Herausgegeben von Margret Lemberg
Einführung
Am 17.9.1866 wurde im Abgeordnetenhaus in Berlin eine Gesetzesvorlage der preußischen Regierung mit 273 gegen 14 Stimmen angenommen, in der die Annektion von Kurhessen, Hannover, Nassau, Frankfurt und von Teilen des Großherzogtums Hessen verkündet wurde [Dokument 1, 2, 3]. Damit hörte Kurhessen auf, als selbständiger Staat zu existieren.Die preußische Regierung glaubte mit der Einführung des sogenannten Diktaturjahres (1.10.1866 - 1.10.1867) einen möglichen Widerstand leichter niederhalten zu können, doch es gab keine nennenswerte Gegnerschaft gegen Preußen. Das hatte seine Gründe. Die gesamte Geschichte Kurhessens (1803/13-1866) war bestimmt vom Kampf um eine Verfassung. Nach deren Gewährung im Jahre 1831 setzte sich der Streit um ihre Beachtung, besonders nach der Revolution von 1848/49, fort. Als der Kurfürst ab 1850 sich enger an Österreich anlehnte und mit Hilfe des wiederberufenen Ministers Ludwig Hassenpflug einen reaktionären Kurs durchsetzen wollte, verweigerten Gerichte und Behörden den Gehorsam. Der Widerstand wuchs bis zur Steuerverweigerung der Stände und zum Rücktritt nahezu des gesamten hessischen Offizierkorps (241 von 277). Der neu zusammengetretene Bundestag in Frankfurt, an den sich Hassenpflug um Hilfe wandte, schickte ein Bundesheer, die sogenannten "Strafbayern", das die Bevölkerung, besonders die Mitglieder des Landtags, durch Einquartierung zum Gehorsam gegen ihren Herrscher brachte [Dokument 4, 5]. Preußische Truppen, die eingreifen wollten, zogen sich zurück.
Zwar konnte der Kurfürst 1852 eine Verfassung oktroyieren, die diejenige aus dem Jahre 1831 erheblich beschnitt, doch die Auseinandersetzungen zwischen dem Kurfürsten und seiner Regierung auf der einen und den Ständen und der liberalen Partei auf der anderen Seite gingen weiter. Einige der politischen Gegner des Kurfürsten wurden inhaftiert, wenn sie nicht vorher ins Ausland geflohen waren, anderen wurde ein Prozeß gemacht, der sich bis 1855 hinzog. Die Agitation der Liberalen wurde von Preußen geschickt unterstützt. Der vom Kurfürsten als Minister vehement abgelehnte Liberale Oetker kämpfte zudem als Redakteur der "Hessischen Morgenzeitung" in Kassel gegen den Kurfürsten und seine Regierung [Dokument 6]. Auch als 1860 auf Druck Preußens die Verfassung aus dem Jahr 1831 wieder in Kraft gesetzt wurde, war es für einen Ausgleich zu spät.
Kurfürst Friedrich Wilhelm I., der sich auch aus persönlichen Gründen Österreich verbunden fühlte - seine nicht ebenbürtige Frau war vom Kaiser in den Stand einer Fürstin von Hanau und von Horzowitz erhoben worden - entfernte sich immer stärker von der propreußischen Stimmung in weiten Kreisen seines Volkes; so folgte er auch nicht den kurhessischen Ständen und dem Rat seiner Minister, als diese am 14. Juni 1866 die Mobilmachung ablehnten und den Anschluß an Preußen unter weitgehender Beibehaltung der kurhessischen Selbständigkeit forderten.
Der Kurfürst beharrte auf der Mobilmachung, lehnte wiederholte preußische Bündnisangebote ab und wurde nach dem Einmarsch der preußischen Truppen am 23. Juni 1866 als Gefangener nach Stettin gebracht [Dokument 7, 8]. Im Herbst des Jahres wählte er Prag zu seinem Exil. Die hessischen Nebenlinien, die nach und nach die Annexion durch Preußen anerkannten, wurden mit Renten abgefunden und erhielten Schlösser in Hanau und Fulda.
Während und nach dem Diktaturjahr ergoß sich eine Fülle von preußischen Gesetzen auf das ehemalige Kurhessen: die sogenannte "Wolkenbruchgesetzgebung", mit der längst überfällige Reformen nachgeholt wurden [Dokument 9, 10, 11] und vor allem eine Neuordnung der Verwaltung einherging: Die neue Provinz Hessen-Nassau wurde in die Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden eingeteilt [siehe Dokument 1]. Jede Bezirksregierung war in drei Abteilungen gegliedert: die des Innern, des Kirch- und Schulwesens und in die für direkte Steuern, Domänen und Forsten. Die beiden Regierungsbezirke waren in Landkreise unter einem Landrat und in Stadtkreise unter einem Polizeipräsidenten oder Polizeidirektor eingeteilt. Ein Oberpräsident mit Sitz in Kassel stand an der Spitze der Provinz; es war in den ersten Jahren der besonders fähige und taktvolle Eduard von Moeller. Im Jahre 1885 wurde die Verwaltung erneut reorganisiert. Den "Hausschatz", den der ehemalige Kurfürst zu seinem Ärger nicht mit nach Prag nehmen konnte, und den "Staatschatz" verwandte Preußen auf Druck der Kommunalstände zum dringend nötigen Aufbau des Landes (Gemäldegalerie Kassel, Armenpflege, Krankenhäuser, Bibliotheken, Straßenbau usw.) [Dokument 12]. Diese Kommunalstände, die Vertretung des 1867 eingerichteten Kommunalverbands, waren - mit eigenem Vermögen aus dem kurhessischen Staatsschatz ausgestattet - verantwortlich für die kommunale Selbstverwaltung. Durch diese Einrichtung war eine Eigenart des ehemaligen Kurhessen berücksichtigt worden.
Zwar hatte Hessen-Nassau als preußische Provinz im Grunde genommen keine eigene Geschichte mehr, diese wurde ein Teil der Geschichte des Königreichs Preußen und des Norddeutschen Bundes bzw. des Deutschen Reichs, trotzdem läßt sich in vielen Bereichen, gerade was das nördliche Hessen anlangt, durchaus eine eigene Entwicklung zeigen [Dokument 13].
Dazu eignen sich die Bereiche
- Wirtschaft und Verkehr
- Verhältnis zu den Kirchen
- Entwicklung der Parteien und Gewerkschaften
- Bildung und Kultur.
Die schon vor der Revolution von 1848 begonnene Main-Weser-Bahn wurde zügig weitergebaut und schuf durch die Zweigstrecken für viele Arbeitsuchende eine Möglichkeit, in die Orte mit sich entwickelnder Industrie zu fahren [Dokument 14]. Zwar ist der Ausbau zu einer Industrieregion im Rhein-Main-Gebiet stärker zu beobachten, aber auch das bis dahin wenig entwickelte nördliche Hessen konnte sich aus der Stagnation der letzten Jahre des Kurfürstentum befreien; besonders in Kassel (Henschel, Wegmann & Co. und Schmidt`sche Heißdampf GmbH), in Hersfeld, in der Nähe von Biedenkopf oder in Marburg (Behring-Werke) profitierten Unternehmer von der neuen politischen Situation [Dokument 15, 16]. Die Industrieausstellungen in Kassel sind ein gutes Beispiel. Auch in der Energiewirtschaft entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts Arbeitsplätze durch den Bau der Edertalsperre oder den Braunkohleabbau; trotzdem war für viele Dorfbewohner die Wanderarbeit in Westfalen oder die Auswanderung nach Nord- und Südamerika oder nach Australien ein notweniger Weg, da sich die soziale Lage nur langsam besserte [Dokument 17,18,19,20].
Das Verhältnis der Regierung zu den Kirchen war ungeheuer schwierig, wobei in den ersten Jahren alle Gruppierungen innerhalb der evangelischen Kirche (Lutheraner, gemäßigte Reformierte, Unierte) sich gegen eine von Preußen und den Liberalen geforderte Mitarbeit der Laien in den Synoden wehrten. Die Einrichtung des Konsistoriums für alle drei evangelischen Bekenntnisse im Jahre 1873 führte zur Abspaltung der sogenannten hessischen "Renitenz" [Dokument 21 22, 23]. Das landesherrliche Kirchenregiment blieb bis 1918 bestehen. Das Verhältnis der katholischen Kirche zum preußischen Staat bot im nördlichen Hessen in den ersten Jahren kaum Grund zu Auseinandersetzungen. Der Kulturkampf hingegen (1872-1880) brachte besonders in Fulda erhebliche Wirren. Die Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht und der sogenannte Kanzelparagraph verursachten nicht nur bei den Katholiken große Unruhe, auch die Protestanten fühlten sich herausgefordert, da sich beide Bestimmungen sowohl gegen die evangelische wie die katholische Kirche richteten. Das Priesterseminar in Fulda wurde genauso aufgelöst wie die Schule für die angehenden Theologen, das Knabenalumnat, und verschiedene Orden [Dokument 24, 25]. Die Fuldaer Zeitung beteiligte sich intensiv an der Verteidigung des Katholizismus. Erst mit dem Amtsantritt des neuen Bischofs Georg Kopp entspannte sich die Lage.
Mit der Annektierung erwarben die Bewohner des ehemaligen Kurstaates die Möglichkeit, nach dem Zensuswahlrecht Abgeordnete in das Preußische Abgeordnetenhaus zu senden und nach allgemeinen und gleichen Wahlrecht aller Männer Abgeordnete in den Reichstag. Das Spektrum der politischen Meinungsbildung war durch eine Zeitungsvielfalt breitgestreut. Im ersten Jahrzehnt nach 1866/71 waren die National-Liberalen bei den Wahlen zum Reichstag unangefochten die stärkste Kraft; sie wurden in ihrer führenden Rolle abgelöst von den Konservativen, die in den achtziger Jahren ein Drittel der Stimmen auf sich vereinen konnten; das Zentrum blieb, mit deutlichem Gewinn während der Phase des Kulturkampfes, nahezu konstant bei 11-15 %. Die Sozialdemokratische Partei war - als eine "junge" Partei - auf dem Land und in den kleineren Städten kaum vertreten, so daß man hier die Folgen des Sozialistengesetzes vom 21.10.1878 kaum wahrnahm. Anders war es in den Orten mit einer stärkeren Arbeiterschaft; hier wurden die Anhänger beobachtet und intensiv überwacht [Dokument 26, 27, 28, 29]. Es entstanden aber früh Selbsthilfeorganisationen der Gewerkschaften [Dokument 30]. Die Einrichtungen, die in Folge der sozialen Gesetzgebung den Arbeitern zugute kamen, wirkten sich gegen Ende des Jahrhundert trotz großer Reserve der Arbeiter überall positiv aus. Mit der Wahl in Jahre 1887 trat im Regierungsbezirk Kassel erstmals eine antisemitische politische Partei an, die Otto Böckel gegründet hatte. Otto Böckel wandte sich besonders an kleinbürgerliche und kleinbäuerliche Kreise und polemisierte in seiner Zeitschrift "Reichsherold", in Reden und Broschüren gegen die Juden, die in Böckels Augen an dem Wucher auf dem Lande und der "Güterschlächterei" Schuld waren [Dokument 31, 32]. Von 1887-1903 konnte seine Partei ein Viertel der Stimmen erzielen und 4 Abgeordnete in den Reichstag entsenden [Dokument 33, 34, 35].
Auch die Bedeutung der Kultur und der Wissenschaft sollte man nicht unterschätzen: Das Musikleben in Kassel blühte besonders unter Gustav Mahler [Dokument 36], die Gemäldesammlung in Kassel erhielt einen vorbildlichen Museumsbau [siehe Dokument 12], die Malerkolonie in Willingshausen wirkte über Hessen hinaus [Dokument 37], die Marburger Universität, die zur Zeit des Kurfürstentums eine Kümmerexistenz geführt hatte, nahm einen raschen Aufschwung, die örtlichen und überregionalen Geschichtsvereine trugen wesentlich zur Erforschung der Vergangenheit bei, um nur einige Einrichtungen zu nennen. Das ehemalige Kurhessen hatte sich weitgehend mit Preußen ausgesöhnt [Dokument 38, 39]. Auch der Versuch der Frauen des wohlsituierten Bürgertums, die Bildungmöglichkeiten für Mädchen zu verbessern, in Not geratenen Frauen zu helfen und damit eine Aufgabe außerhalb der engen Grenzen der Familie zu finden, gelang in Hessen-Nassau wie anderenorts [Dokument 40, 41, 42]. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs wurde der Hohe Meißner im Nordosten des ehemaligen Kurhessen der Ort, an dem sich die Mitglieder des "Wandervogel", einer Protestbewegung gegen das nationale Pathos der Zeit, versammelten [Dokument 43].
Im Ersten Weltkrieg teilte das nördliche Hessen das Schicksal des gesamten Deutschen Reichs. Zu den allgemeinen wirtschaftlichen Poblemen und der politischen Radikalisierung [Dokument 44] kam noch hinzu, daß das Schloß Wilhelmshöhe, die Sommerresidenz des Deutschen Kaisers, im Winter 1918/ 19 das Zentrum der Demobilmachung wurde. Mit dem Zusammenbruch des Königreichs Preußen [Dokument 45, 46] gewannen auch die Stimmen an Macht, die ein einheitliches Hessen anstrebten, ein Traum, der erst am 19. September 1945 in Erfüllung gehen sollte.

Die Verkündigung der Besitzergreifung durch Preußen
Am heutigen Tage ist mit unserm hessischen Vaterlande jene große bedeutungsvolle Wandelung vor sich gegangen, welche durch das Ergebniß des deutschen Krieges von diesem Sommer bewirkt worden ist. Die vielhundertjährige Selbstständigkeit des hessen=kasselschen Landes, welches zwei Monate gleich einem eroberten Lande besetzt und verwaltet war, ist in förmlicher und feierlicher Weise zu Grabe getragen und die Gemeinschaft mit einem andern, weit größeren Staatswesen hat sich, und zwar aller Voraussicht wie aller Hoffnung nach in keiner blos vorübergehenden Weise, eröffnet. Untergegangen in seiner Selbstständigkeit ist Kurhessen für immer, untergegangen sind aber zugleich, was auch die Folgezeit bringen mag, alle die zahllosen, so lange geduldig ertragenen Leiden, die nur in einem Kleinstaat möglich sind und aus einer kleinlichen Auffassung der öffentlichen Dinge wie der Volkswohlfahrt hervorgingen. [...] Die Opfer, welche bei so großen Veränderungen unvermeidlich sind, können durch die neue Entwicklung der Dinge später reichlich ersetzt werden und das, was selbst Preußens treueste Freunde an Wünschen und Bestrebungen aufgeben müssen, wird wenigstens aufgewogen durch die Erhöhung der Fähigkeit in Weiterverfolgung der nationalen Ziele. [...]
Die feierliche Verkündigung der Besitzergreifung erfolgte heute Vormittag um 11 Uhr durch den Präsidenten Hrn. v. Moeller vom Balkon des s.g. rothen Palais aus. [...] [Er] hielt folgende Ansprache: "Meine Herren! Es vollendet sich das wichtigste Ereigniß in der Geschichte des Landes. Das hessische Volk tritt aus seinen engen Grenzen heraus, um als Glied des preußischen Volkes unter Führung der Hohenzollern größere Ziele zu verfolgen, den Ruhm und die Geschicke Preußens zu theilen. Die Tausende, welche hier versammelt sind, geben lebendiges Zeugniß, daß das Hessenvolk die unermeßliche Bedeutung dieses Ereignisses für sein Glück und seine Wohlfahrt zu erfassen und zu würdigen weiß. Mag Mancher mit Wehmuth auf den nothwendigen Untergang des Kurstaates blicken, einst werden Alle die Wandlung segnen, und die kommenden Geschlechter werden diese Zeit preisen, daß sie ihnen den deutschen Großstaat gegeben, daß sie ihnen den Grund gelegt hat zu den stolzen Glücke, Preußen zu sein, und zu der Wohlfahrt, wozu auch die Provinz unter dem weisen Scepter der Hohenzollern emporblühen wird. Die Verheißung und die Bürgschaft dieses Glückes geben die königlichen Worte der allerhöchsten Proclamation [...].
Kurfürstliche Regierung! Bl. 131
Der Schulvorstand zu Hanau berichtet:
die Verwendung schulpflichtiger Kinder
in hiesigen Fabriken betreffend.
ex officio
Seit einiger Zeit hat die Verwendung schulpflichtiger Kinder in hiesigen Fabriken, zwar außer der Schulzeit, aber doch in einem für den Schulunterricht höchst nachtheiligen Grade zugenommen, indem z. B. in der Bürgerschule II. nicht weniger als 33 Kinder sich befinden, welche, die Schulstunden abgerechnet, den ganzen Tag von Morgens 6 bis Abends 7 resp[ecti]ve 8 Uhr in Fabriken beschäftigt sind. Daß eine solche Anspannung der jugendlichen Kräfte, abgesehen von dem unmittelbaren sittlichen Schaden, auf die körperliche und geistige Entwicklung hemmend und erschlaffend wirken muß, bedarf wohl keiner weiteren Ausführung. Wir erlauben uns daher diese Sache Kurfürstlicher Regierung mit dem Antrage vorzulegen,
hochgeneigtest dahin zu wirken, daß dem Uebel auf dem Wege des Gesetzes abgeholfen werde.
Hanau, am 13. November 1864
Cassian.
[StAM Best. 16 Rep. VI. Kl. 32 Nr. 50. Akten, betreffend die zum Nachtheil der Gesundheit, der Schulbildung und der Sittlichkeit, in Fabriken beschäftigt werdenden Kinder]
An Kurfürstliches Bergamt Richelsdorfer Gebirgs
In Folge geehrten Schreibens Kurfürstlichen Bergamts vom 6.d. M. Nr. 678 B.A.Pr. habe ich mich darüber gutachtlich zu äußern, ob und welchen schädlichen Einfluß die Zerkleinerung der Kobalterze auf die Gesundheit der dabei verwendeten Kinder äußert.
Es ist mir nicht unbekannt, daß der Staub, welcher bei dem Zerkleinern der Kobalterze entsteht, gar nicht selten denjenigen, welche daran noch nicht gewöhnt sind, eine eigenthümliche Entzündung der Lippen, besonders aber der Nase verursacht, seien dies Erwachsene oder Kinder. Eine Schädlichkeit der Einwirkung dieser Beschäftigung auf den menschlichen Organismus läßt sich daher durchaus nicht leugnen. Allein diese Beschwerde geht bald vorüber, durch Gewöhnung schwindet jeder derartige schädliche Einfluß und eine ernste Folge oder gar eine Vergiftungserscheinung wichtigerer Art als die oben angeführte, ist mir nie vorgekommen, ich habe nie davon gehört oder gelesen. Ein anderer Nachtheil, der eine derartige erhaltende Beschäftigung für die Arbeiter herbeiführen könnte, durch gewisse schädliche Körperbewegungen, Körperhaltungen etc. langes Stehen, langes oder krummes Sitzen etc. kommt nicht, dagegen viel Abwechselung in der Körperhaltung vor.
Die Frage ist daher nach meinem Dafürhalten in dem Sinne zu stellen, ob die fragliche Beschäftigung für Kinder relativ schädlicher sei als für Erwachsene. Da mir aber für diese so vorliegende Frage zur Beantwortung weder eigene noch fremde Erfahrungen zu Gebote stehen, so muß ich mich auf folgendes beschränken.
Es ist nicht zu leugnen, daß im Allgemeinen Kinder viel empfänglicher gegen äußere Schädlichkeiten sind als Erwachsene, ob aber auch gegen die Fragliche, das kann nur durch Erfahrung entschieden werden, ist es aber noch nicht. Erwachsene arbeiten beim Scheide, soviel ich weiß, ganze Schichten, die Kinder dagegen nur halbe, weil sie durch die Schule abgehalten werden; Erwachsene gehen langsam und bedächtig zu und von den Scheideorten, Kinder dagegen machen sich, davon habe ich mich vielfach überzeugt, viel reichlichere Bewegungen durch Laufens und andere Spiele in der freien Luft. Angenommen nun also eine wirkliche große Schädlichkeit der fraglichen Beschäftigung für Kinder als für Erwachsene, so wird dieselbe jedenfalls im vorliegenden Fall durch die kurzen Schichten der Kinder durch deren reichlichere Bewegung im Freien und verstärkend durch den dem kindlichen Organismus eigenen viel rascheren Stoffwechsel jedenfalls wenigstens neutralisiert, und soll oder kann diese schädliche Arbeit des Zerkleinerns der Kobalterze demnach nicht auf eine den Menschen ganz unschädliche Art oder durch Maschinen etc. vollbracht werden, so halte ich dafür, daß halbe Schichten durch Kinder vollführt, nicht so schädlich sind als ganze durch Erwachsene, welche also dann nur für halbe Schichten zu engagieren sein möchten.
Um gefällige abschriftliche Mittheilung der wiederbeifolgenden 5 Anlagen darf ich Kurfürstliches Bergamt wohl ergebenst ersuchen.
Nentershausen 17. Februar 1858 | |
| Der Physikus und Bergarzt Dr. Bauer |
Gutachtliche Aeußerung des Unterzeichneten über die Frage Kurfürstlichen Bergamtes vom 11. de. M. zu Nro. 1233 /1838 O. Pr. dahin gehend:
"Ob und wie wird der Besuch der Schule durch
Verwendung schulpflichtiger Kinder bei Aufbereitung
der Kobalterze auf dem hiesigen Werke gestört?"
Wenngleich durch die Verwendung der schulpflichtigen Kinder in dem hiesigen Poch- und Waschwerken der Schulbesuch fast zur Zeit nicht gestört wird, so sind doch die Folgen, welche diese Verwendung mit sich bringt, in Bezug auf das sittliche Leben der Kinder und ihre geistige Ausbildung durchweg als sehr nachtheilig zu bezeichnen. Wenn schon das Zusammenseyn vieler Kinder auf das jugendliche Gemüth einen großen Einfluß, und zwar wie es die Erfahrung lehrt, einen nicht günstigen ausübt, wie z. B. durch böse Beispiele, verderbliche Schwätzereien und Ungezogenheiten, so ist es aber vor allen Dingen das Sichüberlassenseyn der Kinder auf dem Hin- und Herwegen, welches einen verderblichen Einfluß auf die Herzen der Kinder ausübt. Dieser kann nur dann beseitigt werden (denn die Lehrer können nicht immer zugegen seyn), wenn die zu verwendenden Kinder zur bestimmten Zeit sich versammeln und in Begleitung und unter der strengsten Aufsicht eines Aufsehers ihren Weg machen und zwar hin und zurück.
Ferner leidet durch die Verwendung der schulpflichtigen Kinder in den hiesigen Werken deren geistige Ausbildung gar sehr. Oft habe ich schon als Entschuldigungsgrund des Nichtslernens anführen hören; "Ich mußte aufs Pochwerk", daher, soll wirklich das geistige Wohl der Kinder mit dem leiblichen Hand in Hand gehen, so muß insbesondere den Eltern zur strengsten Pflicht gemacht werden, ihre Kinder, nach beendigter Arbeit in den Werken, fleißig anzuhalten, etwas zu lernen, sie nicht anders zu verwenden, wie es täglich geschieht. Dies Gebot an die Eltern könnte mit einer Drohung vom hohen Bergamte geschehn, denn hierbei würde auch die Furcht wirksam seyn.
A. Deyss Schullehrer
Richelsdorf, am 21. August 1858
Auszüge aus den Zeitungsberichten des Regierungspräsidenten in Kassel
1873, III. Quartal: Kirchliche Anlegenheiten
Am 28. Juli wurde das aus 7 Mitgliedern bestehende, neu gebildete Gesamtkonsistorium für den Regierungsbezirk Kassel durch den Herrn Unterstaatssekretär Sydow eingesetzt. Gegen diese Einsetzung ist von einer Anzahl niederhessischer und einem oberhessischen Geistlichen [...] Protest mit der Bitte um Wiederaufhebung der neuen Behörde erhoben worden. [...] Die Opponenten sind durch ein Mitglied des Konsistoriums über die Grundlosigkeit ihres Auftretens belehrt worden, haben indes nicht alle ihre betreffenden Erklärungen zurückgenommen. Gegen die renitenten Pfarrer wird, soviel bekannt, disziplinarisch eingeschritten. [...]
1874, 1. Quartal: Kirchliche Anlegenheiten
Der beharrliche Ungehorsam einer größeren Anzahl niederhessischer und eines oberhessischen Geistlichen gegen obrigkeitliche Anordnungen ist durch die definitive Entlassung sämtlicher Renitenten aus ihren Ämtern gesühnt, auch sind einige mit den Renitenten in Übereinstimmung befindliche und diese Gesinnung in ihrem dienstlichen Verhalten kundgebende Lehrer entlassen. Aus dem Kreise Marburg wird mitgeteilt, daß der Anhang der Bewohner des Kirchspiels Dreihausen an den daselbst entlassenen Pfarrer Schedtler so mächtig ist, daß, sooft sein Vertreter den Gottesdienst verrichtet, die Kirchen leer stehen, dagegen die sogenannten Betstunden des Schedtler stark besucht werden.
1874, II. Quartal: Kirchliche Anlegenheiten
[...] Der Domkaplan Helferich zu Dipperz und der Kaplan Weber zu Fulda sind wegen gesetzwidrigem Abhaltens des öffentlichen Gottesdienstes bzw. wegen unbefugter Ausübung geistlicher Amtshandlungen gerichtlich bestraft worden.
1875, I. Quartal: Kirchliche Anlegenheiten
Durch Verfügung der Herrn Minister des Innern und der geistlichen Kultus-p.p. - Angelegenheiten ist der Kaplan I. Helferich aus Dipperz wegen fortgesetzter Auflehnung gegen gesetzliche Bestimmungen der preußischen Staatsangehörigkeit verlustig erklärt worden. Diese Verfügung, durch welche zugleich die Ausweisung aus dem Reichsgebiet ausgesprochen ist, hat indes den Helferich, welcher dem Vernehmen nach - des langen Versteckthaltens müde - nach Amerika ausgewandert sein soll, nicht behändigt werden können. Am 18. Januar wurde in Gemäßheit einer Verfügung des Herrn Kultusministers das Bischöfliche Klerikalseminar in Fulda geschlossen, und wurden die Zöglinge angewiesen, dasselbe zu verlassen. [Siehe Dok. 24]
1878, III. Quartal: Öffentliche Stimmung
[...] In denjenigen Kreisen, welche entfernt von größeren Städten liegen und deren Bewohner vorzugsweise Landwirtschaft treiben, haben die verderblichen Lehren und Tendenzen der Sozialdemokratie noch keinen Boden gewonnen [...]. Anders sieht es in den Kreisen aus, in denen Städte liegen, die eine Fabrikbevölkerung in ihren Mauern nähren. [...] Vorzugsweise sind es die Städte Kassel, Hanau und Bockenheim im hiesigen Bezirk, welche den Herd bilden für die Förderung und Ausbreitung der sozialistischen Tendenzen. In jeder dieser Städte, die eine mehr oder minder große Fabrikbevölkerung besitzt, bestehen sozialdemokratische Vereine - politische und gewerbliche -, wohnen sozialdemokratische Agitatoren, die mit Geschick und unter tunlichster Vermeidung aller Handlungen, welche sie mit den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs in Konflikt bringen könnten, durch Vorträge in Vereinen und öffentlichen Versammlungen sowie durch Kolportage der sozialdemokratischen Presse das Gift der sozialdemokratischen Lehren nach allen Seiten hin ausbreiten und eifrigst bemüht sind, weitere Anhänger für ihre Lehren zu gewinnen. Im Kreise Hanau sind bereits ganze Dorfschaften durch die fortgesetzten Agitationen unterwühlt und selbst die Bauern diesen Lehren zugeführt, so daß, wenn nicht Halt geboten wird, bei den nächsten Gemeinedewahlen eine größere Anzahl von Sozialdemokraten in die Gemeindebehörden wird gewählt werden. [...]
Mit Erfolg wird der Sozialdemokratie nur durch das dem Reichstage vorgelegte Gesetz entgegengewirkt werden können. Es müssen nicht nur alle Zeitungen und sonstige Preßerzeugnisse, alle Vereine und Verbindungen, welche sozialdemokratischen, sozialistischen oder kommunistischen auf Untergrabung der Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen dienen, unterdrückt, sondern auch die Wirtschaften beseitigt werden, in denen vorzugsweise die Sozialdemokratie großgezogen wird.
1888, IX.-XI.: Öffentliche Stimmung
[...] Mit der lebhaftesten Agitation, wenn auch diesmal noch ohne Wahlerfolge, trat die antisemitische Partei in die Öffentlichkeit. Diese gewinnt, namentlich in den oberhessischen Kreisen, sichtlich an Boden. Die Art und Weise ihrer Agitation, ihre fortwährenden Wühlereien und Hetzereien sind derartige, daß sie sich hierin von den Sozialdemokraten kaum unterscheiden. Die Hauptagitatoren dieser Partei, Dr. Böckel und Dr. Winkler in Marburg, [...] sind gänzlich mittellos, aber begabte Männer, die es verstehen, die Triebe der unter dem Druck jüdischer Wucherer seufzenden Landbevölkerung zu erregen, hierbei aber nicht nur eine Hetze gegen die Juden ohne Unterschied, sondern zugleich Erbitterung gegen die Behörden und alle diejenigen, welche sich ihnen nicht anschließen, hervorrufen. Es ist zu erwarten, daß die Antisemiten zu der nächsten Reichstagswahl, bei welcher sie mehr Aussicht auf Erfolg haben, ihre Agitation in verschärfter Weise fortsetzen werden [Siehe Dok. 31 u. 32]. Zu Wahlzwecken haben die genannten Führer in neuester Zeit in den Kreisen Marburg und Kirchhain Konsum- und Bauernvereine gegründet. [...]
Der dem Reichstag zugegangene Entwurf, betreffend die Alters- und Invalidenversorgung, hat außer in den Kreisen der grundsätzlchen Opposition den besten Eindruck hervorgerufen, und wenn auch nicht allen Einzelvorschriften beigestimmt wird, so wird doch der Fortbau der sozialen Gesetzgebung auf Grund der Allerhöchsten Botschaft vom 17. November 1881 und die Verbesserung des Loses für die arbeitenden und besitzlosen Klassen mit Freuden begrüßt.
Ein Brief aus Amerika
Lenesville den 7ten Januar 1868
Lieber Bruder!
[...] für deinen Wilhelm ist es hier nichts, denn Er hat lange nichts mir [mehr] gearbeited, und Steiger kan Er her nicht werden, weil Er die Sprache nicht kann, las Ihn lieber heiraden und bei Euch bleiben; für den Schmidt ist es hier fül beser, denn die Schmidt verdienen hier fül Gelt, für den Schullerer ist es auch beser hier als bei Euch in Deutschland; in den großen Stätten werden die Schullerer gut bezahlt von 30 bis 50 Dahler den Monad, wen einer Deutsch und Englisch kan, bekomd einer noch mir [mehr], das Englische hat er balt gelerd, wen Er einen guten Kobf hat, es gieb hier Deutsch und auch Enlische Schulen und auch woh beites gedriben wird; die lebens midel sind hier auch sehr deuer, es ist in zwei Jahr keine fole Ernde gewesen; von dem Carl Wihl kan ich Dir nicht fül schreiben, den wür Wohnen 10 bis 12 [Meilen] von einander, da ich Ihn das leze mahl sah vor drei Jaher, da sagte Er mir, daß Er nicht mir bei Seiner Frau sei, sondern Ein jedes Lebe vor Sich, der grose Buhb sei bei Ihm, die ander Kinder bei Seiner Frau; wer schuld ist, weis ich nicht regt, Er oder Sie. Er sachte, das seine Frau schult sei, aber wih ich höre, so ist Er schult, Er hat seine Frau über jede kleinigkeit geschlagen, und das geht hier nicht; hier mus die Frau als Frau behandelt werden und nicht als ein Schuhlumb, wie ich es in Deutschland so oft gesehn habe, daß der Man mit der Frau mahen kan, was Er wiel; wer seine Frau in Deutschland gerne schlägt, der bleibe besser in Deutschland, hir geht das nicht oder Er hat balt keine Frau mir [...].
Du schreibst, daß es Dir ein räzel ist, daß hier einer Arm bleid, der ander Reig [reich] wird, ich dönke doch, Du hast es genug in Deutschland for Augen, wär Lügen und betrüchen kann und jeden vervordeilen wiel, daß der geschwinder reig wird, als der redlig durch die Welt geht; es ist war, daß füle Deutsche hir reig werden, ich köne edliche, die haben fül, aber sie haben Saufhäuser, und auch sonst gibst noch schlege [schlechte] Häuser [...]. Wen Du ein mahl durch die Stadt Louisville ginst, da wirds Du in manchen Strasen nichts als Werzhäuser sehn und das sind fast ale Deutsche, die die Saufhäuser haben, und ich sage Dir, es sind Teufelhäuser; da sitzen die Männer und saufen, und ihre Weiber und Kinder haben kein Broht und keine Kleider am Leib; ich habe edige gekant, die reig hier herr kamen und haben ales versofen und Sich zulezt eine Kugel vor den Kobf geschosen [...]
Herzlichen Grüse von uns allen Dein Bruder
Christian Lenz
Eine Warnung der Behörden
An
den Königlichen Wirklichen Geheimen Rath
und Ober-Präsidenten
Herrn von Möller
Exellenz
zu Cassel
Berlin, den 8. Dezember 1869
Die Kaiserliche-Königlich Oesterreichische und Ungarische Regierung will aus Notizen in den öffentlichen Blättern entnommen haben, daß in den westlichen Theilen Deutschlands, anscheinend noch vor kurzem, organisierte Unternehmungen bestanden hätten, welche junge Mädchen, zumeist unter dem Vorwande, ihnen in Amerika vortheilhafte Heirathen zu verschaffen, theils mit Wissen und Willen der betörten Eltern, theils gegen deren Willen, zur Auswanderung verlockten, um sie dann als Tanzmamsellen, namentlich in Californien, oder in öffentlichen Häusern der großen Seestädte des Ostens, der Prostitution zu opfern. Die genannte Regierung hat sich daher im gesandtschaftlichen Wege an die diesseitige Regierung mit dem Ersuchen gewandt, ihr darüber Auskunft zu ertheilen, ob diesseits verläßliche Daten über diesen Schandhandel bekannt sind, und welche Maaßregeln zu dessen Unterdrückung sich am besten bewährt hätten.
Um die erbetene Auskunft thunlichst ertheilen zu können, ersuche ich Euer Exellenz ganz ergebenst um baldgefällige Mittheilung, was in der dortigen Provinz über die in Rede stehende Angelegenheit zur Kennzniß der Behörden gelangt ist.
Der Minister des Innern
Eulenburg
[Die Regierung in Kassel erstattet daraufhin Fehlanzeige; die Regierung in Wiesbaden weiß von solchen Vorkommnissen; im Amt Usingen seien Eltern und Agenten in jüngster Zeit gerichtlich belangt worden. Doch sei es trotz einer Belohnung von 100 Gulden nicht gelungen, die Agenten zu ermitteln.]
Karl Dern, der Sohn des Marburger Lohgerbers Jacob Dern, gibt in einem Brief vom 22.12.1890 ein ernüchterndes Bild von Amerika.
Ein Brief aus Amerika nach Marburg an die Tante
Sheboygan Wisconsin Dec. 22. 1890
Werthe Tante!
Ich habe schon drei mal in den letzten 9 Jahren geschrieben, habe aber niemals eine Antwort darauf bekommen, nun weis ich nicht sind die Briefe angekommen oder nicht [...]. Ich denke gar oft an die Alte Heimath, und spreche öfters mit meiner Frau von vergangene Tage, welche ich in der Jugend da verlebt habe, ich kann es niemals vergeßen. Ich bin seit 9 Jahren verheiratet, habe 3 Kinder am Leben, und eins gestorben. Zwei Jungens und ein Mädchen. Der eine Junge ist 8 Jahre, der andere 6 und das Mädchen zur Zeit ich dies niederschreibe 6 Wochen alt. Der Name des Ältesten ist Arthur und des anderen Roland, die kleine ist noch nicht getauft, alle munter u. gesund. Ich bin hier in einer Lederhandlung beschäftigt.
Vater und die anderen Geschwister sind in Milwaukee 52 Englische Meilen südlich von hier. Mutter ist seit zwei Jahren Tod. [...]
Im allgemeinen geht es uns soweit gut, wir haben gute u. schlechte Zeiten durchgemacht. Wer in diesem Lande etwas verdienen will, muß arbeiten sonst hat er nichts. Von den vielen Gesprächen in Deutschland, daß man hierzulande viel verdient ist es lange nicht so wie die Leute es draußen denken. Wenn einer hier etwas verdienen will dann muß er hart arbeiten. Denn es ist nicht alles Gold was glänzt. Denn die Zeiten sind nicht mehr so wie sie früher waren. Denn die großen Geschäfte machen die kleinen einen nach dem anderen Kaputt, es ist ein gewißes Raubsißdem [Raubsystem] hier zu lande, der kleine Geschäftsmann kann sich nicht länger mehr halten denn die großen sitzen auf ihn. [...]
Achtungsvoll
Dein Neffe Karl D. Dern
Die Annexion durch Preußen fand jedoch nicht in allen Kreisen volle Zustimmung. Der Kopf der politischen und religiösen Renitenz war Wilhelm Vilmar (1804-1884), der als Metropolitan 1868 suspendiert und 1873 amtsenthoben wurde. Den vorliegenden Brief schrieb er an den ehemaligen kurhessischen Minister Friedrich Scheffer.
In Scheffers Nachlaß finden sich außerdem die abgedruckten "Gedanken über die Machtpolitik Preußens".
Meinungen der Renitenz
Melsungen, am 7. Februar 1871
Hochverehrtester Herr Minister!
Wird es denn noch ein Plätzchen in Hessen geben, wo wir sagen können - dürfen -: Wir sind Hessen und bleiben Hessen und behaupten das Erbe, das wir von den Vätern überkommen haben? Fast scheint es nicht so - es wird immer dunkler - alle Sterne gehen unter. Das Volk schläft und schnarcht oder ist bereits gestorben, nur die Eulen heulen, und die wilden Thiere gehen auf Raub aus, - und die Priester beten falsche Götter an, die neuen Götter, welche ihnen der große Gott Erfolg auf die Altäre setzt.
Und dennoch mitten in dieser dunkelsten Mitternachtsstunde des hessischen Volkes, unter diesen unleugbaren, alles zerschmetternden Gerichten Gottes, mitten in diesem ungeheuren wie ein dicker Nebel alle Wahrheiten verhüllenden und nur verschwindende Gaukelbilder schaffenden Schwindel, der sich um den großen Göttersitz Erfolg sammelt, wagt ein bereits aus dem Heiligtum Gottes Vertriebener, dem es nicht mehr gestattet ist, an dem Altare des Gottes seiner Väter die von Gott ihm anvertraute Gemeinde zu versammeln, [...] dennoch wagt ein solcher im Glauben an den lebendigen Gott, [...] nicht nur auszuhalten und zu beharren bis ans Ende, sondern auch die Fahne des Glaubens neu aufzupflanzen, in der zuversichtlichen Gewißheit, die hessische Kirche und mit ihr alles, was zum wahren Hessenthum gehört, geht nicht unter, sondern steigt nur aus dieser Nacht mit neuer Verklärung hervor. [...]
So war es mir denn eine große Freude, daß Sie sich durch die mir übersandte Gabe factisch zu unserm Missionshause bekannt haben. Ich lebe des festen Glaubens, daß Gott mit uns ist und daß sich an diesem Unternehmen die Lichtstrahlen sammeln, welche seit länger als 40 Jahren auch über das Hessenland ausgegossen wurden und das Volk aus seinem langen Todesschlaf aufweckten, so daß nichts umsonst war und nichts verloren geht, was in dieser Zeit geschehen ist. [...]
[Der ehemalige kurhessische Minister Friedrich Scheffer machte sich um 1875 Gedanken über die Machtpolitik Preußens:]
[...] Die Ideen und Grundsätze Friedrichs (des Großen) und Voltaires waren nichts als freimauerische, Absolutismus und Liberalismus verquickende, und von ihnen ist das Preußenthum in fortschreitender Potenz so durchdrungen und von der Masse der Gleichgesinnten in Deutschland so eingesogen worden, daß nicht eine Verdeutschung Preußens, sondern eine Verpreußung Deutschlands, ein absolutistisch-liberalisierendes Regiment sich vollzieht. Wo die Gottesgebote keine Geltung mehr haben, wo göttliches und menschliches Recht mit Gewalt unterdrückt oder wegkortiert wird, da regiert weder im Innern noch nach Außen das fundamentum regnorum, die Gerechtigkeit, welche allein ein Volk erhöhet. [...] Jedem sein Recht im Weltlichen wie im Kirchlichen! Wo ist davon im neudeutschen Reich die Rede? Militarismus, Bureaukratismus, Industrialismus und Unionismus! [...]Die Gleichheit, wenn nicht relativ gefaßt, ist der Tod des Rechts und der Freiheit und ebenso die rücksichtslose Einheit. [...] Wir stehen hier vor den Thatsachen des Freihandels, des Bruchs von Staatsverträgen, der Annexion, des allgemeinen Stimmrechts, des Militarismus und einer Menge von liberalen thatsächlichen Schöpfungen auf politischem, kirchlichem, socialem und wirthschaftlichem Gebiete und klagen über den moralischen und materiellen Niedergang und Verfall, der nicht mehr zu verdecken ist. [...]
Die Aufhebung des katholischen Knaben Seminars zu Fulda von Seiten des Staates
Cassel, den 2ten August 1873
Der Herr Bischof Kött zu Fulda hat unter principiellem Widerstand gegen die Ausführung des Gesetzes vom 11 . Mai d.J. über die Ausbildung und Anstellung der Geistlichen es abgelehnt, die durch § 9 des allegirten Gesetzes angeordnete Staatsaufsicht über das Clericale = Seminar zu Fulda und das damit verbundene Knaben = Seminar anzuerkennen, und die zur Uebung jener Aufsicht geforderten Mittheilungen zu machen. Ebenso hat der Regens jener Anstalten den von dem Herrn Ober=Präsidenten zu einer Revision abgesendeten Commissarien in gleicher Weise seine Mitwirkung zur Ausführung dieser Revision und diejenigen Mittheilungen verweigert, welche von den Commissarien gefordert wurden. Auf Grund des § 13 des allegirten Gesetzes hat deshalb der Herr Minister der geistlichen Unterrichts= und Medizinal= Angelegenheiten durch Erlaß vom 23. d. MTS G. 28817 den Herrn Ober= Präsidenten ermächtigt
1. die Einbehaltung des den genannten Anstalten gewidmeten Staatsmittel und
2. die Schließung der mit dem Clerical=Seminar verbundenen Knaben Seminars,
bis dahier zu verfügen, daß der Herr Bischof von Fulda resp. die Vorsteher dieser Anstalten sich bedingungslos den Vorschriften der § 9 ff. des Gesetzes vom 11. Mai f 1872] und den auf Grund derselben von den Staatsbehörden getroffenen Anordnungen unterwerfen.
Der Herr Ober=Präsident hat demgemäs verfügt, daß die aus Staatsmitteln seither gewährten Unterhaltungssummen für das Priester= Seminar zu Fulda fernerhin bis zu anderweiter Verfügung nicht mehr gezahlt werden.
Sodann hat der Herr Ober= Präsident auf Grund der gedachten Ermächtigung die Schließung des mit dem Clerical = Seminar verbundenen Knaben= Seminars ausgesprochen, dabei aber, um den Zöglingen desselben es möglich zu machen, rechtzeitig und ohne störende Unterbrechung in ihrem Bildungsgange an öffentliche Unterrichts= Anstalten überzugehen, den Zeitpunkt für die Schließung auf die Beendigung des laufenden Unterrichts = Semesters, spätestens jedoch dem 1ten Oktober d.J. festgesetzt.
Während wir wegen der Einstellung der verwähnten Zahlungen das Nöthige alsbald verfügen werden, beauftragen wir Ew. Hochwohlgeboren mit der Ausführung der Anordnung wegen der Schließung des Knabenseminars.
Den Eltern und gesetzlichen Vertretern der Zöglinge ist von den bevorstehenden Schlusse der Anstalt zeitig Kenntniß zu geben, damit sie für anderweiten Unterricht Sorge tragen können.
Von der vollzogenen Schließung der Knaben =Seminars, deren Anordnung der Herr Ober =Präsident dem Herrn Bischof zu Fulda, sowie dem Regens des Seminars mitgetheilt hat, wollen Ew. Hochwohlgeboren uns demnächst Anzeige machen.
| Königliche Regierung Abtheilung für Kirche= und Schulsachen. [Unterschrift] |
An den Königlichen Landrath Herrn Cornelius Hochwohlgeborn zu Fulda B. 7282 | |
[Der Bürgermeister Müller mußte die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten der von der Schließung betroffenen Schüler benachrichtigen und dies dem königlichen Landratsamt zu Fulda für jeden einzelnen Fall anzeigen. Hier ein Beispiel:]
J. N. 9826
Hofbieber am 23ten August 1873
Auf das Schreiben Königlichen Landrathsamtes J. Nr. 9493 betreffend die Schließung des Knaben = Clerical = Seminars.
Den Eltern b.z.w. der Mutter, und dem Onkel des Damian Schmitt, ist von dem Schluße der Anstalt Kenntniß gegeben, wovon ich hirdurch die Anzeige mache.
| Müller Bürgermeister |
An Königliches Landrathsamt zu Fulda | |
Zu den aufgelösten Klöstern gehörte auch das Franziskanerkloster Frauenberg zu Fulda. Viele der Mönche wanderten nach Amerika aus, manche versuchten unerkannt ihre verwaisten Gemeinden zu betreuen. Die vorliegenden Schreiben aus Großenlüder und Fulda zeigen, wie genau die Gendamerie zu observieren versuchte.
Acta Gendarmerie =Brigade, N. 13274
Fulda Offiziers=District, Fuldaer Bezirk Grossenlüder, den 15ten November 1875
An den Königlichen Landrath des Fuldaer Kreises Herrn Cornelius Hochwohlgeborn zu Fulda
Euer Hochwohlgeboren melde ich gehorsamst folgendes:
In der Gemeinde Müs wurde schon seit langer Zeit der Sonn und Festtägige Gottesdienst durch einen Pater des Klosters Frauenberg bei Fulda abgehalten und ist dieser Dienst seit letzter Zeit durch Pater Jacob aus genanntem Kloster versehen worden. Pater Jacob ist nun bereits schon seit etwa 6 bis 8 Wochen nach Palästina gereist und hat somit die Gemeinde Müs von dieser Zeit ab an Sonn = und Festtagen keinen Gottesdienst mehr in Müs gehabt, mußte vielmehr demselben in ihrer Pfarrkirche zu Großenlüder beiwohnen.
Vom 1. d. M. ab hält nun wieder Pater Hilarius, früher am Frauenberge, zuletzt im Kloster zu Salmünster, nunmehr in Fulda bei seiner Schwester (:deren Namen ich bis jetzt nicht ermitteln konnte:) wohnhaft, an Sonn= und Festtagen Gottesdienst in Müs. Derselbe trägt jedoch nicht mehr seine Ordens = sondern Civilkleider, kommt Sonnabend Nachmittags in Müs an und reist Sonntags nach beendigtem Gottesdienste wieder nach Fulda ab.
Euer Hochwohlgeboren bitte ich dieserhalb um weitere Verhaltungsbefehle, ob Hilarius Gottesdienst in Müs abhalten darf oder nicht.
Schäfer, Fuß= Gendarm
[Als ein Strafverfahren eingeleitet werden sollte, da den Franziskanern die Berechtigung entzogen worden war, Gottesdienst abzuhalten, setzte sich der Ortsvorstand Reinhardt aus Müs mit Erfolg für Aussetzung der Strafverfolgung ein. Das Kgl. Landratsamt Fulda bat nun die Kgl. Polizeianwaltschaft für Großenlüder um Zusendung der Akten. Daraus daß Fulda in 10 gleichlautenden Briefen die Polizei auffordern mußte, läßt sich schließen, daß die Polizeibehörde bei einer Strafverfolgung bleiben möchte.]
Fulda, den 31 . Januar 1876
Insofern die Untersuchung wider den vorhinnigen Franziskaner = Mönch Pater Hilarius wegen unbefugter Ausübung von Amtshandlungen beendigt ist, bitte ich um gefällige Mittheilung der Untersuchungsakten, anderen Falles um Auskunft über den dermaligen Stand der Sache.
An Königliche Polizeianwaltschaft Der Königliche Landrath.
für Grossenlüder, Hier.
Der spätere Reichskanzler Philipp Scheidemann berichtet in seinen Memoiren von den Anfängen seiner Partei in Marburg.
Auszug aus den Memoiren von Philipp Scheidemann
Da keinerlei sozialdemokratische Organisation in Marburg bestand, gründete ich mit einigen Genossen sofort einen Klub unter dem harmlosen Namen "Gemütlichkeit". Unter diesem Namen, so kalkulierten wir, würde die Polizei Staatsgefährliches nicht vermuten. Von diesem Verein aus besorgten wir alle Parteiarbeit, schrieben und vertrieben Flugblätter und agitierten in unserer Weise auch Sonntags in der Umgebeung. Die Polizei hatte schließlich unserer "Gemütlichleit" gegenüber doch Verdacht geschöpft, so daß sie unsere regelmäßig stattfindenden Versammlungen durch einen Schutzmann überwachen ließ. Dieser Schutzmann, ein Berliner namens Schulze, dessen Kinderzahl, wie ganz Marburg wußte, enorm war, kannte jeden von uns, denn er verkehrte täglich in unserer Stammkneipe bei Konrad Müller am Hirschberg. Natürlich wußte er bald, was bei uns los war, nahm aber eine wohlwollende Neutralität ein und bemerkte nichts. Als wir eines Abends einen Artikel der "Neuen Zeit" besprochen hatten, war er eingeschlafen - übrigens kein Wunder. Als er gegen Mitternacht aufwachte und ein schwindsüchtiger Schneider allerlei über Hegelsche Philosophie sprach, schlug der Schutzmann Schulze mit der Faust auf den Tisch und fragte, ob mit dem Quatsch immer noch nicht Schluß gemacht würde; wenn wir nicht bald zum Gemütlichen übergingen, gehe er weg. Natürlich gingen wir sofort zum gemütlichen Teile über. Schulze blieb und spielte mit dem Hegelschen Philosophen Skat. [...]
In Marburg war ich bis zum Fall des Sozialistengesetzes Vorsitzender des erwähnten politischen Klubs und, bis zu meiner Abreise nach Gießen, auch Bezirksvorsteher des Verbandes der deutschen Buchdrucker und zweiter Vorsitzender der Allgemeinen Ortskrankenkasse. Das war damals etwas! Viel Arbeit bereiteten mir diese Ämter nicht, so daß ich mich mit Eifer meinen Studien hingeben konnte. Ich studierte namentlich Volkswirtschaft und Geschichte. Nebenher schrieb ich für sozialdemokratische Blätter, ständig für das unter meiner Mitwirkung in Kassel neu gegründete "Volksblatt". Auch die "Hessische Landeszeitung" druckte manchen Beitrag von mir. Mein Chef ließ mir jegliche Freiheit, auch im Betrieb, den ich leitete. Er hatte sich überzeugt, daß er mit mir und den Kollegen, die treu zu mir standen, nicht schlecht fuhr. Als es schließlich der Beredsamkeit des damaligen Gießener Gymnasiallehrers Dr. Eduard David, der sich offen zur Sozialdemokratie bekannte, gelungen war, mich zur Übernahme der Redaktion der von ihm gegründeten "Mitteldeutschen Sonntags-Zeitung" breit zu schlagen, und ich meinem Chef mitteilte, daß ich Marburg verlassen wollte, um mich mit Haut und Haaren meiner Partei zur Verfügung zu stellen, da hat er, der Mitglied der Nationalliberalen Partei war, tatsächlich bitterlich geweint.
Festnahme der Personen, die am Aufstand der Commune in Paris teilgenommen haben
Nro. 1750 Berlin, den 12. Juni 1871
Nach Mittheilung aus Frankreich ist es wahrscheinlich, daß eine Anzahl von Mitgliedern der Anhänger der Commune und von Theilnehmern an den letzten Ereignissen in Paris Preußisches Gebiet betreten und namentlich in Posen Unterkunft suchen werden. Was die Behandlung der in jene Kategorie gehörenden Personen betrifft, so wird gegen diejenigen, welche Preußen angehören und denen daher der Schutz der Preußischen Verfassung und Gesetze gewährt werden muß, nur auf gerichtlichem Wege vorgegangen werden können, sobald etwas gegen sie vorliegt. Dagegen werden alle bei den Pariser Ereignissen betheiligten Personen, welche nicht Preußische Staatsangehörige sind, und denen dieser Schutz daher nicht zur Seite steht, sobald sie sich auf Preußischem Boden zeigen, zu verhaften sein, um sich einstweilen ihrer Person zu versichern, und eventuell die Frage der Auslieferung an ihre zuständigen Behörden zu erwägen.
Die Königliche Regierung veranlasse ich, in vorkommenden Fällen hiernach zu verfahren und die Ihr untergeordneten Behörden resp. Beamten schleunigst mit entsprechenden Anweisungen zu versehen.
| Der Minister des Innern gez. Eulenburg |
An die Königliche Regierung zu Cassel II. 4330 | |
(StAM Best. 180 LA Marburg Nr. 162. Revolutionäre Umtriebe, Volksversammlungen, öffentliche Aufzüge sowie das Vereinswesen betr. von 1854-1871)
Unmittelbare Folgen des sogenannten Sozialistengesetzes
Der Königliche Polizei-Director Journ. No. 18,443/78 | Cassel, den 26. October 1878 |
Betrifft
Maßnahme gegen die Socialdemokratische Bewegung
Um die hiesigen Socialdemokraten möglichst rechtzeitig erkennen zu lassen, daß auch hier die möglichst entschiedene loyale Ausführung des Reichsgesetzes vom 21. October [1878] beabsichtigt ist, habe ich vorerst - bis zu Eingang höherer Verfügung - von den mir selbst aus dem erwähnten Gesetze zuständigen Befugnissen Gebrauch gemacht und heute
1. auf Grund des § 9, 2 und § 10 eine von dem Sozialdemokratischen hiesigen Agitator Pfannkuch angezeigte, in dem Socialdemokratischen Merbach'schen Lokale abzuhaltende Versammlung von "Arbeitern" im Voraus verboten;
2. auf Grund des Paragr. 15 alle in hiesigen öffentlichen Lokalen ausliegenden anerkannt Socialdemokratischen Druckschriften in Beschlag nehmen lassen. dieselben den nach dem Orte des Erscheinens zuständigen Landespolizeibehörden sofort übersandt und deren Verbot unter Erstreckung desselben auf das fernere Erscheinen nach Maßgabe der Paragraphen 11 und 12 des erwähnten Gesetzes beantragt. Hinsichts des in circa 700 Exemplaren hier vertriebenen "Hessischen Volksblatts" habe ich in dieser Beziehung auch Königlichem Präsidio heute bereits besonders berichtet.
Es wurden in 15 hiesigen Schankwirtschaften in Beschlag genommen:
58 Exemplare des "Hessischen Volksblatts" Verlag [...] in Dortmund Expedition in Cassel
10 Exemplare des "Vorwärts". Erscheint in Leipzig
4 Exemplare der "Neue Welt". Erscheint ebenfalls in Leipzig
20 Exemplare des "Hamburg-Altonaer Volksblatts". Erscheint in Hamburg
2 Exemplare des "Weckers". Erscheint in Gotha.
1 Exemplar des "Parisers". Erscheint in Braunschweig
Die übrigen hier von Socialdemokraten gehaltenen Socialdemokratischen Blätter: "Correspondent" und "Fortschritt", beide in Leipzig - "Rundschau" und "Pionier", beide in Hamburg - und "Botschafter", in Berlin erschienen, wurden in den öffentlichen Localen nicht vorgefunden.
Den Beschluß hinsichtlich des hiesigen Socialdemokratischen Arbeiter-Wahl-Vereins und der hiesigen Socialdemokratischen Gewerkschaften auf Grund der Paragraphen 1 und 6 des Gesetzes habe ich ganz gehorsam anheimzustellen.
Der Königliche Polizei-Director
Weitz
Wie überall in Deutschland versuchten auch in Marburg die Arbeiter einen "Arbeiterkrankenunterstützungsverein" zu gründen. Die Behörde entsprach dem Antrag.
Selbsthilfe der Arbeiter
An die königliche Polizeidirection P. Nro 2062
zu Marburg
Gesuch der Arbeiter Marburgs
um Genehmigung beifolgenden
Statutenentwurfs
behufs Bildung eines Vereins
zur Unterstützung erkrankter Arbeiter
In Erwägung, daß der Mensch krank werden kann, haben sich verschiedenen Arbeiter koalirt zur Gründung eines Arbeiterkrankenunterstützungsvereins, beifolgenden Statutenentwurf angefertigt und unterbreiten selbigen der königlichen Polizeidirection zur Durchsicht und Genehmigung. Mit der Bitte um Sanktionirung der Statutvorlage
Marburg, 4. Juli 1872 | zeichnet respectvoll das Comité I.A. F. H. Barst in Arbeit bei C. Baum, Schreiner |
[Der Spielwarenfabrikant Adolph Weber wird gebeten, Stellung zu dem Arbeiterkrankenunterstützungsverein in seiner Firma zu nehmen; er antwortet am 21. Juni 1873:]
Sr. Wohlgeboren Marburg 21. Juni 1873Herrn Polizeicommissar Wohlrabe hier
Auf Ihre gefl. Anfrage beehre ich mich zu erwidern, daß
ad 1. Zahl der Mitglieder der Krankenkasse meiner Fabrik jetzt 36 Mann
ad 2. Bestand des Kapitals = nur noch Geschenk von mir
bei der Stiftung angelegt bei der städt. Sparkasse 50,-
NB Zur Deckung eines kleinen Defizits soll demnächst
eine kleine Erhöhung des Beitrags stattfinden.
ad 3. Aenderung der Statuten sind unverändert geblieben
ad 4. Unfallversicherung etc. Eine solche bin ich bis jetzt
nicht eingegangen, glücklicherweise hat nie irgend ein Unfall in meiner Fabrik statt-
gefunden - auch nicht bei Bauten.
Die Verhältnisse wie vorstehend detaillirt vorliegen.
Hochachtungsvoll
Adolph Weber
(StAM Best. 180 LA. Marburg Nr. 36. Acten Revolutionäre Umtriebe, Volksversammlungen, öffentliche Aufzüge sowie das Vereinswesen betreffend. Vom Januar 1865 an (II. 1865-77))
Auszug aus Otto Böckels Rede "Die Juden, die Könige unserer Zeit"
[...] Die Judenfrage steht über den politischen Parteien; sie ist eine nationale Frage, die jeden Deutschen ohne Unterschied der Confession und der Parteirichtung berührt. Ob konservativ, liberal, fortschrittlich oder ultramontan, alle sind sie von den Juden bedroht. Es ist ein großer Fehler der antisemitischen Bewegung gewesen, daß sie sich in das Fahrwasser der Parteien hat herabziehen lassen: von dem Tage, wo der Antisemitismus in's Schlepptau der Conservativen gerieth, datirt der von den Juden so oft vorgeführte Rückgang der antisemitischen Bewegung. - Diesen Fehler müssen wir heute gut machen, wir müssen den Antisemitismus frei von jeder Parteirichtung predigen; jeder Deutsche ist bei der Judenfrage interessirt, nur durch Mitwirkung von Männern aller Parteien kann sie gesetzlich gelöst werden.
Man hat viel darüber gestritten, wie eine Lösung der Judenfrage zu denken sei. Nun, mit einem Schlage werden solche brennenden Fragen überhaupt nicht gelöst. Aber der Weg zur Lösung ist deßhalb doch recht wohl findbar. Jede Lösung der Judenfrage muß damit beginnen, daß staatsrechtlich in die Verfassung anerkannt wird: Es giebt in Deutschland zwei verschiedene Nationen: Deutsche und Juden; erstere sind die Herren des Landes, letztere sind Gäste, die zwar das Gastrecht, niemals aber das Recht der Herren besitzen dürfen. (Brausender Beifall)
[...] Der Schlüssel zur Judenfrage liegt in dem Umstand, daß die Juden eine fremde Race sind, die anders denkt, anders fühlt, anders handelt, als wir und in Folge dessen ganz naturgemäß auf anderen gesetzlichen Boden gestellt werden muß. Ueber den Begriff der Race kommen wir mit aller "Hummanität" nicht hinaus; Blut ist kein Wasser, Völker und Staatsmänner, die nicht mit den in der Natur begründeten Raceverhältnissen rechnen, gehen an diesem Mißverständniß zu Grunde.
Ein solches Mißverständniß war die Judenemancipation. Man glaubte stillschweigend annehmen zu können, daß ein Jude ein Deutscher sei oder werden könne. Man ordnete die staatsmännische Klugheit und Vorsicht allgemeinen Betrachtungen unter und schuf auf diese Weise traurige Verhältnisse, die ein kluger Politiker voraussehen konnte. War doch selbst der sehr freisinnige Volkstribun Hecker ein Gegner der Judenemancipation, die er für ein Unding erklärte! Wir haben heute an dem Fehler der Judenemancipation schwer zu tragen. [...]
Im Parlament muß die Judenfrage immer und immer wieder diskutirt werden, bis das ganze deutsche Volk die Aufhebung der Emancipation nicht mehr als "Intoleranz", als "Verfolgungswahn", sondern als zwingende Nothwendigkeit zur eigenen Rettung ansehen lernt. Wir in Hessen werden vorangehen; bei der Reichstagswahl im Herbst 1887 werden wir in 7 Wahlkreisen reine und unverfälschte Antisemiten aufstellen. Gottlob, wir sind nicht ohne Aussicht. Wir müssen und werden in einigen Kreisen durchberchen. (Brausender Beifall) Unterstützen Sie in Berlin uns bei diesem schweren Kampf für's Vaterland. (Jubelnde allseitige Zustimmung) Wenn wir in Hessen gesiegt haben, dann kommt auch die Befreiung Berlins vom Judenjoche an die Reihe. (Allgemeiner Beifall) Lassen Sie mich zum Abschied Ihnen noch die Versicherung zurufen, daß wir in Hessen nicht wanken und die Fahne hochhalten werden. (Beifall) Stehen auch Sie in Berlin einig zusammen, unsere Sache ist noch nicht verloren, nur seien Sie einig, einig. (Minutenlang andauernder Beifall. Brausende Hochrufe)
Aus der Schrift zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum des Frauenbildungsvereins zu Cassel
[...] Es ist mir vergönnt, noch einen kurzen Bericht über die drei Anstalten des Frauenbildungsvereins zu geben. Der Fachschule, als der ältesten Tochter, gebührt der Vorrang. Wie die Zahl der Schülerinnen zu Anfang eine beschränkte war, so auch die der Unterrichtsfächer: Weißnähen, Buchführung, französische Sprache, Zeichnen. Aber schon im nächsten Jahr erweiterte sich deren Zahl, und heute stehen den anfänglichen vier Lehrgegenständen sechzehn gegenüber. Mit Stolz darf die Schule auf die im Laufe der fünfundzwanzig Jahre erzielten Erfolge blicken. Tausend junge Mädchen haben hier die Ausbildung genossen. Viele sind dadurch befähigt worden, sich selbst eine Stellung zu gründen, die ihnen den Lebensunterhalt gewährt; einer großen Anzahl ist es vergönnt, im eigenen Haushalt oder in dem der Angehörigen diese Ausbildung zu verwerten. [...]
Am 1. Dezember 1886 wurde die zweite Gründung des Vereins, der Kinderhort, ein Heim für schulpflichtige Töchter armer Witwen, eröffnet. [...] "Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht" -, dieses schöne Wort findet hier seine Bethätigung. Und wie sind sie oft gekommen; hohläugig und abgezehrt, verwahrlost am Körper und im Gemüt. Wahrlich, nicht immer eine leichte Aufgabe für diejenigen, deren Obhut sie anvertraut werden. [...] Und viele Freunde hat sich der Kinderhort bereits erworben. Neben den Gaben gütiger Kinderfreude empfängt er die Unterstützung der städtischen Behörden, die sich überhaupt allen Unternehmungen des Vereins stets gewogen gezeigt haben [...]. Anfangs wurde der Kinderhort von 22 Kindern besucht; [...] heute umfaßt er 90 Schülerinnen, die in den hellen, luftigen Zimmern, dem geräumigen Hof sich äußerst wohl fühlen.
Die Eröffnung der dritten Anstalt unseres Vereins, der Kochschule, fand am 2. Oktober 1887 statt. Mit ihr sollte einem Mangel Abhülfe geschafft werden, welcher in der häufig so ungenügenden Ausbildung junger Mädchen in Küche und Haus besteht. Denn es ist eine nicht wegzuleugnende Thatsache, daß oft gerade die sogenannten besten Hausfrauen sehr wenig die Gabe besitzen, ihre Fähigkeiten auf ihre Töchter zu übertragen. Und hier soll jungen Mädchen und Frauen zugleich theoretische und praktische Unterweisung zu teil werden. [...] Außer den regelmäßigen Kochkursen der I. und II. Abteilung finden jährlich auch Kurse im Garnieren und Einmachen statt, die zahlreich besucht werden. [...]
Außer den genannten Schulen befindet sich in dem Vereinshaus noch ein Heim für solche, die sich in den verschiedenen Anstalten des Vereins und in der Klasse für hauswirtschaftlichen Unterricht zu Lehrerinnen ausbilden wollen, und sind in dem Heim seit dem 1. Juli alle Räume besetzt.
Auf Anregung des Staates sollen Kurse für Handarbeitslehrerinnen auf dem Lande neuerdings eingerichtet werden, und auch Turnlehrerinnen finden jetzt durch den Verein ihre Ausbildung.
Hinrich Jantzen, eine der entscheidenden Persönlichkeiten der Jugendbewegung "Der Wandervogel", beschreibt in dem vorliegenden Auszug aus seinen Memoiren die "Entstehung" der Jugendburg Ludwigstein.
Hinrich Jantzen berichtet aus der Geschichte des Ludwigsteins.
Fast vierzig Jahre war der Ludwigstein unbewohnt. 1870 verließ der letzte Ackervogt die Burg. Seitdem war sie verlassen und dem Verfall preisgegeben. 1908 entdeckte sie Enno Narten. Er erweckte sie später aus ihrem langen Dornröschenschlaf und baute sie aus zu der heutigen Jugendburg Ludwigstein. Er selbst berichtet über die abenteuerliche Entdeckung:
"Es war Pfingsten 1908. Eine geologische Exkursion der Technischen Hochschule Hannover hatte uns zum Hanstein geführt. Professor Dr. Hans Stille wies zum Ludwigstein und meinte dann, zu mir gewandt: Narten, das wäre doch etwas für Sie und Ihren Wandervogel, so eine verlassene Burg!"
Diese Worte gingen mir unentwegt im Kopf herum. Als die Exkursion in Hannoversch-Münden beendet war, machte ich mich allein auf den Weg zum Ludwigstein. Mit List und Tücke und mit einigen Klimmzügen gelang es mir, durch das Fenster der sogenannten Steinkammer in den Hof zu kommen. Aber welch trauriges Bild bot sich mir da! Kein Fenster, keine Tür war vorhanden. In manchen Räumen gab es nur noch Spuren des ehemaligen Gipsestrichs, in anderen sah man durch die verfaulten Balken der Decke und durch das löcherige Dach bis in den blauen Himmel. Ratten huschten lautlos über den Hof und durch die Keller. Im Hof und sogar in einigen Räumen des Erdgeschosses wucherte Gestrüpp.
Aber ich sagte mir, das alles würde man im Laufe der Zeit wieder in Ordnung bekommen können, wenn - ja wenn alle zupacken und mithelfen wollten. Alle? Ich dachte damals an die rund fünfhundert Wandervögel, die es in Deutschland gab. Die Bundesleitung des Alt-Wandervogels, deren Sitz damals im benachbarten Göttingen war, lehnte meinen Vorschlag, die Burg von der Kasseler Regierung zu erwerben, rundweg ab. Gründe: Mangel an Vermögen und ungeheuere Baukosten. Eigentlich war die Ablehnung ein Glück. Denn als wir bald darauf alle als Kriegsfreiwillige zu den Fahnen eilten, da hatten wir andere und wichtigere Sorgen, als eine verfallene Burg zu erwerben und auszubauen. Leider erreichten uns schon bald in der Heimat, wo wir ausgebildet wurden, die Nachricht, daß dieser und jener, mit dem wir noch vor wenigen Wochen durch die Lande gefahren waren, gesungen und getanzt hatten, für immer von uns gegangen war. Wie dann alles kam, weiß ich heute nicht mehr genau. Aber auf einmal - ich war inzwischen schon in Westfrankreich im Einsatz -, da wußte ich: Der Ludwigstein muß das Erinnerungsmal für unsere gefallenen Freunde werden, koste es, was es wolle! Der Gedanke verfolgte mich - im Unterstand durch Flandern, bei Angriffen und in Ruhestellung.
Der Zufall wollte es, daß wir Weihnachten 1914 in St. Quentin lagen und daß ich dort etliche Wandervogelfreunde traf. [...] Als wir sieben uns am Heiligabend 1914 in der Wohnung des Curés der Kathedrale von St. Quentin, bei dem zwei von uns im Quartier lagen, trafen, da erzählte ich den Freunden vom Ludwigstein und von meinem Plan. Begeisterte Zustimmung! Als wir uns spätabends trennten und zum Abschied die Hand reichten, war es wie ein heiliger Schwur: Der Gedanke sollte unaufhörlich weitergetragen werden in Ost und West, auf dem Lande und bei der Marine. Die sechs Getreuen haben Wort gehalten.
Auszüge aus den Zeitungsberichten des Regierungspräsidenten in Kassel an Seine Majestät in Berlin
Kassel, den 25. Januar 1917
Der Ausbruch des Weltkrieges im Jahr 1914 traf die Bevölkerung des Bezirks mitten in den Sommerferien unvorbereitet. Denn die Sorgen der auswärtigen Politik liegen der großen Menge im ganzen fern und bleiben ihr verborgen, so daß wohl nur die höheren, politisch geschulten Kreise an die Möglichkeit eines Krieges gegen drei Großmächte gedacht hatten. Als aber die Mobilmachung am 1. August befohlen wurde, da ging ein gewaltiges Brausen durch das Volk in allen seinen Schichten, und ein Wille beherrschte alle Kreise, den ungerechten Angriff abzuschlagen, die Feinde zu besiegen und kein Opfer zu scheuen. Vornehmlich zu dieser leidenschaftlichen Aufwallung der Vaterlandsliebe trug die Überzeugung bei, daß unsere Politik stets auf die Erhaltung des Friedens gerichtet gewesen und nicht auf Eroberungen ausgegangen war. Dies gibt dem Volk auch heute noch die Kraft, Übermenschliches zu leisten und alle Opfer auf sich zu nehmen.
Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges meldeten sich unendlich viele alte Soldaten zum Heeresdienst, auch solche, die keiner Wehrpflicht mehr unterlagen, insbesondere auch Beamte der Staatsbehörden. Es wurde ihnen dies aufs Bereitwilligste gestattet, unbekümmert darum, daß hierdurch die Leistungsfähigkeit der Behörden, ihre Aufgaben zu erfüllen, stark beeinträchtigt wurde. In großartigem Umfang wurde die Liebestätigkeit und die freiwillige Krankenpflege ins Werk gesetzt und Sammlungen veranstaltet, die erhebliche Beiträge einbrachten. Frauen und Mädchen aus allen Ständen ließen sich als Krankenschwestern ausbilden oder arbeiteten mit Aufopferung in den Liebesgabenstellen und in sonstiger Vereinstätigkeit. [...]
Nach zweiundeinhalbjähriger Dauer des Krieges ist die Bevölkerung jetzt von der leidenschaftlcihen Aufwallung der ersten Kriegsmonate weit entfernt, sie ist ruhig und kühl. Doch ist die Grundstimmung immer noch die, daß das Volk bereit ist, alle Opfer auf sich zu nehmen, von deren Unvermeidlichkeit es überzeugt wird. Gelingt dies nicht, trägt es die Opfer unwillig und sucht sich ihnen zu entziehen. Daß im Volk eine Friedenssehnsucht besteht, ist zweifellos, und deshalb hat Ew. Majestät Friedensangebot vom 12. Dezember in weiten Kreisen einen dankbaren Widerhall gefunden. War aber irgend etwas geeignet, den Willen zum entschlossenen Durchhalten bis zum endgültigen Siege zu festigen, so war es die leichtfertige, anmaßende Ablehnung dieses hochherzigen Angebots durch unsere Feinde.
Kassel, den 27. April 1917
Eine schwere Belastung der Stimmung war die etwa Mitte Januar eintretende Kohlennot, die sich bis Ende Februar steigerte und zum großen Teil auch noch anhält, ohne große Aussicht auf vollständige Beseitigung. Je härter der Winter auftrat, und je länger er dauerte, wurden die Schwierigkeiten immer größer. In den Industriestädten kamen fortgesetzt Gruppen von Personen auf das Rathaus, um sich über Mangel an Feuerung zu beklagen. Viele Einwohner haben ohne Heizung in ihren Wohnungen ausharren müssen. Die geringen Leute konnten auch nicht kochen, so daß sie vorzeitig ihre Brotration verzehrten und dann über Mangel hieran klagten. Die Behörden waren hiergegen fast machtlos, da sie auf die Kohlenzufuhren keinen Einfluß hatten und sich darauf beschränken mußten, für eine möglichst gerechte Verteilung der geringen Bestände zu sorgen. [...]