Der wohlgeordnete Policey-Staat. Der Absolutismus in einem deutschen Kleinstaat und die Auswirkungen der Französischen Revolution (Geschichte im Archiv 3)
Der wohlgeordnete Policey-Staat. Der Absolutismus in einem deutschen Kleinstaat und die Auswirkungen der Französischen Revolution (Geschichte im Archiv 3)

Einführung

Im Westfälischen Frieden im Jahre 1648 [Dokument 1] wurde die endgültige Teilung der Landgrafschaft Hessen zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt sanktioniert [Dokument 2]. Die vordringlichste Sorge der energischen Regentinnen und Landgrafen von Hessen-Kassel in den folgenden Jahrhunderten galt dem Aufbau der durch den 30jährigen Krieg verwüsteten Landgrafschaft [Dokument 3]: Die Verwaltung wurde neu geordnet (1656), die Straßen gesichert (1651
u. 1661), das Postwesen organisiert (1662/63); vor allem versuchte Landgraf Wilhelm VI. die Wirtschaft durch Regulierung der Arbeitsverhältnisse, der Preise und der Währung (1653 u. 1662) wiederaufzurichten [Dokument 4, 5].

Genauso wichtig schien den Landgrafen der Wiederaufbau der reformierten Universität in Marburg 1653 und der lutherischen Universität in Rinteln in der Grafschaft Schaumburg, die 1647/48 zur Hälfte an Hessen-Kassel fiel. Auch die Stadt- und Lateinschulen gewannen relativ schnell ihre Bedeutung zurück [Dokument 6, 7]. Trotz der absolutistischen Bestrebungen der Landgrafen konnte die hessische Ritterschaft in einem Vertrag vom 2. Oktober 1655 bis zum Ende des Alten Reichs die verbürgte Mitbestimmung der Stände in Steuer-, Gerichts-, Militär-, Polizei- und Wirtschaftsangelegenheiten
bewahren.

So billigten auch die Landstände die berühmt-berüchtigten Truppenvermietungen. Der Ausbau des Heeres und die Subsidienverträge banden die hessischen Landgrafen, wie auch die Grafen von Waldeck, für fast ein Jahrhundert an Holland und England. Die Ausrüstung der Soldaten förderte auch die einheimische Wirtschaft [Dokument 8, 9, 10]. Die hohen Zahlungen der auswärtigen Mächte für die hessischen Truppen kamen nicht nur den Landesherren, sondern auch dem Lande zugute; die Landgrafen investierten ihren Anteil insbesondere in den Ausbau der Residenz (Schloßbau, Parkanlagen), in Kunst, Wissenschaft und Ökonomie [Dokument 11, 12]. Die Ansiedlung der Hugenotten (Hessische Freiheitskonzession vom 18. April 1685), die die hessischen Bauern und Handwerker nicht immer begrüßten, belebte zusätzlich die Wirtschaft und die Kultur [Dokument 13, 14].

Im Jahre 1736 gewann Hessen-Kassel - dem Erbvertrag aus dem Jahre 1643 entsprechend - mit der Grafschaft Hanau-Münzenberg ein Gebiet am Main hinzu, das im Sinne des Merkantilismus hochentwickelt war. Besonders die Landgrafen Karl (1677-1730) und Friedrich II. (1760-1785) waren bestrebt, durch Investitionsanreize ausländische Unternehmer ins Land zu ziehen, um die Produktion von Waren im Land zu fördern. Luxuswaren wurden mit hohen Zöllen versehen und der Erwerb solcher Güter den einfachen Bürgern verboten [Dokument 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21]. Die Zünfte wurden staatlicher Kontrolle unterstellt. Das erst ab 1816 zu Hessen gehörende Gebiet der Fürstabtei Fulda, ab 1752 Fürstbistum, entwickelte sich unter seinen ehrgeizigen Fürstbischöfen zu einem Juwel der Barockkunst [Dokument 23].

Auch in der Judenpolitik versuchten die Landgrafen - gemessen an anderen Staaten - das Ideal eines wohlgeordneten Policeystaats durchzusetzen [Dokument 24].

In der letzten Jahren vor der Französischen Revolution gab es in Hessen-Kassel Ansätze zum Aufgeklärten Absolutismus nach dem Vorbild Brandenburg-Preußens: Die hessischen Landesordnungen wurden gesammelt, ein Gesetz über die Erhaltung der Monumente und Altertümer erlassen [Dokument 25], das Wohlfahrtswesen, die Wirtschaft und die Justiz reformiert, ein Entbindungs- und Findelhaus und ein Krankenhaus, die Charité, in Kassel eingerichtet [Dokument 26].

Getrübt wird das durchaus positive Bild durch den Subsidienvertrag mit England, den Landgraf Friedrich II., wie andere Fürsten im Reich, im Jahre 1776 abschloß. Zur Erfüllung dieses Vertrags wurden hessische Landeskinder ausgehoben, Fremde unter dubiosen Methoden angeworben und nach Amerika geschickt [Dokument 27, 28]. Die hohen Zahlungen kamen nicht dem Fürsten allein, sondern anteilig auch dem Land zugute. Der Landgraf vertraute die enormen Summen
Frankfurter Bankhäusern an, so daß die Landgrafen von Hessen-Kassel die reichsten Fürsten ihrer Zeit wurden [Dokument 29]. Von den 17.000 Soldaten kehrten etwa 6.500 nicht zurück; die meisten von ihnen waren umgekommen, einigen war die Desertation gelungen. Den Empfang ihrer Briefe in der Heimat suchte man unmittelbar nach dem Pariser Vertrag (1784) zu unterbinden, nach dem Ausbruch der Französischen Revolution wurde das Verbot (1796) wiederholt [Dokument 30].

Die erste Reaktion der hessischen Regierung auf die Französische Revolution war die Abwehr aller freiheitlichen Ideen: Postkontrolle-, Zeitungsverbote [Dokument 31, 32, 33, 34] und die Aufnahme adeliger Flüchtlinge [Dokument 35, 36, 37]. Im übrigen versuchte die Regierung in Kassel die Grenzen für Menschen und Ideen zu schließen [Dokument 38, 39].

Der Landgraf verbot an seinen Universitäten die Philosophie Immanuel Kants und erließ 1795 eine "Verordnung wegen Bestrafung des Hochverrats und der Staatsverbrechen" [Dokument 40, 44], ein Gesetz, das bis zur Märzrevolution 1848 Gültigkeit hatte. Der letzte Landgraf Wilhelm IX. verband sein außenpolitisches Engagement mit dem ehrgeizigen Ziel, die Kurwürde zu erlangen. Als er sie im Jahre 1803 im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt, hatte das Heilige Römische Reich deutscher Nation fast aufgehört zu existieren [Dokument 41]. Die hessischen Soldaten kämpften anfangs mit Österreich und Preußen gegen die Revolutionstruppen. 1795 folgte der Landgraf dem preußischen Vorbild und schloß jedoch Frieden. 1806 hegte er die Hoffnung, daß Napoleon seine Neutralität anerkennen werde.

Obwohl der letzte Landgraf (ab 1803 Kurfürst Wilhelm I.) wenig Interesse für seine Universitäten in Marburg und Rinteln aufbrachte, war die Philipps-Universität durch bedeutende Gelehrte wie den Juristen Karl Friedrich von Savigny für einige Jahre ein anziehender Studienort. Savigny förderte nicht nur Jacob und Wilhelm Grimm, sondern ermöglichte ihnen einen engen Kontakt zu Clemens Brentano, seinem Schwager, und zu dessen Schwester Bettina [Dokument 42, 43, 44].

Nach der Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt 1806 besetzten die Franzosen Hessen; der Kurfürst floh nach Prag, und Hessen-Kassel wurde der südlichste Teil des 1807 errichteten Königreichs Westphalen [Dokument 45]. Jérôme Napoléon residierte in Kassel. Trotz der Übernahme des Code Napoleon (Einführung der Gewerbefreiheit, Judenemanzipation, Aufhebung der Leibeigenschaft [Dokument 46] empfand die hessische Bevölkerung die Fremdherrschft als drückend. In zahlreichen Aufständen versuchten 1806-1813 die Widerständler die Franzosen zu vertreiben [Dokument 47, 48]. Die unter Jérôme Napoléon wieder aufgeblühten Freimaurer-Logen [Dokument 49] konnten nach dem Ende der Franzosenherrschaft noch einige Jahre weiterexistieren.

Als der Kurfürst im Jahre 1813 zurückkehrte, empfing ihn das Volk mit Begeistung. "Hessen!. Mit eurem Namen nenne ich Euch wieder!" [Dokument 50] lautete der erste Satz der offiziellen Begrüßung des Kronprinzen. Mit dem Kurfürsten kehrte zwar ein einheimischer Fürst, aber auch der Spätabsolutismus zurück [Dokument 51].

Absolutismus in Hessen-Kassel

Im Westfälischen Frieden im Jahre 1648 [Dokument 1] wurde die endgültige Teilung der Landgrafschaft Hessen zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt sanktioniert [Dokument 2]. Die vordringlichste Sorge der energischen Regentinnen und Landgrafen von Hessen-Kassel in den folgenden Jahrhunderten galt dem Aufbau der durch den 30jährigen Krieg verwüsteten Landgrafschaft [Dokument 3]: Die Verwaltung wurde neu geordnet (1656), die Straßen gesichert (1651
u. 1661), das Postwesen organisiert (1662/63); vor allem versuchte Landgraf Wilhelm VI. die Wirtschaft durch Regulierung der Arbeitsverhältnisse, der Preise und der Währung (1653 u. 1662) wiederaufzurichten [Dokument 4, 5].

Genauso wichtig schien den Landgrafen der Wiederaufbau der reformierten Universität in Marburg 1653 und der lutherischen Universität in Rinteln in der Grafschaft Schaumburg, die 1647/48 zur Hälfte an Hessen-Kassel fiel. Auch die Stadt- und Lateinschulen gewannen relativ schnell ihre Bedeutung zurück [Dokument 6, 7]. Trotz der absolutistischen Bestrebungen der Landgrafen konnte die hessische Ritterschaft in einem Vertrag vom 2. Oktober 1655 bis zum Ende des Alten Reichs die verbürgte Mitbestimmung der Stände in Steuer-, Gerichts-, Militär-, Polizei- und Wirtschaftsangelegenheiten
bewahren.

So billigten auch die Landstände die berühmt-berüchtigten Truppenvermietungen. Der Ausbau des Heeres und die Subsidienverträge banden die hessischen Landgrafen, wie auch die Grafen von Waldeck, für fast ein Jahrhundert an Holland und England. Die Ausrüstung der Soldaten förderte auch die einheimische Wirtschaft [Dokument 8, 9, 10]. Die hohen Zahlungen der auswärtigen Mächte für die hessischen Truppen kamen nicht nur den Landesherren, sondern auch dem Lande zugute; die Landgrafen investierten ihren Anteil insbesondere in den Ausbau der Residenz (Schloßbau, Parkanlagen), in Kunst, Wissenschaft und Ökonomie [Dokument 11, 12]. Die Ansiedlung der Hugenotten (Hessische Freiheitskonzession vom 18. April 1685), die die hessischen Bauern und Handwerker nicht immer begrüßten, belebte zusätzlich die Wirtschaft und die Kultur [Dokument 13, 14].

Im Jahre 1736 gewann Hessen-Kassel - dem Erbvertrag aus dem Jahre 1643 entsprechend - mit der Grafschaft Hanau-Münzenberg ein Gebiet am Main hinzu, das im Sinne des Merkantilismus hochentwickelt war. Besonders die Landgrafen Karl (1677-1730) und Friedrich II. (1760-1785) waren bestrebt, durch Investitionsanreize ausländische Unternehmer ins Land zu ziehen, um die Produktion von Waren im Land zu fördern. Luxuswaren wurden mit hohen Zöllen versehen und der Erwerb solcher Güter den einfachen Bürgern verboten [Dokument 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21]. Die Zünfte wurden staatlicher Kontrolle unterstellt. Das erst ab 1816 zu Hessen gehörende Gebiet der Fürstabtei Fulda, ab 1752 Fürstbistum, entwickelte sich unter seinen ehrgeizigen Fürstbischöfen zu einem Juwel der Barockkunst [Dokument 23].

Auch in der Judenpolitik versuchten die Landgrafen - gemessen an anderen Staaten - das Ideal eines wohlgeordneten Policeystaats durchzusetzen [Dokument 24].

In der letzten Jahren vor der Französischen Revolution gab es in Hessen-Kassel Ansätze zum Aufgeklärten Absolutismus nach dem Vorbild Brandenburg-Preußens: Die hessischen Landesordnungen wurden gesammelt, ein Gesetz über die Erhaltung der Monumente und Altertümer erlassen [Dokument 25], das Wohlfahrtswesen, die Wirtschaft und die Justiz reformiert, ein Entbindungs- und Findelhaus und ein Krankenhaus, die Charité, in Kassel eingerichtet [Dokument 26].

Getrübt wird das durchaus positive Bild durch den Subsidienvertrag mit England, den Landgraf Friedrich II., wie andere Fürsten im Reich, im Jahre 1776 abschloß. Zur Erfüllung dieses Vertrags wurden hessische Landeskinder ausgehoben, Fremde unter dubiosen Methoden angeworben und nach Amerika geschickt [Dokument 27, 28]. Die hohen Zahlungen kamen nicht dem Fürsten allein, sondern anteilig auch dem Land zugute. Der Landgraf vertraute die enormen Summen
Frankfurter Bankhäusern an, so daß die Landgrafen von Hessen-Kassel die reichsten Fürsten ihrer Zeit wurden [Dokument 29]. Von den 17.000 Soldaten kehrten etwa 6.500 nicht zurück; die meisten von ihnen waren umgekommen, einigen war die Desertation gelungen. Den Empfang ihrer Briefe in der Heimat suchte man unmittelbar nach dem Pariser Vertrag (1784) zu unterbinden, nach dem Ausbruch der Französischen Revolution wurde das Verbot (1796) wiederholt [Dokument 30].

Flugblatt des Postreiters mit Verkündung des Westfälischen Friedensschlusses, 1648
Flugblatt des Postreiters mit Verkündung des Westfälischen Friedensschlusses, 1648

Flugblatt zum Westfälischen Friedensschluß



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Auszug aus dem Friedensvertrag zu Münster über die Teilung der Landgrafschaft Hessen, 16. April 1643
Auszug aus dem Friedensvertrag zu Münster über die Teilung der Landgrafschaft Hessen, 16. April 1643
Der Friedensvertrag zu Münster/Osnabrück 1648 sanktioniert die Teilung der Landgrafschaft Hessen. 






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Auszug aus der Chronik des Stausebacher Bauers Caspar Preis über die Zustände in Stausebach und Amöneburg, 1646-1648
Der Stausebacher Bauer Caspar Preis berichtet in seiner Chronik von den Zuständen in seinem Dorf und in der Stadt Amöneburg.


Auszug aus der Stausebacher Chronik des Caspar Preis

Ach, wie gar hart strafft uns doch unser Herr Gott im Jahr 1646, dan es bleib doch nicht das Geringste überall, auch nicht das Allergeringste. Es ginge zu Scheidern die liebe Frucht allzumall, das man auch das mal kaum konte sehen, wo Frucht hatte gestanden umb unser Dorf. [...] Die Wisen war dermasen zertrettet, das man sie kaum vor Wisen erkenen thäte. Die Dörfer wurden verbrand und abgerissen und ins Läger geführet, dan mit dem Holtz musten sie backen und brauen. [...] Alle die Dächer abgerissen, inwendig auch so gar zerhäuben und verwüstet, das kein Mensch darinen hätte können bleiben.[...].
Den Tag, da sie uffzogen, da steckten die Hesen die Statt Omeneburgk in Brand, gar nahe ein jdes Haus, in Sonderheit das churfürstliche Schloß zuerst. Es blibe noch etliche Heuser stehen nach dem Brand wie auch die Kirche. Aber nach 5 Tagen ward die Kirche wie auch die überige Heuser noch einmal uff ein neues angestecket. Musten auch in die Asche gelegt werden. [...] Da konten wir gantz und zumal nicht bleiben. Wir musten weichen und die Dörfer lehr lasen stehen und must ein j[e]der seines Bestens gedenken. Ich mit Weib und Kind begabe mich nach Fritzlar. [...] Im Jar 1647 vierzehen Tag vor Ostern zogen wir wider von Fritzlar nach Stausenbach. Ach Gott wie funden wir so wüsten Heuser. Wir fingen wider an zu bauen und auch wider ein wenig außzustellen ein j[e]der was er vermocht. In Fritzlar, da hilten sich den Winder uff alzeit an die dreyhundert Menschen jung und alt. Von der Omeneburgk waren ihrer neuntzig darinnen, die andern aus den verderbten Dörfern. Die Leuth von Omeneburgk zogen auch wider nach dem Berg wie wohl sie keine Heuser mehr hatten. Fingen wider an auszustellen und hilten sich uff ein j[e]der wie er kont und mocht in den Källern und in den Dörfern darumb her.
[...] Alles Unglück und alle Trübsall zu erzellen ist in meinem Vermögen nicht. Auch was ich schon weiß und gesehen habe. So kan ich es doch nicht wegen meiner Arbeit, dan wan ich schon itzunder so viel Hände hätt als Glitmasen an meinem gantzen Leib, so hätten sie alle gnungsam zu thun. Wan ich auch schon alles was ich gesehen und schmertzlich erfahren habe, erzellet, so glaubet es noch nimand, der eine besere Zeit erleben würde. In Suma es war eine über die masen erbärmliche Zeit. [...] In dießem Jahr ward das Rauscheburger Schloß zersprenget, zum Kirchain der stumbe Thurn, alle die Thurn zu Omeneburgk, auch ein großer Thurn zu Schweinsburg, alle mit Bulfer zersprenget und nidergeworfen. Es war eine ellende Zeit mit dem Krig in diesem Land. Es glaubets niemand, wer es nicht erfahren hatt. Wie ellendiglich haben wir uns müßen verkrichen und verstecken in Häcken und Streuchen, das sie uns nicht erdapen kunden. [...]

In Anno 1648, da zogen die Völker nach dem Bäyerland, das wir hier in diesem Land ein wenig Ruhe hatten und baueten die zerrissene Bäuw wieder ein wenig, das wir uns darinnen behelfen konten. Auch du treuer barmhertziger güttiger Gott, wie ein armes zerrissenes und verstörtes Dorf war Stausenbach dasmal. O wie waren wir so gar arme, ja gar arme Leuth. Nun wie oben gesagt im Jar 1648, da ward nach des allerhöchsten Gottes seinem göttlichen Willen einmal der lang gehofften und gewünschten lieben Frieden getroffen und gemacht und einmal geschlossen zu Münster der werten Stadt in Westvallen, da aus allen Orten des Römischen Reichs Gesanden gewesen seind wol neun gantzeJahr und an dem lieben Friden tracktiret.

[Transkribiert von Helmut Klingelhöfer, Marburg]




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Fürstliches Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm IV. (1629-1663) von Hessen über den Handel mit ausländischem Salz, 16. April 1660
Fürstliches Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm IV. (1629-1663) von Hessen über den Handel mit ausländischem Salz, 16. April 1660
Mit grundlegenden Edikten über den Straßenbau und die Regulierung der Arbeitsverhältnisse und der Preise versucht Landgraf Wilhelm VI. in den Jahren 1651 und 1653 Handel und Verkehr in der Landgrafschaft zu beleben und die einheimische Wirtschaft zu schützen. 



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Fürstliches Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm VI. (1629-1663) von Hessen über Straßen- und Wegebau sowie Sauberhalten von Straßen und Wasserwegen, 13. Juni 1651
Fürstliches Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm VI. (1629-1663) von Hessen über Straßen- und Wegebau sowie Sauberhalten von Straßen und Wasserwegen, 13. Juni 1651

Mit grundlegenden Edikten über den Straßenbau und die Regulierung der Arbeitsverhältnisse und der Preise versucht Landgraf Wilhelm VI. in den Jahren 1651 und 1653 Handel und Verkehr in der Landgrafschaft zu beleben und die einheimische Wirtschaft zu schützen.


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Auszug aus: Gründliche und Wahrhaffte Beschreibung der Fürstenthümer Hessen und Hersfeld von Johannes Winckelmann über den Vergleich der Stadt Marburg mit dem menschlichen Körper, 1697
Johannes Winckelmann beschreibt in seiner "Gründliche[n] und Wahrhaffte[n] Beschreibung der Fürstenthümer Hessen und Hersfeld" [Bremen 1697, S. 216 ff.] die Stadt Marburg und vergleicht sie mit einem menschlichen Körper. Die nach dem Dreißigjährigen Krieg 1653 wiedererrichtete Universität fügt er in dieses Bild ein.

Johannes Winckelmann "Gründliche und wahrhaffte Beschreibung der Fürstentümer Hessen und Hersfeld":

Wan man die Stadt wegen ihres Lagers ins gemein einem aufgerichteten und ausgedehnten Menschen vergleichen wil / so kan sie nach desselben Gestalt und Form also beschrieben werden. Das so wol von Natur oder Kunst gefestete Schloß gleichet einem mit einer Cron gezierten Menschen=Haupt / ist vor Zeiten / wie schon gehört / der Herrn Landgrafen beständige Residenz gewesen [...].

Geredet wird von der hiesigen Universität oder hohen Schul / so drey herrliche Collegia hat: Das erste [...] / das Kugel=Haus mit der Oeconomia oder Probstey vor die Stipendiaten / gibt die rechte Schulter / und die Barfüsser=Gasse den rechten Arm / woselbst stehet das Barfüsser=Closter / welche Münche im Jahr 1291 gen Marpurg kommen / und dahin gebauet haben / itzo ist das Collegium Medicum und Philisophicum, auch mit vielen Gemächern vor die Fürstliche Stipendiaten zuwohnen versehen / worin auch die Universität Bibliothec stehet. Das Dominicaner=Closter ist ein sehr raumiges und treffliches steinernes Gebäu / erbauet im Jahr 1212 [...], das große Gebäu ist von H[err]n Landgraf Philipsen dem Großmütigen / der juristischen Facultät und dem Pädagogio zugeordnet / darin ist zugleich die Rath=Stube der Herrn Professoren / auch hat Herr Landgraf Wilhelm VI. zu Hessen eine schöne Kirche im Jahr 1658 darinn vor die Reformirten anrichten lassen / ist mit einer schönen und kostbaren Orgel gezieret. Unter diesem Collegio liegt die Kunstreiche von Stein aufgeführte Mühle / dergleichen man in der Gegend daherum nicht leicht finden wird [...].

Gedachtes Collegium und die Mühle geben den Unterleib / die Straßen / der Grün genant / mit den Schlag=Papier= und Kupfer=Mühlen den rechten Fuß / und Weidenhausen den linken Fuß. Inner und außer dem Thor sind feine Hospitalia vor arme und gebrechliche alte Leute.

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Auszug aus der Verordnung des Landgrafen Wilhelm VI. (1629-1663) über die Regelung des Unterrichts für die allgemeinen Schulen, 7. Juli 1656
Die "Ordnung" für die "Unter=Schulen" vom Juli 1656 soll den Unterricht für die allgemeinen Schulen im Land regeln.

Unter=Schul=Ordnung
vom 7ten Julii 1656

Ordnung,
[...] Wie es hinkünfftig mit Unterrichtung der Jugend in den Unterschulen Unserer Fürstentumben und darzu gehöriger Graff: Herrschafft: und Landen gehalten werden soll.

Inhalt

A. Vorrede.
B. Die Ordnung selbst.

Cap.I. Von Ordnung der Classen und was bey denselben insgemein in acht zu nehmen.

II. Von der Meta einer jeglichen Claß, und was darbey für Authores zu treiben.

III. Wie die Lectiones in allen Classen durch die gantze Woche anzutheilen [...]

IV. Von gemeinen Mitteln, wie die freyen Künste und Sprachen zu treiben. [...]


[aus A:] Alß Uns aber unterthänig vorgebracht worden, welchergestalt [...] Unsere Schulen durch das leidige Kriegswesen, durch welches Unser liebes Vatterland teutscher Nation allerends fast gantz ruinirt und zu Boden gerichtet, dergestalt in Unordnung und Abgang gerathen, daß eine geraume Zeit hero in dem mehrentheils derselben, weder das rechte Ziel einer jeden Claß gehalten, noch die Zucht gebührender massen gewahret, noch die rechte Art zu lehren gebrauchet, endlich auch die nothwendige Auffsicht fast durchgehends ziemblich gesparet, und über solches alles in den verschiedenen Schulen unserer Fürstentumben, Graff: Herrschafften und Landen eine sehr grosse Ungleichheit so wol in der Lehr und den Auctoren alß in füglicher Art, dieselbe nützlich zu tractiren, nicht ohne mercklichen Schaden und Nachtheil der Schüler verspüret worden. Und Wir dann Gott zu Ehren, und dem gemeinen Nutzen, und männiglich, vornemtblich aber Unsern Unterthanen zu besten, dem zerfallenen Schulwesen wieder auffzuhelffen, und berührte und andere Mängel abzuschaffen, eine Nothdurfft erachtet, [...] so haben Wir [...] folgende Verordnungen hierunter ergehen lassen, nach welchem sich ein jeder [...] zu richten hette [...].

B. Das erste Capitel. Von Ordnung der Classen, und was bey denselben ins gemein in acht zu nehmen.

I.

Gleich wie die Menschen ungleiches Alters und Verstandes sind, und immer für dem anderen den Vorzug hat, so muß die Menge der Schüler, bevorab so noch geringes Alters, in den Schulen wol unterschieden und einer jeden Claß ein eigener Lehrmeister zugeordnet werden, auff welchen die ihme untergebene Knaben eintzig und allein sehen, und dessen Art im Lesen, Schreiben und Ausreden, sich durchauß, so viel müglich bequemen, und ihme dieselbige anlernen sollen [...].

2. [...] dann aber der Knaben wenig [sind], können unterschiedene Classen durch einen Schul= oder Lehrmeister wol versehen werden.

3. Hingegen aber, wo die Städte groß, und die Anzahl der Knaben auch fürhanden [...], da sollen und müssen die Knaben nach ihren Jahren und Verstand, in acht Classen abgetheilet, und so viel möglich zum treulichsten unterrichtet werden.

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Handzeichnung mit Texterläuterungen zum Wollschaf
Handzeichnung mit Texterläuterungen zum Wollschaf
An der Zeichnung des sogenannten Wollschafs und durch den erläuternden Text soll den hessischen Wollzüchtern und Tuchherstellern erklärt werden, welche Schafwolle sich für welches Produkt besonders eignet.

Das Wollschaf


Der Pelz eines einschürig vierjährigen Schaaf-Bocks, aus einer
der besten einländischen Schaafhaltereyen, giebt:
Sub lit: nach obiger Verzeichnung:Hannov:Gewicht.


Pfund Loth.
g. - Sorte zu extra feinen Camlot-Ketten--
f. -" feinen als auch groben Camelot-Kette-5 ½
d. -zum feinen Camelot-Einschlag-6 ½
e. -" groben Camelot-Einschlag, als auch Rasch-Kette 2.5 ½
L. -zur extra feinen Tuch-Kette --
j. -zur extra feinen Tuch-Einschlag--
h. -zur feinen Tuch-Kette - ---
m. -zum feinen Tuch-Einschlag - ---
a. -zur groben Tuch-Kette,
auf dem Kopf 6 ½ Loth, auf dem Rücken 2 ¼, und an den
Beinen 2 ¼ Loth, zusammen
--
n. -zu groben Ruch-Einschlag - --11.
b. -UnterfutterKette: auf dem Halse 4 Loth und unter dem
Halse 1 ¼ Loth, zusammen -
-5 ¼
c. -zu Unterfutter-Einschlag - -3 ½
k. -" Strück= und auf ordinairen Challon-Kette--


---------------------
Obiges ist von beyden Seiten des Schaafbocks zu verstehen
und sämtliche Wolle gewogen

3.

25 ³/4



 

 


 





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Schreiben mit Gesuch des Fabrikanten Philipp Pitel aus Hohenkirchen an Kammerdirektor Bopp wegen eines Kredits zur Finanzierung einer Kalandermaschine zum Einfärben und Appretieren von Stoffen und Handzeichnung einer Kalandermaschine mit Texterläuterungen
Schreiben mit Gesuch des Fabrikanten Philipp Pitel aus Hohenkirchen an Kammerdirektor Bopp wegen eines Kredits zur Finanzierung einer Kalandermaschine zum Einfärben und Appretieren von Stoffen und Handzeichnung einer Kalandermaschine mit Texterläuterungen
Die "Kalandermaschine", die der Fabrikant Philipp Pitel aus Hohenkirchen am 11.8.1776 mit dieser Zeichnung vorstellt, soll eine Erleichterung beim Appretieren von Stoffen ermöglichen. Pitel bittet um staatliche Hilfe.

Die Kalandermaschine

Der "Fabricant" Philipp Pitel aus Hohenkirchen bittet 1776 in einem Schreiben an Kammerdirektor Bopp um einen Vorschuß zur Finanzierung einer neuen Maschine zum Appretieren von Stoffen.

Die drei Walzen der Maschine werden im linken Bild (s. S. 21) wie folgt erklärt:

1. Diese ist Von Kupfer, 2. 3. die seyn Von Holz,
[die Zahnräder] die seyn alle von Eisen gemacht,
[die Kurbel] dieses wird Von 2 Menschen gedrecket;

Unter dem Bild heißt es:

1 da kan es aufgemacht werden, wo die Stahle in hin kommen, diese seynd die Stähle, die in hin kommen, und die müssen glüen[d] seyn ein oben und der andre unten

die Mutter must von Stahl seyn alle 6 müssen von Stahl gemacht werden und

[rechter Schriftblock]

und die Mutter No 1, wo der Teckel ist da kan aus der Mutter die Wältze aus heben, und die das Eisen (?) in der Walze ist aus un[d] ein zu gemacht da man den Teckel auf machen und die Stahle in ein thun und wieder zu machen

Das rechte Bild zeigt den Arbeiter von hinten, die Schrift lautet:

das ist der hinster Theil wie er setzen mus





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Auszug aus dem Aktenvermerk des Hessischen Geheimen Rats mit Vorschlag, dass der Tuchfabrikant Beyer eine Tuchprobe weben soll, 12. Januar 1765
Ein "Fabricant" wird aufgefordert, eine Tuchprobe zu weben; von dem Ergebnis wird eine eventuelle Bestellung für das Heer abhängen.

Die unter Aufsicht des Geheimen Kriegsrath Schmerfelds alhier angelegte freie Wollen Tuchfabrique betr. 1765

Durchlauchtigster Landgraff,
Gnädigster Fürst und Herr!

Nachdem Euer Hochfürstliche Durchlaucht dem Commercien Collegio ohnlängst gnädigst auffgetragen haben, zu untersuchen, wie die Anlegung einer Wollentuch Fabrique, woraus in Zukunft selbst der gantze OfficiersStand von den Hessischen Trouppen zu montieren sey, zu Stande gebracht werden können; So hat man den seit einigen Jahren sich hier etablirten Fabricanten Beyer, welcher vorhin bey dem Lagerhauß zu Berlin geweßen, vorgefordert und darüber vernommen [...].

So stellen zu euer Hochfürstlichen Durchl. Höchsten Gefallen wir [...] auff die von dem Fabricanten Beyer vorgeschlagene Weise mit einem halben Stück Tuch eine Probe durch denselben zu veranstalten und Ihm des Endes die 22 Pfund Leipziger Wolle zu verschaffen seyn möge, hier durch in der submissesten respecte anheim, worinnen wir lebenswährend beharren
Euer Hochfürstlichsten Durchl.

unterthänigste treugehorsamste
Waitz, Kuchenbecker, Robert, Goerren

Cassell den 12. Jan. 1765



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Aufriss- und Grundrisszeichnung für den Bau der „Chinesischen Häuser“ in Wilhelmsthal bei Kassel, um 1800
Aufriss- und Grundrisszeichnung für den Bau der „Chinesischen Häuser“ in Wilhelmsthal bei Kassel, um 1800
Plan für den Bau der "chinesischen Häuser" in Wilhelmsthal bei Kassel.



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Verordnung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen über die Förderung des Seidenraupenzucht und das Anlegen von Maulbeerplantagen, 16. Februar 1770
Verordnung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen über die Förderung des Seidenraupenzucht und das Anlegen von Maulbeerplantagen, 16. Februar 1770
Verordnung zu Beförderung des Seidenbaues und desfalls nöthiger Maulbeerplantagen vom 16ten Februar 1770.







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Freiheits-Konzession des Landgrafen Karl von Hessen für Glaubensflüchtlinge in bezug auf Glaubensfreiheit, Befreiung von Steuern und Zunftzwang, 18. April 1685
Freiheits-Konzession des Landgrafen Karl von Hessen für Glaubensflüchtlinge in bezug auf Glaubensfreiheit, Befreiung von Steuern und Zunftzwang, 18. April 1685
In der berühmten "Freiheits-Concession" vom 18. April 1685 erhalten die ausländischen "Manufacturiers" besondere Rechte, wenn sie sich in Hessen-Kassel niederlassen.



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Drei Privilegien des Hessischen Geheimen Rats für französische Facharbeiter, 1686/87
Privilegien für französische Facharbeiter aus den Jahren 1686 und 1687.

Drei Privilegien für Produzenten von Luxusgütern

I.
Nachdem wir Supplicirendem Französischen Seiden Stoffmacher Florent Butin die unsern vor die ahnhero geflüchteten Franzosen den 12. Dec[em]br. ao. 1685 ausgelaßenen Edict enthaltene Freyheiten und privilegia auf Zehn Jahr lang in gnaden eingewilligt haben, alß haben sich unsere Beamten wie auch Bürgermeister und Rath allhier danach gehörig zu achten, und Supplicanten ermelte Zeit über aller in oberwehrtem Edict begriffenen Freyheiten genießen zu laßen.

Cassel d. 23. Dec[em]br. 1687

Auf
Florent Butin französischen SeydenStoffmachers supplic.

StAM Best. 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 9733


II.
Demnach Wir Supplicanten Isaac du Chemin auf Zwantzig Jahr lang Freyheit von allen oneribus verstattet und ihm dabey den titul de Marchand et Miroitier [Spiegel] de la Cour aus gnaden beygeleget haben, alß befehlen wir unsern Beamten, wie auch Bürgermeistern und Rath alhier gnädigst, sich hiernach der Gehör zu achten und Supplicanten solche Zwantzig Jahr über von allen oneribus zu verschonen.
Weisenstein d. 30. Juny 1687.
Auf
des Franzosen Isaac du Chemin supplic.

StAM Best. 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 9735


III.
Auf Zwölf Jahre lang verstatten Wir Supplicanten derogestalt Freyheit in gnaden, daß er sich auf seine eigene Kosten estabiliren solle, Unsern hiesigen Beamten, wie Bürgermeister und Rath gnädigst befehlend, solche Zeit über denselben vor allen oneribus frey und ohnbelastet zu laßen.

Cassell den 23. April 1686

Uf
des EdelsteinSchleifers
Jaques de Marolles supplic.

 


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Auszug aus dem Edikt des Landgrafen Friedrich I. von Hessen über die Erlaubnis des Tragens in- oder ausländischer Wollstoffe, 27. Juli 1739
Das Edikt aus dem Jahr 1739 legt fest, welche "Unterthanen" inländische Tuche tragen müssen. Es ist ein Beispiel dafür, wie ein Landesfürst über den Weg der Ständeordnung die inländische Tuchproduktion zu fördern versucht. 

Edict,

worinn vorgeschrieben, wer innländische wollene Tuche tragen soll,
und wem ausländische zu tragen erlaubt ist, nebst Puncten, wornach
sich in Verfertig= und Verkaufung innländischer wollenen Tuche
und anderer Wollenwaaren zu achten.
Vom 27. Junii 1739


Wir Friedrich von Gottes Gnaden [...] Landgraff zu Hessen etc.

Fügen Jedermänniglich in Unsern Fürstenthümern [...] zu wissen: Was maßen Wir einige Zeithero misfällig wahrnehmen müssen, wie daß bey denen Wollen=Fabriquen in Unsern Landen sich ein solcher Nahrungs=Abgang nach und nach verspüren lassen, daß nicht allein viele Meistere ihre Profession fernerhin zu treiben hierdurch außer Stand gesetzt, sondern auch viele von Unsern Unterthanen, so sich hierbey durch Wollenspinnereyen und sonsten mit genehret, ihre sonst gehabte Nahrung gleichergestalt merklich entzogen worden.

Nun haben wir [...] gleich Unsern Durchläuchtigsten Vorfahren bereits [...] mehrmahlen Verfügung gethan; Damit aber jedoch der hierunter tragende heylsame Endzweck desto füglicher erreichet und der bis dahin ermangelnde Debit um destomehr hinwiederum in Aufnahme gebracht werden möge; So setzen, ordnen und wollen Wir gnädigst und ernstlich, daß hinkünftig sobald nach Publication dieser Unser Verordnung


I.
Alle und jede Bürger, Baueren und Handwercks=Leute, Tagelöhner und dergleichen, wie auch die Juden und deren Weiber und Kinder [...] sich keiner andern Wollen=Tuchen und Wollen=Zeugen, alß welche in Unsern Landen fabricirt, gebrauchen und tragen sollen. Worunter wir jedoch


II.
Vermögende Kauff= und Handel=Leute, wann Sie ein Capital von 6.000 RthaL: ex propriis im Handel zu haben, glaubhaft darthun können, [...] hierunter solchenfalls nicht mitbegriffen haben wollen [...].


IV.
Nach Publication dieser Unserer Verordnung von ein= oder andern vorbenahmten Persohnen sich einige ausländische Wollen=Tuche oder Wollen=Zeuge anzukauffen unterfangen werden möchte, so soll nicht allein der Kauffer nebst Confiscation der erkaufften Waare, welche dem Anzeiger zu Theil werden soll, mit nahmhafter Geld=Straffe von 5., 10. auch mehren Thalern oder auch nach Befinden Leibes=Straffe belegt werden, sondern auch


V.
Diejenigen Schneider, welche dergleichen Wollen=Tuche und Wollen=Zeuge [...] in Arbeit nehmen, sofort auf davon geschehene Anzeige brevi manu aus der Zunft verstoßen seyn [...].



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Aktenvermerk zu dem Zeitungsartikel des Altonaer „Reichs Post Reuters“ Nr. 15 vom 19. Januar 1773 über den Erlass einer Kleiderordnung in Hessen-Kassel und Gegendarstellung in Nr. 16, 15. Februar 1773
Aktenvermerk zu dem Zeitungsartikel des Altonaer „Reichs Post Reuters“ Nr. 15 vom 19. Januar 1773 über den Erlass einer Kleiderordnung in Hessen-Kassel und Gegendarstellung in Nr. 16, 15. Februar 1773

Im Jahre 1773 erläßt Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel, wie viele Landgrafen vor ihm, eine strenge Kleiderordnung. Im "Reichs Post Reuter", der in Altona erscheint, amüsiert man sich über die hessischen Zustände.

Spott über die neue hessische Kleiderordnung von 1773

Aktennotiz zu einer Meldung über den Erlaß einer Kleiderordnung in Hessen-Kassel:

Aus dem 15. Stück des Altonaer "Reichs Post Reuters":
Cassell, 19. Jan.

Seit kurzem ist allhier eine neue Kleiderordnung eingeführt, wodurch der Adel vom Bürgerstande unterschieden wird. Alle Aemter in den hiesigen Landen sind verpachtet und ein Beamter muß in vier Aemtern die Justitz verwalten. Alle contracte müßen jährlich von neuem geschloßen und es muß darfür ein gewißes an die Landesherrl[iche] Kammer entrichtet werden.

Sofort nach Erscheinen der Zeitung wurde der hessische Agent vorstellig, und die 26. Nummer des "Reichs Post Reuters" mußte ein Dementi veröffentlichen:




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Akte mit Vorgang über die Übertretung der Kleiderordnung in der Grafschaft Schaumburg, 1775
Die Kontrolle über die Einhaltung der Kleiderordnung fällt besonders in den hessischen Gebieten schwer, die außerhalb Hessens liegen, wie hier in Schaumburg. Der Verstoß gegen die Kleiderordnung bei einer Hochzeit wird von den Behörden streng verfolgt.

Acta die Übertretung der Kleider Ordnung in der Grafschaft Schaumburg betreffend 1775

Durchlauchtigster Fürst
Gnädigster Fürst, Landgraf und Herr

Ew. Hochfürstliche Durchlaucht geruhen gnädigst, Sich von mir in tiefester Unterthänigkeit fürtragen zu laßen, wasgestalten ich mich mit der Dorothea Mumzen verehliget und den Hochzeits Tag auf hiesigen Rath=Hause nach bürgerlicher Arth in geziemenden Wohlstande auch Landes Ordnungen gemäß celebriret und vollenzogen habe. Meine derozeitige Brauth und nun mehrige Frau, hat dermahlen, nicht über Standes mäßig, sondern wie es den Bürgerlichen Stande zukomt, sich auf diesen vorberegten Hochzeits Tag sich geziemet gekleidet, und ein Cammisohl und Rock von Chagrin angehabt und getragen. Bey Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht gnädigst gesetzte Policey-Commission dahier in Rinteln bin ich wieder alles Verhoffen dem ohngeachtet den 10. dieses vorgefordert, und als ich daselbst schuldigster maßen erschienen, ist mir wieder alles Verhoffen von daher angedeutet worden, daß ich diese vorgeregte meiner nun mehrigen Frauen Kleidung aufs Rath-Hauß hieselbst binnen dreyen Tagen als confisciret einliefern solte.

Nun weiß ich mich auch wohl zu bescheiden, daß ein jeder, so gegen die gnädigste ins Land ergangene Verordnungen angehet, der darin gesetzten Straafen sich unterwerfen muß; allein ich hoffe nicht, daß ich oder meine jetztige Frau im geringsten gegen die Landes Ordnungen, so wegen der Kleidung ergangen, pecciret und gesündiget habe, angesehen meiner Frau diese Kleidungs-Stücke von dem hiesigen Kaufmann Meyer aus genommen hat, welcher ihr solche sehr angepriesen, mithin selbige so wenig als ich gewußt, ob gedachter Chagrin in dem Heßischen oder außerhalb Landes fabriciret ist. Gleich wie ich und meine Frau nun auf diese Arth gantz unverschuldeterweise, da wir in geringsten nicht wieder Ew. Hochfürstliche Durchlaucht gnädigst emanirten Kleiderordnung angegangen, sondern als es bürgerlich und ordentlich uns betragen und gekleidet haben, dennoch (sothane) Kleidung herrausgeben müßen; alß gelanget auch an Ew. Hochfürstl. Durchlaucht meine unterthänigste Bitte, vorwaltenden Umständen nach an dero dahier in Rinteln gnädigst bestelten Policey-Commission den huldreichsten Befehl ergehen zu laßen, daß selbige mich und meine Frau von aller Strafe und Einlieferung des Cammisohls und Rocks auch deren Confiscirung, frey und loßsprechen müße, zu welcher unterthänigsten zuversichtlich in tiefester Devotion ersterbe

Durchlauchtigster Fürst
Ew. Hochfürstl. Durchlaucht
unterthänigst treu gehorsamster
Friedrich Wilhelm Hormann
Bürger und Huttmacher in Rinteln

M. E. Cashelmann jun. concepit
Extract
Raths Protocolli d.d. Caßell den 23. May 1775


StAM Best. 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 840

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Genrebild: Die Kaffeeriecher aus der Zeit des Kaffeeverbots in Kassel 1797. Holzstich nach einem Gemälde von Louis Katzenstein (1822-1907), 1892
Genrebild: Die Kaffeeriecher aus der Zeit des Kaffeeverbots in Kassel 1797. Holzstich nach einem Gemälde von Louis Katzenstein (1822-1907), 1892

Ein Genrebild aus dem 19. Jahrhundert versucht die Szene festzuhalten, in der staatliche Angestellte, sogenannte "Kaffeeriecher", die Einhaltung des Verbots, "Caffé" zu trinken, kontrollieren.

 


 

 

 

 



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Verordnung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen gegen das Kaffeetrinken, 28. Januar 1766
Verordnung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen gegen das Kaffeetrinken, 28. Januar 1766

 

 

 


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Gesuche an die Regierung um Befreiung vom Verbot des Kaffeetrinkens, 4. Juli 1775
Den "gemeinen" Ständen ist es verboten, Luxuswaren zu kaufen und zu verwenden. Die "Verordnung gegen das allzustark eingerissene Caffé-Trinken" muß mehrfach verschärft werden. Trotzdem versuchen viele Bürger einen Dispens zu erhalten. Der Dispens für eine Hebamme zeigt, wie schwer es gefallen ist, das Kaffeeverbot durchzusetzen. Den Juden wird die Befreiung fast immer verweigert.

Gnedigste Dispensationes von dem Verbott des Coffée-Trinckens 1773 etc.

Nachdem Wir die Supplicantin von dem ergangenen Verbott des Coffée-Trinckens dergestalt gnädigst dispensiert haben, daß sie jedoch den auf den Coffée neuerlich gesetzten Import davon behörig entrichten und denen Persohnen, welchen das Coffée-Trincken Verbotten ist, solchen nicht vorsetzen, mithin kein unerlaubtes Coffée-Gelage bey sich gestatten soll: So haben diejenige, welche es angehet, sowohl, als Supplicantin selbst, sich darnach unterthänigst zu achten.

Caßell den 4. Jul. 1775

Ad Mandatum Speciale Smi.
v[idi]t. Lozz

Die Hebamme Louise Werners zu Exten wird von dem Verbott des Coffée-Trinckens g[nä]d[i]gst dispensirt.

StAM Best.: 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 848


Designation nachfolgende SchutzJuden, welche um Dispensation zum fernern Cofféetrinken nachsuchen.

1. Der Judenschaft Vorsteher Leckes und Gelderheber Jacob zu Marburg
2. Abraham Wertheim zu Eschwege
3. David Wolff "
4. Leyser Katzenstein "
5. Meyer Baremann und Gumbert Kugelmann zu Abterode
6. Isaac Levi und Meyer Wertheim zu Eschwege


Resol. d. D. Caßel d. 27 April [1773]
abgeschlagen


Zum Haupt Protocoll vom Monath October 1773:

[...] ad 7 Nr.1 Des SchutzJuden Jacob Süsmanns Ehefrau ist bewandten Umständen nach und da sie auf Befehl des Medici ihrem kranken Kinde Coffé geben müssen, die Strafe zu erlassen, jedoch sie sich ansonsten der Cofféordnung gnädigst zu betragen.

v[idi]t Lozz


StAM Best. 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 832 ("Hierinnen finden sich diejenige, denen das nachgesuchte Coffée Trinken gestattet und abgeschlagen worden. 1773")




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Gesuch der Putzmacherinnen Elisabetha und Louise Vollmarin an den Landgrafen Waren außerhalb Kassels beziehen zu dürfen und Vermerk der Erlaubnis des Landgrafen, 13. Dezember 1775
Die Schwestern Vollmar aus Marburg bitten, die Waren zur Herstellung ihrer Hauben außerhalb Hessen-Kassels beziehen zu dürfen. Ihrer Bitte wird zum Ärger der Marburger Kaufleute stattgegeben.



Denen beyden Vollmarischen Töchtern zu Marburg ertheilte Erlaubniß, daß sie die zum Puzmachen erforderliche Bedürfniße von auswärtigen Orten kommen laßen dürfen (1775)

Durchlauchtigster Landgraf
Gnädigster Fürst und Herr!

Ew. Hochfürstliche Durchlaucht wollen gnädigst geruhen Hochst. denenselben in aller unterthänigkeit vortragen zu laßen, was maßen ich mich schon seit geraumen Jahren, mit Verfertigung des Putzes für Frauenzimmer und Dames vom Stande beschäftige, und in der Verfertigung dergleichen Putzarbeit, einen Vorzug vor allen andern hierselbst habe.

Da ich aber wegen Abwechslung derer Moden, die dazu erforderliche Waaren an Flor, Blonden, Band, Taffet, Marley, Carcaßon, u.dgl. nicht allezeit bey den hiesigen Kaufleuten und auch nicht in der erforderlichen Sorte u. Güte erhalten kann, so habe mich genöthiget gesehen von Marckttag zu Marckttag von fremden Kaufleuten das nöthige zu erhandeln.

Da aber auch diese nicht alle zum Frauenzimmerputz nöthige Waaren mit sich herum führen, und ich diesen Handel auch garnicht zuträglich für mich fande, so hatte mir von oben bemeldeten Waaren etwa für 18 Gulden von Franckfurth kommen laßen, um die selbe mit erfordern zu verarbeiten, auserdem aber, was ich verarbeite, nicht das geringste Ellenweise von irgend jemand zu verlaßen. Kaum aber hatten die hiesigen Kaufleute dieses erfahren, so haben sie geglaubt, daß sie durch die von Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht denenselben gnädigst ertheilten Privilegien, mir auch die Verarbeitung auswärts erkaufter Waaren verbieten zu können, und haben des wegen Befehl gegen mich ausgewürket, worinnen mir die Verarbeitung dieser Waaren untersagt wird.

Weil ich aber auf diese Weise an meiner Nahrung sehr beeinträchtiget werde, und die Dames zugleich auch /:weil sie auch solcheart nicht alles zur Mode nöthiges hier erhalten können:/ genöthiget werden, ihren Putz auserhalb Landes verfertigen zu laßen, wodurch dann denen hiesigen Kaufleuten selbst nicht nur sehr viel entzogen, sondern auch wie bekant, sehr viel Geld außer Landes gehen wird, zu geschweigen, daß als dem von auswärtigen Orten, als Berleburg, Witgenstein, Amöneburg u.d.gl. nichts mehr von solcher Arbeit hier würden verfertigen laßen. So habe ich Ew. Hochfürstliche Durchlaucht unterthänigst bitten wollen mir gnädigst gestatten zu dergleichen Waaren, die sich nach der itzo habenden beträchtlichen Arbeiten in benachbarten Graff und Herrschaften, jährlich auf etwa 150 Gulden belauffen, ungehindert von auswärtigen Orten, gegen Entrichtung des Licents kommen zu laßen und verarbeiten zu dörffen.

Ich zweifle nicht Ew. Hochfürstliche Durchlaucht werden meine unerthänige Bitte statt finden, und an Höchst Dero selben hiesigen Commissarium das nöthige ergehen zu laßen. Die ich mit aller schuldigsten Unterthänigkeit verharre

Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht demüthige Magd
Marburg den 13ten Decemb. 1775 Elisabetha und Louise Vollmarin

StAM Best. 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 3575

 


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Anzeigen in der Casselischen Policey- und Commercien-Zeitung über Angebote selbständiger Erwerbsarbeit von Frauen, 19. Juli 1784
Anzeigen in der Casselischen Policey- und Commercien-Zeitung über Angebote selbständiger Erwerbsarbeit von Frauen, 19. Juli 1784

 

Die drei kurzen Anzeigen aus der Casselischen Policey= und Commercien=Zeitung aus dem Jahr 1784 zeigen, wie gegen Ende des 18. Jh. Frauen versuchen, den Betrieb ihres verstorbenen Ehemannes weiterzugühren oder sich selbständig zu machen.

 

 

 

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Fotografie des schmiedeeisernen Tors im Schlossgarten in Fulda von Hofschlosser G. Spansahl mit Dom im Hintergrund
Fotografie des schmiedeeisernen Tors im Schlossgarten in Fulda von Hofschlosser G. Spansahl mit Dom im Hintergrund

Durch das schmiedeeiserne Schloßgartentor vom Hofschlosser G. Spansahl schaut man auf den weiten Platz vor dem Dom zu Fulda, der an der Stelle einer romanischen Kirche 1704-1712 von Johannes Dientzenhofer erbaut wurde.


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Auszüge aus der neuen Judenordnung des Landgrafen Friedrich I. von Hessen über Lebens- und Arbeitsbedingungen von Juden in Kassel, 1749
Auszüge aus der neuen Judenordnung des Landgrafen Friedrich I. von Hessen über Lebens- und Arbeitsbedingungen von Juden in Kassel, 1749
Auszüge aus der neuen Judenordnung des Landgrafen Friedrich I. von Hessen über Lebens- und Arbeitsbedingungen von Juden in Kassel, 1749

Die "neu eingerichteten Juden=Ordnung" aus dem Jahr 1749 legt fest, unter welchen Bedingungen Juden in Hessen-Kassel leben und arbeiten dürfen. Es werden die mit einem fürstlichen Schutzbrief ausgestatteten Juden von den "untüchtigen" Juden unterschieden; ihnen wird kein Aufenthalt gewährt



 

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Verordnung des Landgrafen Friedrich I. von Hessen über die Erhaltung der im Lande befindlichen Monumente und Altertümer, 22. Dezember 1779
Verordnung des Landgrafen Friedrich I. von Hessen über die Erhaltung der im Lande befindlichen Monumente und Altertümer, 22. Dezember 1779

Die "Verordnung, die Erhaltung der im Lande befindlichen Monumente und Alterthümer betreffend" klingt ungewöhnlich modern.

 

 


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Regierungs-Ausschreiben zur Errichtung der Charité (Hospital) außerhalb der Stadt Kassel und deren Finanzierung, 4. September 1772
Regierungs-Ausschreiben zur Errichtung der Charité (Hospital) außerhalb der Stadt Kassel und deren Finanzierung, 4. September 1772

Das Regierungs=Ausschreiben aus dem Jahr 1772 bestimmt die Errichtung einer Charité außerhalb Kassels und legt zugleich fest, wer zum Unterhalt dieser Anstalt für die ärmere Bevölkerung und die erkrankten Fremden aufkommen muß.


 

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Auszug aus dem Subsidienvertrag des Fürsten Friedrich von Waldeck (=Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel) (1720-1785) mit England über die Lieferung hessischer Soldaten, 20. April 1776
Wie viele andere Fürsten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation schließt auch der Fürst von Waldeck Subsidienverträge ab. Hier der Vertrag mit England aus dem Jahr 1776.

Auszug aus dem Subsidienvertrag Englands mit Waldeck vom 20.04.1776


1. Der Durchlauchtigste Fürst [Friedrich von Waldeck] tritt Seiner Britannischen Majestät ein Korps von 670 Mann Infanterie ab, das zur vollständigen Verfügung des Königs von Großbritannien stehen wird zwecks Verwendung in seinem Dienst in Europa und Nordamerika, auf gleicher Basis wie die anderen deutschen Truppen [...].

2. Der Durchlauchtigste Fürst verpflichtet sich, das Korps vollständig auszurüsten, so daß es am 6. Mai d.J. oder später marschbereit ist. Es wird am Einschiffungsort von dem Beauftragten Seiner Britannischen Majestät besichtigt werden.

3. Der Durchlauchtigste Fürst verpflichtet sich, die jährliche notwendig werdenden Rekruten zu liefern. Sie werden dem Beauftragten Seiner Britannischen Majestät fertig ausgebildet und vollständig ausgerüstet übergeben werden. Seine Hoheit wird alles in seinen Kräften Stehende tun, daß alles zu der von Seiner Majestät festgesetzten Zeit am Einschiffungshafen eintrifft [...].

7. Der König gewährt dem Korps den ordentlichen und außerordentlichen Sold sowie alle Zuwendungen an Futter, Verpflegung, Winterquartieren, Erfrischungen etc., wie sie die Königlichen Truppen erhalten. [...] Die Kranken und Verwundeten des Korps werden in den Königlichen Lazaretten versorgt und in dieser Hinsicht wie die Truppen Seiner Britannischen Majestät behandelt werden. Die nicht mehr dienstfähigen Verwundeten werden nach Europa gebracht, in einem Weserhafen ausgeschifft und auf Kosten des Königs in ihre Heimat zurückgeschickt werden.

8. Als Aushebungsgebühr werden Seiner Hoheit für jeden Infanteristen und Kanonier 30 Taler gezahlt [...].

9. Wie üblich werden drei Verwundete für einen getöteten Mann gerechnet. Ein Gefallener wird entsprechend der Aushebungsgebühr vergütet. Sollte eine Kompanie des Korps ganz oder teilweise aufgerieben werden [...], so wird Seine Majestät die Kosten für die notwendige Ersatzmannschaften zahlen [...].

13. Seine Britannische Majestät gewährt den durchlauchtigsten Fürsten während der ganzen Zeit, wo das Korps im Sold Seiner Majestät steht, eine jährliche Subsidie von 25.050 Talern.

StAM Best. 118 a Waldeck Nr. 949


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Auszug aus der Autobiografie von Johann Gottfried Seume (1764-1812) über seine Zeit als hessischer Soldat, 1813
Der Schriftsteller Johann Gottfried Seume berichtet von dem Soldatentransport des Jahres 1776.

Johann Gottfried Seume berichtet von seiner Zeit als hessischer Soldat

Den dritten Abend übernachtete ich in Vach, und hier übernahm trotz allem Protest der Landgraf von Kassel, der damalige große Menschenmakler, durch seine Werber die Besorgung meiner ferneren Nachquartiere nach Ziegenhain, Kassel und weiter nach der neuen Welt. [...]

Mich brachte man als Halbarrestanten nach der Festung Ziegenhain, wo der Jammergefährten aus allen Gegenden schon viele lagen, um mit dem nächsten Frühjahr nach Fawcets Besichtigungen nach Amerika zu gehen. Ich ergab mich in mein Schicksal und suchte das Beste daraus zu machen, so schlecht es auch war. Wir lagen lange in Ziegenhain, ehe die gehörige Anzahl der Rekruten vom Pfluge und dem Heerwege und aus den Werbestädten zusammengebracht wurde. Die Geschichte und Periode ist bekannt genug; niemand war damals vor den Handlangern des Seelenverkäufers sicher; Überredung, List, Betrug, Gewalt alles galt. Man fragte nicht nach den Mitteln zu dem verdammlichen Zwecke. Fremde aller Art wurden angehalten, eingesteckt, fortgeschickt. Mir zerriß man meine akademische Inskription als das einzige Instrument meiner Legitimierung.

Am Ende ärgerte ich mich weiter nicht; leben muß man überall; wo so viele durchkommen, wirst du auch; über den Ozean zu schwimmen war für einen jungen Kerl einladend genug; und zu sehen gab es jenseits auch etwas. So dachte ich. Während unseres Aufenthalts in Ziegenhain brauchte mich der alte General Gore zum Schreiben und behandelte mich mit vieler Freundlichkeit. Hier war denn ein wahres Quodlibet von Menschenseelen zusammengeschichtet, gute und schlechte und andere, die abwechsend beides waren. Meine Kameraden waren noch ein verlaufener Musensohn aus Jena, ein bankrotter Kaufmann aus Wien, ein Posamentierer aus Hannover, ein abgesetzter Postschreiber aus Gotha, ein Mönch aus Würzburg, ein Oberamtmann aus Meinungen, ein preußischer Husarenwachtmeister, ein kassierter hessischer Major von der Festung und andere von ähnlichem Stempel. Man kann denken, daß es an Unterhaltung nicht fehlen konnte; und nur eine Skizze von dem Leben der Herren müßte eine unterhaltende, lehrreiche Lektüre sein. Da es den meisten gegangen war wie mir, oder noch schlimmer, entspann sich bald ein großes Komplott zu unser aller Befreiung.

aus: Seume, Johann Gottfried: Mein Leben. In: Prosaschriften, Darmstadt 1974, S. 111 f.


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Auszug aus dem Reisebericht von Johann Caspar Riesbeck (1754-1786) über die Residenz Kassel und den hessischen Soldatenhandel, 1783
Der "Brief eines reisenden Franzosen" [des Schriftstellers Riesbeck] aus dem Jahre 1783 gibt ein anschauliches Bild von der Stadt Kassel und von den finanziellen Zuständen in der Landgrafschaft.

Eine Beschreibung der Residenz Kassel aus dem Jahre 1783

Kassel ist eine sehr schöne und zum Theil prächtige Stadt von ohngefähr 32.000 Einwohnern. Die Hugenotten haben diese so wie viele andre Städte Deutschland auf unsre Kosten blühend gemacht. Sie hat sehr beträchtliche Manufakturen, besonders von Hüten, die den Lyonischen an Feinheit und Stärke nichts nachgeben, und auch mit denselben in gleichem Preiß stehen.

Die Zahl der Unterthanen des Landgrafen ist mir zuversichtlich auf 330.000 Seelen angegeben worden. Die Einkünfte aus seinen Landen sollen sich auf 220.000 rheinische Gulden belaufen. Sammt den Hanauischen Landen, die ohngefähr 100.000 Menschen zählen und etwas über 500.000 Gulden abwerfen, machen die Besitzungen dieses Hauses also doch noch kein Herzogthum Würt[t]emberg aus.

Dieser Staat ist der militärischste von ganz Deutschland; seine Bauern sind nicht nur alle exerciert, sondern auch immer in die ganze weite Welt marschfertig. Die Verschickung der heßischen Truppen nach Nordamerika ist an sich nicht ärgerlich, weil dieser Hof mit dem von St. James in einer beständigen Verbindung steht. Allein diese Verbindung selbst ist für das Land keine vortheilhafte Maxime. Unmöglich können die englischen Subsidien den Schaden ersetzen, den diese Verbindung bisher dem Land wie dem Fürsten zugefügt hat. Nach dem letzten schlesischen Krieg war das Land von aller junger Mannschaft entblößt, und kaum war wieder einige nachgewachsen, als sie nach Amerika wandern mußte. Es sollen in allem nun gegen 20.000 Hessen nach diesem Welttheil gegangen seyn, wovon gewiß die Hälfte nicht wieder zurückkömmt. Das Land hat also den sechsten Theil seiner schätzbaren Einwohner durch den Bostoner Theebrand verloren. [...]

Der Landgraf hat zwar, so lange der amerikanische Krieg dauert, seinen Unterthanen einen Theil der Abgaben erlassen; allein sie ziehen doch Haufenweise aus dem Lande, nach Hungarn, Polen und vielleicht gar nach der Türkey.

Die militärische Verfassung dieses Landes war bey einigen Anlässen dem deutschen Reiche eben so vortheilhaft, als sie dem Lande selbst schädlich war. Schon zur Zeit der Reformation kam sie der Freyheit der Reichsstände vortrefflich zu statten, und vielleicht wäre der letzte schlesische Krieg nicht so vortheilhaft für die Könige von Preussen und Großbritannien abgelaufen, wenn nicht gegen 16 bis 18tausend wackere Hessen den Damm gegen unsre Truppen verstärkt hätten.

aus: Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland an seinen Bruder zu Paris, uebersetzt von K. R., 2. Band, 1783, 60. Brief, S. 358 ff.

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Ausschreiben vom 24. Juni 1784 und Erneuerung vom 28. Juli 1796 über das Verbot der Zustellung von Post aus Amerika, 1784 und 1796
Ausschreiben vom 24. Juni 1784 und Erneuerung vom 28. Juli 1796 über das Verbot der Zustellung von Post aus Amerika, 1784 und 1796

Das Verbot, Post aus Amerika zu empfangen, das unmittelbar nach dem Pariser Friede von 1784 erlassen worden ist, wird nach Ausbruch der Französischen Revolution erneuert.


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Auswirkungen der Französischen Revolution in Hessen-Kassel
Die erste Reaktion der hessischen Regierung auf die Französische Revolution war die Abwehr aller freiheitlichen Ideen: Postkontrolle-, Zeitungsverbote [Dokument 31, 32, 33, 34] und die Aufnahme adeliger Flüchtlinge [Dokument 35, 36, 37]. Im übrigen versuchte die Regierung in Kassel die Grenzen für Menschen und Ideen zu schließen [Dokument 38, 39].

Der Landgraf verbot an seinen Universitäten die Philosophie Immanuel Kants und erließ 1795 eine "Verordnung wegen Bestrafung des Hochverrats und der Staatsverbrechen" [Dokument 40, 44], ein Gesetz, das bis zur Märzrevolution 1848 Gültigkeit hatte. Der letzte Landgraf Wilhelm IX. verband sein außenpolitisches Engagement mit dem ehrgeizigen Ziel, die Kurwürde zu erlangen. Als er sie im Jahre 1803 im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt, hatte das Heilige Römische Reich deutscher Nation fast aufgehört zu existieren [Dokument 41]. Die hessischen Soldaten kämpften anfangs mit Österreich und Preußen gegen die Revolutionstruppen. 1795 folgte der Landgraf dem preußischen Vorbild und schloß jedoch Frieden. 1806 hegte er die Hoffnung, daß Napoleon seine Neutralität anerkennen werde.

Obwohl der letzte Landgraf (ab 1803 Kurfürst Wilhelm I.) wenig Interesse für seine Universitäten in Marburg und Rinteln aufbrachte, war die Philipps-Universität durch bedeutende Gelehrte wie den Juristen Karl Friedrich von Savigny für einige Jahre ein anziehender Studienort. Savigny förderte nicht nur Jacob und Wilhelm Grimm, sondern ermöglichte ihnen einen engen Kontakt zu Clemens Brentano, seinem Schwager, und zu dessen Schwester Bettina [Dokument 42, 43, 44].
Abbildung: Die braven biedern Hessen bei Custines’s Manifest. Kupferstich
Abbildung: Die braven biedern Hessen bei Custines’s Manifest. Kupferstich

Der Kupferstich zeigt, welche Wirkung das Manifest des Generals Custine auf die "braven, biederen" Hessen ausübt.

 

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Manifest des französischen Generals Adam Philipp Custiné an die hessischen Soldaten mit Aufruf zur Abwerbung und Versprechen der Bürgerrechte, 28. Oktober 1792
Manifest des französischen Generals Adam Philipp Custiné an die hessischen Soldaten mit Aufruf zur Abwerbung und Versprechen der Bürgerrechte, 28. Oktober 1792

Das Manifest des Generals Custine an die Hessen=Casselschen Soldaten.

 

 

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Ausschreiben der Fürstlich Hessischen Regierung Kassel mit Verbot der Straßburgischen Zeitung und sonstiger demokratischer Zeitungen, 26. Januar 1792
Ausschreiben der Fürstlich Hessischen Regierung Kassel mit Verbot der Straßburgischen Zeitung und sonstiger demokratischer Zeitungen, 26. Januar 1792

Die Straßburgische Zeitung ist deshalb so "gefährlich", weil sie in deutscher Sprache von den Vorgängen in Paris und im Reich berichtet. In einigen Ausgaben nimmt der Schreiber auf Zustände in Hessen-Kassel Bezug.

 

 

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Karikatur: Ein Nationalgardist auf die Wache ziehend, zur Einnahme Frankfurts durch die Franzosen, 1793
Karikatur: Ein Nationalgardist auf die Wache ziehend, zur Einnahme Frankfurts durch die Franzosen, 1793

In einem 1793 erschienenen "Tagebuch von der Einnahme Frankfurts durch die Neufranzosen [...] allen biedern Deutschen gewidmet", karikiert ein Zeichner einen "Nationalgardist[en] auf die Wache ziehend".


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Abbildung: Die Emigranten und der deutsche Bauer. Kupferstich
Abbildung: Die Emigranten und der deutsche Bauer. Kupferstich

Die Zeichnung zeigt den Kontrast zwischen dem vor seiner Fachwerkhütte sitzenden einfachen Bauern und den vom Fußmarsch ermatteten adeligen Emigranten.

 

 

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Handschrift und Übersetzung eines französischen Liedes, das der Hugenotten-Kolonie von Karlshafen gewidmet ist.
Handschrift und Übersetzung eines französischen Liedes, das der Hugenotten-Kolonie von Karlshafen gewidmet ist.

Text eines französischen Liedes, in dem sich die Schreiberin für die freundliche Aufnahme in Karlshafen bedanken.

L I E D
gewidmet der Kolonie von Karlshafen, die sich zu einem Konzert versammelt hat
Melodie: Comment goûter quelque repos

1. Strophe

Dieses Konzert zeichnet zunächst ein Bild dieser liebenswerten Kolonie. Überall herrscht die friedlichste Eintracht, überall der glücklichste Einklang. Hier tritt nicht die leiseste Uneinigkeit auf, hier waltet dieselbe Herzensgesinnung, derselbe Geist. Alle Mühsal lindert sich hier, alle Freude verdoppelt sich hier.

2. Strophe

Kunst, Tugend, Schönheit begründen durch ein bewundernswertes Band ein gemeinsames Reich in dieser angenehmen Stadt. Und durch diese seltene Verbindung sehe ich hier noch einmal die glücklichen Zeiten des Goldenen Zeitalters inmitten eines barbarischen Saeculum wiederaufleben.

3. Strophe

Wir haben vom Schicksal die fürchterlichsten Schläge erlitten. Lange Zeit verdiente es unsere Klagen, doch in unseren Augen ist es weniger ungerecht, denn in diesem fremden Land hat es dank günstiger Umstände seine Widrigkeiten in Herzensfreuden verkehrt.

4. Strophe

Schon eilen berühmte Helden, lorbeerbekränzt und ruhmbedeckt, von Sieg zu Sieg. Doch wenn das Ziel ihrer Mühen war, uns Annehmlichkeiten zu verschaffen, dann dient es unserer Neigung schlecht. Denn dem Erfolg ihrer Waffen wird der Abschied (die Trennung von unserer neuen Heimat) folgen.

5. Strophe

Ein Fürst, von unserem Leid bewegt, hat durch freundliche Aufnahme das Schicksal bezwungen, das uns ein ruhiges Leben verweigert hat. Diesem Fürsten schulden wir das Glück, das wir alle dankbar genießen.

6. Strophe

Fürst, der Ihr unter Eurem Banner ein unbesiegbares Volk versammelt habt, großherziger und edler Held, liebster Schüler des Mars. Wenn Ihr den Sieg an Euch bindet, so fesselt Ihr auch die Herzen an Euch. Die Tränen zu besiegen und zu trocknen verschafft euch doppelten Ruhm.

7. Strophe

Einst schmückten die drei Schwestern der Liebe Kythera. Sie zierten ihre Mutter und den Sitz des Olympischen. Doch dieses liebenswerte Schwesterntrio, würdig der Unsterblichkeit, gibt dem, was nur eine Sage war, einen Hauch von Wirklichkeit.


[Übersetzung: Gisela Flach, Marburg].


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Verzeichnis der adligen französischen Emigranten und deren Dienstboten in Karlshafen, 23. Februar 1793
Französische Flüchtlinge versuchen - wie in allen Gebieten rechts des Rheins - auch in Hessen-Kassel Aufnahme zu finden. Die Liste hält die Namen von 68 Adeligen mit ihren Bedienten fest.

Verzeichnis der mit Höchster und Gnädigster Bewilligung sich allhier in Carlshaven aufhaltenden französischen Emigranten

 


1) Le Comte Alexandre de Foudras
2) La Comtesse de Foudras, son Epouse (seine Ehefrau)
3) Mademoisselle la Comtesse de Foudras, leur Fille (ihre Tochter)
4) L'Abbé de Foudras
5) Anna Ganavaud, Femme de Chambre (Kammerfrau)
6) Claude Maganein, Domestique (Diener)
7) Une Cuisiniere Allemande (eine deutsche Köchin)

8) La Marquise de Bonneval
9) La Comtesse de Champagnet
10) Le Baron de Champagnet
11) Caroge, Femme de Chambre (Kammerfrau)
12) Josephine, Femme de Chambre (Kammerfrau)
13) Langevin, Domestique (Diener)

14) Le Comte de Mandelot
15) La Comtesse de mandelot, son Epouse (seine Ehefrau)
16) Alphonse, de Mandelot leur Fils (der Sohn der Mandelots)
17) Andre Alphonse, de Mandelot leur Fils
18) L'Abbé de Bognols, Instituteur de leurs deux Enfants (Hofmeister ihrer beiden Kinder)
19) Marquis de Sassenay
20) Denis Laquet, Gouvernante des Enfants (Gouvernante der Kinder)
21) Margarethe Demouliere, Femme de Chambre (Kammerfrau)
22) Pierre Monetier, Cuisinier (Koch)
23) Louis Marud, Domestique (Diener)
24) Francois Beaulet, Domestique (Diener)
25) Jean Saunot, Domestique (Diener)

26) Le Comte de Noinville
27) La Comtesse de Noinville
28) Le Comte Alphonse de Noinville, leur Fils (der Sohn der Noinvilles)
29) Le Comte Claude de Noinville, leur Fils (der Sohn der Noinvilles)
30) L'Abbé Pieron leur Precepteur (ihr Lehrer)
31) Mademoisselle Pauline de Noinville, leur Fille (ihre Tochter)
32) Mademoisselle Josephine de Noinville, leur Fille (ihre Tochter) etc.

[Es folgen unter den Nummern 35) bis 66) die Mitglieder der Familien d'Olonne, de Laugier, de Poyen, de Ligny, de Laroche Lambert, de Bournonville etc. Die Liste endet mit:]

67) Le Comte de Lagadec, Major
68) Laurent Saude, son Domestique

Carlshaven
23ten Febr. 1793 Biedenkap


StAM Best. 4 f Frankreich Nr. 1748


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Brief des hessischen Soldaten Martins Alhart an seine Eltern über den Verlauf des Krieges, 4. Juli 1794
Der abgefangene Brief eines Soldaten an seine Eltern, in dem er auch über den Verlauf des Krieges berichtet, ist der Anlaß, daß man seine hessischen Verwandten und deren Verhalten überwacht. Ein Grundbesitzer teilt einem Pfarrer seine Beobachtungen über die revolutionär denkenden Landarbeiter mit und bittet ihn, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Ein abgefangener Brief eines Soldaten (1794)

Innigst vielgeliebter Vatter und Mutter, Bruder und Schwäster,

Eure Schreiben von 8tn Juny 94 habe ich Richtig erhalten und daraus ersehen, daß ihr Noch Frisch und gesund ward, Welches mir alle mahl eine Rührende Freude ist. Waß mich angehet so bin ich Gott sey dank Noch Frisch und gesund. Liebe Eltern, die wurst und daß Peifenrohr habe ich Richtig erhalten, wofür ich mich viel tausendmahl thu bedancken. Liebe Eltern, die Neuigkeit ist, daß wir schon 5 tage geretteriert sind und wir unsere Retterade vieleicht nehmen Müßen Bis an den Reyhn, aber die Franszoßen kommen vielleicht eheder dahin als wir, denn wir haben nur Noch einen paß zu paßieren und die Franszoßen haben sich Links und Rechts um uns her gezogen. Liebe Eltern, Wir glauben daß die Retterade mit guden Ackorte zu gehet. Wie es hier heist, so sollen wir den Reyhn [Rhein] besetzen, und wie es hier heist, so wird es mit diesen Kriege bald ein ende haben und wir vieleicht die Christage zu haus bey euch sein Werden. Aber wie es den Herren noch mit den Kriege wird ausfallen, da können wir noch nicht von urtheilen. Liebe Eltern, unsere lieben Heßen die sind hir in diesen Kriege sehr verloren gegangen, Erstens hat daß Leib Regiement die halbscheid verloren und daß Regiement Prins Carl und Loßberg und Erbprins sind in Ippern gefangen genommen.

Weiter weis ich vor dies mahl nichts mehr zu schreiben, als ich laß meinen Bruder Jacob wie auch Schwiegerin und Kinder, wie auch meinen Bruder Johann Frau und Kind wie auch meinen Schwieger Vatter zu Zwergen wie auch meinen patten und Kinder auch Vetter Neuman Frau und Kinder wie auch an Hrn Schulmeister gantze Familie wie auch an Hrn. Rentmeister wie auch Hrn. posthalter und Frau auch Berhart Meier Frau und Tochter auch laße ich alle die guten Freunde und Bekanten alle wieder viel tausendmahlen grüßen, die mir in meinen Briefe haben grüßen laßen und alle die nach mir fragen und kennen. Weiter weis ich vor dies mahl nichts mehr zu schreiben als ich laß Vatter und Mutter Bruder und Schwester viel 1000 mahl grüßen und bin und verbleibe euer treuer anwesende bis in den thodt
Martins Alhart

geschrieben in Lager bey Machelm den 4 tn July 1794


Lieber Herr Pfarrer!

Ich gehe heute frühe ins Feld, um nach meinen Leuten zu sehen und stoße unvermuthet auf einen Trupp Schnitter, welche einen großen Lärm anführten, und durch den Moritz Ahlhart alhier auf die empörendste Art unterhalten wurden, oder ihm Beifall gaben. Ich erstaunte und traute kaum meinen Ohren, die Rede war - Wunsch - daß die Franzosen bald kommen möchten, um alles gleich und recht zu machen. Man wurde meiner gewahr und schwieg. Ich ging drauf zu, und sagte: Die Rede war ja wohl hier von den Franzosen? - Ja! antworteten sie. Und daß solche bald kommen, und alles gleich und recht machen möchten? Ja! antworteten sie - sie wünschten, sie verlangten nach Ihnen. Namentlich Henrich Berendt sen. nebst seiner Frau. Ich rufte den Nicolaus Breitenbach deßen Frau und Tochter zu Zeugen auf - ob solche zwar auch mit beigestimmt haben mochten; und sagte ferner: Ihr seyd schlechte untreue Unterthanen, da Ihr wünscht, indem unser Landesherr alle Kräfte aufbietet, mit selbsteigener Aufopferung uns das Unglück abzuwenden. Zum Hen. Berndt sagte ich noch dieß: Euch hätte ich vor klüger gehalten, etwas habt Ihr doch noch zu verlieren, als daß ihr jenen sanscullotten Ahlart beipflichtet. Wollt Ihr also, daß wir alle keine Hose mehr ans Leib ziehen können wie, jener und jene, mithin alle gleich und Bettlers werden sollen? Thut recht, dann wohnt ihr unter Gesetz und Obrigkeit, sicher und wohl.

Dem Vernehmen nach, ist ein gewißer Jacob Ahlhart alhier, der sich vom 2ten Depot-Bataillon losgeschwätzt hat, noch viel weiter in dergl. Austrücken gegangen, er wünscht auch, daß die Franzosen kommen, alles nehmen und alles gleich machen möchten. Desgleichen auch Johs. Strippelmann räsonniert hat bei öffentl. Gemeinde und bei publication der Zehendverordnung, wogegen sie sich hauptsächlich streuben. Da dieser Johs. Strippelmann vorhin [...] Kuhhirte, modo Unterofficius beim Landausschuß so wie alle vorbenannte Leute, von dem Schlag sind, daß solche keine Güter an ihr Vaterland feßelt; gefährlich werden könnten, ja zu Empörungen Anlaß geben möchten, so mache Ihnen dieß bekannt, damit Sie in diesem betrübten Zeiten auf die räudigen Schaafe ihrer Gemeinde Acht haben, damit etwan gewißes Unglück vermeiden werde, und um von diesem Wink, Gebrauch zu machen.
Auch dem Greben hab ichs gesagt - und wie er zu den Wiedersetzlichkeiten gegen die Zehndverordnung, so wie das räsonnieren beim öffentl. Glockenschlag, Schweigen kann? Gerade war der Amtsactuarius Döhne von Zwerenberg bei Ihm. Ich weiß nicht, was man anfängt - die sansculotten scheuen sich fast nicht mehr, wenn ihre nur nicht zuviel beim Landausschuß sind, sondern Leute, die Eigentum ans Vaterland feßelt, jenen traue ich wenig. Auch ist mein herzlicher Wunsch dieser - daß man zum Landausschuß alle Männer bestimmt haben möchte, daß man solche aber in 2 Divisionen getheilt; und einander im Dienst ablösen ließe. Wenn die Unbegüterten marschieren sollen, so fürchte ich viel Unordungen.

Ich habe Ihnen in der größten Zerstreuung, mit Ärgerniß und Zittern dieß geschrieben, denn eins glaubte ich, daß man mir, der ich die Gnade habe, von unserem Gnädigsten Landesherrn ein Patent zu tragen, so was unter die Augen sagen würde.
von Hauß 31. July 1794 L. F. Haurath

StAM Best. 17 II, 1898 [Prozeßakten]


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Auszug aus einem Brief des Grundbesitzers L. F. Haurath an den Pfarrer über revolutionär und profranzösisch denkende Landarbeiter, 31. Juli 1794
Der abgefangene Brief eines Soldaten an seine Eltern, in dem er auch über den Verlauf des Krieges berichtet, ist der Anlaß, daß man seine hessischen Verwandten und deren Verhalten überwacht. Ein Grundbesitzer teilt einem Pfarrer seine Beobachtungen über die revolutionär denkenden Landarbeiter mit und bittet ihn, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Ein abgefangener Brief eines Soldaten (1794)

Innigst vielgeliebter Vatter und Mutter, Bruder und Schwäster,

Eure Schreiben von 8tn Juny 94 habe ich Richtig erhalten und daraus ersehen, daß ihr Noch Frisch und gesund ward, Welches mir alle mahl eine Rührende Freude ist. Waß mich angehet so bin ich Gott sey dank Noch Frisch und gesund. Liebe Eltern, die wurst und daß Peifenrohr habe ich Richtig erhalten, wofür ich mich viel tausendmahl thu bedancken. Liebe Eltern, die Neuigkeit ist, daß wir schon 5 tage geretteriert sind und wir unsere Retterade vieleicht nehmen Müßen Bis an den Reyhn, aber die Franszoßen kommen vielleicht eheder dahin als wir, denn wir haben nur Noch einen paß zu paßieren und die Franszoßen haben sich Links und Rechts um uns her gezogen. Liebe Eltern, Wir glauben daß die Retterade mit guden Ackorte zu gehet. Wie es hier heist, so sollen wir den Reyhn [Rhein] besetzen, und wie es hier heist, so wird es mit diesen Kriege bald ein ende haben und wir vieleicht die Christage zu haus bey euch sein Werden. Aber wie es den Herren noch mit den Kriege wird ausfallen, da können wir noch nicht von urtheilen. Liebe Eltern, unsere lieben Heßen die sind hir in diesen Kriege sehr verloren gegangen, Erstens hat daß Leib Regiement die halbscheid verloren und daß Regiement Prins Carl und Loßberg und Erbprins sind in Ippern gefangen genommen.

Weiter weis ich vor dies mahl nichts mehr zu schreiben, als ich laß meinen Bruder Jacob wie auch Schwiegerin und Kinder, wie auch meinen Bruder Johann Frau und Kind wie auch meinen Schwieger Vatter zu Zwergen wie auch meinen patten und Kinder auch Vetter Neuman Frau und Kinder wie auch an Hrn Schulmeister gantze Familie wie auch an Hrn. Rentmeister wie auch Hrn. posthalter und Frau auch Berhart Meier Frau und Tochter auch laße ich alle die guten Freunde und Bekanten alle wieder viel tausendmahlen grüßen, die mir in meinen Briefe haben grüßen laßen und alle die nach mir fragen und kennen. Weiter weis ich vor dies mahl nichts mehr zu schreiben als ich laß Vatter und Mutter Bruder und Schwester viel 1000 mahl grüßen und bin und verbleibe euer treuer anwesende bis in den thodt
Martins Alhart

geschrieben in Lager bey Machelm den 4 tn July 1794


Lieber Herr Pfarrer!

Ich gehe heute frühe ins Feld, um nach meinen Leuten zu sehen und stoße unvermuthet auf einen Trupp Schnitter, welche einen großen Lärm anführten, und durch den Moritz Ahlhart alhier auf die empörendste Art unterhalten wurden, oder ihm Beifall gaben. Ich erstaunte und traute kaum meinen Ohren, die Rede war - Wunsch - daß die Franzosen bald kommen möchten, um alles gleich und recht zu machen. Man wurde meiner gewahr und schwieg. Ich ging drauf zu, und sagte: Die Rede war ja wohl hier von den Franzosen? - Ja! antworteten sie. Und daß solche bald kommen, und alles gleich und recht machen möchten? Ja! antworteten sie - sie wünschten, sie verlangten nach Ihnen. Namentlich Henrich Berendt sen. nebst seiner Frau. Ich rufte den Nicolaus Breitenbach deßen Frau und Tochter zu Zeugen auf - ob solche zwar auch mit beigestimmt haben mochten; und sagte ferner: Ihr seyd schlechte untreue Unterthanen, da Ihr wünscht, indem unser Landesherr alle Kräfte aufbietet, mit selbsteigener Aufopferung uns das Unglück abzuwenden. Zum Hen. Berndt sagte ich noch dieß: Euch hätte ich vor klüger gehalten, etwas habt Ihr doch noch zu verlieren, als daß ihr jenen sanscullotten Ahlart beipflichtet. Wollt Ihr also, daß wir alle keine Hose mehr ans Leib ziehen können wie, jener und jene, mithin alle gleich und Bettlers werden sollen? Thut recht, dann wohnt ihr unter Gesetz und Obrigkeit, sicher und wohl.

Dem Vernehmen nach, ist ein gewißer Jacob Ahlhart alhier, der sich vom 2ten Depot-Bataillon losgeschwätzt hat, noch viel weiter in dergl. Austrücken gegangen, er wünscht auch, daß die Franzosen kommen, alles nehmen und alles gleich machen möchten. Desgleichen auch Johs. Strippelmann räsonniert hat bei öffentl. Gemeinde und bei publication der Zehendverordnung, wogegen sie sich hauptsächlich streuben. Da dieser Johs. Strippelmann vorhin [...] Kuhhirte, modo Unterofficius beim Landausschuß so wie alle vorbenannte Leute, von dem Schlag sind, daß solche keine Güter an ihr Vaterland feßelt; gefährlich werden könnten, ja zu Empörungen Anlaß geben möchten, so mache Ihnen dieß bekannt, damit Sie in diesem betrübten Zeiten auf die räudigen Schaafe ihrer Gemeinde Acht haben, damit etwan gewißes Unglück vermeiden werde, und um von diesem Wink, Gebrauch zu machen.
Auch dem Greben hab ichs gesagt - und wie er zu den Wiedersetzlichkeiten gegen die Zehndverordnung, so wie das räsonnieren beim öffentl. Glockenschlag, Schweigen kann? Gerade war der Amtsactuarius Döhne von Zwerenberg bei Ihm. Ich weiß nicht, was man anfängt - die sansculotten scheuen sich fast nicht mehr, wenn ihre nur nicht zuviel beim Landausschuß sind, sondern Leute, die Eigentum ans Vaterland feßelt, jenen traue ich wenig. Auch ist mein herzlicher Wunsch dieser - daß man zum Landausschuß alle Männer bestimmt haben möchte, daß man solche aber in 2 Divisionen getheilt; und einander im Dienst ablösen ließe. Wenn die Unbegüterten marschieren sollen, so fürchte ich viel Unordungen.

Ich habe Ihnen in der größten Zerstreuung, mit Ärgerniß und Zittern dieß geschrieben, denn eins glaubte ich, daß man mir, der ich die Gnade habe, von unserem Gnädigsten Landesherrn ein Patent zu tragen, so was unter die Augen sagen würde.
von Hauß 31. July 1794 L. F. Haurath

StAM Best. 17 II, 1898 [Prozeßakten]

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Auszug aus der Verordnung über Bestrafung von Hochverrat und Staatsverbrechen, 14. Februar 1795
Nach der vorliegenden Verordnung wegen der Bestrafung des Hochverraths und der Staatsverbrechen (Todesstrafe) aus dem Jahr 1795 werden bis 1848 politische Vergehen verfolgt.

Verordnung

wegen Bestrafung des Hochverraths und der Staatsverbrechen,
vom 14ten Februar 1795.

[...]

§ 1

Wir erklären demnach hiermit, daß derjenige das Verbrechen des Hochverraths begeht,

a) der die persönliche Sicherheit des Landesfürsten verletzet, und
b) der die Ruhe und Sicherheit des Landes feindselig störet, und dessen bisherige Einrichtung und Verfassung zu Grunde zu richten, oder demselben von außen Gefahr zuzuziehen, oder solche zu vergrößern suchet.

Es ist auch hierbey einerley, ob solches öffentlich, oder in geheimen Gesellschaften, oder von einzelnen Personen, durch eigenen Rath und That, mit oder ohne Waffen, durch vorsätzliche Mittheilung von Geheimnissen und Absichten, durch Ertheilung von Rath, Hülfeleistung und Förderung, oder durch eine jede sonst dahin abzweckende Handlung geschehe.


§ 2

Auf dieses Verbrechen des Hochverraths, wenn auch daraus kein Schaden erfolgt, sondern solches blos bey dem Versuche geblieben wäre, wird hiermit die Todesstrafe, welche mittelst Hinrichtung des Verbrechers durch das Schwerd vollzogen werden soll, und Confiscation des Vermögens desselben ad pios usus, festgesetzt. Wenn jedoch ein Mitglied einer in dem vorhergehenden § 1. Lit. b. bemerkten, geheimen Gesellschaft von Reue bewogen, hiervon Anzeige thut, und die übrigen Mitglieder, ihre Vorschriften, Absichten und Unternehmungen zu einer Zeit, da sie noch geheim sind, und der Schade abgewendet werden kann, der Obrigkeit entdeckt, demselben wird Befreyung von aller Strafe und die Geheimhaltung der gethanen Anzeige, zugesichert. [...]

 


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Auszug aus der historischen Darstellung von Karl Wilhelm Justi über die Übernahme von Gebieten (Amöneburg, Neustadt) des ehemaligen Erzbistums Mainz durch Hessen-Kassel am 15. September 1802, 1805
Die ehemaligen Mainzer Ämter Amöneburg und Neustadt werden am 15. September 1802 offiziell von Hessen-Kassel in Besitz genommen.

Übernahme von Gebieten des ehemaligen Erzbistums Mainz durch Hessen-Kassel

Am 15. Sept. 1802 traf die zur provisorischen zivil. Besitzergreifung ernannte Kommission [...] auf der Amöneburg ein. [...] Den Magistrats=Personen, so wie den zusammen berufenen Vorstehern sämmtlicher Dorfschaften, eröffnete die Kommission auf dem Rathhause zu Amöneburg und Neustadt den Endzweck ihrer Sendung; sicherte auch ihnen und einem jeden einzelnen Unterthanen sein Eigenthum und völlige Religionsfreiheit1 zu, und ließ durch den Kommissionssekretär, Regierungs=Assessor Rieß, denselben das Patent förmlich publiziren, und solches darauf in den Städten an den Rathhäusern und Thoren, in den Dörfern aber an öffentlichen und gewöhnlichen Plätzen anschlagen. Alles diese geschah nicht nur ohne den allergeringsten Widerspruch, sondern es äußerten sogar mehrere Dorf=Vorstände bei der öffentlichen Versammlung [...] laut den Wunsch: Wollte Gott! es wäre dieses schon vor sechs Jahren geschehen! [...]

Bei dem Aussteigen der Gesandten an der Schloßbrücke, wurden sie von einem Haufen junger weißgekleideter, mit Blumen und Kränzen geschmückter Mädchen unter einer Ehrenpforte empfangen, welche wechselweise in Versen die Feier dieses Tages zu beschreiben, und ihre Gefühle auszudrücken bemühet waren, und die zwei jüngsten Töchter des Ober=Amtsverwesers Dorn überreichten zwei Blumensträuße.


_________________________
1 Weil die Kommissarien bei dieser Gelegenheit in der bei Zivil=Geschäften in Hessen eingeführten schwarzen Kleidung erschienen und mit Wärme von der Nothwendigkeit einer ungestörten Gottesverehrung nach eines jeden Glauben redeten, so wurden dadurch einige der Dorfvorsteher bewogen, solche für lutherische Geistliche zu halten.

aus: Justi, Karl Wilhelm (Hrsg.): Hessische Denkwürdigkeiten, 4. Theil, Marburg 1805, S. 70 ff.

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Bildnis der Bettina Brentano. Zeichnung von Ludwig Emil Grimm, 1809 
Beschreibung der Elisabethkirche im Winter von Bettina Brentano
Bildnis der Bettina Brentano. Zeichnung von Ludwig Emil Grimm, 1809 Beschreibung der Elisabethkirche im Winter von Bettina Brentano
Bettina Brentano beschreibt die Elisabethkirche in Marburg an einem Wintermorgen während ihres Aufenthalts bei ihrer verheirateten Schwester in Marburg 1805/06.

Gestern waren wir in der Elisabethkirch, der Reif um den Turmknopf war von der Sonn zum Diamant umgeschmolzen, in allen kleinen Rosetten hingen Diamanttropfen; und der Kreis von Rosen, der um die Pforten in Stein sehr fein gemeißelt ist, war ein Diamantkranz! Die Kirch sah aus wie im Brautschmuck. Auf dem Kirchhof spielten die Wipfel im spiegelnden Geschmeide. Die Kirch, von der Wintersonne außen so herrlich geschmückt, war so still innen, so einsam helldunkel, und der Teppich, von den heiligen Händen der Elisabeth gewebt, lag vor dem Altar, erblaßt von Farben ohne Prunk, nicht dem Aug erfreulich, nur die Seele rührend; und da sah ich mich um, daß nur ein blinder Mann an der Tür saß, sonst war die Kirch leer.


aus: Schnack, Ingeborg: Marburg Bild einer alten Stadt, Honnef/Rhein 1961, S. 433.







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Genrebild über den Besuch der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm bei der Märchenerzählerin Dorothea Viehmann in Niederzwehren bei Kassel von Louis Katzenstein (1822-1907)
Genrebild über den Besuch der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm bei der Märchenerzählerin Dorothea Viehmann in Niederzwehren bei Kassel von Louis Katzenstein (1822-1907)

Auf dem vorliegenden Genrebild lassen sich die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm in Niederzwehren bei Kassel von der sogenannten "Viehmännin" Märchen erzählen. In zwei Briefen an Clemens Brentano berichten die Brüder Grimm von ihrer Suche nach Volksmärchen.

 

 

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Brief Wilhelm Grimms an Clemens Brentano über das Sammeln von Volksmärchen bei einer alten Frau in Marburg, Oktober 1810
Wilhelm Grimm berichtet Clemens Brentano im Oktober 1810 von dem schwierigen Geschäft, sich als Erwachsener von einer alten Frau Märchen erzählen zu lassen.

Lieber Clemens!

Die Sendung der Märchen ist etwas durch meine Reise verzögert worden. Ich wollte mir in Marburg von der alten Frau [die Clemens Brentano schon besucht hatte] alles erzählen lassen, was sie nur wüßte, aber es ist mir schlecht ergangen. Das Orakel wollte nicht sprechen, weil die Schwestern im Hospital es übel auslegten, wenn es herumging und erzählte, und so wäre alle meine Mühe verloren gewesen, hätte ich nicht jemanden gefunden, der eine Schwester des Hospitalvogts zur Frau hat und den ich endlich dahin gebracht, daß er seine Frau dahin gebracht, ihre Schwägerin dahinzubringen, von der Frau ihren Kindern die Märchen sich erzählen zu lassen und aufzuschreiben. Durch so viele Schachte und Kreuzgänge wird das Gold erst ans Licht gebracht. Einiges davon bekommen Sie schon; was noch mehr anlangt, soll gleich an Sie gefördert werden. Der Mann ist ein Mathematicus und hat einen frühern Brief, der deshalb an ihn geschrieben war, wie er endlich gestand, für einen "beliebigen Scherz" an ihm gehalten. Ich habe ihm gesagt, daß diese Volkstraditionen tief in die Mythologie und Geschichte eingingen, und davon überzeugt, und weil er gern seinen früheren Fehler verbessern will, hat er mir seinen ganzen Eifer versprochen.

[Sein Bruder Jacob fügte folgende kurze Nachricht hinzu:]

Lieber Clemens,

hierbei erhalten Sie versprochenermaßen alles, was wir von Volksmärchen gesammelt, zu beliebigen Gebrauch. Nachher senden Sie uns wohl gelegentlich die Papiere wieder. Wie Sie sehen, hat Wilhelm in Marburg wenig bekommen, nur die zwei letzten, worunter doch das vorletzte sehr hübsch und merkwürdig.

aus: Schnack, Ingeborg: Marburg. Bild einer alten Stadt, Honnef/Rhein 1961, S. 461 f.

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Königreich Westfalen 1807-1813
Nach der Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt 1806 besetzten die Franzosen Hessen; der Kurfürst floh nach Prag, und Hessen-Kassel wurde der südlichste Teil des 1807 errichteten Königreichs Westphalen [Dokument 45]. Jérôme Napoléon residierte in Kassel. Trotz der Übernahme des Code Napoleon (Einführung der Gewerbefreiheit, Judenemanzipation, Aufhebung der Leibeigenschaft [Dokument 46] empfand die hessische Bevölkerung die Fremdherrschft als drückend. In zahlreichen Aufständen versuchten 1806-1813 die Widerständler die Franzosen zu vertreiben [Dokument 47, 48]. Die unter Jérôme Napoléon wieder aufgeblühten Freimaurer-Logen [Dokument 49] konnten nach dem Ende der Franzosenherrschaft noch einige Jahre weiterexistieren.

Als der Kurfürst im Jahre 1813 zurückkehrte, empfing ihn das Volk mit Begeistung. "Hessen!. Mit eurem Namen nenne ich Euch wieder!" [Dokument 50] lautete der erste Satz der offiziellen Begrüßung des Kronprinzen. Mit dem Kurfürsten kehrte zwar ein einheimischer Fürst, aber auch der Spätabsolutismus zurück [Dokument 51].
Proklamation des Königreichs Westfalen durch Reichsmarschall Eduard Mortier, 1. November 1806
Proklamation des Königreichs Westfalen durch Reichsmarschall Eduard Mortier, 1. November 1806

Proclamation des Königreichs Westphalen

 

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Dekret des Königs Jerome Napoleon von Westphalen zur Emanzipation der Juden, 27. Januar 1808
Dekret des Königs Jerome Napoleon von Westphalen zur Emanzipation der Juden, 27. Januar 1808

Proclamation des Königreichs Westphalen

Für wenige Jahre bringt der Code Napoleon im Königreich Westphalen die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Gewerbefreiheit und die Emanzipation der Juden. Das vorliegende Dekret wird am 27. Januar 1808 in Kassel erlassen.

 

 

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Auszug aus einem fingierten Brief des Kurfürsten aus der Emigration von Hermann Range, 17. November 1809
Der geistig etwas verwirrte Hermann Range, Angestellter bei der westphälischen Verwaltung in Rollshausen, versucht sich auf seine Weise am Aufstand gegen die westphälische Herrschaft zu beteiligen. Er läßt den vorliegenden fingierten Brief des Kurfürsten aus Prag verbreiten.

Ein angeblicher Brief des Kurfürsten aus der Emigration

Einen günstigen gruß zu vor.

Meine liebwerdeste Freunde, ich unterSchriebener bin überzeit [überzeugt] und habe in bewegung gepracht, das Sie meine unterThanen mit Recht getrey [getreu] gewesen sind. Bis daher, und meine liebe Kinder, so bleibet mir nun getrey, und follget meiner Stimme, so soll euch alles belohnt werden. Meine liebe Kinder, so will ich euch nun erinnern, daß ein jeder auf mer[k]sam ist und bedenkt, wo durch der Krieg seinen anfang hatt, wo durch als durch die Schwere abgabe der unterthanen, ist es anjetzo nicht in der gantzen welt so, rufet diß mein gebott in der gantzen Welt aus, wie unten erwent [erwähnt] ist und seit nun standthaft und unerschrocken, streitet nun tapfer um folgente Freiheit und Frieden, wie folget:

1tens: Die Freiheit besteht darin, daß euch sollen, meine unterthanen, erlaßen sein alle abgaben und dienste, sie mögen auch erdacht werden, wie sie wollen, sie mögen auch zu gehören, wem sie wollen. Ebenfals das Holtz Frey sein und alle Profeßionen. Auch die Brandeweins Brenner, über Haubt alle abgaben fallen mir ab und der Gemeinde zu, auch sollen durch die Hern Maire und Monicepahlrahte alles bestritten werden.

2tens: Sollen alle glieder in der Gemeinde verbunden sein, um diese Freiheit zu streiten und zu erlangen

3tens: Sollen die H. Maire eine jeder Gemeinde in Viertheile theilen. das Ersttheil ist, die am besten abkommen können, und so weiter.

4tens: Die Hr. Maire müßen ein Roll aufstellen, welche sich zu unteroffeziehr auch offeziehr schicklich sind, auch welche können bey die Erste glaße [Klasse] gehn, und auch die beyden andern Glasen bleiben.

5tens: Alle glieder der gemeinde, die ir Leben Verlieren, sollen, die hinterblie[b]nen sollen aus der Gemeinds Caße ernähret werden, auch die Eltern [...] sollen auch davon wieder vergütet werden.

6tens: Alle abgabe von stund an sollen aufgehört haben, Es sey Contribution oder Persenalsteier [Steuer] oder Consupsionsteier [...]. Sie mögen auch nahmen haben, wie sie wollen, sollen von stundt an nach dieser bekandmachung aufgehört haben, und wer es doch geben will und thuts, der soll hernach ohn verhör gleich todt geschoßen werden, die Hr. Maire und Monicebalität müste dan erlaubniß darzu geben, und wann dan die erlaunbniß darzu geben, die sollen ader alle verbrent werden ohne verhör mit ihrer gantze Vamiligen [Familie].

7tens: Was die H. Maire und Monicebalität, Vor einen wehlen zu einen unteroffecir oder offecir, der darff garnicht nein sagen, [...] es wird gar kein Vorwand gestattet.

8tens: Alle Glieder von 15 Jar bis zum Hohen alter sollen den Mairen Schweren (schwören), bey der Freiheit zu halten, und an welchen Mair es abgegeben wird, ehe er es den Monicibalrath vor laßen thut, müsen sie ihm Handgeliebniß thun, auch zu Schweren, wann es der Maire verlangt, (...) daß auch ja kein Constubirter folgt, alles komt zur Freiheit.

9tens: Der Jenige orths erheber, der wieder diese ver ordnung handelt, deßen straff ist gar nicht zu bestimmen, wie er soll behandelt werden.

10tens: Ich, Churfürstlicher Durchlaucht von Heßen, Ich rufe Meine Kinder, vor allem die es komt zu: seit standthaft, wan ihr meiner vorgeschriebene Regeln folgt, so denke ich nicht, daß ihr viel leid verliehren sollet. Vor gewehr sorget nicht, ich schaff auch gewehr genug, laß auch Spies machen, daß kein gavallerie kann einhauen, und etwas gewehr wird doch noch da sein, vor dem Verliehren last euch garnicht grauen, ich weiß gewiß, ihr gewint, und habt uhrsach, euch zu währen; es sind doch mehr unterthaner als Vorgesetzten, dan daß Schrabben der Vorgesetzen nimt sonst kein Ende.

11tens: Die Hr. Maire lesen den Eid vor: Ich gelobe und Schwere zu gott dem Allmächtigen, was mir jetzt ist vorgehalten worden, und ich wohl verStanden habe, nichts das geringste davon sage auch so lange, als sich mein Blut in mir reget, vor mich und meine nachkömliche, um die Freiheit zu streiten, und auch für die gantze Erde, getreulich nachkommen wolte, da zu hilf mir Gott unsers erlößers willen amen. Brach 17 ten Novemb. 1809


Cuhrfurst von Hessen

schreibt es ab

Nota Ein Jeder Maire schickt es versiegelt fort, aber ja nicht liegen gelaßen, sonst folgt die Straf, wie vor erwent [erwähnt] ist, dann wer diß geschrieben hat, und es liegen bleibt, der Steckt auch ein Hauß an, [...] ein jeder richte sich darnag.

Nota, solte ja ein Prediger oder Schullehrer Monicebalrath sein, und will ja dieses aufhalten, oder will es melten, die sollen mit ihrer ganzn Vamilige verbrent werden.

Eiligs zu besorgen

StAM Best. 265, 3. Nr. 26, Criminalgericht des Werra Dep. Marburg, Untersuchungsprotocoll. [Die von dem Märeadjoint Herrmann Range zu Rollshausen, Cantons Treysa geschehene Verfertigung und Verbreitung aufrührerischer Schriften und Proclamationen betreffend]. Die Zeichensetzung ist im obenstehenden Abdruck normalisiert, um das Verständnis zu erleichtern.


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Steckbrief des Obersten von Dörnberg, Führer des Aufstands in Homberg vom 23. April 1809, und Auszug aus dem Bericht des Maires Rodemann in Homberg über den Verlauf des Dörnbergschen Aufstandes in Homberg, 1809
Unter den zahlreichen Aufständen gegen die französische Herrschaft ist der Aufstandsversuch des Obersten v. Dörnberg am 23. April 1809 wohl der spektakulärste. Der Treffpunkt der Eingeweihten ist das Damenstift Wallenstein in Homberg, in dem drei Adelige, unter ihnen Marianne vom Stein, die Schwester des Freiherrn vom Stein, das Unternehmen tatkräftig unterstützen. Andere adelige Damen, besonders Karoline von Baumbach, die die Fahne der Aufständischen gestickt hat, sind Mitwisserinnen. Dörnberg gelingt nach der gescheiterten Revolte die Flucht. Die Damen werden verhaftet, in Mainz festgesetzt, Marianne vom Stein in Paris inhaftiert, das Stift wird aufgelöst.

Signalement (Steckbrief) für den Führer des Aufstands v. Dörnberg:

Beschreibung des bei den Jägern der Garde des Königes von Westphalen gestandenen Obristen, Herrn von Dörnberg.

Ohngefähr 40 Jahre alt, 5 Schuhe 8 Zoll groß, mager und ziemlich gut gebaut, schwarze, ein wenig grau gewordene Haare und Augenbrauen, kahlen Kopfes, schwarzer Augen, großer langer Nase, mittelmäßigen Mundes, der, wenn er spricht, groß ist und sich ein wenig auf die linke Seite zieht, braune Gesichtsfarbe, länglich runden und ein wenig mageren Angesichts, leutseligen Benehmens und eines angenehmen Blickes. Er trägt gewöhnlich eine schwarze perruque à la Titus, spricht gut Französisch und stammelt ein wenig in der Aussprache. - Bei seiner Entweichung trug er eine Uniform der Jäger der Garde, ein grünes Kleid mit gelbem Kragen und Aufschlägen mit silbernen Schleifen besetzt.

Aus dem Bericht des Maires Rodemann in Homberg über den Verlauf des Dörnbergschen Aufstandes in Homberg.

Den 24ten war ich mit Besetzung der Wachen [...], invigiliren auf die Urheber des Aufstandes, [...] beschäftigt. Am Abend erfuhr ich, die Damens im Stift packten und machten sich zur Abreise parat. Ich schrieb an die Frau Abtissin und verbat mir die Abreise, lies auch zwey Mann Bürgerwehr ins Haus stellen, die Schlüssel zur Chaisenremise abliefern und um 8 Uhr alle Thore schließen. - Ihre Hochwürden Gnden. [die Äbtissin] nahm mir diese Maasregeln sehr übel auf. [...] In der folgenden Nacht wurde Dame Stein abgeholt. [...] In der Nacht vom 27. zum 28. um 1/2 3 Uhr kan der Commissäre Kautz mit 6 Mann französischer Infanterie und einem Gensd'arme. Er begab sich auf der Stelle mit mir zu [...] dem von Baumbach, [...] Stift Wallenstein und [...] kündigte allenthalben ihre Abreise nach Cassel an, obsignirte die nöthigen Zimmer und nahm ein Protocoll auf. [...] Nach geschlossenem Protokoll und Abreise der Arrestanten begab ich mich mit einem Theil des Municipalraths auf das Rathhauß und regulirte die Einquartierung. [...] Solange nicht eine Versetzung aller Staatsdiener [...], solange die Gesinnung der Stiftsdamen den Parometer der öffentlichen Meinung abgeben [...], wird die Stimmung noch lange verschroben bleiben und sich den künftigen Generationen mitteilen.


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Titelblatt und Rückseite des Mitgliederverzeichnisses der großen Mutterloge der Freimauer im Königreich Westfalen, 1810
Titelblatt und Rückseite des Mitgliederverzeichnisses der großen Mutterloge der Freimauer im Königreich Westfalen, 1810
Titelblatt und Rückseite des Mitgliederverzeichnisses der großen Mutterloge der Freimauer im Königreich Westfalen, 1810

Die Freimaurerlogen leben für einige Jahre wieder auf, bis sie unter dem zurückgekehrten Kurfürsten erneut verboten werden.

 

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Grußschreiben des Kur-Prinzen Wilhelm von Hessen bei seiner Rückkehr nach Hessen, 5. November 1813

Die ersten Grußworte des zurückgekehrten Kronprinzen an seine Hessen vom 5. November 1813

 

 

 

 

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Abbildung der Rückkehr des Enkels des ersten Kurfürsten von Hessen, genannt Prinz Fritz, späterer Kurfürst Wilhelm nach Hessen 1813, nach einem Gemälde der Kronprinzessin Auguste

Der Enkel des ersten Kurfürsten, Prinz "Fritz", der spätere Kurfürst Friedrich Wilhelm, wird bei seiner Rückkehr nach Hessen 1813 von hessischen Bauern begrüßt.

 

 

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