-1643 erschienene Werk von Vredius über die Geschichte der Grafen von Flandern benutzt wurde (s. u. Nr. 17-18 ), kann die Sammlung nicht vor dieser Zeit entstanden sein, ist aber wohl auch nicht sehr viel später zu datieren.
Der Druckbogen zeigt folgende Siegel:

Nr. 1Siegel Graf Reinhards I. (1243-1276), gezeichnet nach Urkundensiegeln aus den Jahren 1256, 1275, 1277 und 1280
Nr. 2Siegel Graf Reinhards I., gezeichnet nach einem besser erhaltenen Siegel von 1278
Nr.3 Siegel der Gräfin Adelheid, Erbtochter von Münzenberg, Gemahlin Reinhards I. († 1291) nach Vorbildern von 1277 und 1280
Nr. 4, 5Siegel und Contrasignet Graf Ulrichs I. (1276-1306), gezeichnet nach Vorbilden von 1277, 1280, 1290, 1296 und 1299
Nr. 6Siegel der Gräfin Elisabeth, geb. Gräfin von Rieneck, Gemahlin Ulrichs I. (* um 1260, † um 1300), gezeichnet nach einer Vorlage von 1296
Nr. 7Siegel Graf Ulrichs II. (1306-1346 ), gezeichnet nach einer Vorlage von 1323
Nr. 8Siegel der Gräfin Agnes, geb. Gräfin von Hohenlohe, Gem. Ulrichs II. († zw. 1342 und 1344), gezeichnet nach einer Vorlage v. 1323
Nr. 9Siegel der Gräfin Agnes, gezeichnet nach einer Vorlage von 1334
Nr. 10Siegel Graf Ulrichs II., gezeichnet nach einer Vorlagen von 1319, 1334, 1339, 1343 und 1346
Nr. 11Siegel der Gräfin Adelheid von Isenburg, geh. Gräfin von Hanau († nach 1378), gezeichnet nach einer Vorlage von 1370
Nr. 12Siegel der Gräfin Elisabeth, geb. Gräfin von Wertheim, Gem. Ulrichs IV. († 1378 ), gezeichnet ohne Angabe der Vorlage
Nr. 13Siegel der Margarethe von Eppstein, geb. Gräfin von Hanau, Tochter Reinhards II. (1411-1441), gezeichnet ohne Angabe der Vorlage
Nr. 14Siegel der Gräfin Adriane von Solms-Lich, geb. Gräfin von Hanau-Münzenberg, Tochter Philipps d. J. (1470-1524), gezeichnet ohne Angabe der Vorlage
Nr. 15Siegel der Gräfin Katharina, geb. Gräfin von Schwarzburg, Gemahlin Reinhards IV. († 1514), gezeichnet ohne Angabe der Vorlage mit dem irrtümlichen Vermerke, es handele sich um Reinhards Tochter
Nr. 16Siegel der Gräfin Juliane, geb. Gräfin von Stolberg, Gem. Philipps II. (1506-1580), gezeichnet ohne Angabe der Vorlage
Nr. 17, 18Siegel und Contrasignet des Markgrafen Balduin von Flandern nach einer Wiedergabe in der „Genealogia Comitum Flandriae“ des Olivar Vredius, erschienen in Brügge 1641-1643. Dieses Siegel wurde vermutlich aufgenommen, weil Balduin in der Siegelumschrift den Titel Comes Hainoensis führt, was man wohl fälschlich mit Hanau in Verbindung brachte, zumal das Contrasignet einen gesparrten Schild zeigt.
Nr. 19Das graße Münzenberger Stadtsiegel, gez. ohne Angabe der Vorlage
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Stammbuch der Familie von der Tann mit Abbildung des Wappens Gottfrieds von Stain, Domherr zu Bamberg, Würzburg und Augsburg und der Darstellung eines Jägers zu Pferd, Ende 16. Jahrhundert
Stammbuch der Familie von der Tann mit Abbildung des Wappens Gottfrieds von Stain, Domherr zu Bamberg, Würzburg und Augsburg und der Darstellung eines Jägers zu Pferd, Ende 16. Jahrhundert

Dokument 26: STAMMBUCH DER FAMILIE VON DER TANN
mit zahlreichen (auch farbigen) Wappen und Bildern, teilweise eingeklebt. 16./17. Jahrhundert. Aufgeschlagen: [links:] Wappen des Gottfried von Stain, Domherr zu Bamberg, Würzburg und Augsburg. Motto: Ora et labora“, 1598; [rechts:] Darstellung eines Jägers zu Pferd. Motto: „Ich jag nach Glück und such mein Ehr, der Deufel hol’, der mirß will wehr“. Ende 16. Jahrhundert.
Bestand 340 von der Tann, Gelbschloßarchiv, unverz. Handschriften.

STAMMBUCH DER FAMILIE VON DER TANN



Bestand 340 von der Tann, Gelbschloßarchiv, unverz. Handschriften.
Mit zahlreichen (auch farbigen) Wappen und Bildern, teilweise eingeklebt. 16./17. Jahrhundert.
Aufgeschlagen: [links:] Wappen des Gottfried von Stain, Domherr zu Bamberg, Würzburg und Augsburg. Motto: „Ora et labora“, 1598; [rechts:] Darstellung eines Jägers zu Pferd. Motto: „Ich jag nach Glück und such mein Ehr, der Deufel hol', der mirß will wehr „. Ende 16. Jahrhundert.

Die heute noch gängige, meist mit leicht drohendem Unterton angebrachte Bemerkung, jemandem etwas ins Stammbuch schreiben zu wollen, damit er es sich unbedingt merke, verrät den Zweck einer Buchgattung, deren Ausformung über frühneuzeitliche Prachtausfertigungen bis zum Poesiealbum junger Mädchen in unsere Tage herüberreicht. Dem Freiherrn Hans von der Tann zu Ratsamshausen war das vorliegende Stück, dessen Überlieferungsgeschichte im übrigen noch der Erforschung bedürfte, für das Andenken seiner Familie so wichtig, daß er es um 1900 aus Privatbesitz für die von der Tann zurückkaufte.
Das Buch ist ursprünglich, wie unterschiedliche Seitenzählungen belegen, offenbar aus einer Loseblattsammlung erwachsen, hat so aber im Laufe der Zeit vor allem im vorderen Teil einige Verluste erlitten und wurde erst später fest eingebunden. Es setzt sich zusammen aus einer Sammlung von Stichen und Drucken, die einerseits figürliche Motive und Porträts, andererseits vor allem Wappendarstellungen zeigen. Vieles wurde nachkoloriert, manches blieb unkommentiert. Ausgeschnittene Figuren oder Zettel wurden auch eingeklebt: die ältesten datieren aus dem Jahre 1582, letzte Beigaben erfolgten wohl 1636.
Bei den Wappendarstellungen spielt die Tannsche Genealogie eine wichtige Rolle. Im hinteren Teil des Bandes finden wir sorgsam zusammengetragene Wappenbilder aus der Ahnenreihe der Tanns, Wappen der Familien von Thungen, von Stein, von ,,Schweinsberg, von Mansbach usw. Eine umfangreiche „Genealogia Unserer dero von der Tann Linien, vor Alters die von Bischoffsheim genannt“ schließt den Band ab, der im nichtstaatlichen Teil der im Marburger Archiv verwahrten Überlieferung sicherlich als ein besonders beachtenswertes Stück zu werten ist. W.M.

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Stamm- und Wappenbuch des Adelsgeschlechts von Lüder mit handgezeichneten Wappen, 18. Jahrhundert
Stamm- und Wappenbuch des Adelsgeschlechts von Lüder mit handgezeichneten Wappen, 18. Jahrhundert

Dokument 25: STAMM- UND WAPPENBUCH DES ADLIGEN GESCHLECHTS VON LUDER
2.Teil: „Wagen so zu den vorstehenden Stamm- und Ahnentafeln gehoren [...]“.
Buchhandschrift mit zahlreichen farbigen numerierten Wappendarstellungen, die vorgesehenen Namen fehlen (oder sind mit Bleistift von späterer Hand ergänzt).
Bestand 340 Schenck zu Schweinsberg (-Loshausen).

STAMM- UND WAPPENBUCH DES ADLIGEN GESCHLECHTS VON LÜDER



Bestand 340 Schenck zu Schweineberg (-Loshausen).
2. Teil: „Wappen so zu den vorstehenden Stamm- und Ahnentafeln geboren [...] „.
Buchhandschrift mit zahlreichen farbigen numerierten Wappendarstellungen, die vorgesehenen Namen fehlen (oder sind mit Bleistift von späterer Hand ergänzt).

Das Wappenbuch – zu ihm gehören als erster Teil handschriftliche Genealogien (s. o. Titel!) – entstand im 18. Jahrhundert und umfaßt – nach einigen Blattverlusten – einschließlich der beiden Titelblätter 120 Blatt.
Es ist durch handschriftliche Indices erschlossen und gelangte 1881 ins Staatsarchiv Marburg. H.L.

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Wappenbuch des Rates der Stadt Fulda mit Abbildung des Wappen des Johann Adam Hauck (gest. 29.10.1735), geführt 1671-1796

Dokument 27: WAPPENBUCH DES RATES DER STADT FULDA
geführt 1671-1796.
Aufgeschlagen: Wappen des Johann Adam Hauck, gest. 1735 Oktober 29.
Bestand H Nr. 128a.

WAPPENBUCH DES RATES DER STADT FULDA



Bestand H Nr. 128a
Geführt 1671-1796.
Aufgeschlagen: Wappen des Johann Adam Hauck, gest. 1735 Oktober 29.

Das Wappenbuch gehört zu den Ankäufen des Marburger Archivdirektors Könnecke (erworben 1885). Es umfaßt 72 Blatt und enthält zu Beginn die Wappen mehrerer Fürstäbte, Kapitularen und Vicedome der Stadt. Nach diesen Würdenträgern des Stiftes Fulda folgen dann die Wappen der Ratsmitglieder der Stadt. Erschlossen wird das Werk durch einen handschriftlichen Personenindex des Marburger Archivars (und Archivdirektors) Knetsch. H.L.

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Stammbuch des Johannes Kohlschön mit Wappenzeichnung und Eintragung von Carl von Geldern, Danzig 1654-1657
Stammbuch des Johannes Kohlschön mit Wappenzeichnung und Eintragung von Carl von Geldern, Danzig 1654-1657

Dokument 28: STAMMBUCH [DES JOHANNES KOHL ?]
1654-1657
Aufgeschlagen: [links:] Farbige Wappenzeichnung, [rechts:] Eintragung des Carl von Geldern, Danzig 1654 März 7.
Bestand 340 Grimm Ms 141.

STAMMBUCH DES JOHANNES KOHLSCHÖN



Bestand 340 Grimm Ms 141.
1654-1657
Aufgeschlagen: [links:] Farbige Wappenzeichnung, [rechts:] Eintragung des Carl von Geldern, Danzig 1654 März 7.

Verse und Sprüche in lateinischer, französischer und deutscher Sprache, vereinzelt auch solche auf Griechisch, Hebräisch und sogar Arabisch durchziehen dieses über 300 Jahre alte Stammbuch. Sein aus dem Zusammenhang der Grimm-Überlieferung nicht klar zu identifizierender Besitzer „Iohannes Kohlschonius“ (S. 1) gibt sich namentlich durch einen farbigen Innentitel, gestaltet in der Form eines Ehrenmals mit Wappenbild und goldfarbener Schriftzeile, zu erkennen. Zum weiteren farbigen Bildschmuck des Bändchens zählen vier farbige Wappenzeichnungen (S. 206, 218, 242, 270) und 1 Wappenaufdruck (S. 225). Einbandprägung, Querformat und Umfang (320 S., jedoch nur teilweise beschrieben) entsprechen der zeitüblichen Form.
In den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts kreuzen zunächst Freunde des Kohlschön in Danzig ( „Gedani „) seinen Weg. Kasseler Eintragungen des Jahres 1655 weisen sodann auf den Studienort Marburg, und tatsächlich ist der Student der Theologie in der Marburger Universitätsmatrikel auch zu belegen. Schließlich erscheinen Professoren und (vermutlich) Kommilitonen in Franeker und Groningen als Autoren der über die Seiten des Bandes verstreuten Einträge. W.M.

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Wappenbrief Kaiser Maximilian I. für den hessischen Kanzler Johann Feige, 29. Dezember 1517
Wappenbrief Kaiser Maximilian I. für den hessischen Kanzler Johann Feige, 29. Dezember 1517

Dokument 29: WAPPENBRIEF
Kaiser Maximilian I, verleiht Johannes Feige ein Wappen.
Pergamenturkunde mit inseriertem farbigem Wappen, Siegel fehlt. Urkunden Dep. Universität Marburg, 1517 Dezember 29, Hagenau.
Lit.: H. E. Korn, Der Wappenbrief Kaiser Maxmilians I. für den hessischen Kanzler Johann Feige, in: ZHG 89 (1982/83) S. 9-15.

WAPPENBRIEF



Urkunden Dep. Universität Marburg, 1517 Dezember 29, Hagenau.
Kaiser Maximilian I. verleiht Johannes Feige ein Wappen
Pergamenturkunde mit inseriertem farbigem Wappen, Siegel fehlt.
Lit.: H.-E. Korn, Der Wappenbrief Kaiser Maximilians I. für den hessischen Kanzler Johann Feige, in: ZHG 89 (1982/83) S. 9-15.

Johann Feige (geb. 1482 in Hessisch Lichtenau, gest. 1543 in Kassel) war von 1514 bis Ende 1542 hessischer Kanzler und stand somit den größten Teil dieses Zeitraumes in Diensten Landgraf Philipps, als dessen erster diplomatischer Berater und Vertreter bei wichtigen Missionen er angesprochen werden muß. Er war auch der erste Kanzler der 1527 gegründeten Marburger Universität. 1517 erteilte ihm Kaiser Maximilian I. den vorliegenden Wappenbrief, der möglicherweise nicht auf einen Antrag Feiges zurückging, sondern einen aus eigenem Antrieb des Kaisers erfolgten Gnadenerweis darstellte. H.L.

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Historische Karte der Herrschaft Schmalkalden von Joist Moers mit bildlichen Darstellungen von Orten und Bauwerken. Kolorierte Handzeichnung 1589

Dokument 30: KARTE DER HERRSCHAFT SCHMALKALDEN
Joist Moers, Das Amt Schmalkalden mit den Zenten Brotterode und Benshausen und der Vogtei Herrenbreitungen.
Pergament, teilkolorierte Federzeichnung, 1589.
Bestand Karten P II Nr. 10391.
Lit.: F. Wolff, Karten im Archiv, Marburg 1987 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 13), S. 24 Nr. 16.

KARTE DER HERRSCHAFT SCHMALKALDEN



Bestand Kartcn P II Nr. 10391.
Joist Moers, Das Amt Schmalkalden mit den Zenten Brotterode und Benshausen und der Vogtei Herrenbreitungen.
Pergament, teilkolorierte Federzeichnung, 1589.
Lit.: F. Wolff, Karten im Archiv, Marburg 1987 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 13), S. 24 Nr. 16.

Zu den bildlichen Darstellungen im weiteren Sinne sind auch die Landkarten des 16. Jahrhunderts zu rechnen, die das dargestellte Gebiet häufig aus der Vogelschau oder als vedoutenartige Ansicht wiedergeben, Auch die großformatige, 64 x 116 cm messende Karte der Herrschaft Schmalkalden von Joist Moers enthält bildhafte Elemente, obwohl sie den umfaßten Raum von ca. 18 x 40 km weitgehend verebnen muß. Deutlich zu erkennen ist die grüne Hügelkette des Thüringer Waldes mit dem Beerberg und dem Großen Inselsberg, die Joist Moers, wie er in der Legende sagt, „an schönen klaren Wettertagen“ aufgenommen hat. Städte und Dörfer, dazu (wieder nach der Legende) Schlösser, Meierhöfe, Mühlen und Halsgerichte sind im perspektivischen Aufriß gezeichnet. Die Ortsansichten sind zwar nicht detailgenau, aber annähernd wirklichkeitstreu. Die Zeichnung der Stadt Schmalkalden (ungefähr in der Bildmitte) gilt als älteste Wiedergabe des Stadtbildes mit der einzigen Ansicht des Vorgängerbaus des Schlosses Wilhelmsburg.
Joist Moers (um 1540-1625, aus Korbach) war der erste beamtete Landmesser in Hessen. 1569 erhielt er von Landgraf Wilhelm IV. seine Bestallung. In den siebziger und achtziger Jahren hat er zahlreiche Karten angefertigt, sowohl Grenzkarten bei Streitigkeiten mit Nachbarn als auch Ämterkarten, die im Rahmen einer planmäßigen, allerdings nicht abgeschlossenen Kartierung des ganzen Landes entstanden und die im Zusamenhang mit der Neuanlage der Salbücher für die einzelnen Ämter zu sehen sind. Unter Wilhelms Nachfolger Landgraf Moritz (1592-1627) hat Moers nur noch wenige landesherrliche Aufträge ausgeführt, aber noch zahlreiche kleine Blätter für hessische Adelsfamilien gezeichnet.
Stadt und Amt Schmalkalden, dazu die Zenten Brotterode und Benshausen und die Vogtei Herrenbreitungen, waren seit 1360 gemeinsamer Besitz der Landgrafen von Hessen und der Grafen von Henneberg. Nach deren Aussterben 1583 fiel das Gebiet an Hessen-Kassel. Die endgültige Erwerbung war der Anlaß für die Anfertigung der Karte. F.W.

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Ablassbrief des Erzbischofs Albrecht von Mainz für den Fritzlarer Schöffen Cyriacus Iring und dessen Ehefrau Eila, 20. Mai 1517
Ablassbrief des Erzbischofs Albrecht von Mainz für den Fritzlarer Schöffen Cyriacus Iring und dessen Ehefrau Eila, 20. Mai 1517

Dokument 31: ABLASSBRIEF DES ERZBISCHOFS ALBRECHT VON MAINZ
ausgestellt auf den Fritzlarer Schöffen Cyriacus hing und dessen Ehefrau Eila. Gedrucktes Formular auf Pergament mit handschriftlichen Eintragungen.
Urkunden Stift Fritzlar, 1517 Mai 20.
Lit.: Fritz Wolff, Luther in Marburg [Katalog zur Austellung des Hess. Staatsarchivs Marburg anläßlich des 500. Geburtstages von Martin Luther, 21. 10. - 1. 12. 1983 / Marburger Reihe 19, 1983], S. 9.

ABLASSBRIEF DES ERZBISCHOFS ALBRECHT VON MAINZ



Ausgestellt auf den Fritzlarer Schöffen Cyriacus Iring und dessen Ehefrau Eila.
Gedrucktes Formular auf Pergament mir handschriftlichen Eintragungen.
Urkunden Stift Frizlar, 1517 Mai 20.
Lit.: J. Ficker, Mainz-Magdeburger Beichtbriefe des St. Petersablasses, in: Luther-Jahrbuch 18, 1936, S. 1-46. — H. Schneider, Die Ablaßkampagne Albrechts von Mainz [...], in: Hessen und Thüringen. Von den Anfängen bis zur Reformation. Eine Ausstellung des Landes Hessen. Katalog Marburg und Wiesbaden 1992, S. 267 f.

Der unmittelbare Anlaß für Luthers 95 Thesen und damit das auslösende Ereignis für die Reformation war der Ablaßhandel des Erzbischofs Albrecht von Mainz. Ablaß ist ursprünglich die Minderung oder der Erlaß öffentlicher, zeitlich befristeter Kirchenstrafen, bei denen eine Bußleistung gefordert war. Seit dem Spätmittelalter war es möglich, die Bußleistung durch eine Geldzahlung für fromme Zwecke abzulösen. Damit wurde der Ablaß zu einem Instrument der päpstlichen Finanzpolitik. Als solches wurde er im Zusanmenspiel zwischen der Kurie und Erzbischof Albrecht eingesetzt. Albrecht ließ in seinen Erzdiözesen Mainz und Magdeburg den päpstlichen St. Peters-Ablaß verkünden; von den Erlösen durfte er die Hälfte zur Tilgung der Kredite, die er zur Erlangung seiner geistlichen Würden bei den Fugger in Augsburg aufgenommen hatte, behalten, die andere Hälfte ging nach Rom, um dort den Bau der Peterskirche zu finanzieren.
Bei der Vermarktung des Ablasses, von der in der Tat gesprochen werden kann, wurde eine Absatzstrategie entwickelt, die sich auch des modernen Mediums des Druckes bediente. Der Beicht- oder Ablaßbrief war nicht mehr eine individuell angefertigte und ausgestellt Urkunde wie z. B. die für das Kloster Ahnaberg 1336 (Nr. 17 in Vitrine 4), sondern ein schmuckloser Massenartikel, ein Kleindruck auf schlechtem Pergament mit einheitlichem Formular, in das nur noch der Name des Erwerbers eingetragen werden mußte.
Von den Ablaßzetteln des St. Peters-Ablasses sind nur wenige erhalten, obgleich sie in unglaublicher Menge verkauft wurden. Die Auflagenhöhe für Mainz ist nicht bekannt, aber für die viel kleinere Diözese Utrecht wird sie mit ca. 20.000 angenommen. Da fast alle Exemplare in private Hand gelangten und vor allem in den bald danach reformierten Gebieten nicht als Aufbewahrungswürdig galten, sind nur ganz wenige davon erhalten, meist nur als Fragment, das für Bucheinbände verwendet worden war. Vollständig erhaltene wie das hier gezeigte sind sehr selten. Es stimmt im Formular, aber nicht im Druckort mit zwei anderen bekannten Exemplaren (in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel und im Stadtarchiv Mühlhausen) überein. F.W.

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Ausfertigung der Marburger Artikel (Marburger Religionsgespräch), Anfangs- und Schlussseite, 4. Oktober 1529
Ausfertigung der Marburger Artikel (Marburger Religionsgespräch), Anfangs- und Schlussseite, 4. Oktober 1529
Ausfertigung der Marburger Artikel (Marburger Religionsgespräch), Anfangs- und Schlussseite, 4. Oktober 1529

Dokument 32: DAS MARBURGER RELIGIONSGESPRÄCH
Ausfertigung der Marburger Artikel von Kanzleihand, mit Korrekturen. Unterschriften der Colloquenten eigenhändig.
Aufgeschlagen: Anfangsseite und Schlußseite mit den Unterschriften.
Bestand 3 Nr. 245, [1529 Oktober 4].
Lit.: Wolff [wie oben zu Nr. 31], hier S. 18ff. - K. Dülfer, Dokumente zur Reformationsgeschichte (Dokumente zur deutschen Geschichte in Faksimiles, 1972), S. 13ff. und S. 22ff.

DAS MARBURGER RELIGIONSGESPRÄCH



Ausfertigung der Maburger Artikel von Kanzleihand, mit Korrekturen. Unterchriften der Colloquenten eigenhändig.
Aufgeschlagen: Anfangsseite und Schlußseite mit den Unterschriften.
Bestand 3 Nr. 245, [1529 Oktobcr 4].
Druck: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe), 1. Abt. Bd. 30 III S. 160-171.
Lit.: K. Dülfer, Dokumente zur Reformationsgeschichte (Dokumente zur deutschen Geschichte in Facsimiles), Stuttgart 1972

Vom 2. bis 4.Oktober 1529 trafen sich in Marburg die Hauptvertreter der verschiedenen reformatorischen Richtungen, um über die Belegung der Gegensätze zu beraten, wie sie vor allem in den Lehrmeinungen von Luther und den sächsichen Theologen auf der einen und Zwingli und den Städten der Schweiz und Oberdeutschlands auf der anderen Seite deutlich geworden waren, Eingeladen hatte Landgraf Philipp, der mit einer theologisch-dogmatischen Einigung zugleich die Grundlage für ein allumfassendes evangelisches Verteidigungsbündnis gegen Kaiser und Papst schaffen wollte.
Es war im wesentlichen nur ein Punkt, der diskutiert wurde: das Verständnis des Abendmahls. Als auf Drängen des Landgrafen am letzter Tag eine schriftliche Erklärung zusammengestellt wurde, war man sich in allen anderen Fragen – Beichte, Gute Werke, Priesterehe, Kindertaufe usw. – schnell einig, nur für das Sakrament des Abendmahls mußte der Dissens festgestellt werden. Immerhin konnte diese Erklärung, die sogenannten Marburger Artikel, doch von allen Gesprächsteilnehmern unterschrieben werden. Damit sind sie die erste schriftliche Fixierung einer gesamtevangelischen Bekenntnisformel. Es ist das einzige Dokument, das die Unterschriften von Luther und Zwingli auf einem Blatt vereint; mit ihnen zusammen haben die hervorragendsten Theologen der Zeit unterzeichnet. In der ersten Gruppe stehen nach Luther die Namen der Wittenberger Justus Jonas und Philipp Melanchthon, dann folgt der zweite Unterschriftenblock mit den Vermittlungstheologen Andreas Osiander aus Nürnberg, Stefan Agricola aus Augsburg und Johannes Brenz aus Schwäbisch-Hall, den Schluß bilden die Schweizer und ihre Anhänger: Zwingli aus Zürich und Johannes Oecolampadius aus Basel und Martin Bucer und Caspar Hedio aus Straßburg.
Von den drei Ausfertigungen der Artikel sind zwei erhalten: außer dem hessischen das Züricher Exemplar. Beide sind erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder aufgefunden worden; die dritte, für die Wittenberger bestimmte Ausfertigung ist nicht mehr nachweisbar. F.W.

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Brief Martin Luthers an Landgraf Philipp den Großmütigen als Antwort auf einen Brief des Landgrafen über die Frage des Widerstands gegen den Kaiser, 16. Dezember 1529
Brief Martin Luthers an Landgraf Philipp den Großmütigen als Antwort auf einen Brief des Landgrafen über die Frage des Widerstands gegen den Kaiser, 16. Dezember 1529
Brief Martin Luthers an Landgraf Philipp den Großmütigen als Antwort auf einen Brief des Landgrafen über die Frage des Widerstands gegen den Kaiser, 16. Dezember 1529

Dokument 33: EIGENHÄNDIGER BRIEF MARTIN LUTHERS AN LANDGRAF PHILIPP DEN GROSSMÜTIGEN [Wittenberg] 1529 Dezember 16.
Bestand 3 Nr. 2687.
Luther antwortet auf das Schreiben des Landgrafen vom 9.12. 1529. Kurfürst Johann habe ihn noch nicht um Rat gefragt, von den Verhandlungen wegen der Türkenhilfe wisse er nichts.
Druck: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe), 4. Abt.: Briefwechsel Bd. 5 S. 203 (Nr.1507).
Lit.: Wolff [wie oben zu Nr. 31], S. 63 Nr. 26.

EIGENHÄNDIGER BRIEF MARTIN LUTHERS AN LANDGRAF PHILIPP DEN GROSSMÜTIGEN



[Wittenberg] 1529 Dezember 16.
Bestand 3 Nr. 2687.
Druck: D. Manin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe), 4. Abt.: Briefwechsel Bd. 5 S. 203 (Nr. 1507).
Lit.: E.Wolgast, Die Wittenberger Theologie und die Politik der evangelischen Stände, Gütersloh 1977

Zu den wertvollsten Dokumenten im Staatsarchiv Marburg gehört der Briefwechsel zwischen Luther und dem Landgrafen Philipp. Die Korrespondenz setzt im Sommer 1526 ein, als Landgraf Philipp die Homberger Synode vorbereitete, mit der die endgültige Abkehr von der alten Kirche vollzogen wurde; sie endet im Herbst 1545, wenige Wochen vor Luthers Tode. Von den rund 80 bis 100 Briefen, die in diesen 20 Jahren gewechselt worden sind, ist etwa die Hälfte erhalten. Das Staatsarchiv Marburg verwahrt 56 Briefe von Luther, von denen die meisten an den Landgrafen, einige auch an andere Korrespondenzpartner gerichtet sind. Theologische, staatsrechtlich politische und auch persönliche Probleme des Landgrafen bilden de Inhalt der Korrespondenz.
Luthers Brief vom 16. Dezember 1529 ist die Antwort auf ein Schreiben des Landgrafen vom 9. Dezember, in dem dieser erneut versucht hatte, den Reformator für seine Politik des unbedingten und, wenn es sein mußte, auch militärischen Widerstands gegen den Kaiser zu gewinnen. Luther hat sich lange, bis zum Augsburger Reichstag 1530, gegen die Idee eines Verteidigungsbündnisses der Protestanten gegen den Kaiser gesträubt. Die Pläne des Landgrafen standen für ihn in klarem Widerspruch zur Aussage der Bibel: „Wer sich wider die Obrigkeit setzt, der widerstrebt Gottes Ordnung“ (Römer 13.2). Vor allem befürchtete er, daß die reine Verkündigung des Evangeliums mit den Kombinationen weltlicher Machtpolitik verknüpft werden sollte. Der Kernsatz des vorliegenden Briefes, mit dem Luther alle politischen Argumente des Landgrafen ins Leere laufen läßt, lautet: „Gott behüte uns nur auch, daß wir nicht auf unser Witz und Kraft pochen, sondern seiner Hilfe begehren und erwarten, so wird sie gewißlich kommen.“ F.W.

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Flugschrift: Die Zwölf Artikel der Bauernschaft, Druck Erfurt 1525
Flugschrift: Die Zwölf Artikel der Bauernschaft, Druck Erfurt 1525

Dokument 34: DIE ZWÖLF ARTIKEL DER BAUERN
Zeitgenössischer Druck der Ende 1525 von Seb. Lotzer und Chr.Schappeler aufgestellten Artikel­forderungen der schwäbischen Bauernhaufen.
Bestand 3 Nr. 190.
Lit.: G. Vogler, Der revolutionäre Gehalt und die räumliche Verbreitung der oberschwäbischen zwölf Artikel, in: HZ Beiheft N.F. 4 (1975), S. 206-231.

DIE ZWÖLF ARTIKEL DER BAUERNSCHAFT



„Die Grundtlichen vnd rechten haubt Artickell aller Bawrschafft vnnd Weltlichen Oberkeyten, von welchen sie sich beschwert vermeynen. Bawrschafft“. [Erfurt: Wolfgang Stürmer 1525] 4°, 4 Bll. Bestand 3 Nr.190
Druck: A. Götze, Die zwölf Artikel der Bauern. Kritisch herausgegeben, in: Historische Vierteljahrsschrift 5, 1902, S. 1-13
Lit.: P. Blickle, Die zwölf Artikel der oberschwäbischen Bauern, in: P. Blickle (Hg.), Der deutsche Bauernkrieg von 1525, Darmstadt 1985, S. 360-385

Die „Zwölf Artikel der Bauernschaft“ sind Beschwerdeschrift, Reformprogramm und politische Flugschrift in einem. In ihnen verbinden sich Forderungen nach kirchlichen und sozialen Reformen: freie Wahl der Pfarrer und ihre Verpflichtung auf die Predigt des reinen Evangeliums (d. h. auf die Lehre Luthers) Abschaffung der Leibeigenschaft, Verringerung der Abgaben und Dienste, freies Jagen und Fischen.
Formuliert wurden die Zwölf Artikel im Februar 1525 nach den Wünschen der oberschwäbischen Bauern von dem Memminger Pfarrer Lorenz Schappeler und dem Kürschner Sebastian Lotzer, die sie sogleich zum Druck brachten. Innerhalb weniger Wochen folgten zahlreiche Nachdrucke. Die Forschung hat insgesamt 25 verschiedene Druckfassungen aus 15 Druckorten festgestellt. Die weite Verbreitung der Schrift bezeugt die Bedeutung, die sie in kürzester Zeit gewann. Überall wurde sie zum Manifest der aufständischen Bauern.
Das Marburger Exemplar gehört zu den selteneren Drucken. Nur in den Bibliotheken von Göttingen und Kopenhagen sind zwei weitere nachgewiesen. Sie stammen aus der Werkstatt des Erfurter Druckers Hans Stürmer, der den Straßburger Erstdruck als unmittelbare Vorlage benutzt hat. Es ist wahrscheinlich, daß Landgraf Philipp selbst oder seine Räte sich die Flugschrift zu Informationszwecken beschafft haben, vermutlich schon im April oder Mai 1525. In dieser Zeit häuften sich die Nachrichten, däß Städte, Ritter oder sogar Fürsten wie der Graf von Henneberg oder der Fürstabt von Fulda auf die Zwölf Artikel geschworen hatten und damit in die Bruderschaft der aufständischen Bauern eingetreten waren. Jedenfalls ist der Druck mit anderen Papieren, darunter einer handschriftlichen Liste derjenigen, die die Zwölf Artikel anerkannt hatten, in der landgräflicher Kanzlei zu den bei der Niederwerfung des Bauernaufstandes entstandenen Akten genommen worden und immer dort verblieben. Mit diesen Akten ist er später ins Regierungsarchiv Kassel und schließlich ins Staatsarchiv Marburg gelangt. F.W.

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Sechs Schiefertäfelchen des geheimen Briefwechsels Landgraf Philipps des Großmütigen aus der kaiserlichen Haft nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg, 1547/48
Sechs Schiefertäfelchen des geheimen Briefwechsels Landgraf Philipps des Großmütigen aus der kaiserlichen Haft nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg, 1547/48

Dokument 35: GEHEIMER BRIEFWECHSEL LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN
aus der kaiserlichen Haft nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg 1547.
6 Schiefertäfelchen in Holzrahmen, in zeitgenössischem Lederfutteral, [1547/48].
Bestand Samtarchiv, Schubl. 38 Nr. 4261 (Bestand 3 Nr. 1006 Anm.).

GEHEIMER BRIEFWECHSEL LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMUTIGEN



aus der kaiserlichen Haft nach der Niederlage im Schmalkaldischcn Kricg 1547
6 Schiefertäfelchen in Holzrahmen, in zeitgenösischem Lederfulteral, [1547/48].
Bestand Samtarchiv, Schubl. 38 Nr. 42 bl (Bestand 3 Nr. 1006 Anm.).

Nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes im Kriege gegen Kaiser Karl V. mußte sich Landgraf Philipp in der Kapitulation von Halle am 18. Juni 1547 seinem Gegner auf Gnade und Ungnade ergeben. Der Kaiser hat ihn sogleich in eine zeitlich unbefristete strenge Haft nehmen lassen und ihn zunächst unter Bewachung durch spanische Truppen über ein Jahr in Süddeutschland festgehalten, in Nördlingen, Donauwörth und zuletzt in Speyer. Von dort wurde der Landgraf im Herbst 1548 in die Spanischen Niederlande in die Festung Oudenaarde verbracht und zwei Jahre später nach Mechelen verlegt. Die schon in Deutschland mit demütigenden und oft schikanösen Bedingungen verknüpfte Isolationshaft wurde hier noch verschärft.
Gleichwohl konnte der Landgraf auch aus der Gefangenschaft heraus die Regierungsgeschäfte weiterführen. Mit seiner Familie und mit seinen Räten in Kassel stand er in dauernder enger Korrespondenz. Neben diesem von den Spaniern ständig kontrollierten offenen Briefwechsel wurden zwischen Kassel und dem Gefängnis des Landgrafen regelmäßig Kassiber gewechselt, die in Kleidungsstücke eingenäht, auf winzigen Zetteln in Taschenkalender gesteckt oder auf leicht zu löschende Schiefertäfelchen geschrieben wurden, z.T. in verschlüsselter Form. Die Masse dieses Materials ist vernichtet, doch haben sich einige der Schreibkalender und der Schiefertäfelchen erhalten. Die Mitteilungen und Anweisungen, die in ihnen niedergelegt waren, finden sich in dechiffrierter Form in den Akten der hessischen Räte.
Schiefertäfelchen wie die hier gezeigten waren im 16. Jahrhundert eine übliche Art des Notiz „buches“. Je sechs von ihnen konnten, über den Rücken als kleiner Codex verbunden oder fortlaufend als Leporello, in einem Lederfutteral in den Standardabmessungen von etwa 4,2 x 8,5 cm vereinigt werden. Als gering geachteter Gebrauchsgegenstand waren sie dem raschen Verschleiß ausgesetzt und sind heute nur noch in wenigen Stücken überliefert. Ein fast identisches Exemplar befindet sich im Deutschen Ledermuseum in Offenbach. F.W.

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Siegel und Siegelstempel des Landgrafen Philipps des Großmütigen, 1515
Siegel und Siegelstempel des Landgrafen Philipps des Großmütigen, 1515

Dokument 36: SIEGEL UND SIEGELSTEMPEL LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN
Silberner Stempel mit beweglicher Handhabe, geschnitten 1515.
Siegel: Dunketrotes Wachs in brauner Schüssel, Reste der rot-grünen geflochtenen Siegelschnur. Im Siegelfeld die Wappenschilde von Hessen, Katzenelnbogen, Ziegenhain, Nidda und Dietz an einem aus der Legende hervorgehenden Band aufgereiht, zwischen den Wappenschilden von Ziegenhain und Katzenelnbogen die Jahreszahl „1515“; Umschrift: „S(IGILLVM) PHILIPPI: D(EI): G(RATIA):
LANTGRAVII: TERRE: HASSIE: COMIT(IS): IN: CATZE.

Bestand Slg. 5: Siegelstempel IX A Nr.1 und abgefallene Siegel Nr. 202.

SIEGEL UND SIEGELSTEMPEL LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN



Silberner Stempel mit beweglicher Handhabe, Durchmesser 57 mm
Siegelabdruck: Dunkelrotes Wachs in brauner Schüssel, Reste der geflochtenen rot-grünen Siegelschnur.
Bestand Slg. 5: Siegelstempel IX A Nr. 1 und Abgefallene Siegel Nr. 202.

An Bändern oder Riemen, die vom oberen Siegelrand ausgehen, hängen im runden Siegelfeld die Wappenschilde von Hessen, Katzenelnbogen, Ziegenhain, Nidda und Diez; zwischen ihnen ist die Jahreszahl „1515“ eingraviert; den freien Raum des Siegelfeldes füllen Ranken und Blüten. Die Umschrift lautet: „S(IGILLVM) PHILIPPI: D(EI): G(RATIA): LANTGRAVII: TERRE: HASSIE: COMIT(IS): IN: CATZE“ Auf der Rückseite hat der Stempel eine bewegliche Handhabe, die aus drei Kreisabschnitten gebildet wird, an den Schnittpunkten sitzen Granatäpfel mit Ästen, oben ein mit Schuppen besetzter Knopf, der in der Mitte durch ein gedrehtes Band geteilt ist. Auf der Rückseite sind in vier sich überschneidenden doppeltem Kreisbögen graviert rechts zwei geflügelte Putten, die ein Schriftband (?) halten, links zwei Putten, die sich an den Haaren bzw. Flügeln ziehen und sich treten.
Der Siegelstempel Landgraf Philipps ist der erste erhaltene Stempel eines hessischen Landgrafen; von Landgraf Wilhelm V. (1627) bis zu Kurfürst Friedrich Wilhelm I. ist von jedem Fürsten mindestens ein Typar erhalten. In der älteren Zeit wurden nach dem Tode des Siegelführers die Siegel in feierlichem Akt zerbrochen, um Mißbrauch zu verhüten. Das Siegel Landgraf Philipps ist auf das Jahr 1515 datiert, als Philipp knapp elf Jahre alt war. Besiegelungen mit dem Stempel sind seit Oktober 1515 urkundlich bezeugt, Abdrucke seit November 1515 erhalten. Bei den Urkunden handelt es sich um Neuausfertigungen von Lehnsbriefen oder um Genehmigungen zur Bewittmung mit hessischen Lehnsstücken. Offensichtlich hatte der durch den Tod Landgraf Wilhelms I., des Älteren, am 8. Februar 1515 eingetretene Herrenfall die Anfertigung eines Siegels für den noch unter Vormundschaft stehenden Landgrafen erforderlich gemacht, um die Neubelehnungen, die nach dem Tod des Lehnsherrn erforderlich wurden, besiegeln zu können. Dabei ist ungewiß, ab die Anfertigung des Siegels von der vormundschaftlichen Regierung unter den Herzögen von Sachsen oder von deren Gegenspielerin im Kampf um die Macht in Hessen, der Landgräfin Anna, der Mutter Philipps, veranlaßt wurde.
Das etwas antiquiert wirkende Siegelbild greift auf Vorbilder zurück, die bei den Siegeln der Landgrafen von Hessen seit Mitte des 15. Jahrhunderts, seit dem Anfall der Grafschaften Ziegenhain und Nidda, bezeugt sind. Unmittelbare Vorlage war wohl der Siegelstempel, den sich Landgraf Wilhelm II., der Mittlere, der Vater Philipps des Großmütigen, im Jahre 1500 nach dem Tod seines Vetters, Landgraf Wilhelms III., des Jüngeren, von Oberhessen schneiden ließ; in ihm entspricht die Anordnung der Wappen der auf dem Stempel Philipps; auch hier ist die Jahreszahl „1510“ in die Mitte zwischen die Schilde gesetzt. Es fehlen allerdings die Bänder, an denen die Schilde im Siegel Landgraf Philipps hängen. Das Siegelbild ist noch einmal aufgenommen worden von Landgraf Ludwig von Hessen-Marburg, dem zweiten Sohn Landgraf Philipps. An den beiden Exemplaren des Brüdervergleichs vom 28. Mai 1568 siegelt Ludwig mit einem Siegel, dessen Bild dem Siegel des Vaters entspricht; es fehlt allerdings die Jahreszahl und die auf einem oben offenen eingeschlagenen Bande stehende Umschrift lautet in deutscher Sprache:

„LVDWIG * LANDGRAF * ZV * HESSEN * GRAF * ZV * CATZENELLENBOG“.


Die Umschrift auf dem Siegel Landgraf Philipps greift mit der Titulatur „LANTGRAVII TERRE HASSIE“ auf die in einem 1479 belegten Siegel Landgraf Heinrichs III. von Hessen-Marburg zurück. Auffällig ist die besonders aufwendig gestaltete Handhabe und die gravierte Rückseite, die mit der Darstellung der Putten Motive der zeitgenössischen Druckgrafik übernimmt. Möglicherweise kann diese einen Hinweis auf den bisher unbekannten Goldschmied und den Ort geben, an dem und durch den das repräsentative und qualitätvolle Typar für Landgraf Philipp angefertigt wurde. Neben dem 1515 gestochenen großen Siegel sind für Landgraf Philipp weitere Siegel belegt, die entweder nur den hessischen Löwen im Schild zeigen oder den quadrierten Schild (1. Katzenelnbogen, 2. Ziegenhain, 3. Nidda, 4. Diez) mit dem hessischen Wappen als Herzschild. H.P.L.

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Lateinische Bibel sog. Netzer Bibel, gedruckt von Heinrich Eggestein in Straßburg, 1471
Lateinische Bibel sog. Netzer Bibel, gedruckt von Heinrich Eggestein in Straßburg, 1471

Dokument 37: BIBELDRUCK DES 15. JAHRHUNDERTS
Sog. „Netzer Bibel“.
Ganzlederband mit Blindprägungen, Metallbeschlägen und zwei beschädigten Schließen. Gedruckt 1471 mit der latein. Type Schöffers, reich mit roten und mehrfarbig ausgemalten Initialen verziert.
Zahlreiche Blätter am Anfang und am Ende herausgerissen. Bestand 147, Handschriften.
Lit.: W. Dersch, Aufzeichnungen des Pfarrers Otto Kurzledder in Netze aus den Jahren 1540-1567, in: Mein Waldeck 7/1924.

BIBLIA LATINA – Sogenannte ‚Netzer Bibel’ vermutlich von Heinrich Eggestein in Straßburg gedruckt.



Best.: 147 Handschriften.
Lit.: Gesamtkatalog der Wiegendrucke, hrsg. v. d. Komm. f. d. Gesamtkat. d. Wiegendrucke, Bd. IV, Leipzig 1930; Veröffentlichungen der Gesellschaft für Typenkund des XV. Jahrhunderts, Jg. IX 1915; Albert Kapr: Johannes Gutenberg Persönlichkeit und Leistung, München 1987; Wilhelm Dersch: Aufzeichnungen des Pfarrers Otto Kurtzledder in Netze, in: Mein Waldeck – Heimatkundliche Beilage zur Waldeckischen Landszeitung 1924 Nr.7.

Bei der, wie handschriftliche Eintragungen des Pfarrers Otto Kurtzledder aus den Jahren 1540-1567 zeigen, aus der Pfarrei Netze in der Grafschaft Waldeck überlieferten Bibel handelt es sich um einen Ganzlederband mit Blindprägungen, Metallbeschlägen und zwei beschädigten Schließen, aus dem die Anfangs- und Endblätter, wie auch einige Blätter des laufenden Textes herausgerissen wurden. Das macht eine sichere Druckerzuweisung schwierig. Der zweispaltige 45-Zeilendruck weist jedoch auf Heinrich Eggestein in Straßburg. Eggestein war Kleriker und bischöflicher Siegelbewahrer, gab dieses Amt jedoch 1455 auf, um, nachdem er bei Gutenberg in Mainz die nötigen Kenntnisse erworben hatte, zusammen mit Johann Mentelin 1458/59 in Straßburg eine Druckerei zu betreiben. Ein Vergleich der von ihm verwandten und in Anlehnung an Peter Schöffers Type 5 enworfenen Drucktype 1 bestätigt die vermutete Zuschreibung. Der Druck dürfte mithin zwischen 1466 und 1468 anzusetzen sein. Reich verzierte und mehrfarbig ausgemalte Initialen schmücken die Seiten. Einzelne Großbuchstaben am Zeilenanfang sind rot oder blau bemalt, die übrigen Großbuchstaben im Text mit etwas verblaßtem Gelb ausgefüllt. Die Rubrizierung ist rot. Der aufgeschlagene Text zeigt den Beginn des Matthäusevangeliums. U.L.



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Fragment mit 36 Zeilen einer lateinischen Gutenberg-Bibel, um 1460
Fragment mit 36 Zeilen einer lateinischen Gutenberg-Bibel, um 1460

Dokument 38: BRUCHSTÜCK EINER 36-ZEILIGEN PERGAMENTBIBEL GUTENBERGS
Diente als Umschlag zur [Waldeckischen] Generalrechnung von 1617.
Um 1460 (?].
Aufgeschlagen: Altes Testament: Makkabäer, 2. Buch. Bestand 147 Hr lat. Nr. 15.

BIBLIA LATINA – 36-zeilige Bibel



Best.: 147 Hr 3 Nr.15.
Lit.: Gesamtkatalog der Wiegendrucke, hrsg. v. d. Komm. f. d. Gesamtkatalog d.Wiegendrucke, Bd. IV, Leipzig 1930. Albert Kapr: Johannes Gutenberg – Persönlichkeit und Leistung, München 1987. Vgl. a. die dankenswerter Weise vom Gutenberg-Museum in Mainz zur Verfügung gestellte, detaillierte Beschreibung im Katalog des Londoner Auktionshauses Christie’s vom 27.11.1991.

Als Umschlag der am 13. 6. 1618 abgerechneten waldeckischen Generalrechnung von 1617 verwandtes und so überliefertes Fragment der 36-zeiligen Bibel, die um 1459/60, sicher aber nicht nach 1461 in Bamberg gedruckt wurde. Die Pergamentblätter weisen rote Rubrizierungen, rote Kapitelüberschriften und auf der aufgeschlagenen Seite nicht erscheinende blaue Lombarden auf. Bei dem Text handelt es sich um das 2. Buch Makkabäer aus dem Alten Testament. Die gezeigten Seiten beginnen mit den Zeilen aus dem 12. Kapitel:“ Erant confidentes instabilitate murorum ...“ und enden mit den aus dem Anfang des 13. Kapitels stammenden Worten „... negotiorum secum habentem peditum centum ... „. Von derselben Bibel befinden sich weitere 19 Blätter im Stadtarchiv Wildungen und 2 Blätter in der Landesbibliothek in Darmstadt. Von den insgesamt 20 Marburger Blättern, wurde ein von der Waldecker Generalrechnung von 1616 abgelöster Bogen als Dauerleihgabe an das Gutenbergmuseum in Mainz gegeben. Die 36-zeilige Bibel galt früher als Werk der Gutenbergwerkstatt, doch neuere Forschungen haben nachgewiesen, daß sie zwar mit den von Gutenberg für den Donat-Kalender entwickelten Lettern gedruckt wurde, der Druckort aber Bamberg und nicht Mainz war. Auftraggeber war wahrscheinlich Bischof Georg von Bamberg. Als Drucker gilt Albrecht Pfister, doch vermutet Albert Kapr die Mitwirkung des Gutenbergmitarbeiters Heinrich Keffer und schließt auch eine direkte Beratung durch Gutenberg nicht aus. U.L.

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Doppelblatt aus einer Handschrift des Schwabenspiegels, 15. Jahrhundert
Doppelblatt aus einer Handschrift des Schwabenspiegels, 15. Jahrhundert

Dokument 39: SCHWABENSPIEGEL
Doppelblatt aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts.
Enthält: Artikel 100-109, aufgeschlagen Art. 102 „von echteren“ bis Art. 107 „wie men uz der achte komen sol“.
Bestand 340 von Boyneburg Nr. 4.
Lit.: K. A. Eckhardt, Studia iuris Suevici V: Schwabenspiegel-Normalform (Bibliotheca rerum historicarum, Studia 8, 1972), S. 528-532.

SCHWABENSPIEGEL



Doppelblatt aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts.
Enthält: Artikel 100-109, aufgeschlagen Art. 102 („Von echteren“) bis Art. 107 („Wi men uz der achte komen sol“).
Bestand 340 von Boyneburg Nr. 4.
Druck: K. A. Eckhardt, Studia iuris Suevici V: Schwabenspiegel-Normalform (Bibliotheca rerum historicarum, Studia 8, 1972), S. 528-532 siehe auch ebd. S. 426.

Im 13. Jahrhundert verfaßten rechtskundige Männer die ersten umfassenden Sammlungen deutschen Rechts: Eike von Repgow zwischen 1220 und 1235 den Sachsenspiegel und ein anonymer Augsburger Franziskaner 1275/76 den – später irreführend so benannten – Schwabenspiegel. Beide Rechtsbücher enthalten Landrecht (mit Strafrecht und Verfahrensrecht) und Lehnrecht, nicht aber Hof- und Stadtrecht. Sie wurden vielfach abgeschrieben, und obwohl sie keine hoheitlich autorisierten Gesetzbücher waren, beeinflußten sie sehr bald normierend die Rechtsprechung in ihren Verbreitungsgebieten.
Der Verfasser des Schwabenspiegels verwertet den Sachsenspiegel sowie fränkische Kapitularien, süddeutsche Stammesrechte, königliche Landfrieden und gelehrtes römisches und kanonisches Recht, um ein allgemeingültiges Kaiserrecht zu entwerfen. Das Rechtsbuch war im süd-, west- und südostdeutschen Raum und im Deutschordensland verbreitet. Es ist in etwa 350 Handschriften erhalten, die sich teilweise erheblich unterscheiden (Kurz-, Normal- und Vulgatform), da der Wortlaut – anders als beim Sachsenspiegel – nicht als verbindlich angesehen wurde. Eine Urform hat K. A. Eckhardt rekonstruiert.
Auch in Hessen war der Schwabenspiegel in Gebrauch. Erhalten sind vollständige Handschriften aus Witzenhausen (Normalform) und Eschwege (Langform). Ausgestellt ist ein Fragment einer Pergamenthandschrift, das 1955 von K. A. Eckhardt als Umschlag einer Boyneburgischen Akte über Kirchhosbach (bei Eschwege) entdeckt wurde. Die Herkunft ist unbekannt. Die gezeigten Artikel beinhalten folgendes: Alle weltlichen Gerichte sind Lehen des Königs. Eine Ächtung ist nach 6 Wochen und einem Tag vor einem anderen Gericht zu erneuern (Art. 102). Versäumnis eines Landdings durch den Herrn verkürzt den Leuten das Recht nicht. Zum gerichtlichen Zweikampf geforderte Hochfreie haben 8 Wochen, Mittelfreie 4 Wochen, Dienstmannen und andere 2 Wochen Vorbereitungsfrist (Art. 103). Laut Kaiser Konstantin und Papst Silvester hat jeder, der gegenwärtig ist, auf Klagen zu antworten (Art. 104). Ein Geächteter muß dem Richter Achtgeld zahlen. Nach 6 Wochen und einem Tag soll der geistliche Richter ihn auf Nachricht vom weltlichen Richter in Bann tun (Art. 105). Wenn ein anwesender Beklagter sich dreimal weigert, vor Gericht zu antworten, wird zugunsten des Klägers und auf Acht entschieden wegen Verschmähung des Gerichts. Er kann nur auf Bitten der Kläger aus der Acht befreit werden. Anwesenheit kann durch 3 Zeugen bezeugt werden (Art. 106). Um aus der Acht zu kommen, muß man dem Richter Bürgen stellen, Frieden schwören und die Kläger so befriedigen, daß sie nach dreimaliger Aufforderung keine Klage vorbringen (Art. 107). G.H.

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Fragment einer Handschrift der Römischen Geschichte von Titus Livius, 11. Jahrhundert
Fragment einer Handschrift der Römischen Geschichte von Titus Livius, 11. Jahrhundert
Fragment einer Handschrift der Römischen Geschichte von Titus Livius, 11. Jahrhundert
Fragment einer Handschrift der Römischen Geschichte von Titus Livius, 11. Jahrhundert
Fragment einer Handschrift der Römischen Geschichte von Titus Livius, 11. Jahrhundert

Dokument 40: TITUS LIVIUS, RÖMISCHE GESCHICHTE (AB URBE CONDITA)
Doppelblatt aus einer Handschrift des 11. Jahrhunderts, vermutlich aus der Fuldaer Klosterbibliothek.
Enthält: Buch 5, 35,5 - 39,2 und Buch 6, 2,11 - 6,1.
Bestand 147 Hr lat. Nr. 1.
Lit.: R. M. Ogilvie, Fragments of a new manuscript of Livy, in: Rheinisches Museum für Philologie N.F. 114, S. 209ff.

TITUS LIVIUS, RÖMISCHE GESCHICHTE (ab urbe condita)



1. Dekade, Buch 5 Kap. 35,5 – 39,2 und Buch 6 Kap. 2,11-6,1, Handschrift 11. Jh.
Doppelblatt, Pergament, 33 : 48,5 cm
Best. 147 Hr 2 Nr. 1
Lit.: R. M. Ogilvie, Fragments of a new manuscript of Livy, in: Rhein. Museum für Philologie NF 114, S. 209 ff.

Das Doppelblatt aus einer Handschrift der Römischen Geschichte des Titus Livius wurde um 1950 in Best. 147: „Waldecker Rechnungen“ des Staatsarchivs Marburg aufgefunden, wo es als Einband des „Mengeringhäuser Heberegisters“ von 1641 gedient hatte. Der in zwei Kolumnen zu je 39 Zeilen geschriebene Text enthält Buch 5 Kap. 35,5-39,2 und Buch 6 Kap. 2,11-6,1 aus der ersten Dekade. Das Blatt bildete ursprünglich das äußere Doppelblatt eines Quaternio, wie aus dem Umfang des fehlenden Textes zu schließen ist.
Das Fragment bietet zahlreiche eigenständige Lesarten, die den Text des livianischen Geschichtswerks verbessern. Damit ist das Waldecken Livius-Fragment ein wichtiger Textzeuge für das Werk des T. Livius, der nahe Verwandtschaft mit dem bedeutendsten Textzeugen, dem Codex T der Nationalbibliothek Paris, aufweist.
Vermutlich stammt die Handschrift aus der berühmten Bibliothek des Klosters Fulda, für die noch 1588 eine Handschrift der ersten Dekade des Livius bezeugt ist; wie zahlreiche andere Handschriften der Fuldaer Bibliothek ist sie wohl in den Wirren des 30jährigen Kriegs untergegangen.
Zusammen mit den vollständigen Handschriften antiker Autoren aus der Bibliothek des Klosters Fulda, die heute z.B. in der Bibliotheca Laurentiana zu Florenz, der Vatikanischen Bibliothek oder der Gesamthochschul-Bibliothek – Landesbibliothek – zu Kassel aufbewahrt werden, legen die im Staatsarchiv Marburg erhaltenen Fragmente aus den Werken eines Cicero, Flavius Josephus, Livius oder Terenz Zeugnis ab von der bedeutsamen Rolle, die die Klöster Fulda und Hersfeld für die Überlieferung der antiken Literatur gespielt haben. H.P.L.




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Fragment aus einer Abschrift einer anonymen mittelhochdeutschen Verslegende über das Leben der Heiligen Elisabeth, 14. Jahrhundert
Fragment aus einer Abschrift einer anonymen mittelhochdeutschen Verslegende über das Leben der Heiligen Elisabeth, 14. Jahrhundert
Fragment aus einer Abschrift einer anonymen mittelhochdeutschen Verslegende über das Leben der Heiligen Elisabeth, 14. Jahrhundert
Fragment aus einer Abschrift einer anonymen mittelhochdeutschen Verslegende über das Leben der Heiligen Elisabeth, 14. Jahrhundert
Fragment aus einer Abschrift einer anonymen mittelhochdeutschen Verslegende über das Leben der Heiligen Elisabeth, 14. Jahrhundert

Dokument 41: DAS LEBEN DER HL.ELISABETH (MHD.VERSLEGENDE)
2 Pergamentblätter (zwischen beiden fehlt ein Blatt), zweispaltig zu je 37 Zeilen, Verse abgesetzt, 14. Jahrhundert.
Bestand Hr 11 Nr. 20.
Das Fragment wurde 1987 im Staatsarchiv als Umschlag einer Homberger Amtsrechnung des Jahres 1588 (Bestand 40a Rubr. 7 Nr. 48) entdeckt und dort abgelöst. Es gehört zu keinem der bislang bekannten Textzeugen.
Lit.: Das Leben der Hl. Elisabeth vom Verfasser der Erlösung, hrsg. von Max Riegen Stuttgart 1868.

DAS LEBEN DER HL. ELISABETH – MHD. VERSLEGENDE



Zwei Pergamentblätter. 20,2 x 15,7 cm, zweispaltig zu je 37 Zeilen, Verse abgesetzt, 14. Jahrhundert, Sigle H.
Bestand Hr 11 Nr. 20
1987 abgelöst von Homberger Amtsrechnungen des Jahres 1588 (Bestand 40a Rubr. 7 N. 48 ) Lit. : Margret Lemberg: Die Marburger Fragmente der mittelhoch-deutschen Verslegende vom Leben der hl. Elisabeth. Marburg 1991. Das Leben der hl. Elisabeth vom Verfasser der Erlösung, hg. Max Rieger, Stuttgart 1868.

Die beiden 1987 im Hessischen Staatsarchiv Marburg gefundenen Pergamentblätter waren in der Länge gefaltet und in der Mitte noch einmal dort geknickt, wo sie mit einigen Stichen an die Rechnungen geheftet waren. Aus diesem Grund sind sie jeweils auf einer Seite stark gebräunt und verschmutzt. Die je 37 Verse sind zweizeilig geschrieben; die Zeilenanfangsbuchstaben sind durch leichtes Ausrücken und durch Rubrizierung hervorgehoben. Sie stehen zwischen zwei feinen senkrechten Linien und sind immer als Maiuskel geschrieben. Die Textabschnitte sind durch fünf zweizeilige rote Initialen, sogenannte Lombarden, markiert. Ein Blatt muß feucht geworden sein, so daß das Rot einer Lombarde verwischt ist.
Die Blätter sind das Fragment einer Abschrift einer geereimten mittelhochdeutschen Elisabethlegende, deren Autor unbekannt ist. Er folgt inhaltlich der lateinischen Legende „Vita sancte Elisabeth“ des Dominikaners Dietrich van Apolda. Vollständige Handschriften dieser mittelhochdeutschen Legende sind selten. Eine frühe und eine späte Abschrift besitzt die Hessische Landes- u. Hochschulbibliothek in Darmstadt.
Die auf denn Marburger Fragment überlieferten Verse stammen aus dem Ende des dritten Buches und aus dem Anfang des vierten. Zwischen den beiden Folien fehlt ein Blatt. Fol. 1r erzählt, wie die hl. Elisabeth nach dem Tod ihres Mannes auf die Wartburg zurückkehrt und mit ihrem „wideme“, ihrem Witwenanteil, gute Werke verrichtet. Auf der Rückseite (fol. 1v) erfährt der Leser von den Schwierigkeiten, die ihr die Hofsgesellschaft bereitet. Das zweite Blatt (fol. 2r) hält die dramatische Szene fest, in der Elisabeth von Magister Konrad, ihrem geistlichen Führer, daran gehindert wird, in der Kirche der Minderbrüder all ihr Hab und Gut aufzuopfern. Auf der Rückseite des zweiten Blattes (fol. 2v) nun folgt sie Magister Konrad nach Marburg. Der 12. u. 13. Vers der linken Spalte lautet: „Meister cunrade / Vur sie nach marpurg nach.“ [Magister Konrad folgte sie nach Marburg.) Hier läßt sie sich, nachdem sie erst unter einer Treppe in einem Bauernhaus gewohnt hat, ein einfaches Wohnhaus aus Holz und Lehm errichten (rechte Spalte 16., 17. u. 18. Vers): „In des wart ihr vf gelaht / Zu marpurg ein hus gemacht / Von holze vn(d) von erden.“ H.P.L.


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Handexemplar von Wilhelm Grimm zu seinem Vortrag über die Sage vom Ursprung der Christusbilder in Berlin mit Abbildung einer kolorierten Zeichnung des Christuskopfes (Initiale) und  Abzeichnungen von Christusbildern, 1842
Handexemplar von Wilhelm Grimm zu seinem Vortrag über die Sage vom Ursprung der Christusbilder in Berlin mit Abbildung einer kolorierten Zeichnung des Christuskopfes (Initiale) und Abzeichnungen von Christusbildern, 1842
Dokument 42: WILHELM GRIMM, DIE SAGE VOM URSPRUNG DER CHRISTUSBILDER
Gelesen in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 1. und 22. Dezember 1842. Berlin: Akademie der Wissenschaften 1843. 55 S.
Handexemplar Wilhelm Grimms mit zahlreichen einliegenden und eingeklebten Zetteln, Zeitungsausschnitten und Bildern.
Aufgeschlagen [rechts]: Kolorierte Zeichnung des Christuskopfes (Initiale) mit der Aufschrift von Hand Wilhelm Grimms: „das bild aus der Heimstädter Urkunde [...]“, „von Ludwig Grimm gezeichnet im Sommer 1843“; daneben [links] weitere Durch- und Abzeichnungen von Christusbildern. Bestand 340 Grimm L 43.
Lit.: Die Brüder Grimm. Dokumente ihres Lebens und Wirkens, [Ausstellungskatalog] hrsg. von Dieter Hennig und Bernhard Lauer, Kassel [1985], S. 436 Nr. 457.
WILHELM GRIMM – DIE SAGE VOM URSPRUNG DER CHRISTUSBILDER



Gelesen in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 1. und 22. Dezember 1842. Berlin: Akademie der Wissenschaften 1843. 55 S.
Handexemplar Wilhelm Grimms mit ca. 120 einliegenden und eingeklebten Zetteln, Zeitungsausschnitten und Bildern.
Aufgeschlagen: [rechts:] Kolorierte Zeichnung des Christuskopfes (Initiale) mit der Aufschrift von Hand Wilhelm Grimms: „das bild aus der Helmstädter Urkunde“ [...], „von Ludwig Grimm gezeichnet im Sommer 1843“; daneben [links] weitere Durch- und Abzeichnungen von Christusbildern. Bestand 340 Grimm L 43.
Lit.: Die Brüder Grimm. Dokumente ihres Lebens und Wirkens, [Ausstellungskatalog] hg. von Dieter Hennig und Bernhard Lauer, Kassel [1985], S. 436 Nr. 457.

Als Handexemplar bezeichnet man ein Buch, in welchem sein Besitzer, durchaus auch der Autor selbst, im Fortgang seiner Forschungen handschriftlich Ergänzungen und Korrekturen vornimmt und mitunter auch thematisch relevante Exzerpte, Bilder und andere Materialien einlegt. Er hat es im Laufe seiner Arbeit ständig „zur Hand“.
Jacob und Wilhelm Grimm wurden am 9.3.1841 zu ordentlichen korrespondierenden Mitgliedern der Berliner Akademie der Wissenschaften berufen. Sie hatten das Recht, aber nicht die Pflicht, Vorlesungen zu halten: fast alle ihrer Akademiereden erschienen nachträglich auch im Druck. Jacob las überwiegend über deutsche Rechtsaltertümer, Mythologie, Grammatik und Literatur, während Wilhelm sich hauptsächlich mit der mittelhochdeutschen Dichtung befaßte.
Zu den Forschungsfragen, die Wilhelm Grimm insonderheit beschäftigten gehörten auch philologische und kunsthistorische Betrachtungen der Entstehung von Christusbildern. Der Legende nach sind einige nicht von Menschenhand gemacht (Archeiropoieton). An Beispielen geht Grimm schriftlichen Zeugnissen in spätantiken und mittelalterlichen Quellen nach und stellt sie in den Kontext ihm außerdem bekanntgewordener Christusbilder, so etwa solcher auf frühchristlichen Sarkophagen, byzantinischen Münzen und Mosaiken, mittelalterlichen Holzschnitten, Gemälden und kunsthandwerklichen Arbeiten. Dabei sind ihm die Durch- und Abzeichnungen von Christusbildern, die er seinem Arbeitsexemplar nach dessen Drucklegung beifügt, eine wichtige Hilfe. W.M.

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Gemeinsames Tage- und Skizzenbuch Herman Grimms und Gisela von Arnims mit Skizzen und Textentwürfen, begonnen 1845
Gemeinsames Tage- und Skizzenbuch Herman Grimms und Gisela von Arnims mit Skizzen und Textentwürfen, begonnen 1845
Dokument 43: GEMEINSAMES TAGE- UND SKIZZENBUCH HERMAN GRIMMS UND GISELA VON ARNIMS
mit zahlreichen, auch eingeklebten Bildern und Porträtzeichnungen. Lederband mit Schließe, begonnen 1845.
Aufgeschlagen: Skizzen und Textentwürfe Herman Grimms, auf der rechten Seite neben Tuschfederzeichnungen ein Gedicht, links u.a. Visitenkarte des Grafen Louis Lynar (aufgeklebt). Bestand 340 Grimm Ms 137.
Lit.: W. Moritz, Herman Grimm 1828-1901. [Katalog zur] Ausstellung des Hess. Staatsarchivs Marburg, Marburg 1986 (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 4), S. 31 Nr. 42
GEMEINSAMES TAGE- UND SKIZZENBUCH HERMAN GRIMMS UND GISELA VON ARNIMS



mit zahlreichen, auch eingeklebten Bildern und Porträtzeichnungen. Lederband mit Schließe, begonnen 6.2.1845.
Aufgeschlagen: Skizzen und Textentwürfe Herman Grimms, auf der rechten Seite neben Tuschfederzeichnungen ein Gedicht, links u.a. Visitenkarte des Grafen Louis Lynar (aufgeklebt). Bestand 340 Grimm Ms 137.

Lit.: W. Moritz, Herman Grimm 1828-1901. [Katalog zur] Ausstellung des Hessischen Staatsarchivs Marburg, Marburg 1986 (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 4), S. 31 Nr. 42. Herman Grimm, am 6. Januar 1828 in Kassel geboren, war der älteste Sohn Wilhelms und der Neffe Jacob Grimms (vgl. Nr. 49). Aus Göttingen vertrieben und inzwischen nach Kassel zurückgekehrt, erhielten die beiden gelehrten Brüder Grimm 1840 durch Friedrich Wilhelm IV. einen Ruf an die Berliner Akademie der Wissenschaften. Sie folgten diesem Ruf im Jahre darauf, und so ergab sich, ähnlich wie schon in Göttingen, erneut eine Veränderung und Erweiterung des gesellschaftlichen und vor allem wissenschaftlichen Freundeskreises im Hause Grimm. Auch für den nun dreizehnjährigen Herman wurden neue Eindrücke wirksam.
Die Freundschaft der Brüder Grimm zu Achim von Arnim und Clemens Brentano hatte auch eine enge Bindung zu Bettina von Arnim, Clemens’ Schwester, entstehen lassen. Für den heranwachsenden Herman wurden bei der nun gegebenen räumlichen Nähe beider Familien Besuche im Hause von Arnim bald zu einer beinahe täglichen Gewohnheit. Vor allem zu Gisela, dem jüngsten Kinde der Arnims, fühlte sich Herman hingezogen. Sie sollte 1859 seine Frau werden.
In den Jugendjahren gehen außer Briefen auch Kladden wie das hier gezeigte Buch zwischen Gisela und Herman hin und her: Erlebnisse, Begebenheiten im Familienkreis und sehr viel Nachdenkliches über die gemeinsame Beziehung teilen sie sich darin mit, und immer wieder erscheinen unverhofft kleine Zeichnungen, mal flüchtig hingeworfene Porträts, dann wieder sorgfältiger ausgemalte Motive. Entwürfe für Dichtungen, Verse und Prosa, sind dazwischen. Nach etwa einem halben Jahr hat der gegenseitige Mitteilungsdrang dieses Buch gefüllt. Herman Grimm notiert auf dem Vorsatzblatt die „Todesanzeuge. Heute, am 24. August ist auch dieser lederne Sohn in den letzten Hafen der Ruhe, den Bücherschrank eingelaufen.“ W.M.

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Erstdruck der Flugschrift „Der Hessische Landbote“ von Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig. Titelblatt, Juli 1834
Erstdruck der Flugschrift „Der Hessische Landbote“ von Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig. Titelblatt, Juli 1834
Dokument 44: DER HESSISCHE LANDBOTE
von Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig. Achtseitiger Erstdruck, Darmstadt, Juli 1834. Aufgeschlagen: Titelblatt und Schlußseite. j Bestand 24g Nr. 739.
Lit.: Georg Büchner und seine Zeit. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive 1987, bearb. v. E. G. Franz, S. 36.
DER HESSISCHE LANDBOTE



von Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig. Achtseitiger Erstdruck, Darmstadt, Juli 1834. Aufgeschlagem: Titelblatt und Schlußseite. Bestand 24g Nr. 739.
Lit.: Georg Büchner und seine Zeit. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive 1987, bearb.v. E. G. Franz, S. 30 und 36.

Georg Büchner wurde am 18.10.1813 in Goddelau geboren und starb am 19.2.1837 als Anatomie-Dozent und Doktor der Philosophie in Zürich. Obwohl er nur 23 Jahre alt wurde, stößt sein Leben und Werk als Dichter und politischer Agitator auf ein noch immer ungebrochenes Interesse. Das „Phänomen Büchner“ hat einen festen Platz in der deutschen Geschichte, und dabei ist die auf ihn bezogene Überlieferung nicht eben reichlich zu nennen. Bisher waren z. B. nur ganze 11 eigenhändige Briefe von ihm bekannt. Um so sensationeller mußte die 1993 bekanntgewordene Entdeckung von zwei weiteren Büchner-Briefen aus dem Jahre 1836 auf einem Dachboden in Butzbach wirken. In eben diesem oberhessischen Ort war Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837) Rektor gewesen, bevor er ab September 1834 bis zu seiner endgültigen Verhaftung als Pfarrer in Ober-Gleen bei Alsfeld tätig wurde.
„Der Hessische Landbote“ ist in die Zusammenhänge der im Deutschland der Jahre 1832-1835 herrschenden „revolutionären Umtriebe“ (1832 Hambacher Fest, 1833 Frankfurter Wachensturm), das Bemühen um liberalere Landesverfassungen und um Veränderungen der politisch-sozialen Verhältnisse einzuordnen. Auch in Hessen formierte sich der intellektuelle geheime Widerstand nach den Repressionsbeschlüssen des Deutschen Bundes. Flugschriften waren ein erprobtes Mittel der Agitation.
Anfang 1834 gründete Georg Büchner in Gießen eine „Gesellschaft der Menschenrechte“. Gemeinsam mit Weidig plante er die Abfassung und Verbreitung einer Flugschrift, die „die breite Masse“ der ländlichen Bevölkerung revolutionsbereit machen sollte: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ Sie verfehlte ihr Ziel, die Verschwörung wurde zerschlagen. Was blieb, war eine der ausdrucksstärksten Flugschriften in deutscher Sprache. Das gezeigte Stück, eine besondere Rarität, ist aus einem einfachen Grunde überliefert: Es wurde von der Polizei beschlagnahmt! W.M.

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Zeitgenössische Notenblattabschrift von Leopold Mozarts Sinfonie G-Dur, 18. Jahrhundert
Zeitgenössische Notenblattabschrift von Leopold Mozarts Sinfonie G-Dur, 18. Jahrhundert
Dokument 45: LEOPOLD MOZART (1719-1787): SYMPHONIE G-DUR
(Satzfolge: Allegro molto - Andante - Presto)
Zeitgenössische Abschrift, in Stimmen.
Bestand 340 Schenck zu Schweinsberg, Musikalien Nr. 37.
LEOPOZD MOZART (1719-1787): SYMPHONIE G-DUR



(Satzfolge: Allegro molto – Andante – Presto)
Zeitgenössische Abschrift, in Stimmen.
Bestand 340 Schenck zu Schweinsberg, Musikalien Nr. 37.

Es handelt sich bei dieser Sinfonie um eine bis jetzt verschollen geglaubte Sinfonie Leopold Mozarts (nach dem neuesten thematischen Verzeichnis: Sinfonie G 13). Sie ist spätestens 1766 komponiert (in diesem Jahr erscheint sie im Katalog des Verlages Breitkopf) und für 2 Violinen, Viola, Baß und 2 Hörner geschrieben. Ihre Satzfolge ist die ältere der frühklassischen Symphonien (schnell – langsam – schnell). H.L.

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Diplom Kaiser Karl V. über die Bestätigung der Gründung der Universität Marburg, 16. Juli 1541
Diplom Kaiser Karl V. über die Bestätigung der Gründung der Universität Marburg, 16. Juli 1541
Dokument 46: KAISER KARL V. BESTÄTIGT DIE STIFTUNG DER UNIVERSITÄT MARBURG
Pergamenturkunde mit anhängendem Majestätssiegel.
Urkunden Dep.Universität Marburg, 1541 Juli 16, Regensburg.
Lit.: H. Hermelink und S. A. Kaehler, Die Philipps-Universität zu Marburg 1527-1927 (Marburg 1927), S. 18ff.
KAISER KARL V. BESTÄTIGT DIE GRÜNDUNG DER UNIVERSITÄT MARBURG



Pergamenturkunde mit anhängendem Majestätssiegel.
Urkunden, Dep. Universität Marburg, 1541, Juli 16, Regensburg.
Lit. H. Hermelink und A. S. Kaehler, Die Philipps-Universität zu Marburg 1527-1927, Marburg 1927, 21977, S. 18 ff.
H. Rabe, Reich und Glaubensspaltung in Deutschland. 1500-1600 (Neue deutsche Geschichte), P. Moraw, V. Press, W. Schieder, Hg., Bd. 4, München 1989, Ders., Reichsbund und Interim. Die Verfassungs- und religionspolitik Karls V. und der Reichstag von Augsburg 1547-1548, Köln, Wien 1971.

Universitätsgründungen waren bisher ausschließlich vom Kaiser oder Papst ausgegangen. Philipp der Großmütige richtet 1527 seine protestantische Universität, die erste überhaupt, aus eigener Machtvollkommenheit ein. Die rechtliche Sicherung in Form von Privilegien erfolgt erst schrittweise und nachträglich, zunächst werden Fakten geschaffen. Die Anfang 1527 entstandene sog. Ordnung der Universität ist noch nichts anderes als ein Protokoll der Räte des Fürsten über geplante Berufungen von Professoren nach Marburg. Eröffnet wird die Universität am 30. Mai 1527, selbst die Freiheitsbriefe des Landgrafen ergehen aber erst am 31. August 1529. So ist es nicht verwunderlich, daß die bereits arbeitende Hochschule noch mehr als ein Jahrzehnt auf ein kaiserliches Privileg warten muß, erst damit auf universale Anerkennung als Universität und der von ihr verliehenen Grade rechnen kann. Der Kaiser läßt sich zur Ausstellung der Urkunde herbei, um Philipp aus dem protestantischen Lager abzuziehen, zu einem Zeitpunkt, „an dem der einst so selbständige Bundeshauptmann des schmalkaldischen Bundes, politisch und moralisch geschwächt durch die unglückselige Doppelehe, auf die vom Kaiser angebotene Versöhnungspolitik eingeht“ (Hermelink, S. 19), als der Kaiser selbst aber auch noch einen politischen Kompromiß im Religionsstreit auf Reichsebene für möglich hält und einen solchen über versöhnliche Gesten gegenüber dem anderen Lager arbeitet. I.A.

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Matrikelbuch der Universität Marburg mit Wappen und Matrikeleintrag des Euricius Cordus, 1527 - 1555
Matrikelbuch der Universität Marburg mit Wappen und Matrikeleintrag des Euricius Cordus, 1527 - 1555
Dokument 47: MATRIKELBUCH DER UNIVERSITÄT MARBURG 1527-1555
„Catalogus studiosorum scholae Marburgensis“.
Aufgeschlagen Bl. 77v: Koloriertes Wappen des Grafen Samuel von Waldeck (Immatrikulationen für das Wintersemester 1544/45 unter dem Rektorat des Professors der Theologie Johannes Drach [Draconites]).
Bestand 305a II/1.
Lit.: Catalogus Studiosorum scholae Marpurgensis, ed. J.Caesar, Pars I: 1527-1547 (Marburg 1875), S. 43ff.
MATRIKELBUCH DER UNIVERSITÄT MARBURG 1527-1555



Best. 305a, II/1. Aufgeschlagen Bl.: Wappen und Matrikeleintrag des Euricius Cordus Lit.: Kahler, Wigand, Vita des Euricii Cordii, Rinteln 1744; Schulz, August, Euricius Cordus als botanischer Forscher und Lehrer (Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle a.d. S. Nr. 7), Halle 1919; (Theobold, W.), Doktor und Poet dazu. Euricius Cordus (1486-1535), in: Hessisches Ärzteblatt, Jg. 45 (1984), H. 9, S. 627 f., 631. Euricius Cordus (1486-1535): Humanist, Dichter, Arzt: zum 500. Geburtstag des ersten Professors für Medizin an der Philipps-Universität Marburg, in: Studier’ mal Marburg 11 (1987), Juni, S. 18; Dilg, Peter, Das Botanologicon des Euricius Cordus. Ein Beitrag zur botanischen Literatur des Humanismus, Diss. nat. Marburg 1969, Ders., Die Anfänge der Philipps-Universität in den Epigrammen des Euricius Cordus, in: Academia Marburgenis (Beiträge zur Geschichte der Philipps-Universität Marburg 1), Marburg 1977, S. 93-110 (mit weiterer Literatur); Heinemeyer, Walter, Zur Gründung des „universale studium Marburgense“, (Beiträge zur Geschichte der Philipps-Universität Marburg 1), S. 49-92; Dilg, Peter, Der Professor als Satiriker: ein Nachtrag zum 500. Geburtstag des Euricius Cordus, in: Alma mater philippina, SS 1987, S. 27-32.

Die Matrikel der Universität enthält mit Ausnahme des Gründungsjahres 1527 nur die Namen und den Herkunfstort der Studenten, eingetragen nicht von diesen selbst, sondern hier noch vom Rektor, später von Schreiberhand. In den älteren Teilen erfolgt der Eintrag nur ein Mal, bei Aufnahme des Studiums. Es läßt sich daher nicht genau feststellen, wie viele Studenten an der Universität gleichzeitig studiert haben. Vor der einsetzenden Überlieferung von Prüfungsakten enthält das gesamte Universitätsarchiv auch keine Autographen von Studenten. Detailliertere Einzelnachrichten betreffen in der Regel Disziplinarfälle.
Die Matrikel ist also bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die zentrale Quelle, wenn es um Studenten geht. Die Eintragungen werden seit dem 19. Jahrhundert ausführlicher. Ab 1820 enthalten sie etwa Geburtsort, Alter, Beruf des Vaters, für die niederen Stände wegen des Numerus clausus einen Vermerk über die Studienerlaubnis, die Wohnung in Marburg, die Herkunft (von zu Hause, von einem Gymnasium, von einer anderen Universität), das Datum des Reifezeugnisses, Erläuterungen zu den Vermögensverhältnissen, aber erst in diesem Jahrhundert auch das Datum der Exmatrikulation. Die Matrikel verwandelt sich im 3. Reich von einem Amtsbuch in eine Kartei und hier finden sich dann Angaben auch über den Familienstand, Geschwister, die Mitgliedschaft in NS-Verbänden, Kenntnisse in Stenographie und Schreibmaschine, Zeichnen und Plakatschrift, Führerscheine, Arbeitsdienst, Wehrdienst, die Teilnahme an Geländeübungen und Geländesportübungen, die Mitarbeit in der Studentenschaft, über Stipendien und Unterstützungen oder Gebührenerlaß, die Überprüfung der arischen Abstammung und ein Paßbild. Im Druck liegt die Matrikel bis 1830 vor. Seit 1899 liegen im Universitätsarchiv auch gedruckte „Verzeichnisse des Personals und der Studierenden“, in die die Kanzlei Wohnungswechsel von Hand nachgetragen hat. Euricius Cordus, geb. 1486 in Simtshausen bei Frankenberg, gest. 1535 in Bremen war seit der Gründung der Universität bis 1533 Professor der Medizin an der Universität Marburg, 1530 auch deren Rektor. Der Botaniker legte am Glaskopf einen privaten Botanischen Garten an, der allerdings nach seinem Weggang von Marburg verfiel, weil sich die Universität nicht darum kümmerte. Padua kann also wegen seines seit 1545 zu Lehrzwecken von der Universität eingerichteten Gartens mit einigem Recht behaupten, es besäße den ältesten Botanischen Garten einer Universität überhaupt. Euricius Cordus war bekannt aber auch als Dichter. I.A.

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Statuten der Universität Marburg, 16. Jahrhundert
Statuten der Universität Marburg, 16. Jahrhundert
Dokument 48: STATUTEN DER UNIVERSITÄT MARBURG
Papier, Pappband der Zeit, mit handschriftlichen und gedruckten Statuten, 16. Jahrhundert. Aufgeschlagen: Reformation und Ordnung der Universität zu Marburg von 1560. Druck, auf der letzten Seite die unter Papierdecke aufgedruckten Siegel der Landgrafen Philipp d.Gr. und Wilhelm.
Bestand 305a A I,3.
Lit.: H. G. Gundel, Die Statuten der Universität Marburg von 1560, in: Academia Marburgensis I (1977), S. 111-179.
STATUTEN DER UNIVERSITÄT MARBURG



Papier, Pappband der Zeit, mit handschriftlichen und gedruckten Statuten, 16. Jahrhundert.
Aufgeschlagen: Reformation und Ordnung der Universität zu Marburg von 1560. Druck, auf der letzten Seite die unter Papierdecke aufgedruckten Siegel der Landgrafen Philipp d. Gr. und Wilhelm.
alte Sign.: Best. 305a, A, I, 3.
Edition: H. G. Gundel, Die Statuten der Universität Marburg von 1560, in: Academia Marburgenis, Bd. 1 (1977), S. 111-179.

Die aufgeschlagenenen Statuten von 1560 haben Gesetzeskraft nicht erlangt, sind aber einflußreich gewesen für die Weiterentwicklung der Universitätsverfassung. Vorausgegangen waren Statuten von 1529, die sich offenbar vor allem für die Ausformulierung der Pflichten von Studenten und Professoren als verbeserungsbedürftig erwiesen. Die neuen „Reformierten Statuten der Universität vom 14. Januar 1564“, 1565 gedruckt als „Reformation und Ordnung“, enthalten zusätzlich eine neue Satzung der Wirtschaftsverfassung der Universität.
Der Band, wohl nach 1575 zusammengestellt, enthält die deutsche Fassung der Statuten von 1560, eine lateinische Fassung liegt in der Universitätsbibliothek Giessen. Daneben findet sich hier anderes Schriftgut von grundsätzlicher Bedeutung für die Universitätsverwaltung, etwa die Stipendiatenordnung. I.A.

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Stammbuchblätter des Studenten Jacob Grimm in Marburg mit Randglossen Grimms, 1802 -1805
Dokument 49: JACOB GRIMM ALS STUDENT IN MARBURG: STAMMBUCHBLÄTTER 1802-1805
31, von Grimm später mit teilweise sarkastischen Randglossen versehene Blätter aus dem Freundes- und Bekanntenkreis.
Bestand 340 Grimm Ms 133.
Lit.: W. Schoof in: Volk und Scholle 8 (1930), S. 249.
JACOB GRIMM ALS STUDENT IN MARBURG: STAMMBUCHBLÄTTER 1802-1805



31, von Grimm später mit teilweise sarkastischen Randglossen versehene Blätter aus dem Freundes- und Bekanntenkreis.
Bestand 340 Grimm Ms 133.
Lit.: W. Moritz, Jacob Grimms Stammbuch, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 94 (1989), S. 153-168.

Zum Sommersemster des Jahres 1802 nahm Jacob Grimm (1785-1863) in Marburg das Studium der Rechte auf; sein zeitlebens kränkelnder Bruder Wilhelm (1786-1759) folgte ihm zwei Semester später. Beide hinterließen Stammbücher, die in ihrer für die Zeit typischen Form heute dem Nachlaßbestand Grimm der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Berlin) angehören: zwei schmale längliche Schuber, dunkelbraun, abgegriffen und Blätter aus festerem Papier enthaltend. Sie wurden seit 1802 zum Teil von Verwandten, in der Mehrzahl aber von Freunden und Bekannten aus dem Hanau-Steinauer Umkreis, aus Kassel oder Marburg mit Versen und Sprüchen versehen. Die jüngsten Blätter reichen bei Wilhelm bis zum Jahre 1806, bei Jacob bis ans Ende des Jahres 1813.
Jacob Grimms Stammbuch ist auf ungeklärte Weise in zwei Teilen überliefert. Während der eine Teil sich in Berlin befindet, gehört der andere zum heutigen Nachlaßbestand Grimm des Hessischen Staatsarchivs Marburg.
Die Marburger Blätter, etwa die Hälfte des ursprünglichen ganzen Schuberinhalts, erregen Aufmerksamkeit weit mehr durch die offenbar in späteren Tagen von Jacob Grimm hinzugefügten, zum Teil recht groben Randglossen als durch die Sprüche, die die Albumblätter eigentlich zieren sollten. Im Grunde offenbaren sie an Grimms Charakter, daß er für falsches Pathos nur Verachtung übrig hatte. In den gutgemeinten Eintrag einer Freundin: „Vergänglich ist die Freude des menschlichen Lebens. Nur - Ruhe der Seele schafft ewiges Glück“ donnert Grimm hinein: „Die erste Zeile ist eine Idee, die auch die Kuh im Stall zu erschwingen vermag, und die zweite schriebe die Kuh, wenn sie sie verstände, nicht ins Stammbuch.“ - Grimm starb ledig im Alter von 78 Jahren. W.M.

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Bildnis des Marburger Professors und Rektors Eobanus Hessus (gest. 1540) aus der Porträtsammlung von Ferdinand Justi, 1688
Bildnis des Marburger Professors und Rektors Eobanus Hessus (gest. 1540) aus der Porträtsammlung von Ferdinand Justi, 1688
Dokument 50: BILDNISSE MARBURGER PROFESSOREN
Sammlung von Porträtnachzeichnungen Ferdinand Justis nach Holzschnitten von Wilhelm Dilich, mit eingeklebten Kupferstichen aus P.Frehers Theatrum worum etc. illustrium, Nürnberg 1688.
Aufgeschlagen: Eobanus Hessus.
Bestand Slg. 7/b Nr. 1002.
BILDNISSE MARBURGER PROFESSOREN



Sammlung von Porträtzeichnungen Ferdinand Justis nach Holzschnitten von Wilhelm Dilich, mit eingeklebten Kupferstichen aus P. Frehers, Theatrum virorum etc. illustrium, Nürnberg 1688. Augeschlagen: Eobanus Hessus.
Bestand Slg. 7/b, Nr. 1002.

Lit.: Graepler, Carl, Imagines professorum academiae Marburgensis. Katalog von Bildnissen Marburger Hochschullehrer aus fünf Jahrhunderten (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 36), Marburg 1977.
Gundlach, Franz, Catalogus professorum academiae Marburgensis. Die akademischen Lehrer der Philipps-Universität Marburg von 1527 bis 1910 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen XV,1), Marburg 1927.
Nur etwa von einem Drittel der im ersten, bis 1910 reichenden Band des Marburger Professorenkatataloges erfaßten Personen sind Porträts erhalten, und doch hat sich schon der Gründer der Universität offensichtlich darum bemüht, zu Lebzeiten der ersten Marburger Hochschullehrer, im Darmstädter „Thesaurus picturarum“ berühmter Persönlichkeiten, auch Marburger Professoren abbilden zu lassen. Die ältesten gemalten Porträts von Professoren sind unter Landgraf Moritz entstanden.
Die Professorenbildersammlung wird heute vom Marburger Universitätsmuseum verwaltet und besteht in ihren letzten Teilen vor allem aus Fotos, die von jedem der Neuberufenen oder Frischhabilitierten bei einem der Marburger Fotografen angefertigt wurden. Der Brauch wurde erst in jüngster Zeit aufgegeben. Ferdinand Justi hat selbst einen Zettelkatalog eines Bildniskataloges von Professoren hinterlassen, sich aber auch durch eigene Zeichnungen um die bildliche Dokumentation des Lebens der Universität bemüht. In diesen Rahmen gehört neben dem vorliegenden Band vor allem die Serie von Doktorandenporträts, die der Germanist offenbar während deren Rigorosum als Dekan der Philosophischen Fakultät.1883 in die Prüfungsakten hinein gezeichnet hat.
Helius Eobanus Hessus war 1515 zum „König“ der Erfurter Poeten geworden, später dort Professor der klassischen Philologie, Dichtkunst und Beredsamkeit, bevor er 1536 als historicae lectioni praefectus der Universität Marburg berufen wurde. Der Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte war 1538 Rektor und starb 1540. I.A.

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Handzeichnung einer Karte des freien Klosterhofs und des Waldes bei Caldern im Besitz der Universität Gießen, 1722
Handzeichnung einer Karte des freien Klosterhofs und des Waldes bei Caldern im Besitz der Universität Gießen, 1722
Dokument 51: ANSICHT VON DEM FREIEN KLOSTERHOF UND WALD ZU CALDERN DER UNIVERSITÄT GIESSEN
Karte, farbige Handzeichnung. 1722. Bestand Karten P II Nr. 17198.
Lit.: F. Wolff / W. Engel, Hessen im Bild alter Karten. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive 1988, S. 34 Tf. 23 Nr. 3.
ANSICHT VON DEM FREIEN KLOSTERHOF UND WALD ZU CALDERN DER UNIVERSITÄT GIESSEN



Karte, farbige Handzeichnung. 1722
Bestand Karten P II, Nr. 17198
Lit.: F. Wolff/P. Engel, Hessen im Bild alter Karten. (Katalog zur) Ausstellung der Hessischen Staatsarchive 1988. S. 34, Tf. 23, Nr. 3.
W. Heinemyer, Zur Gründung des „universale Studium Marpurgense“, (Beiträge zur Geschichte der Philipps-Universität Marburg 1), S. 49-92.
Studium und Stipendium. Untersuchungen zur Geschichte des hessischen Stipendiatenwesens = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Bd. 37, Marburg 1977.

Die Universität Marburg verpachtet noch heute landwirtschaftliche Betriebe und Wald, etwa in Caldern. Von der Idee, die Universität aus dem eigenen Grundbesitz zu finanzieren, mußte man längst wieder abrücken. Ohne Aufhebung der Klöster und die Sequestration ihrer Güter in der Reformationszeit unter Philipp d. Großmütigen wäre die Gründung der Marburger Universität allerdings nicht möglich gewesen. Die Stipendiatenanstalt, als studentische Lebens- und Studiengemeinschaft mit der Universität gegründet, finanziert sich noch heute ebenfalls aus Ablösungen von ehemaligem Kirchengut, von Altarlehen und von geistlichen Pfründen durch die Städte, die seither (1529), inzwischen oft unwillig, Stipendien für ihre Studenten, neuerdings auch Studentinnen, in der Regel der Theologie zahlen müssen. Auch zur Stipendiatenanstalt schießt aber inzwischen der Staat Mittel zu. In den Anfängen stand der Universität noch kein ausreichender Fundus an Grundbesitz zur Verfügung, der Landgraf zahlte also bis zur Dotationsurkunde vom 4. Oktober 1540, als die Klöster allmählich doch ausliefen, für die Universität aus staatlichen Mitteln. I.A.

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Bulle Papst Clemens XII. über die Erteilung eines Universitätsprivilegs für das Jesuiten-Gymnasium in Fulda, 1. Juli 1732
Bulle Papst Clemens XII. über die Erteilung eines Universitätsprivilegs für das Jesuiten-Gymnasium in Fulda, 1. Juli 1732
Dokument 52: PAPST CLEMENS XII. ERHEBT DIE HÖHERE ABTEILUNG DES JESUITEN-GYMNASIUMS IN FULDA ZU EINER UNIVERSITÄT
mit vier Fakultäten und erteilt ihr alle Vorrechte einer Universität, insbesondere das Recht, alle akademischen Grade zu verleihen.
1 Pergamentlibell mit Bleibulle an geflochtener Seidenschnur. Urkunden Fulda, Universität: 1732 Juli 1, Rom.
Lit.: R. Polley, Die Adolphsuniversität Fulda 1734-1805, Marburg 1984 (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 2), S. 40 Nr. 17.
PAPST CLEMENS XII. ERHEBT DIE HÖHERE ABTEILUNG DES JESUITEN-GYMNASIUMS IN FULDA ZU EINER UNIVERSITÄT



mit vier Fakultäten und erteilt ihr alle Vorrechte einer Universität, insbesondere das Recht, alle akademischen Grade zu verleihen.
Pergamentlibell mit Bleibulle an geflochtener Seidenschnur. Urkunden Fulda, Universität: 1732 Juli 1, Rom.
Lit.: R.Polley, Die Adolphsuniversität Fulda 1734-1805, Marburg 1984 (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 2), S. 40 Nr. 17.

Die vom Fuldaer Fürstabt Adolph von Dalberg (reg. 1726-1737) in der Zeit von 1732 bis 1734 in Fulda errichtete und bis 1805 tätige Universität konnte auf den höheren Schul- und wissenschaftlichen Unterricht aufbauen, der seit 1572 an dem Fuldaer Jesuitenkolleg und Jesuitengymnasium und seit dem Ende des 17. Jahrhunderts auch im Konvent der Benediktinerabtei erteilt wurde. Der gute Ruf des altsprachlich-philosophisch-theologischen Unterrichts bestärkte den Fürstabt in dem Wunsch, den Lehrbetrieb durch Angliederung eines juristischen und medizinischen Studiums zu einer vollen Universität mit vier Fakultäten und dem Recht der Verleihung aller akademischen Grade auszubauen. Dazu benötigte er ein Privileg des Papstes oder Kaisers; ein katholischer geistlicher Fürst pflegte um beide, zunächst um das des Papstes, nachzusuchen. Der Fürstabt konnte dabei nicht nur auf die Blüte der bisherigen Schulen, sondern auch darauf verweisen, daß er 1731/1733 für das Jesuitengymnasium einen neuen, geräumigeren Barockbau, eben das spätere Universitätsgebäude, errichtet hatte. Dem Gesuch auf Erteilung der Universitätsprivilegien entsprachen Papst Clemens XII. durch Bulle vom 1. Juli 1732 und Kaiser Karl VI. durch Diplom vom 13. März 1733. Dabei verpflichtete das päpstliche Privileg, das in einer schwer lesbaren Zierschrift, der „Bollatica“, geschrieben worden war, die Universität nicht nur auf die reine katholische Lehre, sondern auch auf die jesuitische Bildungstradition in Fulda. Die Vorrechte der Jesuiten innerhalb der Theologischen und Philosophischen Fakultät wurden durch eine weitere Bulle des Papstes vom 1. Februar 1735 bekräftigt. Das führte zu einer tiefgreifenden Konkurrenz zwischen Jesuiten und Benediktinern im theologischen und philosophischen Lehrkörper der Universität, die erst durch die allgemeine Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 ihr Ende fand . R.P.

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Matrikelbuch der Universität Fulda. Titelblatt mit Bildnis des Fürstabts Adolph von Dalberg, 1734-1805
Matrikelbuch der Universität Fulda. Titelblatt mit Bildnis des Fürstabts Adolph von Dalberg, 1734-1805
Dokument 53: MATRIKELBUCH DER UNIVERSITÄT FULDA
Angelegt 1734, geführt bis 1805. Folioband in rotbraunem Ganzleder mit ziseliertem Goldschnitt („') und gravierten Silberbeschlägen. 708 BIL, davon 131 beschrieben.
Aufgeschlagen: Titelblatt mit koloriertem Bild des Fürstabts Adölph von Dalberg. Bestand 92 Nr. 280.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 46 Nr. 40.
MATRIKELBUCH DER UNIVERSITÄT FULDA



Angelegt 1734, geführt bis 1805. Folioband in rotbraunem Ganzleder mit ziseliertem Goldschnitt und gravierten Silberbeschlägen. 708 Bll., davon 131 beschrieben.
Aufgeschlagen: Titelblatt mit koloriertem Bild des Fürstabts Adolph von Dalberg. Bestand 92 Nr. 280.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 46 Nr. 40.

In ihren „insignia academica“ stellte sich die AdolphsUniversität in Fulda wie jede andere Universität als Körperschaft mit Selbstverwaltung und eigener Gerichtsbarkeit dar. Zu den vom Rektor verwahrten Insignien zählten das Zepter, das Statutenbuch, das Universitätssiegel und vor allem das Matrikelbuch der Universität. In das Matrikelbuch wurden die Namen von neu eintretenden Universitätsmitgliedern (Professoren, Universitätsbeamten, Universitätsverwandten wie Buchdruckern, Buchhändlern und vor allem Studenten) vom Syndikus oder Rektor der Universität unter Angabe von Jahr und Tag eingetragen. Dabei wurde eine nach Stand und Vermögensverhältnissen gestaffelte Immatrikulationsgebühr fällig. Für die Studenten war die Immatrikulation mit einem Gelöbnis auf die Statuten der Universität verbunden. Nur wer im Matrikelbuch eingetragen war, galt als Mitglied der Universität und war ihrer Hoheit unterworfen, genoß aber auch die damit verbundenen korporativen und persönlichen Freiheiten. Während der 71 Jahre des Bestehens der Universität wurden 4100 Studenten als immatrikuliert aufgeführt. Die Durchschnittszahl der jährlichen Neueinschreibungen dürfte bei 65 und die Durchschnittshörerzahl bei 143 gelegen haben. Die überwiegende Zahl der Studenten war wie der ganze Lehrkörper katholisch. Doch durften auch Protestanten studieren und seit 1777 in allen Fakultäten außer der Theologischen sogar akademische Grade erwerben. Aus der Stadt Fulda selbst kamen insgesamt ca. 935, aus dem Gebiet der späteren Kreise Fulda und Hünfeld zusammen ca. 400 Studenten. Die ausländischen Studenten stammten vor allem aus Franken, Nassau und Westfalen. Viele waren auch aus den mainzischen Enklaven in Hessen und Thüringen gekommen. - Im Matrikelbuch folgen nach dem kolorierten Bild des Fürstabts Adolph von Dalberg zunächst die kunstvoll umrahmten Wappenaquarelle von 27 Rektoren und 3 Kanzlern der Universität, die alle dem adligen Stiftskapitel bzw. (nach der Erhebung der Benediktinerabtei zum Fürstbistum 1752) Domkapitel entstammten. R.P.

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Siegelstempel der Universität Fulda, 1734
Dokument 54a: SIEGEL DER UNIVERSITÄT FULDA
Ovaler Stempel, Messing in Holzgriff, 37 : 33 mm, 1734.
Im Siegelfeld Brustbild des hl.Bonifatius über Wolken, in der Rechten den Bischofsstab, in der Linken Schwert mit aufgespießtem Buch, eingerahmt von einer Kette aus Lilien und Ankerkreuzen (den Dalbergschen Wappenzeichen), überhöht von Fürstenhut zwischen den Buchstaben A(dolphus) A(bbas) P(rinceps) F(uldensis). Umschrift: ADOLPHIANA FULDENSIUM UNIVERSITAS MDCCXXXIV.
Bestand Slg. 5: Siegelstempel IA Nr. 59. Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 45 Nr. 37.
SIEGEL DER UNIVERSITÄT FULDA



Ovaler Stempel, Messing in Holzgriff, 37 : 33 mm, 1734.
Im Siegelfeld Brustbild des hl. Bonifatius über Wolken, in der Rechten den Bischofsstab, in der Linken Schwert mit aufgespießtem Buch, eingerahmt von einer Kette aus Lilien und Ankerkreuzen (den Dalbergschen Wappenzeichen), überhöht von Fürstenhut zwischen den Buchstaben A(dolphus) A(bbas) P(rinceps) F(uldensis). Umschrift: ADOLFHIANA FULDENSIUM UNIVERSITAS MDCCXXXIV.
Bestand Slg. 5: Siegelstempel IA Nr. 59.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 45 Nr. 37.

Das Siegel der Universität, das mit dem Bild des Hl. Bonifatius (672-754), des im Fuldaer Dom bestatteten „Apostels der Deutschen“, an die damals tausendjährige Geschichte Fuldas anknüpfte, diente der Gesamtuniversität zu Verwaltungszwecken. Nach den Statuten der Adolphs-Universität zu Fulda stand an ihrer Spitze ein Rektor, der den Vorsitz im Akademischen Rat oder Senat, dem Kollegium sämtlicher Hochschullehrer, führte. Unterstützt von seinem Stellvertreter, dem Prorektor, sowie von einem Syndikus und Pedellen war er vor allem für die Vertretung der Universität nach außen und die Wahrung der Disziplin unter den Studenten und Dozenten zuständig. Das Amt des Rektors konnte sich der Fürstabt und (seit 1752) Fürstbischof von Fulda für seine Person verbehalten, doch ließ er stets, wenn er nicht ausnahmsweise eine ihm angetragene Wahl annahm, vom Akademischen Senat ein Mitglied des Stifts- bzw. Domkapitels auf je zwei Jahre zum Haupt der Universität wählen. Wiederwahl war möglich. Als Kapitular gehörte der Rektor immer dem ritterschaftlichen Adel an. Zum Lehrkörper gehörte er dagegen nicht. Die einzige Ausnahme bildete Karl von Piesport (1716-1800), der vor seinem Rektorat schon als Professor der Philosophischen, dann der Theologischen Fakultät gewirkt hatte.
Der Prorektor, dem der Rektor einen großen Teil seiner Amtsgeschäfte überließ, wurde entweder gewählt oder - wie es die Regel war - vom Rektor aus dem Kreise der Hochschullehrer für jeweils ein Jahr bestimmt.
Wie das Amt des Rektors verband auch das Amt des Kanzlers die Universität eng mit dem Stifts- bzw. Domkapitel, da Kanzler stets derjenige Kapitular war, der die fuldische Propstei Michelsberg innehatte. Der auf Lebenszeit bestellte Kanzler erteilte bei den Promotionen zum Magister, Lizentiaten und Doktor in päpstlichem und kaiserlichem Namen die Genehmigung zur Verleihung dieser akademischen Grade. R.P.


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Siegelstempel der medizinischen Fakultät der Universität Fulda, 1734
Dokument 54b: SIEGEL DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT
Ovaler Stempel, Messing, 55 : 49 mm, 1734.
Im Siegelfeld Brustbild des hLValentin mit einem Kranken auf einer Wolke über den Buchstaben A(dolphus) A(bbas) P(rinceps) F(uldensis) und dem gekrönten Wappen des Fürstabts, Beischrift:
S(anctus) VALENTIN(us) EP(iscopus). - Umschrift: SIGILL(UM): FACULTAT(IS): MEDICAE: FULD(ENSIS): MDCCXXXIV.
Bestand Slg. 5: Siegelstempel IA Nr. 62.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52J, S. 54 Nr. 69.
SIEGEL DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT



Ovaler Stempel, Messing, 55 : 49 mm, 1734.
Im Siegelfeld Brustbild des hl.Valentin mit einem Kranken auf einer Wolke über den Buchstaben A(dolphus) A(bbas) P(rinceps) F(uldensis) und dem gckrönten Wappen des Fürstabts, Beischrift: S(anctus) VALENTIN(us) EP(iscopus). - Umschrift: SIG1LL(UM): FACULTAT(IS): MEDICAE: FULD(ENSIS): MDCCXXXIV.
Bestand Slg. 5: Siegelstcmpcl IA Nr. 62.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 54 Nr. 69.

Der Lehr- und Forschungsbetrieb der Universität Fulda spielte sich innerhalb der vier Fakultäten ab. Wie an anderen Universitäten der damaligen Zeit mußte auch in Fulda jeder Student, ehe er das Studium in den sogenannten höheren Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz und Medizin) aufnehmen konnte, bestimmte philosophische Kurse absolvieren. Für den Erwerb eines akademischen Grades in der Theologie und der Medizin war der philosophische Magistergrad Voraussetzung. Deshalb erfolgten die meisten Immatrikulationen in der Philosophischen Fakultät, zu der auch die beiden obersten Klassen des Gymnasiums, Poetik und Rhetorik, zählten. Der Fakultätenwechsel wurde im Matrikelbuch nicht vermerkt.
Das Studium in der Philosophischen Fakultät, das auf den Lehrstühlen für Dialektik und Logik, für Physik, Ethik und Metaphysik und für Mathematik beruhte, also auch naturwissenschaftliche Fächer einbezog, konnte nach vorausgegangenem Baccalaureat mit dem Grad des Magister Artium oder Philosophiae abgeschlossen werden.
Die Theologische Fakultät, an der Dogmatik, Kontrovers- und Moraltheologie und Hebräisch und nach den Statuten von 1777 auch Bibelexegese und Kirchengeschichte gelehrt wurden, konnte die akademischen Grade des Baccalaureats, darauf des Lizentiats und darauf des feierlicheren Doktorats verleihen.
Die Juristische Fakultät, an der über römisches und kanonisches Recht, Reichsstaatsrecht, Völkerrecht, Lehnrecht und seit 1777 auch über die geschichtliche Entwicklung dieser Fächer gelesen wurde, konnte das Lizentiat und darauf das feierlichere Doktorat verleihen.
Das gleiche Recht hatte auch die Medizinische Fakultät, die 1734 Lehrstühle für Physiologie (mit Botanik und Chemie), für Pathologie ( mit Anatomie ) und für Therapeutik erhalten hatte und später auch Unterricht in Chirurgie, Geburtshilfe und Pharmazie erteilte. R.P.

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Siegel der theologischen Fakultät und kleines Siegel der medizinischen Fakultät der Universität in Fulda, 1734
Dokument 75/76: SIEGEL DER THEOLOGISCHEN FAKULTÄT, 1734
Siegel der juristischen Fakultät 1734
Ovale Siegelplatte, Messing, in Holzgriff montiert
Sammlungen 5 Siegelstempel IA Nr. 60 - 61

SIEGEL DER THEOLOGISCHEN FAKULTÄT



Ovale Siegelplatte, Messing, in Holzgriff montiert, 40:36 mm, 1734.
Im Siegelfeld Brustbild des Rabanus Maurus auf einer Wolke über den Buchstaben A(dolphus) A(bbas) P(rinceps) F(uldensis) und dem mit Fürstenhut gekrönten Wappen Fürstabt Adolphs. Umschrift: SIGILLUM FACULTATIS THEOLOGICAE FULD(ENSIS) MDCCXXXIV.
Sammlungen 5 Siegelstempel IA Nr. 60
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 51 Nr. 56.

Mit dem Siegelbild des Rabanus Maurus knüpfte die Theologische Fakultät der Universität Fulda an die berühmte erste Klosterschule Fuldas an, die der Alkuin-Schüler Rabanus Maurus von 802 bis 822 als Mönch und Schulleiter und von 822 bis 842 als Abt der Benediktinerabtei zu einem europäischen Geisteszentrum entwickeln konnte. Der Glanz alter Traditionen löste aber nicht die Alltagsprobleme der Theologischen Fakultät. Seit Beginn ihres Lehrbetriebes machte sich an der Universität eine tiefgreifende Konkurrenz zwischen Jesuiten und Benediktinern bemerkbar. Die päpstlichen Privilegien von 1732 und 1735 hatten zwar eindeutig bestimmt, daß die Universität aus den philosophischen und theologischen Lehrstühlen des Jesuitengymnasiums zu entwickeln sei und das Recht der Besetzung der entsprechenden Universitätslehrstühle den Jesuiten verbleiben müsse. Dagegen standen die Interessen des Benediktinerkonvents und der Nachfolger Fürstabt Adolphs von Dalberg. Diese waren hinfort darum bemüht, dem philosophischen und theologischen Unterricht im Konvent nicht nur für ihre Ordensmitglieder, sondern für alle Studenten den vollen Universitätsrang mit Promotionsrecht zu verschaffen und dadurch das Monopol der Jesuiten zu brechen. Das führte zu einer Spaltung innerhalb der Philosophischen und Theologischen Fakultät, die sich auch unter den Studenten fortsetzte. Während die Jesuiten eher an den überkommenen Vorstellungen der katholischen Restauration des 16. und 17. Jahrhunderts, insbesondere der aristotelisch-thomistischen Scholastik festhielten, standen die Benediktinerprofessoren in Fulda - wie auch anderswo - rationalistischem und aufklärerischem Gedankengut aufgeschlossener gegenüber. Mit der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 fielen alle Lehrstühle der Philosophischen und Theologischen Fakultät an die Benediktiner. R.P.


KLEINES SIEGEL DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT



Ovale Siegelplatte, Messing, in Holzgriff montiert, 30:28 mm, 1734
Siegelfeld: wie Nr. 54b
Sammlungen 5 Siegelstempel IA Nr. 61

Innerhalb der Medizinischen Fakultät gab es während des Bestehens der Universität Fulda von 1735 bis 1805 drei herausragende Persönlichkeiten. Johann Burkhard Schlereth (1703-1765) galt als der bedeutendste Mediziner Fuldas in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 1734 wurde er Professor primarius und erster Dekan der Medizinischen Fakultät. Er hat sich um die Entdeckung und Pflege des Kurbrunnens in Bad Brückenau verdient gemacht.
Sein Sohn Franz Anton Schlereth (1735-1818) war seit 1759 Professor an der Medizinischen Fakultät, später auch fürstlicher Leibarzt wie sein Vater. Er erwarb sich Verdienste um die Pharmazie. Seinem Werk „Dispensatorium Fuldense tripartitum tam patriae usibus quam saeculi moderni genio accomodatum“ von 1787 setzte er zum Motto: „Jeder Staat hat seine eigene positive Arzneimittellehre, nämlich das zur Richtschnur der Apotheker eingeführte Dispensatorium: ein Buch, welches Ärzte, Wundärzte und Apotheker zu ihrem ersten Handbuche machen müssen, und je aufgeklärter man in der Arzneiwissenschaft ist, desto kürzer ist das Dispensatorium, und desto gewählter die Gegenstände, die es enthält.“
Über Fulda hinausreichende Ausstrahlung besaß Melchior Adam Weikard (1742-1803), von 1771 bis 1777 fürstlicher Leibarzt und Professor der Medizin an der Universität. Von 1784 bis 1789 war er Hofarzt in St. Petersburg. Im Jahre 1803 wurde Weikard zum Direktor des Medizinalkollegiums in Fulda bestellt, starb aber kurz darauf. Sein anonym erschienenes Werk „Der philosophische Arzt“ (Frankfurt 1775-1777) erregte wegen Freigeisterei und Verspottung der Schulmedizin in Fulda großen Anstoß. R.P.

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Statuten der Universität Fulda, 19. September 1734
Statuten der Universität Fulda, 19. September 1734
Dokument 55: STATUTEN DER UNIVERSITÄT FULDA VOM 19. SEPTEMBER 1734
Aufgeschlagen: Statuten der medizinischen Fakultät.
Bestand 92 Nr. 244.
Lit : Polley [wie zu Nr. 52], S. 42 Nr. 24.
STATUTEN DER UNIVERSITÄT FULDA VOM 19. SEPTEMBER 1734



Aufgeschlagen: Statuten der medizinischen Fakultät.
Bestand 92 Nr. 244.
Lit : Polley [wie zuNr. 52], S. 42 Nr. 24.

Durch die Privilegien des Papstes und des Kaisers waren nur eine Legitimation und ein allgemeiner konfessioneller, politischer und rechtlicher Rahmen für die Errichtung der Universität Fulda gegeben worden. Ihre Verfassung und Aufgaben wurden erst in den Statuten geregelt, die ihr Fürstabt Adolph mit Zustimmung des Stiftskapitels am 19. September 1734 verliehen hatte. Die Statuten ordneten den Betrieb der Gesamtuniversität und der einzelnen Fakultäten. Sie enthielten Bestimmungen über die Organe der akademischen Selbstverwaltung, die Disziplin, die Gerichtsbarkeit, die Freiheiten von Professoren und Studenten, die Strafgewalt, die Lehrfächer, die Vorlesungen, die Ferien, die Studiendauer, die Examina, die öffentlichen Disputationen und das Graduierungsverfahren. Die Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 nötigte zur Änderung einiger Sätze: daher erließ Fürstbischof Heinrich VIII. von Bibra (reg. 1759-1788) am 29. Juli 1777 erneuerte Statuten der Universität.
Von besonderem sozialgeschichtlichem Interesse sind die strengen Regeln für „Zucht und Ordnung“, die sich sowohl an die Studenten als auch an die Bürger der Stadt Fulda richteten, bei denen viele Studenten wohnten. Verboten waren vor allem Trinkgelage, Karten- und Würfelspiele, das Aufsuchen von Bordellen und anderen „zweilichtigen“ Stätten, nächtlicher Unfug auf der Straße, das maskierte Auftreten auf öffentlichen Straßen, das Duellieren, die Aufnahme von Krediten und auch der Besitz „gottloser und verbotener“ Bücher. Besonders die jungen Bürgerstöchter mußten vor den Studenten auf der Hut sein, denn Eheverlöbnisse, die die Akademiker ohne schriftliche Einwilligung ihrer Eltern oder Vormünder eingingen, waren ungültig, auch wenn eine Schwängerung erfolgt war. Die Sicherung des Studienablaufs, der den Eltern Geld kostete, hatte also Vorrang vor moralischen Anstandspflichten. Bei allen Warnungen vor Unfug ist zu bedenken, daß die Studenten durchschnittlich erst 17 Jahre alt waren. Die Überwachung dieser Verordnungen dürfte allerdings nicht allzu streng gewesen sein, da jede Universität an einer großen Zahl von Studenten interessiert war. R.P.

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Titelblätter zu zwei Schriften über das Päpstliche Seminar und spätere Universität Fulda. Kupferstiche von Johann Georg Seiler und B. Anton Cöntgcn, 17. und 18. Jahrhundert
Titelblätter zu zwei Schriften über das Päpstliche Seminar und spätere Universität Fulda. Kupferstiche von Johann Georg Seiler und B. Anton Cöntgcn, 17. und 18. Jahrhundert
Dokument 56: PÄPSTLICHES SEMINAR FULDA
nach den Umbauten von 1682 und 1732.
a) Titelblatt zur Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Seminars 1684 und b) Titelblatt zur Schrift „Origo, privilegia et fructus seminarii Pontificii Fuldensis“ während der Regierungszeit Fürstabt Adolph von Dalbergs (1726-1737).
Kupferstiche von Johann Georg Seiler und B. Anton Cöntgen.
Bestand 92 Nr. 736.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 36 Nr. 7 und B.
PÄPSTLICHES SEMINAR FULDA



nach den Umbautcn von 1632 und 1732.
a) Tilelblatt zur Festschrift zum 100jährigcn Jubiläum des Seminars 1684 und b) Titelblatt zur Schrift „Origo, privilegia et fructus seminarii Pontificii Fuldensis“ währcnd der Regierungszeit Fürstabt Adolph von Dalbergs (1726-1737).
Kupferstiche von Johann Georg Seilcr und B. Anton Cöntgcn.
Bestand 92 Nr. 736.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 36 Nr. 7 und 8.

Vorläufer der Universität Fulda war auch das dortige Päpstliche Seminar. Im Jahre 1584 legte Pater Peter Loppers, der damalige Rektor des Fuldaer Jesuitenkollegs, bei einem Aufenthalt in Rom Papst Gregor XIII. (reg. 1572-1585) nahe, die Erziehung des deutschen Adels zu heben und zu fördern, da die Rückkehr des Volkes zum alten Glauben sehr vom Beispiel des Adels abhänge. Der Papst bewilligte daraufhin Anfang Februar 1584 eine jährliche Pension von 1200 Goldscudi für 40 adlige Jünglinge ohne Unterschied der Konfession, die in einem Seminar (Alumnat, Konvikt) in Fulda erzogen bzw. während ihrer Ausbildung am Gymnasium des dortigen Jesuitenkollegs durch einen besonderen Internatsbetrieb unterhalten werden sollten. Schon im Frühjahr 1584 konnte das Päpstliche Seminar, dessen Verwaltung den Fuldaer Jesuiten oblag, bezogen werden. Im Dezember 1584 waren bereits 40 adlige Zöglinge im Seminar aufgenommen. Auf Bitten Pater Loppers’ gewährte Papst Gregor XIII. am 16. Februar 1585 auch für sechzig arme Studenten bürgerlicher Herkunft eine jährliche Rente von 600 Goldscudi. Diese wohnten jedoch nicht wie die Adligen im Seminar, sondern in den Bürgerhäusern der Stadt. Auch wenn mit beiden Stipendien eine Zeitlang keine Verpflichtung zur Änderung des Bekenntnisses bzw. zum Eintritt in den geistlichen Stand verbunden war, sind viele Adlige selbst aus dem protestantischen Norddeutschland aus Dankbarkeit zum alten Glauben zurückgekehrt. Spätere Bischöfe und Äbte waren Seminaristen gewesen. Um 1600 und nach einer kriegsbedingten Verlegung nach Köln (1632-1651) blühte das Fuldaer Päpstliche Seminar durch Studenten; die die Unterbringung selbst bezahlten, so auf, daß Neubauten nötig wurden. Auch im 18. Jahrhundert erfüllte das Seminar neben der Universität seinen Auftrag, doch litt es darunter, daß nach 1740 die päpstlichen Zahlungen ausblieben. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens überließ Papst Pius VI. im Jahre 1782 das Seminar dem Fürstbischof von Fulda, der es bis zur Säkularisation im Jahre 1802 fortführte. R.P.

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Kolorierte Handzeichnung einer Karte des Deutschordenshofes Merzhausen (bei Bracht) und des zugehörigen Mönchswaldes, aufgenommen von Hermann Rudolphi 1700, beglaubigte Kopie von Johann Leonhardt Jungert, 7. März 1753
Dokument 57: KARTE DES DEUTSCHORDENSHOFES MERZHAUSEN (BEI BRACHT) UND DES ZUGEHÖRIGEN MÖNCHSWALDES
1700, beglaubigte Kopie 1753 März 7. Bestand Karten P II Nr. 10158.
KARTE DES DEUTSCHORDENSHOFES MERZHAUSEN UND DES ZUGEHÖRIGEN MÖNCHSWALDES.



Farbige Handzeichnung, aufgenommen von Hermann Rudolphi 1700, beglaubigte Kopie von Johann Leonhardt Jungert, 1753 März 7, Maßstab 1 . 1271
Bestand Karten P II Nr. 10.158
Lit.: E. Brohl: Marburg-Karten aus dem 17. und 18. Jahrhundert, in: Marburg - Entwicklungen, Strukturen, Funktionen, Vergleiche - Festschrift zum 39. Deutschen Geographentag vom 24. bis 26. Mai 1990 (Marburger Geographische Schriften Heft 115) 1990, S. 38-78, bes. S. 46 ff.

Die als Inselkarte gezeichnete Darstellung zeigt außerhalb des durch Grenzlinien und Grenzsteine scharf abgegrenzten Bezirks von Hof Merzhausen und dem zugehörigen Mönchwald nur die Wasserläufe und Wege mit Angabe der Zielorte. Das Gelände des Hofes mit Gebäuden, Feldern, Wiesen, Teichen und Wasserläufen ist durch Zeichnung und Farbgebung von dem umliegenden Mönchwald, der durch Baumdarstellungen gekennzeichnet ist, abgehoben. Die Gebäude des Hofes sind, wie ein Vergleich mit einer etwa gleichzeitigen Vogelschaudarstellung zeigt, nicht wirklichkeitsgetreu, sondern gewissermaßen als „Signaturen“ wiedergegeben; auch scheint die Anordnung der Gebäude nicht der Realitität zu entsprechen.
Die Karte ist Teil einer umfangreichen Aufnahme der Freihöfe und Waldungen des Deutschen Ordens, die im Jahre 1700 auf Anordnung des Landkomturs Grafen von der Lippe durch den hessischen Geometer Johann Hermann Rudolphi vorgenommen wurde. Von diesen Aufnahmen wurden später beglaubigte Kopien angefertigt, die wie im vorliegenden Fall das verlorene Original ersetzen.
Der Deutsche Orden hatte den Besitz in Merzhausen mit dem zugehörigen Mönchwald im 13. Jahrhundert von den Grafen von Ziegenhain erhalten und durch Zukauf von anderen Grundbesitzern abrunden können. 1261 verzichteten die Grafen von Battanberg als die zuständigen Zentgrafen in der Zent Bentreff gegenüber dem Deutschen Orden auf die Gerichtsbarkeit über dessen Hof Merzhausen mit Ausnahme der über Hals und Hand. Als eigenen Niedergerichtsbezirk innerhalb der zunächst battenbergischen, dann mainzischen Zent Bentreff bzw. des mainzischen, ab 1464 hessischen Amtes Rosenthal konnte der Orden den Freihof Merzhausen und den Mönchwald bis zum Ende der Ballei Hessen 1809 in napoleonischer Zeit behaupten. H.P.L.

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Kerbhölzer als Belege zu Amtsrechnungen, 16. Jahrhundert
Dokument 58: KERBHÖLZER
als Belege zu Amtsrechnungen.
a) Kerbholz des Jost Dalwig über Verzehr gräflicher Diener als Beleg zur Rechnung des Amtes Landau (Grafschaft Waldeck) 1558.
Bestand 145 Landau.
b) 7 Kerbhölzer, auf Quittungsschnur aufgezogen, über Ausgabe von Hafer, Weizen und Erbsen als Beleg zu einer [landgräflich hessischen] Küchenschreiber-Rechnung 1577.
Ohne Signatur.
KERBHÖLZER



als Belege zu Rechnungen
aus; Best. 145 Landau 1558 und Rechnungen II Marburg Nr. 93

Kerbhölzer kommen in den Rechnungsbeständen des Staatsarchivs als Belege zu Rechnungen bis in das 19. Jahrundert hinein vor. Für erbrachte Leistungen oder Zahlungen wurde ein Holzstück - ein Stab, ein Span oder, wie unser Beispiel zeigt, ein Aststück eingekerbt; anschließend konnte das Holz gespalten werden, und jeder der Vertragspartner erhielt einen Teil. Bei der Abrechnung wurden die beiden Stücke zusammengehalten und verglichen. Von den ausgestellten Beispielen stammt das eine aus der landgräflichen Hofverwaltung zu Marburg; die an einer Quittungsschnur aufgefädelten Hölzer waren Beilage der Küchenschreiber-Rechnung des Jahres 1577 und belegen die Ausgabe von Korn, Hafer und Erbsen für die Küche und den Geflügelhof. Das zweite Kerbholz, ein gespaltener Haselast, war Beleg zur Rechnung des Amtes Landau in Waldeck aus dem Jahre 1558; mit ihm rechnete der Wirt Jost Dalwig mit dem Rentmeister des Amtes über den Verzehr gräflicher Diener und Frondienster leistender Untertanen ab. Der beigefügte Zettel erläutert das Kerbholz. H.P.L.

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Kopialbuch des Klosters Hersfeld mit Güterverzeichnis aus Anfang des 9. Jahrhunderts, das sog. Breviarium Sancti Lulli, neu gebunden im 15. Jahrhundert
Kopialbuch des Klosters Hersfeld mit Güterverzeichnis aus Anfang des 9. Jahrhunderts, das sog. Breviarium Sancti Lulli, neu gebunden im 15. Jahrhundert
Kopialbuch des Klosters Hersfeld mit Güterverzeichnis aus Anfang des 9. Jahrhunderts, das sog. Breviarium Sancti Lulli, neu gebunden im 15. Jahrhundert
Dokument 59: LIBER DE LIBERTATIBUS LOCORUM HERSFELDENSIUM
Pergamenthandschrift, 12. Jahrhundert. Lederband in Holzdeckeln mit reichen Blindprägungen des 15. Jahrhunderts.
Aufgeschlagen: Güterverzeichnis des Klosters Hersfeld aus dem Anfang des 9Jahrhunderts, das sog. „Breviarium Sancti Lulli“.
Bestand K Nr. 244.
Lit.: Weirich, UB Hersfeld, [wie oben zu Nr. 1], S. 68ff. Nr. 38. Th.Franke, Breviarium sancti Lulli. Ein Hersfelder Güterverzeichnis aus dem 9. Jahrhundert. Faksimileausgabe, Hersfeld 1986.
LIBER DE LIBERTATIBUS LOCORUM HERSFELDENSIUM



um 1150. Handschrift, Pergament, 25,3 . 16,3 cm , Lederband über Holzdeckeln mit reichen Blindprägungen des 15. Jahrhunderts. Best. Kopfare K 244

Lit.: Weirich, Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld (wie oben zu Nr. 1) Nr. 38; Th. Franke, Breviarium sancti Lulli. Ein Hersfelder Güterverzeichnis aus dern 9. Jahrhundert. Faksimileausgabe, Hersfeld 1986.
Im 12. Jahrhundert stellten die drei in der Karolingerzeit gegründeten Reichsklöster in Hessen, Fulda, Hersfeld und Lorsch die Urkunden über ihre Besitzungen und Rechte in dickleibigen Codices zusammen. Beeinflußt wurden diese grundlegenden Inventariasationen durch ähnliche Unternehmungen der Reformklöster der Hirsauer und der Zisterzienser, die die älteren Benediktinerklöster durch ihre zeitgemäßere Frömmigkeit und „modernere“Verfassung in den Hintergrund zu drängen drohten.
In die Kopialbücher sind in der hierarchischen Ordnung des Mittelalters die päpstlichen Privilegien und königlichen Diplome sowie wichtige Urkunden sonstiger Wohltäter verzeichnet. Daneben wurden aber auch Güterverzeichnisse, Heberegister, Weihenotizen und Festlegungen von Kirchspielgrenzen aus der Zeit vom 8. bis in das 12. Jahrhundert hinauf eingetragen. Da die Aufzeichnungen aus der Karolingerzeit in den allermeisten Fällen verloren gingen, stellen die im 12. Jahrhundert zusammengestellten Kopiare oft die einzige Überlieferung für die ältere Zeit dar.
Der um 1150 angelegte Hersfelder „Liber de libertatibus locorum Hersfeldensium“ ist das älteste der im 12. Jahrhundert verfaßten Kopialbücher. Der heute nur noch als Fragment erhaltene Band ist im 15. Jahrhundert noch einmal neu gebunden worden. Er enthält neben den Urkunden der Päpste und Könige auch ein um 815 zusammengestelltes Verzeichnis der Güter des Klosters Hersfeld, das Breviarium sancti Lulli episcopi (Bl. 33v-34r); eine Neuredaktion vom Ende des 9. Jahrhunderts war die Vorlage für die Abschrift in unserem Kopialbuch; diese stellt heute die einzige erhaltene Überlieferung des Verzeichnisses dar.
Das Breviarum ist in drei Abschnitte („Tafeln“) untergliedert, in denen die Besitzungen in geographischer Ordnung aufgeführt sind. An erster Stelle stehen die königlichen Schenkungen an Kloster Hersfeld, die - nach dem Vergleich mit den erhaltenen Urkunden - bis zum Jahre 802 gehen. Auf diese folgen die Schenkungen Privater an (Erz-)Bischof Lull vor der Übertragung des Klosters an König Karl im Jahre 775 mit Nachträgen bis 786, dem Todesjahr Lulls. An dritter Stelle stehen die Schenkungen an Kloster Hersfeld nach 775; dieser Abschnitt ist vor 815 abgeschlossen worden, da die in Ausfertigung erhaltenen Urkunden von 815 und 835 nicht mehr aufgenommen sind.
Am Anfang des 1. und 2. Abschnittes sind die Besitzungen in Hersfeld selbst verzeichnet, es folgt die Angabe des Besitzes in den einzelnen Orten nach „Hufen“ und „Mansen“ mit der - fehlerhaften - Summe der Hufen und Mansen des jeweiligen Abschnitts; am Schluß steht die - ebenfalls fehlerhafte - Gesamtzahl der Hufen und Mansen des Verzeichnisses mit der Zahl der im Kloster lebenden Brüder. Das Breviarium s. Lulli ist zusammen mit den Summarien des Codex Eberhardi aus Kloster Fulda, die ebenfalls nach Vorlagen des 9. Jahrhunderts im 12. Jahrhundert neu zusammengestellt wurden, eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte von Hessen und Thüringen in der Karolingerzeit. H.P.L.

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Zinsregister der Propstei Naumburg in der Wetterau mit Eintrag über  Zinszahlungen zu Fauerbach, 1511
Zinsregister der Propstei Naumburg in der Wetterau mit Eintrag über Zinszahlungen zu Fauerbach, 1511
Dokument 60: ZINSREGISTER DER PROPSTEI NAUMBURG IN DER WETTERAU
Lederband in Holzdeckeln mit reichen Blindpressungen und Resten von zwei Messingschließen; Papier (Schmalfolio), in Schwarz, Rot und Grün beschrieben. 1511ff.
Aufgeschlagen: Zinszahlungen zu Fauerbach, fällig am Andreastag (30. November). n- Bestand S Nr. 486.
ZINSREGISTER DER PROPSTEI NAUMBURG IN DER WETTERAU



Best.: S 486

Lederband in Holzdeckeln mit reichen Blindpressungen und Resten von zwei Messingschließen Papier, Schmalfolio in Schwarz, Rot und Grün beschrieben begonnen 1511, fortgeführt bis 1520 Die Benediktinerpropstei Naumburg in der Wetterau verfügte zu Beginn des 16. Jahrhunderts offenbar über einen besonders kunstsinnigen und kunstfertigen Schreiber, dem wir sowohl die reich bebilderte Urkunde aus dem Jahre 1514 (s. Nr. 19) wie auch das farbig ausgemalte Zinsregister des Jahres 1511 verdanken. Ihm ist es gelungen, die eher nüchternen Rechts- und Wirtschaftsdokumente zu farbenfrohen Kunstwerken zu machen. Das vorliegende Zinsregister ist im Jahre 1511 begonnen und von einer Hand bis etwa 1516 fortgeführt worden. Die Einträge ab 1516 sind eher flüchtig und konzeptmäßig. Auf den Vorsatzblättern finden sich historische Notizen, Urkundenabschriften und Angaben über die Rechts- und Gerichtsverhältnisse, erst dann folgt die Aufzeichnung der von der Propstei in den umliegenden Orten zu beanspruchenden Zinsen, anschließend werden Zehnten und Sendgeld, das heißt von der Propstei zu beanspruchende Gerichtsgebühren, sowie die Gefälle von Äckern und Weingärten verzeichnet. Schließlich werden Rechenhilfen gegeben, den Abschluß bilden ein Spruch zum Besprechen kranker Pferde und eine Bücherrechnung. Aufgeschlagen ist die Seite, die die zu Martini (Nov. 11) in Kaichen fälligen Zinsen zwischen 1511 und 1516 verzeichnet. Neben den Erkenntnissen über die Einkommens- und Besitzverhältnisse der Propstei sind für den heutigen Betrachter auch die Ortsangaben interessant, So verrät die gezeigte Seite, daß es in Kaichen ein Spielhaus, eine Zehntscheuer sowie eine Juden- und eine Borngasse gab. U.L.

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Fragment des Salbuchs des Landgrafen Hermann von Hessen über Güter im Amt Marburg, vor 1388 und 1402-1407
Fragment des Salbuchs des Landgrafen Hermann von Hessen über Güter im Amt Marburg, vor 1388 und 1402-1407
Dokument 61: SALBUCH DES LANDGRAFEN HERMANN VON HESSEN über Güter im Amt Marburg.
Bruchstücke einer Buchhandschrift, Papier, Neuband in Halbleder, vor 1388 und 1402-1407. Aufgeschlagen: Zu Martini (11. November) fällige Zinse.
Bestand S Nr. 472.
Lit.: F. Küch, Die ältesten Salbücher des Amtes Marburg, in: ZHG 39 (1905), S. 145-258.
SALBUCH DES LANDGRAFEN HERMANN DES GELEHRTEN VON HESSEN VOR 1388 UND 1402-1407



Bruchstücke einer Buchhandschrift, Papier, folio, moderner Halblederband
Best. Salbücher S 472
Lit.: F. Küch, die ältesten Salbücher des Amtes Marburg, in: ZHG 39 (1905), S. 145-258

Aus der Verwaltung der Landgrafen von Hessen sind - verglichen mit der Überlieferung der Klöster Fulda, Hersfeld oder auch Haina erst spät Aufzeichnungen über ihre Besitzungen und Rechte überliefert. Unter Landgraf Hermann dem Gelehrten in einer Krisenzeit der Landgrafschaft, als die äußere Gefährdung des werdenden Territorialstaats zur Zusammenfassung aller Kräfte im Inneren zwang, treten uns mit Sal- und Lehnbüchern, Rechnungen und Spezialregistern Formen des „modernen“ Verwaltungsschriftgutes in einer derart durchgebildeten Form entgegen, daß sie auf eine längere Entwicklung schließen lassen; von den Vorstufen sind uns jedoch keine Beispiele erhalten.
Das 1374 angelegte Salbuch des Amtes Marburg führt - zeitlich geordnet von Walpurgis (Mai 1) bis Ostern des Folgejahres - die Geld- und Naturaleinnahmen aus den zum Amt Marburg gehörigen Gerichten auf. Am Schluß sind die aus den Einnahmen des Amtes zu leistenden ständigen Zahlungen wie die Burglehen an die adligen Burgmannen und der Lohn für das Hofgesinde verzeichnet.
Das nur unvollständig erhaltene Marburger Salbuch von 1374 war das Handexemplar des Rentmeisters, das durch Nachträge auf dem jeweils aktuellen Stand gehalten wurde. Um 1390 wurde eine Abschrift des Salbuchs angefertigt, da das ursprünglich angelegte Exemplar durch die Fortschreibungen unübersichtlich geworden war. Von dieser sind jedoch nur zwei kleinere Bruchstücke erhalten. Unter dem Rentmeister Rule von Schönbach erfolgte zwischen 1402 und 1407 eine Neuredaktion des Salbuchs; diese war, wie aus den Nachträgen zu ersehen ist, bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts hinaus in Gebrauch. Auch sie ist uns nur unvollständig überliefert.
Zusammen mit den Urkunden zeichnen die neuen Formen des Schriftsguts, die Sal- und Lehnbücher, Rechnungen und Register, die uns im Hessen des ausgehenden 14. Jahrhunderts entgegentreten, ein vollständigeres und lebensvolleres Bild ihrer Zeit und erlauben uns die Ausbildung der werdenden Territorialstaats in den einzelnen Phasen der Auseinandersetzungen im Inneren wie mit den äußeren Gegnern zu verfolgen. H.P.L.

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Prunkband eines Erbbuchs der von Berlepsch über die Hälfte der von ihnen erheirateten von Ebersbergischen Güter zu Eichenzelt, Poppenhausen und anderen zugehörigen Orten, 1583 ff
Dokument 62: ERBBUCH DER VON BERLEPSCH
über die Hälfte der von ihnen erheirateten von Ebersbergischen Güter zu Eichenzelt, Poppenhausen und anderen zugehörigen Orten. 1583ff.
In Schwarz und Rot gexhriebener Prunkband auf Papier in Ganzledereinband der Zeit mit reichen, eingepreßten Zierleisten, diese mit Blatt- und Blütenschmuckformen, verschlossen durch zwei aalgenietete kräftige bronzene Schließen (eine fehlt). - Die beiden Vorsatzblätter zeigen die farbigen Wappen der von Berlepsch und von Ebersberg.

Bestand S Nr. 227.
ERBBUCH DER HERREN VON BERLEPSCH, 1583 (-1600)



Papierhandschrift, folio, in Ganzlederband der Zeit über Holzdeckeln mit Blindpressungen, verschlossen durch zwei aufgenietete bronzene Schließen (eine fehlt).
Best. Salbücher S 227

Wie die Landgrafen und Klöster legten auch die adligen Grundherren Verzeichnisse ihrer Güter und Rechte an. Verzeichnisse des adligen Grundbesitzes sind in Hessan sogar früher belegt als die der Landgrafen.
Mit der umfassenden Erneuerung der landgräflichen Salbücher in Hessen im 16. Jahrhundert ging eine solche des kirchlichen und auch des adligen Grundbesitzes parallel. So ermöglicht es bei günstiger Überlieferung die Zusammenschau dieser einzelnen Verzeichnisse, im 16. Jahrhundert ein vollständiges Bild der Eigentums-, Besitz- und Rechtsverhältnisse innerhalb eines Dorfes zu erhalten. Erst die „Lager-, Stück- und Steuerbücher“, die Kataster des 18. Jahrhunderts, die wie die Salbücher des 16. Jahrhunderts und deren Vorläufer aus steuerlichen Gründen angelegt wurden, geben jeweils einen vollständigen Überblick öder die Rechts- und Besitzverhältnisse der einzelnen Gemarkungen.
Das „Erbbuch“ der von Berlepsch, begonnen 1583 und fortgeführt bis 1600, stellt die Güter in Eichenzell, Poppenhausen und weiteren Orten zusammen, die Kurt Till von Berlepsch durch seine Heirat mit Barbara von und zu Ebersberg 1569 zur Hälfte erwarb, ferner sonstige Erwerbungen, die nach ihrer territorialen Zugehörigkeit zum Stift Fulda oder zur Grafschaft Hanau aufgeführt sind. Nachgetragen sind die im Jahre 1600 von den Specht von Bubenheim in Eichenzell erworbenen Güter. In die Güterbeschreibungen sind Urkundenabschriften des 15. bis 17. Jahrunderts, Erörterungen und Pro-Memoriere über einzelne Rechte und Güter eingefügt.
Das „Erbbuch“ ist ein in schwarz und rot geschriebener Prunkband auf Ppaier; der Ganzledereinband der Zeit in dunkelgrünem Leder über Holzdeckeln ist mit reichen eingprägten Zierleisten mit Blatt- und Blütenschmuckformen verziert. Verschlossen wurde er durch zwei aufgenietete kräftige bronzene Schließen, von denen heute eine fehlt. Die beiden Vorsatzblätter zeigen die farbigen Wappen von Berlepsch (5 Sittiche) und von Ebersberg (Lilie); in den Ecken trägt jedes Wappenblatt die vier Ahnenwappen. Das Titelblatt ist mit reichem Inititalenschmuck in rot, schwarz und blau geschrieben: „Erbbuch über den halben theyl Ebersbergischer zu und umb Eychenzel gelegen, auch nach gottlichem Segen darzuprachter und dahin kegen Eychenzel destinirter gueter. Gott mehre es. Anno etc. 1583“ .
Durch den Verkauf der Ebersbergschen, dann Berlepschen Besitzungen an das Stift Fulda 1699 ging auch das Erbbuch in dessen Besitz über und kam schließlich mit dem fuldischen Archiv in das Staatsarchiv Marburg. H.P.L.


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Prunkband des Verzeichnisses aller Besitzungen und Einkünfte des hessischen Fürstenhauses (Der sog. Ökonomische Staat Landgraf Wilhelm IV.), 1585
Prunkband des Verzeichnisses aller Besitzungen und Einkünfte des hessischen Fürstenhauses (Der sog. Ökonomische Staat Landgraf Wilhelm IV.), 1585
Prunkband des Verzeichnisses aller Besitzungen und Einkünfte des hessischen Fürstenhauses (Der sog. Ökonomische Staat Landgraf Wilhelm IV.), 1585
Dokument 63: VERZEICHMS ALLER BESITZUNGEN UND EINKÜNFTE DES HESSISCHEN FÜRSTENHAUSES
Der sog. „Ökonomische Staat“ Landgf. Wilhelms IV., 1585.
Prunkband auf Pergament, in roten Samt gebunden, mit silbernen Eckbeschlägen, dem hessischen Wappenschild auf der Mitte der Vorderseite und drei abgebrochenen Schließen, von denen die mittlere verschließbar war. Persönliches Exemplar Landgraf Wilhelms IV.
Bestand S Nr. 1/1.
Lit.: L. Zimmermann, Der ökonomische Staat Landgraf Wilhelms IV. (VHKH 17, 1-2, 1933-1934).
VERZEICHNIS ALLER BESITZUNGEN UND EINKÜNFTE DES HESSISCHEN FÜRSTENHAUSES



Der sog. „Ökomische Staat“ Landgraf Wilhelms IV., 1585.
Prunkband auf Pergament, in roten Samt gebunden, mit silbernen Eckbeschlägen, dem hessischen Wappenschild auf der Mitte der Vorderseite und drei abgebrochenen Schließen, von denen die mittlere verschließbar war. Persönliches Exemplar Landgraf Wilhelms IV.
Bestand S Nr. 1/I.
Lit.: L. Zimmermann, Der ökonomische Staat Landgraf Wilhelms IV. (VHKH 17, 1-2), 1933-1934.

Das „rotsamtene Buch, mit Silberbeschlagen“, das seit dem 18. Jahrhundert als „Ökonomischer Staat des Landgrafen Wilhelm IV.“ bezeichnet wird, ist die nach jahrelangen Vorarbeiten 1585 erfolgte Zusammenstellung aller erreichbarer Daten über Besitzungen, Einkünfte und Ausgabeverpflichtungen der Landgrafschaft Hessen-Kassel. In ihm verbinden sich Elemente der älteren Güterverzeichnisse (der sog. Urbare) mit denen einer modernen Staatsstatistik. Das Buch bietet zum ersten Male einen umfassenden und verläßlichex Überblick über die Ressourcen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Aufgabenfinanzierung des frühneuzeitlichen Territorialstaates. Auf 420 Seiten sind sorgfältig aufgelistet:

  1. der Besitzstand mit der genauen Aufzählung aller Zehnten, Forsten, Städte und Dörfer (mit Angabe der Einwohnerzahlen, der Herrschaftsverhältnisse und der kirchlichen Zugehörigkeit),

  2. die Soll-Einnahmen in Geld und Naturalien aus den Ämtern und Domänen, aus Steuern und Zöllen sowie die Ausgaben für den Hof und die Zentralverwaltung,

  3. Richtzahlen für Preise und Löhne und Werttabellen für die umlaufenden Gold- und Silbermünzen,

  4. der „Verteidigungsetat“ mit der Aufstellung der Eventualkosten für Truppenbesoldung und -verpflegung, Bewaffnung, Munitionierung und dergl.


Diese Zusammenfassung aller relevanter Daten bildete für den Landdgrafen die wissenschaftliche Grundlage für seine Regierungspraxis und für eine sachgerechte, effiziente und kontrollierbare Staatsverwaltung. Ein Exemplar des „Ökonomischen Staates“, das hier gezeigte, hatte Landgraf Wilhelm IV. in persönlichem Gebrauch, wie die von seiner Hand stammenden Nachträge zeigen; ein weiteres befand sich in der Rentkammer, der obersten Wirtschafts- und Finanzbehörde des Landes. Insgesamt sind sieben Exemplare des Buches überliefert, drei davon in Abschriften des 17. und 18. Jahrhunderts. F.W.

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Karte der Mühlen an der Fulda bei der Stadt Fulda mit Darstellung einer Walkmühle, um 1652
Karte der Mühlen an der Fulda bei der Stadt Fulda mit Darstellung einer Walkmühle, um 1652
Dokument 64: KARTE DER MÜHLEN AN DER FULDA BEI DER STADT FULDA
mit Darstellung einer Walkmühle.
Bestand Karten P II Nr. 17683.
Lit.: F. Wolff / W. Engel [wie oben zu Nr. 51], S. 36 Tf. 25 Nr. 1. Tischvitrine 14
KARTE DER MÜHLEN AN DER FULDA BEI DER STADT FULDAF.W.



mit Darstellung einer Walkmühle.
Bestand Karten P II Nr.17683.
Lit.: F. Wolff / W. Engel (wie oben zu Nr. 51], S. 36 Tf. 25 Nr. 1.

Mühlen gehören zu den ältesten technischen Anlagen überhaupt. Als Antriebskraft ist das Wasser zu allen Zeiten verfügbar gewesen und genutzt worden. In der Land- und Forstwirtschaft wurde es für Getreidemühlen und Sägemühlen gebraucht, im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe hat es sehr früh schon bei Walkmühlen, Lohmühlen, Papiermühlen und dergl. Verwendung gefunden. Für die Tuchverarbeitung haben die Walkmühlen in der vorindustriellen Produktion erhebliche Bedeutung gehabt. Sie betreiben ein Mühlwerk, in dem die von der Wasserkraft in Bewegung gesetzten Hämmer oder Stampfen auf die zu walkenden Stoffe niederfallen, um sie zu reinigen und zusammenzufilzen.
Die bildhaft gestaltete Karte, auf der auch (am oberen Bildrand) eine Walkmühle dargestellt ist, wurde 1552 als „Augenschein“ bei dem Lokaltermin in einem Reichskammergerichtsprozess der Stadt Fulda gegen einen Müller angefertigt. Es ging um die Anlage eines neuen Mühlgrabens (in der Bildmitte), durch den den beiden oberhalb am alten Mühlgraben gelegenen Mühlen das Wasser entzogen wurde. Die Karte zeigt die drei Mühlen vor den Toren der Stadt Fulda in ihrer Lage zu den Wasserläufen der Fulda und der Mühlgräben. Das äußere Bild der Mühlen unterscheidet sich kaum; sie sind, trotz scheinbarer Detailgenauigkeit, etwa bei der Zeichnung des Fachwerks, wohl schematisch dargestellt. An jeder Mühle sind zwei Räder wiedergegeben, die unterschlächtig betrieben werden. Diese Antriebsart war technisch weniger aufwendig als die oberschlächtige und im 16. Jahrhundert vorherrschend.
Der Zeichner der Karte ist unbekannt. Obwohl die Darstellung der Gebäude etwas kindlich-unbeholfen wirkt, muß er über eine gewisse Schulung verfügt haben. Darauf weist die Zeichnung der Büsche und Bäume ebenso wie die Verwendung der eleganten und für die Mitte des 16. Jahrhunderts noch neumodischen Kartenschrift hin. F.W.

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Federzeichnung einer Kalandermaschine zum Einfärben und Appretieren von Stoffen, 1766
Federzeichnung einer Kalandermaschine zum Einfärben und Appretieren von Stoffen, 1766
Federzeichnung einer Kalandermaschine zum Einfärben und Appretieren von Stoffen, 1766
Dokument 65: KALANDERMASCHINE
der Siamoise-Manufaktur Pitel in Hohenkirchen. Federzeichnung, koloriert, 1766; daneben Seitenansicht der Maschine.
Bestand 40a, Rubr. 33 Nr. 95.
Die Maschine, bestehend aus drei Walzen, die obere aus Kupfer, die beiden unteren aus Holz, diente zum Einfärben und Appretieren von Stoffen.
Lit.: Von der Manufaktw zw Fabrik. Anfänge der Industrialisierung in Hessen. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive, bearb. von K. Eiler (Wiesbaden 1982), S. 23. - Aufklärung und Klassizismus in Hessen-Kassel unter Landgraf Friedrich II. 1760-1785. (Katalog zur ] Ausstellung aus Anlaß des 200jährigen Bestehens des Museums Fridericianum 1779-1979 (Kassel 1979), S. 167 Nr. 91.
KALANDERMASCHINE



der Siamoise-Manufaktur Pitel in Hohenkirchen. Federzeichnung, koloriert, 1766 (???); daneben Seitenansicht der Maschine.
Bestand 40a, Rubr. 33 Nr. 95.
Lit.: O. Dascher, Das Textilgewerbe in Hessen-Kassel vom 16. bis 19. Jh., Marburg 1968 (VHKH 28,1), S. 194 f.

Textilien wurden in Hessen überwiegend in kleinen, zünftisch organisierten Meisterbetrieben hergestellt. Das traditionell dominierende Wollgewerbe war in mehrere Sparten (Wollweber oder Tuchmacherzunft, Tuchbereiterzunft, Gewandschneiderzunft) aufgeteilt und erforderte einen relativ höheren Aufwand an Produktionsmitteln als die Leinenherstellung, die erst seit dem 16. Jahrhundert aufgrund der wachsenden Nachfrage des Überseehandels nach leichten Stoffen an Bedeutung gewann.
Im 18. Jahrhundert wurden im Rahmen einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik auch Manufakturen zur Herstellung der bisher importieren feineren Stoffe gegründet. Investoren wurden mit Zuschüssen und Darlehen aus der Kabinetts- oder der Kriegskasse angelockt, denn diese Betriebe benötigten hohe Investitionen für die technische Ausstattung, konnten einen Markt für ihre Produkte aber nicht in der relativ armen Region, sondern nur im unsicheren Export finden. Manche Investoren beeindruckten die herrschaftlichen Beamten mit dem Versprechen, Arbeitskraft durch Maschinen zu ersetzen.
Dabei hielt auch die Baumwolle Einzug in das hessische Textilgewerbe. 1774 erfolgte die Gründung der Kattunmanufaktur auf dem Agathof, und 1777 erhielt Philipp Pitel, der in Neuwied eine Manufaktur besaß und als großer Künstler in der Technik des Färbens galt, ein Privileg und ein Darlehen zur Errichtung einer Siamoise-Manufaktur für Kattun-, Bombasin- und Musselinstoffe. Siamoise waren buntgewebte Baumwoll- oder Halbseidenstoffe, Bombasin ein gemustertes Köpergewebe aus Seide und Baumwolle, Kammgarn oder Baumwoll- und Leinengarn.
Die Manufaktur wurde in einem herrschaftlichen Gebäude in Hohenkirchen bei Kassel eingerichtet. 1784 zog sie in die Weißensteiner Vorstadt (Wilhelmshöhe) um. 1786 assoziierte sich Pitel mit dem Kaufmann Philipp Krug, einem Pfarrerssohn aus Nordhausen, der lange in Bordeaux gelebt hatte. 1794, bald nach Pitels Tod, wurde der Betrieb eingestellt.
Der Kalander (von französisch calandre = Wäschemangel) ist eine Walzenpresse mit mehreren parallel übereinander angeordneten Walzen. Die über alle Walzen laufende Stoffbahn wird durch den starken beidseitigen Druck geglättet. Die Walzen bestehen aus unterschiedlich elastischem Material, im vorliegenden Fall die obere aus Kupfer, die beiden unteren aus Holz. Durch Erhitzen des hohlen Inneren der Metallwalze mit Heißluft oder Dampf wird dem Stoff zusätzlich Glanz verliehen. Beim Friktionskalander rotiert die geheizte Metallwalze etwas schneller als die anderen, so daß sie wie ein Plätteisen reibend über den Stoff gleitet. Läßt man mehrfach übereinandergelegte Stofflagen durch den Kalander laufen, erzielt man einen als Moirierung bezeichneten wellenartigen Schimmer. G.H.

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Stoffproben für Uniformen aus der Tuchfabrik Sunkel in Hersfeld, 1766-1774
Stoffproben für Uniformen aus der Tuchfabrik Sunkel in Hersfeld, 1766-1774
Dokument 66: STOFFPROBEN FÜR UMFORMEN
aus der Tuchfabrik Sunkel zu Hersfeld, 1766-1774. Bestand 406, Rubr. 36 Hersfeld Nr. 11.
STOFFPROBEN FÜR UNIFORMEN



aus der Tuchfabrik Sunkel zu Hersfeld, 1766-1774.
Bestand 40b, Rubr. 36 Hersfeld Nr. 11.
Lit.: O. Dascher [wie Nr. 65], S. 56 f. und 190 f.

Wegen ihres Bedarfs an Uniformtuchen war die Armee der größte Einzelkunde für das heimische Tuchgewerbe. Das Geschäft war allerdings nicht risikolos, denn die Nachfrage schwankte stark. In Kriegszeiten mußte die Produktionskapazität erweitert, nach Friedensschluß aber schnell wieder abgebaut werden.
Tuche für Soldatenuniformen, wurden von der Militärverwaltung erworben und von Militärschneidern zu Uniformen verarbeitet. Die Ansprüche an die Tuche waren hoch. Für die Qualitätsbewertung war die „Montierungskommission“ zuständig, eine nach dem Siebenjährigen Krieg eingerichtete Behörde, die die Versorgung der Truppe mit Uniformen, Waffen und Pferden sicherstellen sollte. Sie prüfte die Qualität der von den Herstellern vorgelegten Stoffproben, bevor sie einen Auftrag erteilte. Es kam auch vor, daß sie die Abnahme bestellter Tuchmengen verweigerte, wenn die Ausführung mangelhaft war. Die Offiziere bevorzugten für ihre Uniformen feinere, aus Spanien importierte Wolltuche.
Heereslieferanten für Uniformtuche waren nicht nur zünftische Meisterbetriebe, sondern auch zunftfreie Großbetriebe, „Manufakturen“, die vom Landesherrn „privilegiert“ und meist von Landfremden gegründet wurden. Inhalt der Privilegien war die Freiheit vom Zunftzwang, die Zulassung einer unbeschränkten Gesellenzahl, die - zeitlich befristete - Befreiung von städtischen und staatlichen Steuern, oft auch die Überlassung von Gebäuden, Übernahme der Anlaufverluste, garantierte Abnahme der Produktion und Ausschließung von Konkurrenten, ebenfalls zeitlich befristet. Ziel dieser als „merkantilistisch“ bezeichneten staatlichen Wirtschaftsförderung war nicht die Beschaffung von Arbeitsplätzen für die unterbeschäftigten Landeskinder, denn es wurden vielfach Arbeitskräfte importiert oder arbeitskraftsparender Maschineneinsatz gefördert. Das Ziel war vielmehr, durch Einbürgerung neuer Gewerbe und Verbesserung der Qualität der einheimischen Produktion die Exporte zu steigern und die Importe zu verringern, um auf diese Weise Geld im Land zu halten bzw. ins Land zu holen.
Einer der ersten von einem einheimischen Kaufmann geführten Großbetriebe war die Wollzeugmanufaktur, die der aus einer Hersfelder Familie stammende Kaufmann Johann Konrad Sunkel 1766 in Hersfeld gründete. Der Staat gab ein 20jähriges Exklusivprivileg und die Gebäude. Sunkel, der 7 Jahre in der Zeugmanufaktur Wegely in Berlin gearbeitet hatte, produzierte mit Berliner Fachleuten und Webstühlen die sehr gefragten Berliner Stoffe. Einen hitzigen Boom erlebte die Manufaktur wie die gesamte Branche während des amerikanischen Krieges von 1776-1784. Danach ging sie stark zurück und wurde von anderen Hersfelder Tuchmachern überflügelt. 1799 übergab Sunkels Sohn die Manufaktur an Johann Georg Otto. Dieser ging 1804 in Konkurs. G.H.

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Musterbuch mit kolorierten Schnittzeichnungen von Uniformröcken, 1827
Musterbuch mit kolorierten Schnittzeichnungen von Uniformröcken, 1827
Dokument 67: MUSTERBUCH
„derjenigen Tücher und sonstigen Montierungsrequisiten, welche am 1. März 1827 auf dem allgemeinen Bekleidungsmagazin (zu Kassel] vorrätig gewesen sind“.
Aufgeschlagen: Kolorierte Schnittzeichnungen von Uniformröcken. Bestand 300 C 33 Nr. 16.
MUSTERBUCH



„derjenigen Tücher und sonstigen Montierungsrequisiten, welche am 1. März 1827 auf dem allgemeinen Bekleidungsmagazin [zu Kassels vorrätig gewesen sind“. Aufgeschlagen: Kolorierte Schnittzeichnungen von Uniformröcken.
Bestand 300 C 33 Nr. 16.

Bis in das 17. Jahrhundert wurde die Zugehörigkeit zu einer Truppeneinheit, wenn nicht durch eine landestypische Tracht wie bei angeworbenen fremden Truppen, durch eine Feldbinde oder ähnliche Abzeichen kenntlich gemacht. Erst die Bildung stehender Söldnerheere, in Deutschland in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zog deren Ausstattung mit einheitlichen Dienstkleidungen nach sich. Zunächst legten die jeweiligen Regimentsinhaber Schnitt, Farbe und Ausstattungsstücke der als „Montur“ oder „Montierung“ bezeichneten Soldatenkleidung fest, im 18. Jahrhundert wurde dies dagegen Gegenstand allgemeiner landesherrlicher Montierungsreglements. Das erste preußische datiert von 1714. Im 19. Jahrhundert wird das Wort Montierung durch „Bekleidung“ abgelöst. Erst im 20. Jahrhundert setzt sich der Begriff „Uniform“ durch, mit dem in Preußen erstmals die von 1806 bis 1843 vorgeschriebene einheitliche Offiziersbekleidung bezeichnet worden war.
Die Dienstkleidung sollte nicht nur die Truppenzugehörigkeit im Felde kennzeichnen, sondern auch durch schmuckes Äußeres das Ansehen des Mannes in seinen eigenen Augen heben und Loyalität und Corpsgeist fördern. Viele Staaten bevorzugten eine Grundfarbe für den Uniformrock. In Hessen-Kassel war sie wie in Preußen dunkelblau. Die Gestaltung der Uniformen war im 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Spielwiese fürstlicher Repräsentationslust. Sie folgte Moden, war mit Zierrat überladen, auffällig bunt und marionettenhaft eng, die Kopfbedeckung überdimensioniert. Die für die spätere preußisch-deutsche Armee charakteristischen Elemente, Waffenrock und Pickelhaube wurden erst Anfang der 1840er Jahren in Preußen und kurz darauf auch in Kurhessen eingeführt.
Die Bekleidung wurden den Soldaten aus Magazinen verabreicht. Neben den Garnisonsmagazinen gab es in Kurhessen ein zentrales „Allgemeinen Militärbekleidungsmagazin“ in Kassel, das die Standortmagazine mit Stoffen und den sonstigen Requisiten (Knöpfe, Spangen, Tressen, Epauletten, Pelzbesatz, Kopfbedeckung Gurte, Taschen etc.) zu versorgen hatte. Über die Bestände wurde genau Buch geführt.
Für die Instandhaltung seiner Dienstkleidung hatte der Soldat selbst zu sorgen. Erst nach Ablauf der für die einzelnen Teile ermittelten und festgelegten Haltbarkeitszeiten hatte er in Friedenszeiten Anspruch auf Ersatz. Die sogenannte „kleine Montierung“ (Schuhe, Gamaschen, Strümpfe, Unter- und Oberhemd, Halstuch, Haarzopf) hatte er selbst zu beschaffen. Dafür wurde ihm ein Pauschalzuschlag zum Sold gewährt.
Anders als die gemeinen Soldaten ließen die Offiziere ihre reicher gestaltete Dienstkleidung auf eigene Kosten privat schneidern. G.H.

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Buchhandschrift Hessen-Kasselscher Uniformen mit Handzeichnung eines Husaren, Ende 18. Jahrhundert
Buchhandschrift Hessen-Kasselscher Uniformen mit Handzeichnung eines Husaren, Ende 18. Jahrhundert
Dokument 68: HUSAR
Farbige Zeichnung, in: Hessen-Kasselsche Uniformen. Buchhandschrift mit zahlreichen farbigen.
Figurendarstellungen in rotem Ganzleder mit Goldprägungen, Ende 18. Jahrhundert. Aufgeschlagen: „Husaren“(rechts).

Bestand Kurfürstliche Bibliothek, E 195.
HUSAR



Farbige Zeichnung, in: Hessen-Kasselsche Uniformen. Buchhandschrift mit zahlreichen farbigen Figurendarstellungen in rotem Ganzleder mit Goldprägungen, Ende 18. Jahrhundert.
Aufgeschlagen: „Husaren“ (rechts).
Bestand Kurfürstliche Bibliothek, E 195.

Landgraf Karl von Hessen-Kassel (1670-1730) errichtete aus politischem Ehrgeiz, aber auch um sein Land vor der Einquartierung brandenburgischer und anderer Heereskontingente zu bewahren, ein stehendes Heer. Die nachfolgenden Landgrafen behielten den Status des „armierten Reichsstandes“ bei. Die Kosten des Heeres mit einer Sollstärke von bis zu 12.000 Mann waren immens, auch wenn die meisten Soldaten den größten Teil des Jahres ohne Sold beurlaubt waren. Die monatliche Kontribution zum Unterhalt des Heeres belastete vor allem die bäuerlichen und handwerklichen Schichten schwer, während der Adel sowie ein Teil des Bürgertums kantributionsfrei war. Wiederholt aber gelang es den Landgrafen, durch Vermietung ihrer Truppen die Kosten zu senken oder gar Überschüsse zu erwirtschaften. Besonders hohe Subsidien zahlte England im Siebenjährigen und im Amerikanischen Krieg. Im erstgenannten Fall mußte das Land freilich mit schweren französischen Besatzungslasten bezahlen, die amerikanische Expedition dagegen brachte materiellen Gewinn für den Landgrafen und für das Land.
Das Heer des 18. Jahrhunderts bestand aus unterschiedlich ausgerüsteten Einheiten mit unterschiedlichen Aufgaben. Grenadiere, ursprünglich zum Werfen von Handgranaten bestimmte Soldaten, waren Kompanien von altgedienten und bewährten Leuten, die bei Sturmangriffen die Spitze bildeten. Sie trugen hohe Mützen aus blechbeschlagenem Tuch oder aus Bärenfell. Musketiere, ursprünglich Träger der schweren Hakenbüchsen, waren die gewöhnliche „schwere“ oder Linien-Infanterie. Sie waren mit Steinschloßflinte und Bajonett bewaffnet und kämpften als Bataillon in geschlossener Formation.
Füsiliere waren „leichte“ bewegliche Infanteristen, die kompanieweise in zerstreuter Ordnung oder aufgelockerter Tirailleur-Linie fochten und unübersichtliches Terrain vom Feind säuberten.
Kürassiere waren die „schwere“ Kavallerie, große Leute, an Brust und Rücken gepanzert, bewaffnet mit Degen, Pistole und kurzem Gewehr (Karabiner), mit starken Pferden.
Husaren waren Einheiten aus kleineren Reitern mit kleinen beweglichen Pferden, bewaffnet mit Krummsäbel und Pistole, manchmal auch Karabinern. Ihre Uniform erinnerte an ihren ungarischen (landläufig: kroatischen) Ursprung.
Dragoner kämpften ebenso zu Pferde wie zu Fuß in geschlossener Formation. Sie trugen wie die Infanterie eine Bajonettflinte. Jäger waren bewegliche Einheiten von Scharfschützen zu Fuß oder beritten, meist aus Forstleuten rekrutiert und mit gezogenen Büchsen anstelle des üblichen glatten Gewehrs ausgestattet.
Die Artillerie schließlich, die Bedienungsmannschaft der Geschütze, war die einzige technisch versierte Truppeneinheit. G.H.

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Entwurfszeichnung des Wollmanufakturhauses zu Kassel, gefertigt von Kommerzienrat Johann Heinrich Scharff, November 1775
Dokument 69: „STAND=RISS DES WOLLMANUFAKTURHAUSES
[... zu Kassel am Wesertor], gefertigt von Kommerzienrat Johann Heinrich Scharff, 1775 November.
Bestand Karten P II Nr. 9400/1.
STAND-RISS DES WOLLMANUFAKTURHAUSES



[... zu Kassel am Wesertor], gefertigt von Kommerzienrat Johann Heinrich Scharff, 1775 November.
Karten P II Nr. 9400/1.
Lit.: O. Dascher [wie Nr. 65], S. 58-60 und 188 f.

Das Wollgewerbe, die Tuchmacherei, war traditionell das wichtigste Gewerbe in Nordhessen. Ihr Zentrum war im 17. und 18. Jahrhundert das Städtedreieck Kassel-Eschwege-Hersfeld. Neben den in Zünften organisierten Meisterbetrieben gab es seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert auch einzelne Manufakturen, die aufgrund fürstlicher Privilegien in einem festgelegten Umfang ohne Zunftbindung produzieren durften.
Eine solche Manufaktur zur Herstellung von Feintuchen für Offiziersuniformen regte Landgraf Friedrich II. 1764 an. Sie sollte die Importe ersetzen und fügt sich so in den Rahmen einer spätmerkantilistischen Wirtschaftsförderungspolitik. Mit 5000 Taler aus der Kabinettskasse wurde 1765 die „Feine spanische Tuch-Fabrique“ als Staatsbetrieb unter unmittelbarer Aufsicht des Kommerzienkollegs mit Aachener und Warendorfer Fachkräften und importierten Geräten im sogenannten Jägerhaus in der Kasseler Unterneustadt gegründet. Die Wolle wurde über Holland aus Spanien bezogen.
Mangelnder wirtschaftlicher Erfolg - bis 1773 hatte die Kabinettskasse 18.658 Taler zugeschossen - veranlaßte den Staat, einen kaufmännisch erfahrenen Unternehmer zu suchen. 1775 wurde der Göttinger Johann Henrich Scharff besoldeter Manufakturdirektor mit Gewinnbeteiligung. Scharff, der außerdem eine Manufaktur in Wolfenbüttel betrieb, versprach, seine „geheime Kunststücke in der Färberey und Appretierung“ einzubringen. Nach Durchführung eines großangelegten Bauprogramms (Manufakturhaus, Walkmühle, Appreturwerk, Färberei und Trocken- und Rahmenhauses), Anwerbung und Anlernung weiterer Arbeiter und Anlage eines großen Wollvorrats (1776 für nahezu 10.000 Taler im In- und Ausland eingekauft) wollte er mit der Produktion in großem Stil beginnen.
Der Plan des neuen Manufakturhaus am Wesertor wurde wegen der damit verbundenen Kosten bald wieder fallengelassen. Die ausgestellte Zeichnung gibt also ein Gebäude wieder, das nie errichtet wurde. Auch die anderen Baupläne mußte Scharff reduzieren. Realisiert wurden der Einbau einer Färberei und einer Wasserleitung im Jägerhaus, die Erweiterung des Spinnhauses um einen Flügelbau und die Einrichtung eines Walkgangs in der Unterneustädter Mühle.
Bevor seine Vorbereitungen und seine Walke- und Färbeexperimente beendet waren, brach der amerikanische Krieg aus. Er mußte überstürzt Tuche liefern, die vor seiner Zeit gewebt und von Zunftmeistern appretiert worden waren und nicht den von ihm versprochenen Qualitätsstandard hatten. Als die Montierungskommission sich 1779 weigerte, seine Tuchlieferung abzunehmen, wurde Scharff entlassen und starb verarmt 1781 in Göttingen. Die Manufaktur hatte zwischen 1765 und 1779 über 65.000 Taler verschlungen. Sie wurde 1788 liquidert. G.H.

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„Beschreibung des ganzen Hessenlandes“ von Wilhelm Dilich, 1591
„Beschreibung des ganzen Hessenlandes“ von Wilhelm Dilich, 1591
Dokument 70: WILHELM DILICH, DESCRIPTIO TOTIUS HASSIRE, 1591
Aufgeschlagen: Titelblatt und „Programms ...“ sowie die Ansichten von Biedenkopf, Wetter und Gemünden (fol. 30v/31r).
Bestand H Nr. 58.
WILHELM DILICH, DESCRIPTIO TOTIUS HASSIAE, 1591



Aufgeschlagen: Titelblatt und „Progamma ...“ sowie die Ansichten von Biedenkopf, Wetter und Gemünden (fol. 30v/31r).
Bestand H Nr. 58.
Lit.: F. Theuner, Wilhelm Dilichs Ansichten hessischer Städte vom Jahre 1591, Marburg 1902

Wilhelm Dilichs 1591 entstandene historisch-geographische „Beschreibung des ganzen Hessenlandes“ bietet die früheste umfassende Sammlung von wirklichkeitsgetreuen Ansichten hessischer Städte.
Von Hofgeismar bis Darmstadt, von St. Goar bis Schmalkalden hat der zwanzigjährige Student das Land durchwandert und für 46 hessische Städte den Anblick, den sie damals boten, mit seinen Federzeichnungen festgehalten. Dilichs Werk ist damit für Hessen die ideale Ergänzung zu dem 20 Jahre zuvor veröffentlichten Städtebuch von Braun und Bogenberg, in dem nur vier Städte der Landgrafschaft abgebildet waren. Die „Civitates orbis terrarum“, die Landgraf Wilhelm IV. bald nach ihrem Erscheinen für seine Bibliothek ankaufte, mögen die Anregung zu Dilichs Unternehmen gegeben haben. Er übertrifft sein Vorbild in der Genauigkeit der Wiedergabe, der Leichtigkeit der Zeichnung und der Lebendigkeit der Darstellung.
Dilich hat sein Werk dem gleichaltrigen Erbprinzen Moritz gewidmet. Als dieser im folgenden Jahre zur Regierung gelangte, hat er den jungen Künstler mit der fürstlichen Besoldung von 200 Gulden als „Abreißer“ (Zeichenkünstler) in seinen Dienst genommen und ihn verpflichtet, „alles dasjenige, was wir ihm sowohl an anderer Herren und fremder Potentaten als auch unser selbsten Städten und Landen abzureißen und zu contrafaiten befehlen werden, mit allem Fleiß abzureißen und in formam zu bringen“.
Diesem Auftrag ist Dilich gewissenhaft nachgekommen. 1605 erschien seine „Hessische Chronik“, die die ungedruckt gebliebene „Beschreibung“ von 1591 ersetzte und nun insgesamt 126 Städtebilder enthielt, darunter auch zahlreiche aus den nicht zur Landgrafschaft gehörenden Territorien in Hessen (Nassau, Kurmainz, Waldeck). Die „Abreißung“ des Landes, d.h. die Landesaufnahme von Hessen, wurde 1607 in Angriff genommen. An dieser für einen Einzelnen nicht zu bewältigenden Aufgabe ist Dilich gescheitert. Zwar hat er eine Anzahl hervorragender „Landtafeln“ geschaffen, aber das Werk nicht vollenden können. Um dem drohenden Zorn des Landgrafen zu entgehen, ist er 1625 in kursächsische Dienste übergetreten. Auch hier hat er eine umfangreiche Serie mit Ansichten sächsischer Städte gezeichnet. F.W.

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Entwurfszeichnung eines Grabmals vom Bildhauer Jacques Jonghelinck (1530-1606) aus Brüssel, 16./17. Jahrhundert
Entwurfszeichnung eines Grabmals vom Bildhauer Jacques Jonghelinck (1530-1606) aus Brüssel, 16./17. Jahrhundert
Dokument 71: ENTWURF FÜR DAS GRABMAL DES GRAFEN REINHARD VON HANAU
(gestorben 1554 Oktober 11 zu Bethupe) durch den Bildhauer Jacob Jonghelinck zu Brüssel. In: Aktenband „der Grafen und Herren von Hanau uffgerichte Epithaphia belangent“,
16./17. Jahrhundert.
Bestand 81A / 13 Nr. 4.
ENTWURF VON JACQUES JONGEHLINCK FÜR DAS GRABMAL DES GRAFEN PHILIPP III. VON HANAU-MÜNZENBERG (* 1526 Nov.30 † 1561 Nov. 14), 1562



Lit.: Thieme-Becken Künstlerlexikon s.v.
Best.: 81 A Rubr. 13 Nr. 4.

Am 19. April 1562 berichtete der Antwerpener Bildhauer und Siegelstecher Jacques Jonghelinck (1530-1606) aus Brüssel, wo er ebenfalls eine Werkstatt unterhielt, Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg (1514-1590) in Straßburg, daß er das Wachsmodell zu dem ihm zwei Jahre zuvor in Auftrag gegebenen Grabmal angefertigt habe und bereit sei, es „uffs Kupfer zu pringen „. Er fügte seinem Brief, von dem leider nur die Kanzleiübersetzung des französisch geschriebenen Originals erhalten ist, die gezeigte Modellzeichnung bei. Weder im Brief noch in den Akten wird gesagt, für wen das im Stil der Renaissance entworfene Modell bestimmt ist. Da das Mittelfeld des Grabmals das seit 1496 gebräuchliche Hanau-Münzenberger Wappen mit den Hanauer Sparren und den Münzenberger Balken aber noch ohne die Ergänzung durch das erst 1559 aufgenommene Rienecker Wappen zeigt, kommt nur ein Angehöriger des Hauses Hanau-Münzenberg in Frage. Nun ist bekannt, daß der Guß eines Epitaphs für den 1554 in Bethune an einer Schenkelverletzung verstorbenen Bruder des Grafen Philipp III. von Hanau-Münzenberg, Graf Reinhard (1528-1560), bei einem Meister in Brüssel in Auftrag gegeben wurde, der 1557 für das kurz vor der Vollendung stehende Werk, von dem Graf Reinhard von Solms schreibt, es werde „gantz schön und gewaltig“, um eine Nachzahlung bat und diese auch erhielt. Man wird wohl annehmen dürfen, daß es sich bei dem ungenannten Künstler um Jonghelinck handelte, und daß Graf Philipp III., der erst nach längerem Siechtum starb, im Anschluß an den für seinen Bruder ausgeführten Auftrag bei Jonghelinck sein eigenes Grabmal noch zu Lebzeiten bestellte, wobei er sich wohl aus nicht bekannten Gründen des Lichtenberger Vetters in Straßburg bediente. Als aber Jonghelincks Entwurf ein halbes Jahr nach dem Tode des Grafen Philipp in Hanau eintraf, mißfiel er offenbar. Man wünschte wohl ein Monument, daß den Verstorbenen in ganzer Gestalt zeigte, wie es dann in der Folge unter dem Einfluß der aus dem Hause Pfalz-Simmern stammenden Gräfinwitwe Helene von dem Bildhauer und Schultheißen in Simmern Johannes von Trarbach angefertigt wurde. Jonghelincks Entwurf zeigt dagegen unter dem von Säulen flankierten Mittelteil mit dem großen hanauischen Wappen eine Tafel für einen noch zu bestimmenden Text, die rechts und links von zwei weiblichen Figuren flankiert wird, die durch die Inschriften und die ihnen beigegebenen Attribute eines Spatens und eines Totenschädels als Arbeit (Labor) und Ruhe (Quies) gekennzeichnet sind. Gekrönt wird das Grabmal durch die aus einem tempelartigen Aufbau wie emporschwebend hervorwachsende Figur der Unsterblichkeit (Immortalitas). Jonghelinck gehörte zu den bekannten und gesuchten Bildhauern seiner Zeit und galt als zweiter Phidias und Praxiteles. 1563 wurde er zum Hofbildhauer ernannt. Von ihm stammt unter anderem das 1558 in Auftrag gegebene Grabmal Karls des Kühnen in der Kirche Notre Dame in Brügge. U.L.

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Grundriss, Aufriss und Schnitte der chinesischen Häuser im Park von Schloss Wilhelmsthal (bei Kassel), Mitte 18. Jahrhundert
Grundriss, Aufriss und Schnitte der chinesischen Häuser im Park von Schloss Wilhelmsthal (bei Kassel), Mitte 18. Jahrhundert
Dokument 72: GRUNDRISSE, AUFRISSE UND SCHNITTE DER CHINESISCHEN HÄUSER IM PARK VON SCHLOSS WILHELMSTHAL (BEI KASSEL)
2 Bll., koloriert; Mitte 18. Jahrhundert.
Bestand 300 P II Nr. 342/11 und 13.
Lit.: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd.VII: Kreis Hofgeismar, 1.Teil: Schloß Wilhelmsthal, bearb. v. Fr.Bleibaum (192b), S. 25ff.
GRUNDRISS, AUFRISS UND SCHNITTE DER CHINESISCHEN HÄUSER IM PARK VON SCHLOSS WILHELMSTHAL (BEI CALDEN)



2 Bll., koloriert, Mitte 18. Jahrhundert
Best.: 300 Karten P II Nr.342/11 u.13
Lit.: Friedrich Bleibaum: Schloss Wilhelmstal und Francois Cuivilles d. Ä. (Jahrbuch der Denkmalpflege im Reg.-Bez. Kassel, 2. Sonderheft ), Melsungers 1932

Das von Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel (1730/1751-1760) um die Mitte des 18. Jahrhunderts bei Kassel-Calden errichtete Rokokoschloß Wilhelmsthal wurde nach Plänen des Münchener Hofarchitekten Francois de Cuivilles d. Ä. (1695-1768) gebaut, der auch am Entwurf der Gartenanlage beteiligt war. Da Cuivillies selbst nur einmal kurz in Kassel war, übernahm die Bauleitung 1746 Johann Georg Fünck (1721-1757), der Cuivillies Pläne den landschaftlichen Gegegebenheiten vor Ort anpaßte, ehe er später von Heinrich Wilhelm Huth (1717-1806) und schließlich von Simon Louis Du Ry (1726-1799) abgelöst wurde. Von dem sich fächerförmig vor dem Schloß ausbreitenden Park wurden nur zwei der geplanten drei großen Wegeachsen fertiggestellt, die nördliche blieb, wahrscheinlich wegen des Ausbruchs des Siebenjährigen Krieges unvollendet.
Die Gartenkunst des Rokoko liebte spielerische Überraschungseffekte und bediente sich dabei unter anderem im 18. Jahrhundert in Mode gekommener chinesischer Bauformen. So wurden auch in Wilhelmsthal die profanen Entenhäuser an der Südachse des Parks als archtektonisch aufwendige chinesische Lusthäuser mit „mansardartig gehaltenen Zeltdachformen in Kupfer mit lebhaftem Dekor von Drachen, Kranichen und sonstigem Getier“ (Bleibaum, S. 17) gestaltet. Der Fußboden wurde mit Marmorplatten abgedeckt und die Fenster erhielten Spiegelglasscheiben. Es ist Bleibaum gelungen, an Hand von Pausen, die der Cuivillies-Schüler Karl Albert von Lespilliez (1723-1796) gezeichnet hat, nachzuweisen, daß Entwurf und Planung der Entenhäuser auf Cuivillies zurückgehen. Leider erwiesen sich die Gebäude in der Folge als so reparaturanfällig, daß sie die um die Jahrhundertwende erfolgte Umgestaltung des Schloßgartens von Wilhelmsthal in einen englischen Landschaftsgarten nicht überdauerten und abgebrochen wurden. Bei den gezeigten Plänen aus dem Kasseler Regierungsarchiv handelt es sich um einen undatierten kolorierten Schnitt durch die Entenhäuser und ein ebenfalls undatiertes, ‚Chinesische Häuser’ betiteltes Blatt mit Auf- und Grundriß sowie einem den figürlichen Dachschmuck und die Wandmalereien andeutenden Schnitt. Neben den in Fuß angegebenen Maßstab ist vermutlich vom Zeichner Reissmann die irreführende Angabe ‚Indianisches Lusthaus in Wilhelmsthal’ gesetzt. Außerdem trägt das Blatt den später hinzugefügten Vermerk: „d. 11. September 1800 sind diese beyde Häuser ihrer Wandelbarkeit wegen gänzlich abgebrochen„. U.L.

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Entwurfszeichnung von Baumeister Simon Louis du Ry zur Neugestaltung der Häuser an der Bremer Straße in Kassel, 10. Februar 1776
Entwurfszeichnung von Baumeister Simon Louis du Ry zur Neugestaltung der Häuser an der Bremer Straße in Kassel, 10. Februar 1776
Entwurfszeichnung von Baumeister Simon Louis du Ry zur Neugestaltung der Häuser an der Bremer Straße in Kassel, 10. Februar 1776
Dokument 73: ENTWURF DES HOFBAUMEISTERS CHARLES DU RY ZUR NEUGESTALTUNG DER HÄUSER AN DER BREMER STRASSE IN KASSEL
Darunter: Foto des vom Neuentwurf (für jedes Haus aufklappbar) überdeckten alten Bauzustandes. Federzeichnung in Grau über Bleistiftvorzeichnungen, aquarelliert, Rand schwarz abgesetzt, mit zahlreichen Klappen.
1776 Februar 10, Kassel.
Bestand Karten P II Nr. 9364/1-z.
Lit.: Aufklärung und Klassizismus in Hessen [wie zu Nr. 65], S. 234 Nr. 283.

ENTWURF DES BAUMEISTERS SIMON LOUIS DU RY ZUR NEUGESTALTUNG DER HÄUSER AN DER BREMER STRASSE IN KASSEL ( PROJECT WIE DIE ALTEN BAUFÄLLIGEN HÄUSER VON DER CARLSHAVER STRASSE BIS AN DIE HOLLÄNDISCHE STRASSE UND WEITER BIS AN DAS FRUCHTHAUS DURCH AUFBAUUNG DER IN DER ALTSTADT CASSEL HIN UND WIEDER ABZUBRECHENDEN HÄUSER VERSTECKT WERDEN KÖNTEN )



Best.: Karten P II Nr. 9364/1-2
Aquarellierte Federzeichnung in Grau über einer Bleistiftvorlage, schwarz umrandet, mit zahlreichen Klappen, datiert: Kassel, 1776 Febr. 10. Darunter: Foto des von den für jedes Haus einzeln gefertigten Klappen des Neuentwurfs verdeckten alten Bauzustandes
Lit.: Hans-Kurt Boehlke: Die städtebauliche Entwicklungs Kassels, in: Aufklärung und Klassizismus in Hessen-Kassel unter Landgraf Friedrich II. 1760-1785, Ausstellungskatalog aus Anlaß des 200jährigen Bestehens des Museum Friedericianum 1779-1979, Kassel 1979 S. 60-75; s.a. ebenda S. 214, Katalognummer 283

Da sich während des Siebenjährigen Krieges gezeigt hatte, daß die frühneuzeitlichn Befestigungsanlagen der Stadt Kassel keinen Schutz mehr bieten konnten, befahl Landgraf Friedrich II. 1767 die Schleifung und schuf damit die Voraussetzung für eine Verbindung der Oberneustadt mit der Altstadt Kassel und für die Entwicklung neuer städtebaulicher Konzeptionen. Er beauftragte damit den Baumeister und späteren Oberbau- und Bauakademiedirektor Simon Louis Du Ry (1726-1799). Dieser stammte aus einer in der dritten Generation in Kassl lebenden Architektenfamilie hugenottischer Herkunft. Er hatte seine Ausbildung in Kassel, Stockholm und Paris sowie bei Reisen in den Niederlanden und in Italien erhalten. Sein anfänglich noch von den Formen des Rokoko geprägter Baustil wandelte sich allmählich unter dem Einfluß der auf diesen Reisen gewonnenen Eindrücke, so daß Du Ry um 1770 als einer der frühen Vertreter des beginnenden Klassizismus in Deutschland gelten kann. In Kassel konnte er seine städtebaulichen Ideen vor allem bei der Gestaltung der großen Plätze verwirklichen (Königs-, Friedrichs-, Wilhelms- und Weißensteiner Platz mit Königstor). Sein hier gezeigtes Konzept für die Modernisierung der Bremer Straße ließ sich wohl wegen des Widerstandes der die Kosten scheuenden Hausbesitzer nicht realisieren. Vorgesehen war von Du Ry der Abbruch einzelner besonders baufälliger oder die Fluchtlinie störender Häuser sowie eine dem Zeitgeschmack entsprechende vereinheitlichte Verblendung der Fassaden, die der mittelalterlichen Häuserzeile das Aussehen eines neuerbauten, sich am Müllertor zu einem kleinen Platz öffnenden Straßenzuges geben sollte. U.L.

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Zepter des Fuldaer Jesuitenkollegs, um 1600
Dokument 74: SZEPTER DES KOLLEGS DER 1571 NACH FULDA BERUFENEN JESUITEN
Silber auf gedrechseltem Holzgriff Deutscher (Fuldaer?) Goldschmied, um 1600
Bestand 92

UNIVERSITÄT FULDA



Szepter des Kollegs der 1571 nach Fulda berufenen Jesuiten
Silber auf gedrechseltem Holzgriff, Deutscher (Fuldaer?) Goldschmied, um 1600
Bestand 92

Das Zepter des Fuldaer Jesuitenkollegs war sichtbares Zeichen der kontinuierlichen Bildungstradition im Hochstift seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts; es wurde nach 1734 von der Adolphs-Universität Fulda geführt. Als Hoheitszeichen der Universität trug es der Pedell bei feierlichen Aufzügen voran. Doch diente es auch als Verteidigungssymbol im Streit mit anderen Gewaltträgern.
Als Verfechter der Gegenreformation rief Fürstabt Balthasar von Dermbach (reg. 1570-1606) nach 1570 Vertreter des 1534 gegründeten Jesuitenordens in das weitgehend protestantisch gewordene Hochstift Fulda. Mit ihrer Bildungsarbeit und durch ihren missionarischen Eifer gaben die Jesuiten dem Klerus und den Laien des Stiftsgebiets neuen Halt. Am 20. Oktober 1572 wurde die Schule des Jesuitenkollegs mit zunächst vier Klassen (Infima, Media oder Secunda, Suprema der Grammatik oder die Syntax, sowie Poesie und Humanitas) eröffnet, Ostern 1573 trat bereits eine fünfte (Rhetorik) hinzu, Ostern 1583 eine sechste Klasse als Vorschule. Wir würden heute von einem Altsprachlichen oder Humanistischen Gymnasium sprechen. Im Laufe des 17. Jahrhunderts erfuhr der Lehrbetrieb am Jesuitenkolleg einen stetigen Ausbau. Im Jahre 1623 dotierte Fürstabt Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (reg. 1623-1632) einen Lehrstuhl für Moraltheologie (Kasuistik). Im Jahre 1658 schloß Fürstabt Joachim von Gravenegg (reg. 1644-1671) zwei philosophische Kurse (Logica und Physica) an. Seit dieser Zeit wurde auch ein Unterricht in Kontroverstheologie und seit Anfang des 18. Jahrhunderts ein Studium der scholastischen (spekulativen) Theologie angeboten. Damit waren Studia inferiora und Studia superiora im Sinne der Studienordnung des jesuitischen Gesamtordens („Ratio atque Institutio studiorum Societatis Jes“) vom 8. Januar 1599 in Fulda gewährleistet. R.P.


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Kleines Siegel der Juristischen Fakultät der Universität in Fulda, 1734
Dokument 77: KLEINES SIEGEL DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT 1734
Ovale Siegelplatte, Messing, auf Eisengriff montiert
Sammlungen 5 Siegelstempel IA Nr. 63

KLEINES SIEGEL DER JURISTISCHEN FAKULTÄT



Ovale Siegelplatte, Messing, auf Eisengriff montiert, 33:30 mm, 1734.
Im Siegelfeld Brustbild des Kaisers Justinian auf einer Wolke über den Buchstaben A(dolphus) A(bbas) P(rinceps) F(uldensis) und dem mit Fürstenhut gekrönten Wappen Fürstabt Adolphs. Umschrift: S(IGILLUM) MINUS) FACULT(ATIS) IURID(ICAE) FULD(ENSIS) MDCCXXXIV.
Sammlungen 5 Siegelstempel IA Nr. 63.
Lit.: Polley [wie zu Nr. 52], S. 53 Nr. 64.

An wenigsten Ausstrahlungskraft besaß die Juristische Fakultät der Adolphs-Universität. Sie wirkte auch als Spruchkollegium, ohne damit im Vergleich zu anderen Universitäten merkliches Ansehen zu erlangen. Die Rechtsprofessoren, die überwiegend auch in der Landesverwaltung tätig waren, waren mehr Praktiker als Wissenschaftler und bildeten kaum mehr als den Fuldaer Staatsdienernachwuchs aus. Literarisch sind sie nicht hervorgetreten und haben deshalb in der gelehrten Welt auch keine Spuren hinterlassen. Das maßgebliche Schrifttum über die fuldischen Rechtsverhältnisse („Sistem aller fuldischen Privatrechte“ und „Entwurf der fuldischen Gerichtsverfassung“) lieferte der Hofrat und domkapitularische Syndikus Eugen Thomas (1758-1813), der an der Universität Fulda im Dezember 1781 zum Lizentiaten der Rechte promoviert worden war. R.P.

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Prunkhammer zur Grundsteinlegung des Ständehauses in Kassel am 24. Juni 1834 vom Kurprinzen und Mitregenten Friedrich Wilhelm von Hessen benutzt.
Dokument 78: PRUNKHAMMER
am 24. Juni 1834 vom Kurprinzen und Mitregenten Friedrich Wilhelm von Hessen bei der Grundsteinlegung des Ständehauses in Kassel benutzt.
(von Friedrich PROLL, Kassel 1797-1864)
Bestand 73

PRUNKHAMMER



am 24. Juni 1834 vom Kurprinzen und Mitregenten Friedrich Wilhelm von Hessen bei der Grundsteinlegung des Ständehauses in Kassel benutzt.
Gefertigt von Friedrich Proll, Kassel 1767-1864.
Bestand 73.
Lit.: Franz Müller, Kassel seit siebzig Jahren, 2 Bde., Kassel 1876-79, Bd. 2, S. 91 ff., „Kasseler Silber“ S. 242f. Nr. 245.

Der hessen-kasselische Landtag, der bis 1806 aus zwei Kurien, einerseits den Abgeordneten der althessischen Ritter und den sogenannten Prälaten (Vorstehern der Deutschordensballei, der Universität, der Hohen Hospitäler und des Stifts Kaufungen), andererseits den Deputierten der Stadtmagistrate bestand, besaß - anders als die meisten Landtage in Süddeutschland - keine eigene Tagungsstätte. Zwar hatten die Landstände 1772 auf Anregung Landgraf Friedrichs II. ein neugebautes Palais an der Ecke Königsstraße-Friedrichsplatz, das der Generaladjutant Oberst Friedrich Christian v. Jungken-Müntzer abstoßen wollte, gekauft, dieses sogenannte „Landständische Haus“ aber für Wohnzwecke vermietet.
Nach Wiedererrichtung des durch Napoleon beseitigten Kurstaates berief Kurfürst Wilhelm I. einen um Vertreter der Landbevölkerung erweiterten konstituierenden Landtag, um dem Land eine neue politische Verfassung zu geben. Das Vorhaben scheiterte 1816 an der Unvereinbarkeit der Standpunkte in Bezug auf die Staatsschulden und das Hausvermögen. Erst nach Unruhen im September 1830 berief Kurfürst Wilhelm II. eine neue verfassungsgebende Versammlung und unterzeichnete am 5. Januar 1831 eine Verfassungsurkunde. Sie erfüllte ungewöhnlich viele liberale Forderungen. Das Einkammerparlament („Ständeversammlung“), das zum Teil aus geborenen und ernannten, zum überwiegenden Teil aber aus (von männlichen Haushaltsvorständen in offener und indirekter Wahl) gewählten Abgeordneten bestand, bestimmte nicht nur bei Gesetzgebung und Steuern, sondern auch bei den Staatsausgaben, ja in Angelegenheiten des Staatsdienstes und des Militärs mit.
Schon im Dezember 1830 hatte der Kurfürst den Bau eines Ständehauses in städtebaulich bevorzugter Lage am Weinberg gebilligt. Aus einem Wettbewerb unter Kasseler Architekten ging Julius Eugen Ruhl als Sieger hervor. Da der seit 1831 regierende Kurprinz Friedrich Wilhelm das vorgesehene Grundstück aber für eigene Zwecke reklamierte, wurde der Ruhlsche Bau erst 1834-1836 im Rahmen einer gleichzeitig geplanten Stadterweiterung nördlich der Oberneustadt errichtet. Zu dieser Zeit war die anfängliche Phase liberaler Reformgesetze in einem erbitterten Konflikt zwischen der Mehrheit des Parlaments und dem 1832 berufenen leitenden Minister Daniel Ludwig Hassenpflug umgeschlagen.
Die Grundsteinlegung geschah auf dem durch die Bürgergarde gesicherten Platz in Anwesenheit der im Halbkreis aufgestellten Minister und Diplomaten (Mitte), Offizere (rechts), Landtagsabgeordneten und Behördenleitern (links). Nach einer Ansprache Hassenpflugs legte der Kurprinz einen Riß des Gebäudes, einen Druck der Verfassung und einige 1834 geprägte Münzen in den Grundstein, bestrich diesen mit silberner Kelle mit Mörtel und tat drei Schläge mit dem Silberhammer auf die Deckplatte. G.H.

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Emblem des Geselligkeitsvereins „Roßdorfer Gericht“, 17. Jahrhundert
Emblem des Geselligkeitsvereins „Roßdorfer Gericht“, 17. Jahrhundert
Dokument 79: GERICHTSZEICHEN
des Gerichts Roßdorf bei Hanau, 1456 „INSIGNIA IVDICII ROSDORFFIANI DE ANNO 1456“
Messing, mit Seidenband
Bestand 86 Nr. a 2859

EMBLEM DES GESELLIGKEITSVEREINS „ROSSDORFER GERICHT“ UMSCHRIFT: INSIGNIA IVDICII ROSDORFFIANI DE ANNO 1456



Best.: 86 a Nr. 2859 Bd.l.
Messing mit blauem Seidenband
Lit.: Uta Löwenstein: Die Roßdorfer Freundschaft (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte Bd. 81), Darmstadt und Marburg 1991.

Im Jahre 1654 kaufte der Kanzlei- und Hofgerichtssekretär, ab 1655 Kanzlei- und Kosistorialrat, Dr. iur. Peter Reichard Scheffer einen Hof in Roßdorf bei Hanau. Es liegt nahe, in ihm den Begründer des seit 1659 belegten und nachweislich bis 1735 bestehenden Geselligkeitsvereins der Hanauer Kanzleibeamten und Akademiker zu vermuten, der sich selbst „das Roßdorfer Gericht“ nannte. Zumindest fällt auf, daß eine Umstellung der auf dem Vereinsemblem genannten Jahreszahl 1456 das Jahr 1654 ergibt. Diese Form der Mystifikation entsprich dem Geist des Vereins, der sich auf Bonifatius als Stifter berief, diesen mit einem Gründungsdekret aus dem Jahre 1301 zitierte, sich selbst dem Roßdorfer Wein verschrieb und im übrigen eine lustige Repositur aus allerlei kuriosen Verwaltungsfällen anlegte. Entsprechend ist auch der Vereinsname doppeldeutig. Er knüpft einerseits an die Tradition des vom alten Roßdorfer Ruralkapitel ausgeübten Sendgerichts an, verweist aber auch auf die bei den Zusammenkünften zum Wein servierten Gerichte. Das Emblem selbst zeigt einen beleibten Mönch mit einem Gerichtsstab in der Rechten und einem wie eine Gerichtsglocke oder auch wie die Sammelglocke der Roßdorfer Antoniter geschwungenen umgekehrten Weinglas in der Linken. Zusammen mit den überlieferten Akten des „Roßdorfer Gerichts“ ist es ein früher Beleg für einen bürgerlich-akademischen Geselligkeitsverein. U.L.

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Abzeichen vom Hut der Freischärler im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 1776
Dokument 80: HEARTS OF OAK
Abzeichen an den Hüten der Freischärler im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 1776
Bemaltes Blech
Bestand 4h Nr. 3098

HEARTS OF OAK



Abzeichen vom Hut amerikanischer Freischärler
Bemaltes Blech.
Quellen: General Heister an den Landgrafen, Dorf Brokland auf Long Island, 1776, Sept. 3, in: Best. 4 h, Nr. 3098, f. 361 v.
Abb. bei: August im Kalender: HETRINA, I. Auerbach, Hrsg., Marburg 1975.
Lit.: I. Auerbach, E. G. Franz, O. Fröhlich, Hessische Truppen im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (HETRINA). Index nach Familiennamen (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Nr. 10, Bd. 1-6), Marburg 1974-1988, Bd. 1 und 2, 21984, 1987. I. Auerbach, The Repercussions of the American Revolution in Hesse, in: Transactions of the Seventh International Congress an the Enlightenment, Bd: 1 (Studies an Voltaire and the Eighteenth Century, Bd. 263),1m Oxford 1989, S. 272 f.

Beim ersten größeren Gefecht der Hessen mit Amerikanern im Unabhängigkeitskrieg bei Flatbush auf Long Island am 27. August 1776 wurde neben zwei sechspfündigen Kanonen und einer Haubitze und der vor dem Regiment Rall gestreckten roten Fahne mit der Auschrift Liberty auch das an den Landgrafen nach Hessen per Brief gesandte Hearts of Oak erbeutet. Noch trugen die Rebellen keine Uniform, sondern teilweise allein solche Zeichen am Hut. Der erste Eindruck der Hessen vom Gegner war kläglich: „Überhaupt sind diese Leute sehr schlecht und zerissen gekleidet, ohne Schuhe, und man kann wohl sagen, daß die in den Eisen gehende Gefangene zu Kassel gegen diese Leute in Ansehung ihrer Kleidung das 1te Bataillon von ihnen darstellen könnten. ... Ohngeachtet einige Provinzen ihren Regimentern beikommendes Zeichen mit der Aufschrift HEARTS OF OAK an die Hüte gegeben, so war ihre Furcht vor den hessischen Truppen dennoch unbeschreiblich ...“. Der erste Eindruck der über den Subsidienvertrag mit England von 1776 durch den Landgrafen von Hessen-Kassel an England abgebenen Soldtruppen von Washingtons Armee erwies sich als nicht korrekt. Die Hessen werden mit den Engländern - trotz Steubens Angleichung des Trainings der Infanterie der Rebellen an europäische Standards - weiter Schlachten gewinnen und schließlich doch den Krieg verlieren. Nach Hessen zurück brachten die deutschen Soldtruppen, gerade die Gemeinen und Unteroffiziere, Eindrücke von den Möglichkeiten von unten her, mit den einfachsten Mitteln, durch Terror gegen Kollaborateure, Widerstand gegen einen auf dem Schlachtfeld überlegenen Gegner zu organisieren und modernere Gefechtsmethoden - die Auflösung der festen Linien - und es ist daher kein Zufall, daß die alten „Amerikaner“ ohne ihre in Haft befindlichen Offiziere, 1806 und 1809 Aufstände gegen die Franzosenherrschaft in der napoleonischen Zeit wagen werden. I.A.


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Eisernes Richtschwert und lederne Scheide, 16. Jahrhundert
Dokument 81: RICHTSCHWERT
Eisen mit Griff und Scheide aus Leder, 16. Jahrhundert
Bestand 340 von Stockhausen

RICHTSCHWERT



2. Hälfte 16. Jahrhundert
Eisen, Griff und Scheide aus Leder; Gesamtlänge 110 cm, Klinge 84,5 cm, Breite oben 4,5 cm, unten 3,5 cm.
Best. 340 von Stockhausen
Lit.: W. Boeheim, Handbuch der Waffenkunde, 1890, Nachdruck 1966, S. 265f., 654

Zusammen mit den Urkunden, Amtsbüchern und Akten des Archivs der Familie von Stockhausen zu Wülmersen wurde auch das „Richtschwert“ im Staatsarchiv Marburg deponiert. Die Waffe ist insgesamt 110 cm lang; die flache, unten abgerundete Klinge mißt in der Länge 84,5 cm, oben ist sie 4,5 cm, unten 3,5 cm breit. Zwischen Klinge und Griff befindet sich die Parierstange, ein etwa 1 cm starkes Vierkanteisen, das an den Kanten abgeschrägt ist und sich zu den Enden konisch verdickt. Der insgesamt 23,5 cm lange Griff ist mit braunem Leder (17 cm) umwickelt, nach oben ist er durch einen birnenförmigen Knopf aus Metall (6,5 cm) abgeschlossen. Die Klinge steckt in einer Scheide aus etwa 4 mm dicken Leder, dessen braune Farbe heute stark abgewetzt ist (Länge: 83 cm, Breite: oben 5,5 cm, unten 4 cm). Läßt schon die äußere Erscheinung auf eine Hiebwaffe und damit auch ein Richtschwert schließen, so machen die Inschrift und Gravierung auf der Klinge diese Zweckbestimmung eindeutig. In die Blutrinne, die 1,5 cm unter der Parierstange beginnt und etwa 22 cm lang sich nach unten verjüngend spitz ausläuft, ist auf der einen Seite der Name des Klingenschmiedes Johannes Wundes aus Solingen (1560-1610) im Genitiv „IOHANNIS WVNDES“ zwischen seiner Meistermarke, dem Reichsapfel, eingeschlagen; Name und Vorname sind durch eine vierblättrige „Blüte“ getrennt. Die andere Seite trägt in der Blutrinne - wieder zwischen Reichsäpfeln, der Meistermarke, - die Inschrift: VIM VI REPELLERE * LICET; zwischen REPELLERE und LICET ist ebenfalls die Blüte eingeschlagen. Unter dem zweiten Reichsapfel ist in die Klinge ein achtspeichiges Rad graviert, aus dem ein Galgen hervorgeht.
Zusammen mit den Urkunden, Amtsbüchern und Akten des Famiienarchivs der Familie von Stockhausen zu Wülmersen wurde auch das „Richtschwert“ im Staatsarchiv Marburg deponiert. Die breite, unten abgerundete Klinge und der kurze Griff weisen die Waffe eindeutig als Hiebwaffe aus. Auf der einen Seite der Klinge ist in der Blutrinne die Inschrift „VIM VI REPELLERE LICET“ graviert; diese läßt zusammen mit der darunter angebrachten Zeichnung eines achtspeichigen Rades, aus dem ein Galgen hervorgeht, die Bestimmung als Richtschwert eindeutig werden.
Auf der anderen Seite der Klinge ist der Name des Klingenschmiedes Johannes Wundes aus Solingen (1560-1610) graviert. Beide Inschriften werden durch die Meistermarke des Klingenschmiedes, den Reichsapfel, eingerahmt. Johannes Wundes war ein zu seiner Zeit bekannter Klingenschmied; Arbeiten aus seiner Werkstatt finden sich in den Waffensammlungen zu Paris, Wien und Stockholm. K.H.


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