
Konrad von Marburg, die Heilige Elisabeth und der Deutsche Orden
Ausstellung im Hessischen Staatsarchiv Marburg
22. Februar bis 2. November 2007
Konrad – eine Lebensskizze
Im Sommer 1187 waren große Teile des während des 1. Kreuzzuges 1099 gegründeten christlichen Königreiches Jerusalem samt seiner Hauptstadt unter die Herrschaft des muslimischen Sultans Saladin und seiner Nachfolger gefallen. Den Christen gelang es in zwei daraufhin unternommenen Kreuzzügen nicht, die Stadt Jerusalem zurückzuerobern. Im April 1213 rief daher Papst Innozenz III. zu einem weiteren Kreuzzug auf. Um die Gläubigen, insbesondere den Adel, zu einer raschen Durchführung zu ermuntern, wurden überall in Europa Geistliche als Kreuzzugsprediger ausgesandt. Magister Konrad von Marburg war ein solcher Kreuzzugsprediger. Im Juni 1215 wird er erstmalig urkundlich erwähnt[1].
Vermutlich um 1180/90 geboren, entstammte er möglicherweise einem von 1174 bis 1279 urkundlich belegten Niederadelsgeschlecht, das in Marburg und Umgebung ansässig war und sich nach dieser Stadt benannte[2]. Doch kann das Toponym „von Marburg“ auch darauf verweisen, daß Konrad seine geistlichen Pfründe in Marburg hatte. Häufig nannten sich Kleriker in dieser Zeit nach ihren Amtssitzen. Wie sein Magistertitel zeigt, hatte Konrad an einer nicht näher bekannten Hohen Schule oder Universität (Bologna? Paris?) studiert und die akademische Lehrbefugnis erworben. Er besaß die Priesterweihe, gehörte aber keinem geistlichen Orden an. 1216 ernannte Papst Innozenz III. Konrad und weitere Geistliche zu Spezialbevollmächtigten für die Betreuung der Kreuzfahrer und zur Einsammlung der Kreuzzugsgelder in den Erzdiözesen Trier und Bremen[3]. Bis zum Sommer 1227 scheint Konrad als Kreuzzugsprediger tätig gewesen zu sein[4]; in den Wormser Annalen wird er als hochgebildet und wortgewaltig charakterisiert[5]. Dann widmete er sich auf besondere Weisung von Papst Gregor IX. der Aufspürung und gerichtlichen Verfolgung von Ketzern[6], wobei er immer rigoroser und gleichzeitig realitätsfremder wurde. Sein Versuch, dem angesehenen Grafen Heinrich III. von Sayn auf einer Synode in Mainz im Juni 1233 wegen angeblicher Ketzerei den Prozeß zu machen, scheiterte am Widerstand der anwesenden geistlichen und weltlichen Fürsten[7]. Auf dem Rückweg nach Oberhessen wurden Magister Konrad und sein Begleiter in der Nähe von Marburg am 30. Juli 1233 von mehreren unbekannten Adeligen überfallen und ermordet[8].
Konrad und Elisabeth
Im Frühjahr 1226 kam Magister Konrad nach Eisenach und wurde zum Beichtvater der jungen Landgräfin Elisabeth von Thüringen bestellt[9]. Deren Gatte, Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, hatte sich zur Teilnahme am 5. Kreuzzug verpflichtet und mußte für die Zeit seiner Abwesenheit die Regentschaft in seinem Fürstentum organisieren. Hierzu gehörte auch, daß Magister Konrad am 12. Juni 1227 mit päpstlicher Zustimmung die Vollmacht erhielt, bis zur Rückkehr des Landgrafen dessen Patronatsrechte über kirchliche Pfründe auszuüben[10]. Nach dem Seuchentod Ludwigs IV. im September 1227 in Süditalien begann seine Witwe Elisabeth, sich nach franziskanischem Vorbild in ein Leben von Askese und tätiger Nächstenliebe zurückzuziehen. An Karfreitag (24. März) 1228 verzichtete sie feierlich in der Michaelskirche des von ihr und ihrem Gatten 1225/27 gestifteten Franziskanerklosters zu Eisenach gemäß der Ordensregel des Franz von Assisi auf alle familiären Bindungen und den eigenen Willen. Als sie auch allem weltlichen Reichtum entsagen wollte, konnte Magister Konrad, von Papst Gregor IX. zu Elisabeths Sachwalter in allen geistlichen und weltlichen Dingen bestellt, sie dazu bewegen, die Verfügungsgewalt über ihr Wittum zu behalten, um die Schulden ihres verstorbenen Gatten bezahlen und ihre karitative Tätigkeit weiterhin finanzieren zu können. Hierüber kam es zum Streit mit Elisabeths Schwägern, den Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Konrad von Thüringen, die erhebliche Verluste für das Gemeinschaftsvermögen ihrer Dynastie befürchteten. Nach längerem Hin und Her einigten sich die streitenden Parteien dahingehend, daß Elisabeth gegen eine Abfindung von 2000 Mark Silber und den Nießbrauch von Grundstücken in Marburg an der Lahn auf sämtliche Ansprüche an ihre Schwiegerfamilie verzichtete.
Im Sommer 1228 siedelte Elisabeth nach Marburg über und gründete dort ein dem Hl. Franziskus von Assisi geweihtes Hospital, in dem sie sich mit wenigen Helfern persönlich der Pflege von Kranken und Bedürftigen widmete. In der Aufopferung für andere glaubte sie die Vervollkommnung ihrer eigenen Seele erlangen zu können. Magister Konrad suchte dieses Streben dadurch zu fördern, daß er Elisabeths unmittelbares Umfeld auf drei Personen reduzierte und streng darüber wachte, daß die junge Witwe weder ihre Gesundheit durch unvorsichtigen Umgang mit Seuchenkranken noch das ihr verbliebene Vermögen durch übermäßiges Almosenspenden ruinierte. Wenn er es für angebracht hielt, züchtigte er Elisabeth sogar körperlich[11]. Nach dem Bericht einer Dienerin soll sie diese Prügelstrafen gleichmütig hingenommen haben[12].
Magister Konrad und Elisabeth bemühten sich darum, die ökonomischen Grundlagen des Marburger Franziskus-Hospitals zu sichern und zu erweitern. Papst Gregor IX. konnte dazu bewogen werden, am 19. April 1229 der Hospitalkirche einen Ablaßbrief auszustellen[13]. Zukünftig sollte jeder Christgläubige, der am Festtag des Hl. Franz von Assisi (4. Oktober) an einer Messe in diesem Gotteshaus teilnahm, vierzig Tage weniger im Fegefeuer büßen müssen. Am 11. März 1231 bestätigte derselbe Pontifex die Schenkung der Patronatsrechte aller Marburger Kirchen durch die Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Konrad von Thüringen an das Hospital[14]. Damit hatte diese Institution die Möglichkeit, die geistlichen Ämter in diesen Kirchen mit eigenen Kandidaten zu besetzen sowie das Vermögen und die Einkünfte der Kirchen für sich zu nutzen.
Im Herbst 1231 erkrankte Elisabeth plötzlich schwer und starb in der Nacht vom 16. zum 17. November 1231 im Alter von nur 24 Jahren. Kurz vor ihrem Hinscheiden hatte sie ihr Hospital dem für seine Krankenpflege berühmten Johanniterorden übereignet. Ihre Schwäger, die Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Konrad von Thüringen, fochten jedoch diese Schenkung vor der Kurie in Rom an, weil ihrer Auffassung nach Elisabeth hierzu nicht berechtigt gewesen war.[15]. In ihrer Klage wurden die beiden Landgrafen von Erzbischof Siegfried III. von Mainz nachdrücklich unterstützt[16]. Daraufhin setzte Papst Gregor IX. eine Juristenkommission ein, die Magister Konrad zum Schiedsrichter bestellte. Nach eingehender Prüfung der Rechtslage wies Konrad die Eigentumsansprüche des Johanniterordens auf das Franziskus-Hospital nebst allem Zubehör ab[17].
Heiligsprechung
Bereits einen Tag nach Elisabeths Beisetzung in der Kirche des Franziskus-Hospitals wird von der ersten Wunderheilung an ihrem Grabe berichtet; bis zum Januar 1235 sollten 128 weitere dokumentiert und kirchenrechtlich anerkannt werden. Am 11. August 1232 übersandten Erzbischof Siegfried III. von Mainz und zehn weitere Geistliche, darunter Magister Konrad, einen Bericht über die ersten sechzig Wunderheilungen an die römische Kurie und beantragten auf dieser Basis sowie aufgrund von Elisabeths herausragendem karitativem Engagement ihre Heiligsprechung. Dem Antrag war eine Kurzbiographie Elisabeths aus der Feder Magister Konrads beigefügt. Jedoch geriet nach seiner Ermordung Ende Juli 1233 das Verfahren ins Stocken. Erst auf Initiative von Elisabeths Schwager Konrad von Thüringen, der im November 1234 in den Deutschen Orden eintrat, wurde der Heiligsprechungsprozeß weitergeführt und erfolgreich abgeschlossen.
Am 27. Mai 1235 (Pfingstsonntag) erhob Papst Gregor IX. in einer feierlichen Messe im Dom zu Perugia Elisabeth von Thüringen zur Ehre der Altäre. Ihm war sehr daran gelegen, die Bettelorden, die Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts aus religiösen Laienbewegungen hervorgegangen waren, welche immer wieder im Ruch der Ketzerei standen, theologisch zu festigen und in die kirchliche Hierarchie einzubinden. Nach der Kanonisation des Franz von Assisi 1228 und der damit verbundenen offiziellen Anerkennung des Franziskanerordens hatte dessen in Entstehung begriffener laikaler Zweig mit der Heiligsprechung Elisabeths seine eigene Schutzpatronin erhalten. 1255 wurde noch Clara von Assisi, die 1253 verstorbene Gründerin des nach ihr benannten weiblichen Zweigs der Franziskaner, zur Ehre der Altäre erhoben. In weniger als drei Jahrzehnten war es somit den Franziskanern als ersten in der Reihe der Bettelorden gelungen, alle Stifterpersönlichkeiten seiner drei Zweige kanonisieren zu lassen.
Das Schicksal der Reliquien
Durch die Ermordung von Magister Konrad am 30. Juli 1233 war das Franziskus-Hospital seines Mentors beraubt worden. Am 21. Oktober 1233 sah sich daher Papst Gregor IX. dazu veranlaßt, Bischof Konrad II. von Hildesheim mit dem Schutz des Hospitals und der an ihm wirkenden Brüdergemeinschaft zu beauftragen. Auf Bitten der Landgrafen Heinrich Raspes IV. und Konrads von Thüringen überwies der Pontifex maximus dann am 1. Juli 1234 das Hospital nebst dessen Patronatsrechten in den Marburger Kirchen an den Deutschen Orden. Dieser erhielt von den Landgrafen am 6. November 1234 noch deren sämtliche Eigengüter in und um Marburg. Somit übernahm der Deutsche Orden vollständig Elisabeths Vermächtnis.
Da die Hospitalkirche die stetig anschwellenden Pilgerströme nicht mehr aufnehmen konnte, begann der Deutsche Orden im Sommer 1235 mit dem Bau einer gotischen Hallenkirche über dem Grab Elisabeths, die 1283 so weit fertiggestellt war, daß sie geweiht werden konnte. Im Beisein von Kaiser Friedrich II. sowie etlicher geistlicher und weltlicher Fürsten hatte man bereits am 1. Mai 1236 Elisabeths Leichnam feierlich aus ihrem bisherigen Grab in der Hospitalkirche erhoben und auf dem Hauptaltar des Gotteshauses in einem Bleisarg niedergelegt. Dabei wurde das Haupt der Heiligen vom Rumpf abgetrennt, von allem Haar und Fleisch befreit und in einem gesonderten Behältnis verwahrt. 1249 bettete man Elisabeths Gebeine ohne den Schädel in einen goldenen Reliquienschrein um und stellte diesen auf dem Hauptaltar im Hohen Chor der noch im Bau befindlichen neuen gotischen Hallenkirche auf. Dort blieben sie 290 Jahre.
Elisabeths direkter Nachfahre, Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen, führte 1526 in seinem Fürstentum die Reformation ein und trug sich bereits 1529 mit dem Gedanken, aus ehrlicher reformatorischer Überzeugung dem Elisabeth-Kult ein Ende zu machen. Ungünstige innenpolitische Umstände und das dringende Abraten seiner engsten Umgebung hielten ihn vorerst von diesem Schritt ab. Zehn Jahre später schien ihm der rechte Zeitpunkt gekommen. Am Sonntag Exaudi, den 18. Mai 1539 erzwang Philipp vom Deutschen Orden die Herausgabe von Elisabeths sterblichen Überresten und gab die ausdrückliche Weisung, die Gebeine rasch auf einem Friedhof oder in einem Beinhaus so zu zerstreuen, daß sie nicht mehr auffindbar sein sollten. Jedoch behauptete 1547 Georg von Kolmatsch, landgräflicher Statthalter an der Lahn, die Reliquien nicht beseitigt, sondern aus Pietätsgründen in Sicherheit gebracht zu haben. Daher mußte Landgraf Philipp nach seiner militärischen Niederlage gegen Kaiser Karl V. und den mit diesem verbündeten katholischen Reichsfürsten im sogenannten Schmalkaldischen Krieg neben anderen weitreichenden Zugeständnissen auch in die Rückerstattung der Reliquien Elisabeths an den Deutschen Orden einwilligen. Am 12. Juli 1548 übergab Georg von Kolmatsch die von ihm angeblich geretteten Reliquien an den Landkomtur der Deutschordensballei Hessen, Johann von Rehen, der hierüber ein Quittungsschreiben ausstellte. Daraus ist zu ersehen, daß in der Mitte des 16. Jh. von dem Leichnam Elisabeths in Marburg nur noch der Totenschädel mit Unterkiefer, fünf Röhrenknochen unterschiedlicher Größe, eine Rippe, zwei Schulterblätter und ein „breitbein“ (= Brustbein?) übrig geblieben waren. Alles andere war in den gut dreihundert Jahren zuvor verschenkt worden oder abhanden gekommen. Ob es sich bei den von Kolmatsch zurückerstatteten Skeletteilen tatsächlich um die von Elisabeth handelte, läßt sich angesichts der dürftigen Quellenlage nicht mit Bestimmtheit sagen. Fest steht, daß die angeblichen Reliquien nicht mehr in den goldenen Schrein zurückgelegt, sondern anderweitig in der Elisabeth-Kirche aufbewahrt wurden. Im Jahre 1588 ließ Erzherzog Maximilian von Österreich, ein Sohn Kaiser Maximilians II., als Koadjutor des damaligen Deutschmeisters des Deutschen Ordens, durch seinen Almosenpfleger die Reliquien der Hl. Elisabeth in Teilen oder zur Gänze von Marburg über (Bad) Mergentheim nach Wien bringen. Dort gelangten sie als Schenkung an das 1583 gegründete Klarissenkloster. Leider ist nicht bekannt, welche Reliquien es im Detail waren. Als das Klarissenkloster im Zuge weitreichender innenpolitischer Reformen 1782 aufgelöst wurde, schenkte Kaiser Joseph II. die Reliquien dem 1709 gegründeten Elisabethinnenkloster in Wien, wo sie heute noch in der für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Schwesternkapelle verwahrt werden. Es handelt sich im einzelnen um einen Totenschädel und zwei Schienbeine, die in einem frühklassizistischen Reliquienschrein aus geschliffenem Glas und vergoldetem Silber ruhen.
Der Aufsatz stützt sich hauptsächlich auf folgende Druckwerke: Wyss, Arthur: Hessisches Urkundenbuch. Abt. 1: Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei Hessen. Bd. 1: von 1207 bis 1299. Publikationen aus den K.[öniglich] Preußischen Staatsarchiven, Bd. 3. Leipzig 1879. Reprint Osnabrück 1965. – Wörner, Ernst: Die Kapelle an dem Ort, wo Meister Konrad erschlagen wurde, in: Correspondenzblatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, Jg. 28, Nr. 6 (Juni 1880).Darmstadt 1880. S. 41-43. – Huyskens, Albert: Quellenstudien zur Geschichte der hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen. Marburg 1908.– Wenck, Karl: Quellenuntersuchungen und Texte zur Geschichte der heiligen Elisabeth, I. Über die Dicta quatuor ancillarum sanctae Elisabeth, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, Bd. 34. Hannover / Leipzig 1909. S. 427-502. – Huyskens, Albert: Der sog. Libellus de dictis quatuor ancillarum s. Elisabeth confectus. Kempten / München 1911. – Nigg, Walter (Hrsg.): Elisabeth von Thüringen. Heilige der ungeteilten Christenheit, dargestellt von den Zeugen ihres Lebens, hrsg. von Walter Nigg und Wilhelm Schamoni. Düsseldorf 1963. – Segl, Peter: Konrad von Marburg, in: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 12. Berlin 1980. S. 544-546. – Werner, Matthias: Die Heilige Elisabeth und die Anfänge des Deutschen Ordens in Marburg, in: Marburger Geschichte. Rückblick auf die Stadtgeschichte in Einzelbeiträgen. Im Auftrag des Magistrats der Universitätsstadt Marburg hrsg. von Erhart Dettmering und Rudolf Grenz. Marburg 1980. S. 120-166. – Sankt Elisabeth, Fürstin, Dienerin, Heilige. Aufsätze, Dokumentation, Katalog [zur Ausstellung zum 750. Todestag der hl. Elisabeth, Marburg, Landgrafenschloß und Elisabethkirche, 19. November 1981 bis 6. Januar 1982]. Hrsg. von der Philipps-Universität Marburg in Verbindung mit dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde. Sigmaringen 1981. – 700 Jahre Elisabethkirche in Marburg 1283-1983. Ausstellungen 30. April bis 31. Juli 1983. Katalog, 8 Bde. Marburg 1983. – Werner, Matthias / Stolz, Susanne: Elisabeth von Thüringen, in: Lexikon des Mittelalters. Bd. 3. München / Zürich 1984-1986. Sp. 1838-1842. – Patschovsky, Alexander: Konrad von Marburg, in: Lexikon des Mittelalters. Bd. 5. München / Zürich 1991. Sp. 1360 f.
[3] Lappenberg, J. M. (Hrsg.): Hamburgisches Urkundenbuch. Bd. 1. Hamburg 1907. S. 346-34?, Nr. 394.

Magister Konrad von Marburg wurde vermutlich um 1180/90 geboren. Er entstammte möglicherweise einem von 1174 bis 1279 urkundlich belegten Niederadelsgeschlecht, das in Marburg und Umgebung ansässig war und sich nach der Stadt benannte. Der Stammbaum dieser Familie ist oben vereinfacht dargestellt. Auffällig ist, daß in der Sippe derer von Marburg bei Männern neben Widerold der Vorname Konrad am häufigsten auftritt. Konrad gehört aber neben Heinrich und Friedrich zu den gebräuchlichsten Vornamen der Stauferzeit. Daher kann aus dem Vornamen Konrad und der Ortsangabe von Marburg nicht automatisch auf einen genealogischen Zusammenhang geschlossen werden. Das Toponym von Marburg kann nämlich auch darauf verweisen, daß Konrad seine geistlichen Pfründe in Marburg hatte. Häufig nannten sich Kleriker in dieser Zeit nach ihren Amtssitzen.
Wie sein Magistertitel zeigt, hatte Konrad an einer nicht näher bekannten Hohen Schule oder Universität (Bologna? Paris?) studiert und die akademische Lehrbefugnis erworben. Er besaß die Priesterweihe, gehörte aber keinem geistlichen Orden an. Aus der Tatsache, daß er sich in der Umschrift seines Siegels als Praedicator verbi Dei – Prediger des Wortes Gottes bezeichnet, wurde immer wieder der Schluß gezogen, er wäre Mitglied des Dominikanerordens gewesen, der lateinisch Ordo Praedicatorum heißt. Das Bild seines Siegels macht jedoch augenfällig, daß er nicht Dominikaner war: Konrad trägt kein Dominikanerhabit, sondern das Gewand eines Weltgeistlichen.
Im Sommer 1187 waren große Teile des während des 1. Kreuzzuges 1099 gegründeten christlichen Königreiches Jerusalem samt seiner namensgebenden Hauptstadt unter die Herrschaft des muslimischen Sultans Saladin und seiner Nachfolger gefallen. Den Christen gelang es in zwei daraufhin unternommenen Kreuzzügen nicht, die Stadt Jerusalem zurückzuerobern. Im April 1213 rief daher Papst Innozenz III. zu einem weiteren Kreuzzug auf. Um die Gläubigen, insbesondere den Adel, zu einer raschen Durchführung zu ermuntern, wurden überall in Europa Geistliche als Kreuzzugsprediger ausgesandt. Magister Konrad von Marburg war ein solcher Kreuzzugsprediger. Im Juni 1215 wird er erstmalig urkundlich erwähnt.
1216 ernannte Papst Innozenz III. Konrad und weitere Geistliche zu Spezialbevollmächtigten für die Betreuung der Kreuzfahrer und zur Einsammlung der Kreuzzugsgelder in den Erzdiözesen Trier und Bremen. Bis zum Sommer 1227 scheint Konrad als Kreuzzugsprediger tätig gewesen zu sein. In den Wormser Annalen wird er als hochgebildet und wortgewaltig charakterisiert.
Lübeck, Heiliggeistspital, Anonymer Schüler des Conrad von Soest, Elisabeth-Zyklus, ca. 1420/30
Urkundliche Ersterwähnung Konrads von Marburg durch den Erzbischof Siegfried II. von Mainz, Juni 1215
Zwischen dem 3. und dem 10. Juni 1215 stellte Erzbischof Siegfried II. von Mainz eine Urkunde für die Zisterzienserabtei Haina aus. Darin wird Magister Konrad von Marburg als Person und Kreuzzugsprediger erstmalig erwähnt.
Die Herkunft des Magisters Konrad von Marburg
Vereinfachte Darstellung der Herkunft Konrads von Marburg nach Gustav Frhr. Schenk zu Schweinsberg 1869.
Die Kreuzzüge 1096 - 1270
Konrad von Marburg und die Kreuzzüge
Im Sommer 1187 waren große Teile des während des 1. Kreuzzuges 1099 gegründeten christlichen Königreiches Jerusalem samt seiner namensgebenden Hauptstadt unter die Herrschaft des muslimischen Sultans Saladin und seiner Nachfolger gefallen. Den Christen gelang es in zwei daraufhin unternommenen Kreuzzügen nicht, die Stadt Jerusalem zurückzuerobern. Im April 1213 rief daher Papst Innozenz III. zu einem weiteren Kreuzzug auf. Um die Gläubigen, insbesondere den Adel, zu einer raschen Durchführung zu ermuntern, wurden überall in Europa Geistliche als Kreuzzugsprediger ausgesandt. Magister Konrad von Marburg war ein solcher Kreuzzugsprediger. Im Juni 1215 wird er erstmalig urkundlich erwähnt.
1216 ernannte Papst Innozenz III. Konrad und weitere Geistliche zu Spezialbevollmächtigten für die Betreuung der Kreuzfahrer und zur Einsammlung der Kreuzzugsgelder in den Erzdiözesen Trier und Bremen. Bis zum Sommer 1227 scheint Konrad als Kreuzzugsprediger tätig gewesen zu sein. In den Wormser Annalen wird er als hochgebildet und wortgewaltig charakterisiert.
Miniatur: Hinrichtung von Ketzern, 14. Jahrhundert
Personen, die der Ketzerei beschuldigt wurden, mussten sich im Mittelalter einem Verfahren vor einem geistlichen Gericht stellen. Eine Verurteilung war nur dann möglich, wenn genügend glaubhafte Zeugen gegen den Angeklagten aussagten oder der Beschuldigte ein Geständnis ablegte. Wurde der Betreffende von den in Theologie und Kirchenrecht geschulten Richtern für schuldig befunden, drohte ihm die Todesstrafe. Allerdings konnte diese nicht von Klerikern vollstreckt werden, da sie nach kanonischem Recht kein Blut vergießen durften. Deshalb überstellte man die Delinquenten zur Vollstreckung der Todesstrafe der weltlichen Gewalt. Zumeist wurden Ketzer bei lebendigem Leibe verbrannt, in Ausnahmefällen geköpft oder gehängt.
Siegel Konrads von Marburg
Konrad ließ sich in seinem Siegel, das lediglich in einem einzigen Wachsabdruck von 1232 erhalten ist, als Kreuzzugsprediger darstellen: in der Rechten hält er einen Kreuzstab mit dreilatziger Fahne, in der Linken eine Bibel.
Konrads Siegel – Geschichte eines Verfalls
Seit der Öffnung staatlicher Archive für die allgemeine Öffentlichkeit um die Mitte des 19. Jh. hat die Benutzung von Archivalien in erheblichen Maße zugenommen und damit auch ihr Verschleiß. Anhand des einzigen noch erhaltenen Wachsabdrucks des Siegels von Magister Konrad wird deutlich, wie dramatisch der Substanzverlust in den letzten 150 Jahren bei empfindlichen Stücken sein kann.

Lübeck, Heiliggeistspital, Anonymer Schüler des Conrad von Soest, Elisabeth-Zyklus, ca. 1420/30
Glasmalerei: Der Heilige Franz von Assisi mit den Stigmata Christi, um 1250
Magister Konrad, Elisabeth und der Hl. Franz von Assisi
Im Jahre 1225 kam ein Franziskanermönch namens Rodeger nach Thüringen, der Elisabeth mit der Gedankenwelt des Franz von Assisi bekannt machte. Offensichtlich fiel dies auf fruchtbaren Boden, denn zwischen 1225 und 1227 stifteten Elisabeth und ihr Gemahl Landgraf Ludwig IV. von Thüringen in Eisenach ein Franziskanerkloster und überließen ihm die neben der landgräflichen Stadtresidenz, dem sogenannten »Steinhaus« gelegene Michaelskirche, die bis dahin als Hofkapelle gedient hatte.
1226 erschien Magister Konrad als Kreuzzugsprediger in Thüringen. In seinem im Sommer 1232 verfaßten kurzen Abriß von Elisabeths Leben, der sogenannten »Summa vitae« berichtet er, daß die junge Landgräfin ihm gegenüber einen deutlichen Hang zum geistlichen Leben nach dem Vorbild des Franz von Assisi zu erkennen gegeben habe: sie würde lieber in der Nachfolge Jesu Christi eine Existenz in Armut und tätiger Nächstenliebe führen denn weiterhin als Fürstin, Ehefrau und Mutter zu leben. Eine ehemalige Dienerin Elisabeths namens Isentrud von Hörselgau, die im Rahmen des Heiligsprechungsverfahrens im Frühjahr 1235 einvernommen wurde, gab zu Protokoll, daß Elisabeth bereits zu Lebzeiten ihres Gatten Bußübungen und Kasteiungen nach franziskanischem Vorbild vollzogen habe. Landgraf Ludwig soll seine Gemahlin in ihren geistlichen Bestrebungen stets unterstützt haben. Es ist jedoch auffällig, daß kein Eisenacher Franziskanermönch, sondern der Weltgeistliche Magister Konrad 1226 zu Elisabeths Beichtvater bestellt wurde. Möglicherweise geschah dies auf Betreiben Landgraf Ludwigs in der Absicht, Elisabeths radikalen Lebensentwurf durch Konrad so weit abmildern und kanalisieren zu lassen, daß sie nicht völlig aus dem Rahmen der mittelalterlichen Ständegesellschaft fiele.
Elisabeth soll Magister Konrad als ihrem Beichtvater völligen Gehorsam und für den Fall ihrer Witwenschaft einen Verzicht auf Wiederheirat versprochen haben. Als Landgraf Ludwig während des 6. Kreuzzuges im September 1227 in Süditalien an einer Seuche verstorben war, wollte Elisabeth nach franziskanischem Vorbild fürderhin ein Leben als Bettelnonne führen, was Magister Konrad ihr rundheraus abschlug. Jedoch konnte er nicht verhindern, daß sie an Karfreitag, dem 23. März 1228 in der Michaelskirche des Franziskanerklosters zu Eisenach ein fast vollständiges franziskanisches Ordensgelübde ablegte: sie entsagte feierlich ihrem weltlichen Stand, allen familiären Bindungen und ihrem freien Willen. Magister Konrad konnte sie lediglich dazu bewegen, nicht noch auf ihr gesamtes Vermögen zu verzichten, damit sie in der Lage wäre, die Schulden ihres Gatten zu tilgen und ihre zukünftigen karitativen Tätigkeiten zu finanzieren.
Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, Elisabeth und weitere Familienmitglieder stifteten diese Institution 1223/26. Der Gebäudekomplex wurde 1716/19 im barocken Stil vollständig erneuert. Das Hospital bestand bis in das frühe 19. Jahrhundert.
Holzschnitt von Hans Baldung Grien der Landgräfin Elisabeth von Thüringen und ihrer Hofdamen beim Wollespinnen, 1511
Elisabeths karitative Tätigkeit als Gattin des regierenden Landgrafen von Thüringen erschöpfte sich nicht nur in Nahrungsspenden und Krankenpflege während der Hungersnot in Thüringen 1226. Isentrud von Hörselgau, eine der vier Dienerinnen Elisabeths, die im Frühjahr 1235 im Zuge des Heiligsprechungsverfahrens zur Lebensweise ihrer verstorbenen Herrin befragt wurden, berichtet, daß Elisabeth bereits zu Lebzeiten ihres Gatten zusammen mit ihren Hofdamen Wolle zu spinnen pflegte, damit aus dem so gewonnenen Garn Kleider für die Franziskaner und die Bedürftigen in Eisenach gewoben werden konnte. Hans Baldung Grien zeigt Elisabeth in großer Robe mit Krone, zu ihren Füßen das Wappen der Landgrafen von Thüringen.
Urkunde von Erzbischof Siegfried II. von Mainz anlässlich der Marburger Pfarreigründung, 16. April 1227
Konrad verhilft der Stadt Marburg zu einer eigenen Pfarrei
Die um 1200 entstandene Stadt Marburg war im frühen 13. Jh. kirchlich von dem nahegelegenen Dorf Oberweimar abhängig. Dort stand die Pfarrkirche, die auch für Marburg zuständig war. Die Seelsorge in der Stadt besorgten die Geistlichen der Kilianskapelle am Schuhmarkt und der um 1210 errichteten Marienkirche, die im ausgehenden 13. Jh. durch einen gotischen Neubau ersetzt wurde (heute Lutherkirche). Die städtischen Geistlichen unterstanden dem Pfarrer von Oberweimar.
Im Frühjahr 1227 trennte Magister Konrad in Zusammenarbeit mit zwei weiteren hochrangigen Geistlichen die Stadt Marburg kirchenrechtlich von Oberweimar und machte sie zu einem eigenständigen Pfarrsprengel. Die Marienkirche wurde zur Pfarrkirche Marburgs erhoben. Die Geistlichen der Kilianskapelle und der anderen Gotteshäuser in Marburg wurden dem neuen Marburger Pfarrer unterstellt.
Am 16. April 1227 bestätigte Erzbischof Siegfried II. von Mainz als zuständiger Diözesanbischof die von Magister Konrad und seinen Kollegen getroffenen Maßnahmen durch die Ausstellung der nebenliegenden Urkunde. Die Brauntönung des Schriftblocks ist die Folge einer chemischen Behandlung im frühen 20. Jh. Wahrscheinlich wurde die Fläche mit verdünntem Zaponlack behandelt, um die verblaßte Schrift wieder gut leserlich zu machen.
Grabplatte des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen
Landgraf Ludwig IV. von Thüringen 1217 – 1227
Im Zuge des staufisch-welfischen Thronstreites war Elisabeth als politisches Unterpfand im Herbst 1211 als Vierjährige von Ungarn nach Thüringen gekommen. Dort wurde sie als zukünftige Gemahlin eines Prinzen aus dem regierenden Landgrafenhause der Ludowinger erzogen. Ursprünglich sollte sie Hermann, den ältesten Sohn aus der zweiten Ehe von Landgraf Hermann I. von Thüringen (1190-1217), heiraten. Als dieser am 31. 12. 1216 vorzeitig verstarb, wurde Elisabeth dem Zweitgeborenen Ludwig anverlobt. Beide heirateten 1221, vier Jahre, nachdem Ludwig die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte.
Landgraf Ludwig IV. von Thüringen unterstützte stets die karitativen Tätigkeiten seiner Gattin Elisabeth. 1223/26 stiftete er mit ihr und weiteren Familienmitgliedern ein Hospital in Gotha, das bis in das 19. Jh. hinein Bestand hatte. 1226 kam Magister Konrad von Marburg im Zuge seiner Tätigkeit als Kreuzzugsprediger an den landgräflichen Hof. Mit ausdrücklicher Zustimmung Ludwigs wählte sich Elisabeth Magister Konrad zum Beichtvater. Ludwig selber verpflichtete sich, an dem für 1227 geplanten Kreuzzug Kaiser Friedrichs II. zu beteiligen. Für die Zeit seiner Abwesenheit übertrug Ludwig mit Billigung von Papst Gregor IX. im Juni 1227 dem Magister Konrad die Vollmacht, über die kirchlichen Pfründen zu verfügen, deren Patronatsrechte der Landgraf innehatte.
Am 24. Juni 1227 brach Ludwig von Schmalkalden aus zum Kreuzzug auf. Doch er kam nicht bis nach Palästina. Am 11. September 1227 starb er im süditalienischen Otranto an einer Seuche. Durch mehrstündiges Kochen wurde sein Skelett von allem Fleisch befreit, welches man in Otranto beisetzte. Die Gebeine wurden über Bamberg, wo Elisabeth sie im Empfang nahm, nach Thüringen gebracht und Anfang Mai 1228 in der Kirche der Benediktinerabtei Reinhardsbrunn bestattet. Den ursprünglichen Grabstein ersetzte man im frühen 14. Jh. durch den hier abgebildeten, der sich heute in der Georgenkirche zu Eisenach befindet. Die 220 cm hohe Sandsteinplatte zeigt Ludwig mit einer Jakobsmuschel auf der Brust. Ursprünglich war dies das Zeichen für Pilger, die zum Grab des Apostels Jakobus d.Ä. in Santiago de Compostela (Galizien, Nordostspanien) zogen. Später wurde die Muschel allgemein das Symbol für Wallfahrer und Kreuzzugsteilnehmer, denn ein Kreuzzug wurde nicht nur als ein rein militärischer Einsatz betrachtet, sondern auch als Pilgerreise zu den heiligen Stätten in Palästina.
Die Könige und Königinnen sowie ihre Kinder, die Erzbischöfe und Bischöfe sowie andere große Fürsten, die sich in die Orte begeben, in denen das Kreuz aufgestellt ist, oder sonst dort befinden, sollen mindestens 25 rheinische Goldgulden bezahlen. Die Äbte und großen Prälaten der Kardinalkirchen, Grafen, Barone und andere mächtige Edelleute und ihre Frauen sollen jeweils 10 Goldgulden zahlen. Andere Prälaten und kleinere Edelleute, wie auch die Rektoren berühmter Orte, und alle anderen, die, sei es von beständigen Einkünften, sei es von Kaufhandel, durchschnittlich im Jahr 500 Goldgulden Einkommen haben, sollen 6 rheinische Goldgulden zahlen. Andere Bürger und Kaufleute, die durchschnittlich 200 Goldgulden einnehmen, sollen 3 rheinische Goldgulden zahlen. Andere Bürger, Kauf- und Handwerksleute, die eigene Einkünfte und Familie haben, sollen einen Gulden zahlen, andere kleinere Leute einen halben Gulden.

Nach dem Tode von Landgraf Ludwig IV. von Thüringen kam es zu Vermögensstreitigkeiten zwischen seiner Witwe Elisabeth und ihren Schwägern, den Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Konrad von Thüringen. Elisabeth wollte ihre Witwengüter, die sie von ihrem Gatten bei der Eheschließung zu lebenslänglichem Nießbrauch erhalten hatte, für ihre karitativen Tätigkeiten einsetzen. Ihre Schwäger befürchteten dadurch erhebliche Verluste für das Gemeinschaftsvermögen ihrer Dynastie. Nach längerem Hin und Her einigten sich die streitenden Parteien unter Vermittlung des Magisters Konrad dahingehend, daß Elisabeth gegen eine Abfindung von 2000 Mark Silber und den Nießbrauch von Grundstücken in Marburg an der Lahn auf sämtliche Ansprüche an ihre Schwiegerfamilie verzichtete. Im Sommer 1228 siedelte Elisabeth nach Marburg über und gründete dort auf dem ihr zugewiesenen Grund und Boden ein dem Hl. Franz von Assisi geweihtes Hospital, in dem sie sich mit wenigen Helfern persönlich der Pflege von alleinstehenden Kranken und Bedürftigen widmete. In der Aufopferung für andere glaubte sie die Vervollkommnung ihrer eigenen Seele erlangen zu können. Magister Konrad suchte dieses Streben dadurch zu fördern, daß er Elisabeths unmittelbares Umfeld auf drei Personen reduzierte und streng darüber wachte, daß die junge Witwe weder ihre Gesundheit durch unvorsichtigen Umgang mit Seuchenkranken noch das ihr verbliebene Vermögen durch übermäßiges Almosenspenden ruinierte. Für die Sicherung des wirtschaftlichen Fortbestandes des Franziskus-Hospitals war die Verleihung zweier päpstlicher Privilegien von herausragender Bedeutung. Papst Gregor IX. gewährte 1229 allen Christgläubigen, die am Festtag des Hl. Franz von Assisi und in der Woche danach das Hospital besuchten, einen Sündenablaß. 1231 übertrug derselbe Pontifex dem Hospital die Patronatsrechte an sämtlichen Marburger Gotteshäusern.
Spenden von Gläubigen stellen für eine kirchliche Institution eine wichtige Einnahmequelle dar. Insbesondere an hohen Fest- und Feiertagen kann mit einer größeren Zahl von Gästen und damit höheren Einnahmen gerechnet werden. Orte, deren Besuch einen Sündenablaß verheißt, erfreuten sich im Mittelalter sehr großer Beliebtheit.Mit der vorliegenden Urkunde gewährt Papst Gregor IX. allen Christgläubigen, die am Festtag des Hl. Franz von Assisi [= 4. Oktober] das Franziskus-Hospital und seine Kirche besuchen, einen Sündenablaß von vierzig und allen, die in der Woche nach dem Festtag kommen, von zwanzig Tagen.
Papst Gregor IX. bestätigt dem Franziskus-Hospital die Patronatsrechte an allen Gotteshäusern in Marburg, 1231
Im Mittelalter hatten häufig Personen oder Institutionen das Recht, die diensttuenden Geistlichen an einem Gotteshaus einzusetzen. Man nennt dies Patronatsrecht. Der Inhaber dieses Rechtes, der sogenannte Patron, hat dadurch die Möglichkeit, alle Liegenschaften, Gebäude und Einkünfte des Gotteshauses für sich zu nutzen. Dafür ist er verpflichtet, den Geistlichen ein ausreichendes Salär zu zahlen sowie für den Erhalt des Kirchengebäudes und -vermögens zu sorgen.Die Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Konrad von Thüringen hatten dem Franziskus-Hospital ihre gesamten Patronatsrechte an allen Gotteshäusern in Marburg übertragen. Auf Bitten Elisabeths bestätigte am 11. März 1231 Papst Gregor IX. diesen Schenkungsakt.
Ölskizze, Magister Konrad züchtigt Elisabeth
Magister Konrad berichtet in seiner 1232 verfaßten Kurzbeschreibung über das Leben Elisabeths von 1226 bis 1231, die Landgrafenwitwe mehrfach körperlich gezüchtigt zu haben, wenn er dies für angebracht hielt. Diesen Sachverhalt bestätigte Elisabeths Dienerin Irmgard bei einer Vernehmung im Zuge des Heiligsprechungsprozesses im Frühjahr 1235. Jedoch geht weder aus diesen beiden noch sonstigen historischen Quellen hervor, daß Konrad Elisabeth auch in ihrem Hospital in der Gegenwart von Patienten schlug, wie es die obige Szene darstellt. Es handelt sich um eine Fiktion des neuzeitlichen Künstlers. Der Entwurf von Peter Janssen für ein Wandgemälde in der Aula der Alten Universität zu Marburg wurde nicht umgesetzt.Summa Vitae, Sommer 1232
Die nebenstehende Begebenheit schildert Magister Konrad in dem kurzen Abriß von Elisabeths Leben, den er im Sommer 1232 verfaßte. Diese Kurzbiographie, auch Summa vitae genannt, wurde mit weiteren Unterlagen sowohl im August 1232 als auch im Februar 1233 an die Kurie nach Rom gesandt, um das Heiligsprechungsverfahren für Elisabeth zu initiieren bzw. fortzuführen. Aus der geschilderten Episode wird deutlich, daß sich Magister Konrad nicht nur um Elisabeths Seelenheil sorgte, sondern auch um ihre körperliche Gesundheit. Offensichtlich neigte Elisabeth zuweilen in ihrer tätigen Nächstenliebe zu einer völligen Mißachtung ihrer Selbst, Konrad hinwiederum zu einem gewissen Jähzorn.
Im Januar 1235 wurden vier ehemalige Dienerinnen Elisabeths im Rahmen des Kanonisationsprozesses offiziell einvernommen. Eine von ihnen namens Irmgard berichtete, daß Elisabeth einmal mit dem Gedanken gespielt habe, Reklusin im Prämonstratenserinnenkloster Altenberg bei Wetzlar zu werden. In Begleitung Irmgards habe Elisabeth die Klausur des Klosters betreten. Daraufhin habe Magister Konrad sie dort herausgerufen und ihr vorgeworfen, seine Anordnungen über ihre Lebensführung mißachtet zu haben. Dann habe er seinem Diener Gerhard den Befehl gegeben, Elisabeth und Irmgard mit einer Rute zu schlagen, was auch geschehen sei. Elisabeth habe die Strafe mit Einsicht und Demut hingenommen.
Diese beiden Begebenheiten sind die einzigen konkreten Belege dafür, daß Magister Konrad gegenüber Elisabeth körperliche Gewalt anwandte. Daraus kann nicht geschlossen werden, daß sich solches des öfteren oder gar regelmäßig ereignete. Es gibt keine historischen Quellen, aus denen hervorginge, daß Konrad Elisabeth in ihrem Hospital in der Gegenwart von Patienten geschlagen hätte, wie es Peter Janssen in der Ölskizze über dieser Vitrine 1895 darstellte. Es handelt sich um eine Fiktion des neuzeitlichen Künstlers.

Littera cum filo serico (Seidenschnurbrief)
Relief der Elisabethkirche mit Darstellung des Landgrafen Konrad von Thüringen, der in die Heiligsprechung Elisabeths eingreift, 1234
Nach der Ermordung des Magisters Konrad von Marburg am 30. Juli 1233 (siehe Vitrine 7) geriet das Verfahren zur Heiligsprechung Elisabeths ins Stocken. Ihr Schwager Landgraf Konrad von Thüringen übernahm im Sommer 1234 die Rolle des Promotors und sorgte dafür, daß das Kanonisationsverfahren weitergeführt und im Frühjahr 1235 erfolgreich abgeschlossen wurde. Zuvor trat er im November 1234 in den Deutschen Orden ein, zu dessen Hochmeister er 1239 gewählt wurde, doch starb er bereits 1240. Er wurde im Südchor der Elisabethkirche beigesetzt, deren Bau er 1235 initiiert hatte.
In dem Relief an der Tumba des Elisabeth-Mausoleums ist Konrad von Thüringen mit acht weiteren Personen bzw. Heiligen am offenen Sarge Elisabeths stehend dargestellt. Er trägt die Tracht des Deutschen Ordens und ist durch eine Inschrift näher bezeichnet:
Hochaltardarstellung des Todes der Elisabeth im Jahre 1231, von 1483
Ende Oktober 1231 erkrankt Elisabeth schwer und starb noch nicht fünfundzwanzigjährig in der Nacht vom 16. auf den 17. November 1231 in ihrem Marburger Hospital.
Urkunde (Seidenschnurbrief) der Heiligsprechung der Elisabeth von Marburg durch Papst Gregor IX. am 27. Mai 1235
Papst Gregor IX. spricht Elisabeth heilig
Am Pfingstsonntag, den 27. Mai 1235 erhob Papst Gregor IX. in einer feierlichen Messe im Dom zu Perugia die verstorbene Landgrafenwitwe von Thüringen zur Ehre der Altäre. Hierüber wurden zwischen dem 27. Mai und dem 4. Juni 1235 von päpstlichen Kanzlisten insgesamt elf gleichlautende Urkunden in lateinischer Sprache ausgefertigt und mit dem päpstlichen Bleisiegel, einer sogenannten Bulle, an gelb-roten Seidenschnüren versehen. Die Päpste verwandten Bleibullen an Seidenschnüren nur für Urkunden mit besonders gewichtigem Inhalt.Papst Gregor IX. beauftragt Bischof Konrad II von Hildesheim , das Franziskus - Hospital zu Marburg zu schützen, 1233
Durch den gewaltsamen Tod Magister Konrads war das Franziskus - Hospital seines Beschützers und Förderers beraubt worden. Auf Bitten der Hospitalsgemeinschaft beauftragt Papst Gregor IX. den als Kreuzprediger und Ketzerverfolger berühmten Bischof Konrad von Hildesheim damit, das Hospital gegen alle Übergriffe Dritter zu verteidigen.
Papst Gregor IX. überträgt das Franziskus - Hospital an den deutschen Orden, 1234
In einem Schiedsverfahren waren im Sommer 1232 die Streitigkeiten zwischen dem Johanniterorden und dem Deutschen Orden um die Eigentumsrechte an dem Franziskus - Hospital zu Marburg zugunsten des Deutschen Ordens entschieden worden. Auf Bitten des Landgrafen Konrad von Thüringen überträgt Papst Gregor IX. am 1. Juli 1234 das besagte Hospital mit sämtlichem Zubehör einschließlich der Patronatsrechte an allen Marburger Gotteshäusern dem Deutsche Orden.

Innenseiten der großen Türen des Hauptportales der Elisabethkirche zu Marburg
mit dem Wappen des Hochmeisters des Deutschen Ordens
In Silber (hier wiedergegeben durch Weiß) ein schwarzes Balkenkreuz, belegt mit einem goldenen (hier gelben) Krückenkreuz, dessen Mitte von einem goldenen (hier gelben) gotischen Dreiecksschild überdeckt wird, darin ein auffliegender schwarzer Adler mit roten Krallen. Bereits im antiken Rom war der Adler Symbol des Gottes Jupiter, der kaiserlichen Macht und schließlich des ganzen Imperiums. In Anlehnung daran galt der schwarze Adler mit rotem Schnabel und roten Krallen im goldenen Schild seit der 2. Hälfte des 12. Jh. als das Wappen der römisch-deutschen Kaiser und Könige und formell seit 1278 auch als das des Heiligen Römischen Reiches. Die Hochmeister des Deutschen Ordens fügten um 1300 den Adlerschild ihrem Wappen hinzu, um ihre Lehensabhängigkeit von den römisch-deutschen Kaisern und Königen zu demonstrieren. 1919 übernahm die Weimarer Republik offiziell den Adlerschild als Staatswappen, 1950 folgte ihrem Beispiel die Bundesrepublik Deutschland.
Handgezeichnete Karte von Johann Leonard Jungert 1750
Der Deutsche Orden übernimmt die Kirchen in Marburg 1231-1356
1231 waren dem Franziskus-Hospital die Patronatsrechte an allen Gotteshäusern in Marburg geschenkt worden. 1234 ging das Hospital an den Deutschen Orden über und damit auch alle zugehörigen Rechte. Häufig übten nun Priester des Deutschen Ordens an den Marburger Kirchen und Kapellen die Seelsorge aus. 1356 wurde für die Pfarrkirche in Marburg eine prächtige Ablassurkunde erstellt. In der großen Initiale U sieht man einen Deutschordensgeistlichen mit weißem Mantel und schwarzem Kreuz bei der Fußwaschung von Bedürftigen am Gründonnerstag.
+ S'. COMMENDATORIS · IN · MARBVRC
Zweites unpersönliches Amtssiegel des Komturs der Deutschordenskommende Marburg, von 1296 bis 1809 in Gebrauch. Es misst 26, 8 mm im Durchmesser und zeigt in Halbfigur die Hl. Elizabeth mit einer brennenden Öllampe auf der Rechten und einer Bibel auf der Linken.
Die Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Hermann II. von Thüringen schenken dem Deutschen Orden alle ihre Eigengüter in und um Marburg und Kirchhain 1234
Nachdem bereits Anfang Juli 1234 das Franziskus-Hospital mit allen seinen Gebäuden, Liegenschaften und Rechten an den Deutschen Orden übergegangen war, schenkten die thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe IV. und Hermann II., Sohn der Hl. Elisabeth, Anfang November 1234 dem Orden weiteren umfangreichen Grundbesitz in Thüringen, sowie Marburg und Kirchhain. Es entstand vor den nördlichen Toren Marburgs ein zusammenhängender Güterkomplex, der bis zur Aufhebung des Deutschen Ordens 1809 Bestand hatte. Am 18 November 1234 trat Landgraf Konrad von Thüringen, der Bruder von Heinrich Raspe IV., in den Deutschen Orden ein. 1239 wurde er zu dessen Hochmeister gewählt, doch er starb bereits 1240.

Die Wallfahrt zur Hl. Elisabeth im Spiegel der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg
Rechnungen und Rechnungsbelege gehören zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Quellengruppen, die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube für Informationen zur Ereignis-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Serie der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg beginnt in den achtziger Jahren des 14. Jh. Für die Einnahme und Verwaltung der Geldspenden von Elisabeth-Pilgern und der Einlagen aus den Opferstöcken war der sogenannte Heiltumsmeister zuständig. Bis 1500 konnte er alljährlich im Schnitt Einkünfte von 70 bis 100 Pfund Silberpfennigen verbuchen. Dies entspricht den Erträgnissen einer normalen Pfarrkirche wie z.B. der der Stadt Marburg. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß spätestens ab den achtziger Jahren des 14. Jh. keine nennenswerte Zahl von Pilgern mehr zum Grab der Hl. Elisabeth kam. Der Heiltumsmeister konnte einen deutlichen Anstieg der Einnahmen nur in den Jahren verzeichnen, in denen in Aachen die von Karl d. Gr. zusammengetragenen Reliquien von Christus, der Hl. Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer zur Verehrung durch die Gläubigen öffentlich ausgestellt wurden. Die daraus entstandene Wallfahrt fand seit 1349 alle sieben Jahre im Juli statt und entwickelte rasch europäische Dimensionen. Ein beachtlicher Teil der Pilger kam aus Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Slowenien und Kroatien, also Regionen, in denen man auch die Hl. Elisabeth verehrte. Die Mehreinnahmen des Marburger Heiltumsmeisters in den Jahren der sogenannten Aachenfahrt können also nur von Wallfahrern stammen, die auf ihrer Reise nach Aachen das Grab der Hl. Elisabeth besuchten. Eine andere Wallfahrt von europäischer Bedeutung konnte dem Marburger Heiltumsmeister auch spürbare Mindereinnahmen bescheren, nämlich die nach Einsiedeln in der Schweiz. Sie fand wie die Aachenfahrt alle sieben Jahre statt und galt der Marienverehrung. Im Jahre 1466 sollen angeblich 130.000 Pilger nach Einsiedeln gekommen sein. Es muß sich in jedem Falle um eine Wallfahrt gehandelt haben, die von derart großer Anziehungskraft war, daß sie die ohnehin schon bescheidene Zahl von Elisabeth-Pilgern deutlich senken konnte.
Die Wallfahrt zur Hl. Elisabeth im Spiegel der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg
Rechnungen und Rechnungsbelege gehören zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Quellengruppen, die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube für Informationen zur Ereignis-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Serie der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg beginnt in den achtziger Jahren des 14. Jh. Für die Einnahme und Verwaltung der Geldspenden von Elisabeth-Pilgern und der Einlagen aus den Opferstöcken war der sogenannte Heiltumsmeister zuständig. Bis 1500 konnte er alljährlich im Schnitt Einkünfte von 70 bis 100 Pfund Silberpfennigen verbuchen. Dies entspricht den Erträgnissen einer normalen Pfarrkirche wie z.B. der der Stadt Marburg. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß spätestens ab den achtziger Jahren des 14. Jh. keine nennenswerte Zahl von Pilgern mehr zum Grab der Hl. Elisabeth kam. Der Heiltumsmeister konnte einen deutlichen Anstieg der Einnahmen nur in den Jahren verzeichnen, in denen in Aachen die von Karl d. Gr. zusammengetragenen Reliquien von Christus, der Hl. Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer zur Verehrung durch die Gläubigen öffentlich ausgestellt wurden. Die daraus entstandene Wallfahrt fand seit 1349 alle sieben Jahre im Juli statt und entwickelte rasch europäische Dimensionen. Ein beachtlicher Teil der Pilger kam aus Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Slowenien und Kroatien, also Regionen, in denen man auch die Hl. Elisabeth verehrte. Die Mehreinnahmen des Marburger Heiltumsmeisters in den Jahren der sogenannten Aachenfahrt können also nur von Wallfahrern stammen, die auf ihrer Reise nach Aachen das Grab der Hl. Elisabeth besuchten. Eine andere Wallfahrt von europäischer Bedeutung konnte dem Marburger Heiltumsmeister auch spürbare Mindereinnahmen bescheren, nämlich die nach Einsiedeln in der Schweiz. Sie fand wie die Aachenfahrt alle sieben Jahre statt und galt der Marienverehrung. Im Jahre 1466 sollen angeblich 130.000 Pilger nach Einsiedeln gekommen sein. Es muß sich in jedem Falle um eine Wallfahrt gehandelt haben, die von derart großer Anziehungskraft war, daß sie die ohnehin schon bescheidene Zahl von Elisabeth-Pilgern deutlich senken konnte.
Die Wallfahrt zur Hl. Elisabeth im Spiegel der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg
Rechnungen und Rechnungsbelege gehören zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Quellengruppen, die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube für Informationen zur Ereignis-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Serie der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg beginnt in den achtziger Jahren des 14. Jh. Für die Einnahme und Verwaltung der Geldspenden von Elisabeth-Pilgern und der Einlagen aus den Opferstöcken war der sogenannte Heiltumsmeister zuständig. Bis 1500 konnte er alljährlich im Schnitt Einkünfte von 70 bis 100 Pfund Silberpfennigen verbuchen. Dies entspricht den Erträgnissen einer normalen Pfarrkirche wie z.B. der der Stadt Marburg. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß spätestens ab den achtziger Jahren des 14. Jh. keine nennenswerte Zahl von Pilgern mehr zum Grab der Hl. Elisabeth kam. Der Heiltumsmeister konnte einen deutlichen Anstieg der Einnahmen nur in den Jahren verzeichnen, in denen in Aachen die von Karl d. Gr. zusammengetragenen Reliquien von Christus, der Hl. Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer zur Verehrung durch die Gläubigen öffentlich ausgestellt wurden. Die daraus entstandene Wallfahrt fand seit 1349 alle sieben Jahre im Juli statt und entwickelte rasch europäische Dimensionen. Ein beachtlicher Teil der Pilger kam aus Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Slowenien und Kroatien, also Regionen, in denen man auch die Hl. Elisabeth verehrte. Die Mehreinnahmen des Marburger Heiltumsmeisters in den Jahren der sogenannten Aachenfahrt können also nur von Wallfahrern stammen, die auf ihrer Reise nach Aachen das Grab der Hl. Elisabeth besuchten. Eine andere Wallfahrt von europäischer Bedeutung konnte dem Marburger Heiltumsmeister auch spürbare Mindereinnahmen bescheren, nämlich die nach Einsiedeln in der Schweiz. Sie fand wie die Aachenfahrt alle sieben Jahre statt und galt der Marienverehrung. Im Jahre 1466 sollen angeblich 130.000 Pilger nach Einsiedeln gekommen sein. Es muß sich in jedem Falle um eine Wallfahrt gehandelt haben, die von derart großer Anziehungskraft war, daß sie die ohnehin schon bescheidene Zahl von Elisabeth-Pilgern deutlich senken konnte.
Die Wallfahrt zur Hl. Elisabeth im Spiegel der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg
Rechnungen und Rechnungsbelege gehören zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Quellengruppen, die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube für Informationen zur Ereignis-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Serie der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg beginnt in den achtziger Jahren des 14. Jh. Für die Einnahme und Verwaltung der Geldspenden von Elisabeth-Pilgern und der Einlagen aus den Opferstöcken war der sogenannte Heiltumsmeister zuständig. Bis 1500 konnte er alljährlich im Schnitt Einkünfte von 70 bis 100 Pfund Silberpfennigen verbuchen. Dies entspricht den Erträgnissen einer normalen Pfarrkirche wie z.B. der der Stadt Marburg. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß spätestens ab den achtziger Jahren des 14. Jh. keine nennenswerte Zahl von Pilgern mehr zum Grab der Hl. Elisabeth kam. Der Heiltumsmeister konnte einen deutlichen Anstieg der Einnahmen nur in den Jahren verzeichnen, in denen in Aachen die von Karl d. Gr. zusammengetragenen Reliquien von Christus, der Hl. Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer zur Verehrung durch die Gläubigen öffentlich ausgestellt wurden. Die daraus entstandene Wallfahrt fand seit 1349 alle sieben Jahre im Juli statt und entwickelte rasch europäische Dimensionen. Ein beachtlicher Teil der Pilger kam aus Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Slowenien und Kroatien, also Regionen, in denen man auch die Hl. Elisabeth verehrte. Die Mehreinnahmen des Marburger Heiltumsmeisters in den Jahren der sogenannten Aachenfahrt können also nur von Wallfahrern stammen, die auf ihrer Reise nach Aachen das Grab der Hl. Elisabeth besuchten. Eine andere Wallfahrt von europäischer Bedeutung konnte dem Marburger Heiltumsmeister auch spürbare Mindereinnahmen bescheren, nämlich die nach Einsiedeln in der Schweiz. Sie fand wie die Aachenfahrt alle sieben Jahre statt und galt der Marienverehrung. Im Jahre 1466 sollen angeblich 130.000 Pilger nach Einsiedeln gekommen sein. Es muß sich in jedem Falle um eine Wallfahrt gehandelt haben, die von derart großer Anziehungskraft war, daß sie die ohnehin schon bescheidene Zahl von Elisabeth-Pilgern deutlich senken konnte.
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Rechnungen und Rechnungsbelege gehören zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Quellengruppen, die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube für Informationen zur Ereignis-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Serie der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg beginnt in den achtziger Jahren des 14. Jh. Für die Einnahme und Verwaltung der Geldspenden von Elisabeth-Pilgern und der Einlagen aus den Opferstöcken war der sogenannte Heiltumsmeister zuständig. Bis 1500 konnte er alljährlich im Schnitt Einkünfte von 70 bis 100 Pfund Silberpfennigen verbuchen. Dies entspricht den Erträgnissen einer normalen Pfarrkirche wie z.B. der der Stadt Marburg. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß spätestens ab den achtziger Jahren des 14. Jh. keine nennenswerte Zahl von Pilgern mehr zum Grab der Hl. Elisabeth kam. Der Heiltumsmeister konnte einen deutlichen Anstieg der Einnahmen nur in den Jahren verzeichnen, in denen in Aachen die von Karl d. Gr. zusammengetragenen Reliquien von Christus, der Hl. Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer zur Verehrung durch die Gläubigen öffentlich ausgestellt wurden. Die daraus entstandene Wallfahrt fand seit 1349 alle sieben Jahre im Juli statt und entwickelte rasch europäische Dimensionen. Ein beachtlicher Teil der Pilger kam aus Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Slowenien und Kroatien, also Regionen, in denen man auch die Hl. Elisabeth verehrte. Die Mehreinnahmen des Marburger Heiltumsmeisters in den Jahren der sogenannten Aachenfahrt können also nur von Wallfahrern stammen, die auf ihrer Reise nach Aachen das Grab der Hl. Elisabeth besuchten. Eine andere Wallfahrt von europäischer Bedeutung konnte dem Marburger Heiltumsmeister auch spürbare Mindereinnahmen bescheren, nämlich die nach Einsiedeln in der Schweiz. Sie fand wie die Aachenfahrt alle sieben Jahre statt und galt der Marienverehrung. Im Jahre 1466 sollen angeblich 130.000 Pilger nach Einsiedeln gekommen sein. Es muß sich in jedem Falle um eine Wallfahrt gehandelt haben, die von derart großer Anziehungskraft war, daß sie die ohnehin schon bescheidene Zahl von Elisabeth-Pilgern deutlich senken konnte.
Die Wallfahrt zur Hl. Elisabeth im Spiegel der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg
Rechnungen und Rechnungsbelege gehören zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Quellengruppen, die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube für Informationen zur Ereignis-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Serie der Jahresrechnungen der Deutschordenskommende Marburg beginnt in den achtziger Jahren des 14. Jh. Für die Einnahme und Verwaltung der Geldspenden von Elisabeth-Pilgern und der Einlagen aus den Opferstöcken war der sogenannte Heiltumsmeister zuständig. Bis 1500 konnte er alljährlich im Schnitt Einkünfte von 70 bis 100 Pfund Silberpfennigen verbuchen. Dies entspricht den Erträgnissen einer normalen Pfarrkirche wie z.B. der der Stadt Marburg. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß spätestens ab den achtziger Jahren des 14. Jh. keine nennenswerte Zahl von Pilgern mehr zum Grab der Hl. Elisabeth kam. Der Heiltumsmeister konnte einen deutlichen Anstieg der Einnahmen nur in den Jahren verzeichnen, in denen in Aachen die von Karl d. Gr. zusammengetragenen Reliquien von Christus, der Hl. Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer zur Verehrung durch die Gläubigen öffentlich ausgestellt wurden. Die daraus entstandene Wallfahrt fand seit 1349 alle sieben Jahre im Juli statt und entwickelte rasch europäische Dimensionen. Ein beachtlicher Teil der Pilger kam aus Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Slowenien und Kroatien, also Regionen, in denen man auch die Hl. Elisabeth verehrte. Die Mehreinnahmen des Marburger Heiltumsmeisters in den Jahren der sogenannten Aachenfahrt können also nur von Wallfahrern stammen, die auf ihrer Reise nach Aachen das Grab der Hl. Elisabeth besuchten. Eine andere Wallfahrt von europäischer Bedeutung konnte dem Marburger Heiltumsmeister auch spürbare Mindereinnahmen bescheren, nämlich die nach Einsiedeln in der Schweiz. Sie fand wie die Aachenfahrt alle sieben Jahre statt und galt der Marienverehrung. Im Jahre 1466 sollen angeblich 130.000 Pilger nach Einsiedeln gekommen sein. Es muß sich in jedem Falle um eine Wallfahrt gehandelt haben, die von derart großer Anziehungskraft war, daß sie die ohnehin schon bescheidene Zahl von Elisabeth-Pilgern deutlich senken konnte.
Pilgerzeichen, der Heiligen Elisabeth mit dem Heiligen Franziskus von Assisi, darüber ein Christus-Bild (Vera icon). -Ein Pilgerzeichen für die Wallfahrt nach Marburg?
Im Mittelalter war es üblich, als Pilger ein gut sichtbares Zeichen an der Kleidung zu tragen, um sich als solcher kenntlich zu machen. Diejenigen, die nach Santiago de Compostela zum Grab des Apostels Jakobus d.Ä. reisten, brachten Muschelschalen an Mänteln und Hüten an. Vom 13. bis zum 15. Jh. wurden für bestimmte Wallfahrtsorte Pilgerzeichen aus Metall hergestellt und an die Besucher verkauft. Das vorliegende Exemplar wurde 1890 bei Ausgrabungen im schwedischen Lund geborgen. Es ist aus Zinn und 0,5 mm dick, die Maße betragen 57 x 39 mm. Es zeigt die Hl. Elisabeth und den Hl. Franziskus von Assisi, darüber ein Christus-Bild (Vera icon). Aufgrund der Figurenzusammenstellung könnte es sich um ein Pilgerzeichen für Marburg handeln. Sehr ähnliche Stücke kennt man auch aus dem holländischen Dordrecht und aus Lübeck. Bisher sind allerdings keine Pilgerzeichen gefunden worden, die sich eindeutig der Elisabeth-Wallfahrt nach Marburg zuordnen lassen. War Marburg möglicherweise nie ein wirklich bedeutendes Pilgerziel?
Wallfahrer suchen Genesung am Grabe der Hl. Elisabeth
Ausschnitt eines Ölgemäldes von Carl Bantzer 1888, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Innerer Bereich des Deutschordens-Geländes zu Marburg
Zwischen 1235 und 1254 wurde das Gebäude des von Elisabeth 1228 errichteten Hospitals von seinem ursprünglichen Standort nördlich der heutigen Elisabethkirche südlich der Ketzerbach verlegt. Das nun der Hl. Elisabeth geweihte Institut wandelte man 1809 zur Universitätsklinik um. 1888-1891 mußte der alte gotische Bau neuen Klinikgebäuden weichen. Lediglich der Chor der Hospitalkapelle blieb als Ruine erhalten.
Dargestellt in einer Zeichnung von Hermann Bauer, 1964
Das ehemalige Elisabeth-Hospital und die Hospitalkirche, seit 1809 die Universitätsklinik zu Marburg
Ansicht von Osten, Zeichnung von Ferdinand Justi 1888
Ruine des Chores der Hospitalkirche des Elisabeth-Hospitals zu Marburg
Abbgebildet auf einem Foto des heutigen Geländes der Physiologischen Institute der Philipps-Universität Marburg
Jahresabrechnung des Deutschordens über Spendeneinhamen am Grab der heiligen Elisabeth, 1388
Bericht über die Spendeneinahmen in Jahren ohne Wallfahrten. Beigefügt ist zudem eine Erläuterung zu den Einnahmen und ein Vergleich zu dem Jahr 1480.
Die Wallfahrt nach Aachen als Einahmequelle der Deutschordenskommende Marburg, Jahresrechnung für 1482
Auflistung der Jahreseinahmen für das Jahr 1482 unter Berücksichtigung der Wallfahrt nach Aachen. Beigefügt ist zudem eine Erläuterung zu den Einnahmen und ein Vergleich zu dem Jahr 1496 in dem ebenfalls eine Wallfahrt nach Aachen statt fand.
Die Wallfahrt nach Einsiedeln in den Rechnungsbüchern der Deutschordenskommende Marburg, 1494
Die Wallfahrt nach Einsiedeln bringt Einbußen für die Deutschkommende Marburg.
Bericht des Deutschordensbeamten Gottfired v. Holdinghausen vom 18. Mai 1540 an Wolfgang Schutzbar gen. Milchling, Landkomtur des Deutschen Ordens zu Marburg
Als Landgraf Philipp d. Grm. am 18. Mai 1539 die Herausgabe der Elisabeth-Reliquien erzwungen hatte, gab er seinem Statthalter an der Lahn Georg v. Kolmatsch den Befehl, die sterblichen Überreste seiner Ahnfrau in einem Beinhaus oder auf einem Totenacker so zu zerstreuen, daß sie nicht wieder auffindbar sein sollten. Aus den Zeilen des obigen Berichts geht jedoch hervor, daß Kolmatsch die Weisung seines Landesherrn mißachtete und die Reliquien auf sein Wasserschloß Wommen bei Herleshausen in Sicherheit bringen ließ.
Renaissance-Portal mit dem Wappen und Initialen des Georg v. Kolmatsch 1535, Hephata Hessisches Diakoniezentrum e.V., Margot-von-Schutzbar-Stiftung
Ölgemalde des Landgrafen Philipp d. Grm. von Hessen 1509/18 - 1567
Ölgemälde von Hans Brosamer (1500-1554) nach Lucas Cranach d.Ä. (1472-1553)
Eisenach, Wartburg, Wartburg-Stiftung, Vogtei-Reformationszimmer
Bericht des David Gottschalk Höping über den Raub der Elisabeth-Reliquien aus der Elisabethkirche zu Marburg am 18. Mai 1539
Der vorstehende Bericht stammt aus der Feder des Deutschordensschreibers David Gottschalk Höping, der in den siebziger Jahren des 17. Jh. amtierte. Auf welche Quellen er sich stützt, ist unklar. Bemerkenswert sind die widersprüchlichen Angaben über den Verbleib der Elisabeth-Reliquien. Wenn Landgraf Philipp d. Grm. sie tatsächlich nach dem Raub aus der Elisabethkirche 1539 an unbekanntem Ort heimlich hatte beisetzen lassen, kann der Landkomtur Wilhelm v. Oeynhausen, der von 1591 bis zu seinem Tode 1613 amtierte, dem Hochmeister Erzherzog Maximilian von Österreich bei dessen Besuch in Marburg vom 14. bis 17. Oktober 1599 keinen Gedenkstein vor dem Hauptaltar in der Elisabethkirche gezeigt haben, unter dem angeblich die sterblichen Überreste der Hl. Elisabeth ruhten. Dies ist auch deshalb unglaubhaft, da jener Erzherzog nach einer von ihm selber ausgestellten Urkunde von 1609 noch als Koadjutor seines Amtsvorgängers Heinrich v. Bobenhausen bereits im Jahre 1588 die Elisabeth-Reliquien ganz oder teilweise über Bad Mergentheim nach Wien hatte bringen lassen. Die Widersprüche in der historischen Überlieferung machen deutlich, daß über das Schicksal der Elisabeth-Reliquien nach ihrem Raub aus der Elisabethkirche 1539 keine verläßlichen Angaben gemacht werden können.
Anmerkung:
Dem Bericht ist zusätzlich eine Transkirption des Inhaltsbeigefügt.
Quittung über die Rückgabe der Elisabeth-Reliquien durch den landgräflichen Statthalter an der Lahn Georg v. Kolmatsch, an Johann von Rehen, Landkomtur der Deutschordensballei Hessen und Komtur der Deutschordenskommende Marburg, 12 Juli 1548
Im April 1547 erlitt Landgraf Philipp d. Grm. nebst den mit ihm verbündeten protestantischen Reichsfürsten im sogenannten Schmalkaldischen Krieg gegen den für die katholische Sache streitenden Kaiser Karl V. eine vernichtende militärische Niederlage. In den sich anschließenden Friedensverhandlungen mußte Philipp neben anderen weitreichenden Zugeständnissen auch in die Rückgabe der Elisabeth-Reliquien an den Deutschen Orden einwilligen. Am 12. Juli 1548 übergab der landgräfliche Statthalter an der Lahn Georg v. Kolmatsch das sogenannte Heiltum an den Landkomtur der Deutschordensballei Hessen Johann v. Rehen, der hierüber ein Quittungsschreiben ausstellte. Daraus geht hervor, daß von dem Leichnam der Hl. Elisabeth lediglich der Totenschädel mit Unterkiefer, fünf kleinere und größere Röhrenknochen, eine Rippe, zwei Schulterblätter und ein “Breitbein“ (= Brustbein?) übriggeblieben waren. Alles andere war im Laufe der Jahrhunderte durch Schenkung oder Diebstahl abhanden gekommen.Beigefügt ist dem Bericht ausserdem eine erläuternde Teiltranskription
Ölgemälde des Johann von Rehen, 19 Jh.
Landkomtur des Deutschordensballei Hessen und Komtur der Deutschordenskommende Marburg 1543-1570
Ölgemälde von unbekannter Hand um 1650, Kopie des frühen 19. Jh.
Elisabeth-Reliquien im Elisabethinen-Kloster in Wien, seit 1709
1588 ließ Erzherzog Maximilian von Österreich in seiner Eigenschaft als Koadjutor des Deutschordens-Hochmeisters Heinrich v. Bobenhausen die Reliquien der Hl. Elisabeth zur Gänze oder in Teilen über (Bad) Mergentheim nach Wien bringen und schenkte sie seiner Schwester Elisabeth, der Witwe König Karls IX. von Frankreich. Königin Elisabeth übergab die Reliquien dem von ihr 1583 in Wien gegründeten Klarissenkloster. Als dieses 1782 im Zuge weitreichender innenpolitischer Reformen aufgehoben wurde, schenkte Kaiser Joseph II. die Reliquien dem 1709 gegründeten Elisabethinen-Kloster in Wien. Dort werden sie noch heute in der Schwesternkapelle aufbewahrt, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.
Die Elisabeth-Reliqiuen werden in einem frühklassizistischem Schrein aus teilweise vergoldetem Silber und Kristallglas aufbewahrt. Erhalten sind der Schädel und zwei Schienbeine einer jungen Frau im Alter von 20 bis 25 Jahren.
Ölgemälde des Erzherzogs Maximilian von Östereich, um 1617
- Koadjutor des Deutschordens-Hochmeisters Heinrich v. Bobenhausen 1585-1590
- Hochmeister des Deutschen Ordens 1590-1618
- Titularkönig von Polen 1587-1598

Auf- und Grundriß der Konrad-Kapelle auf Hof Capelle bei Beltershausen
Der Verfall der Kapelle setzte bereits in der ersten Hälfte des 17. Jh. ein. 1625 waren die Dächer schon so weit heruntergekommen, daß das darunterliegende Gewölbe begonnen hatte, durch eindringende Regennässe Schaden zu nehmen. Dennoch wurde die Kapelle gelegentlich noch für Gottesdienste genutzt. Im 18. Jh. diente der Bau als Holzlager. Zwischen 1807 und 1813 während der kurzen Herrschaft des Königreichs Westfalen riß man die noch vorhandenen Reste des Gewölbes ab, zwischen 1870 und 1872 wurde dann die gesamte Ruine abgetragen. Heute erinnert nur noch ein 1872 aufgestellter und 1911 erneuerter Gedenkstein an den Standort der Kapelle und den Anlaß ihrer Errichtung.
Hof Capelle bei Beltershausen
Handgezeichnete Karte des Landmessers Johann Heinrich Scheffer 1782, Ausschnitt
Die Karte ist gesüdet, daher hier um 180° gedreht, um sie auf heutige Sichtweise einzurichten (Norden oben).
Marburg und Umgebung
Karte aus der Landesaufnahme der Landgrafschaft Hessen-Kassel von Johann Georg Schleenstein 1705/10, Ausschnitt
Ermordung und Beisetzung des Magisters Konrad von Marburg
Im Juni 1227 betraute Papst Gregor IX. Magister Konrad von Marburg mit der Visitation der Pfarrgeistlichkeit und der Klöster im ganzen deutschsprachigen Raum des Heiligen Römischen Reiches und beauftragte ihn außerdem mit der unnachsichtigen Verfolgung von Ketzern, d. h. von Personen, die in irgendeiner Weise von der offiziellen Glaubenslehre der Kirche abwichen. Seine Aufgabe war es nun, Ketzer aufzuspüren und vor Gericht zu bringen. Auf diesem Gebiet war Konrad derart erfolgreich, daß Papst Gregor IX. ihn im Oktober 1231 zum Ketzerrichter berief und ihm weitreichende Amtsvollmachten verlieh. Konrad entwickelte in den darauffolgenden Jahren bei der Aufspürung und Aburteilung von Glaubensabweichlern eine stetig wachsende Rigorosität und Realitätsferne.
Bei einer Reichsversammlung am 25. Juli 1233 in Mainz, bei der auch König Heinrich (VII.), der Sohn Kaiser Friedrichs II., zugegen war, wagte es Magister Konrad, den hochangesehenen Grafen Heinrich III. von Sayn der Ketzerei zu beschuldigen und vor Gericht zu laden. Die anwesenden geistlichen und weltlichen Reichsfürsten waren mehrheitlich über Konrads Vorgehen empört und stellten sich schützend vor den Grafen. Konrad konnte sich mit seiner Anklage nicht durchsetzen und verließ vorzeitig die Reichsversammlung. Ohne militärischen Schutz zog er, lediglich von dem Franziskanermönch Gerhard Lützelkolbe begleitet, über Gießen auf der Straße Richtung Amöneburg durch den heutigen Ebsdorfer Grund gen Marburg. Nördlich von Beltershausen am östlichen Rand der bewaldeten Lahnberge wurden Konrad und Gerhard am 30. Juli 1233 von Bewaffneten überfallen und ermordet. Der Überlieferung nach soll es sich um Anhänger des Grafen von Sayn gehandelt haben, angeblich um Mitglieder der Adelsgeschlechter von Dernbach und der Schencken von Schweinsberg. Magister Konrad und Gerhard Lützelkolbe wurden in der Franziskus-Kirche des Elisabeth-Hospitals in Marburg beigesetzt.
In den fünfziger Jahren des 13. Jh. erwarb die Deutschordenskommende Marburg um den Tatort nördlich von Beltershausen umfangreichen Grundbesitz. Sie legte dort zwei Wirtschaftshöfe an und errichtete unmittelbar an der Stelle, wo Magister Konrad und sein Begleiter den Tod gefunden hatten, ab 1255 eine Marienkapelle, in der bis in die Reformationszeit hinein der beiden Ermordeten, insbesondere des Magisters Konrad gedacht wurde. Dann gerieten das Gotteshaus und der Anlaß seiner Erbauung zusehends in Vergessenheit.
1202 – 1247
Grabfigur aus Eichenholz, entstanden am Mittelrhein 1247/48, Teilansicht
Ehemals in der Kirche des Prämonstratenserklosters Bendorf-Sayn bei Koblenz
Seit 1920 im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg