Bauer, Bürger,  Mönch und Edelmann. Das Mittelalter in Hessen (Geschichte im Archiv 1)
Bauer, Bürger, Mönch und Edelmann. Das Mittelalter in Hessen (Geschichte im Archiv 1)
Bauer, Bürger, Mönch und Edelmann. Das Mittelalter in Hessen (Geschichte im Archiv 1), hg. von Hans-Peter Lachmann und Margret Lemberg

Einführung

Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann, so lautet ein alter Abzählvers in einem Kinderspiel. In der Reihenfolge der Bezeichnungen spiegelt sich die Hierarchie innerhalb der ständisch gegliederten Gesellschaft des Mittelalters, denn Herrschaft wird zu jener Zeit über Personen ausgeübt und erst durch diese über ein Gebiet [Dokument 1 und 2].

Daß der Mönch in dieser Aufzählung fehlt, lag sicherlich daran, daß die Vertreter des Klerus aus allen Ständen kamen; sie mußten als Bischöfe und Äbte adeligen Geblüts sein, der einfache Klosterbruder konnte jedoch aus einer bäuerlichen Familie stammen. Zu dieser ständischen Gliederung, die auch durch eine Kleiderordnung sichtbar festgelegt wurde [Dokument
34], trat noch ein zweiter Ordnungsfaktor hinzu, der der Genossenschaft. Eine Existenz als Individuum, wie das heute selbstverständlich ist, lag bis weit in die Frühe Neuzeit hinein außerhalb jeder Vorstellung: Als Adeliger legitimierte man sich durch seine Ahnentafel und sein Wappen, als Bürger war man eingebunden in die Stadtgemeinde und durch sie in die jeweilige Gilde oder Zunft. Das bäuerliche Dasein hingegen war abhängig von den Formen der Grundherrschaft, der der jeweilige Bauer unterworfen war, im späten Mittelalter war es zudem die Dorfgemeinschaft, zu der der Bauer gehörte. Sogar die vielen Bettler [Dokument 5, 6] hatten ihre Bettelherbergen.

Natürlich gab es neben den Bürgern die "Einwohner" einer Stadt, die vielen Knechte und Mägde und die unehelich Geborenen, doch sie durften darauf hoffen, daß ihre Nachkommen in der zweiten oder dritten Generation das Bürgerrecht erwerben konnten. Außerhalb jeder Gemeinschaft, die Sicherheit bis in den Tod bot, standen die Vagabunden, die fahrenden Leute, die Schinder, die Henker. Die Juden lebten - trotz des Königsschutzes - am Rande der christlich geprägten Gruppierungen. Daß Stadt und Land dem jeweiligen Landesherrn unterstand, versteht sich sogar bei dem eingangs zitierten Abzählvers von selbst.

Im nördlichen Hessen war dieser Herr für einige Klöster der König / Kaiser, der Landgraf oder das Erzstift St. Stephan in Mainz. Die Städte im nördlichen Hessen waren schon im Hochmittelalter zu Territorialstädten mit einer weitgehenden Selbstverwaltung geworden, die Bauern hingegen lebten unter unterschiedlichen Herrschaften; der Grundherr konnte der Landgraf direkt sein, der Deutsche Orden, ein Kloster, eine Kirche oder ein Landadeliger.

Da die Sozialgeschichte und ihre Themen sich im weitesten Sinne in den Lehrplänen für den Unterricht über das Mittelalter der Sekundarstufe I. und II. widerspiegeln, soll das vorliegende Quellenheftes nach wichtigen Bevölkerungsgruppen gegliedert werden: und

- Der Bauernstand (Grundherrschaft und Dorfgemeinschaft)
- Die Stadt (Stadtrecht und Stadtwirtschaft)
- Die Klöster (kultureller, wirtschaftlicher u. sozialer Mittelpunkt ihrer Landschaft)
- Der Adel

1. Der Bauernstand

Auch im nördlichen Hessen läßt sich die Entwicklung vom freien Bauern, der sein Gut als Leihgut einem Grundherrn gab, um vom Kriegsdienst befreit zu werden und als Gegenleistung Schutz zu erhalten, und die Einrichtung der Fronhöfe mit abhängigen Bauernstellen verfolgen. Doch unsere Quellenbeispiele sind aus der Zeit nach der großen Umgestaltung der Verwaltung auf dem Land im 13. Jahrhundert gewählt, als Ämter entstanden, in denen Verwaltungs- und Gerichtsobliegenheiten vereinigt waren: Gericht Frauenberg / Ebsdorf oder Seelheim. Die von Grundherren abhängigen Bauern erhielten in der Landsiedelleihe ein Gut in Zeitpacht, d.h. für einige Jahre, oder in Erbpacht und zahlten einen vereinbarten Zins in Geld oder Naturalien [Dokument
7 , 8, 9]. Der Deutsche Orden war einer der großen Grundherren im Westen und Osten Marburgs, teilweise sogar mit eigener Gerichtsbarkeit, vergleichbar den adeligen Gerichten, die bis 1806 bestanden haben.

Seit dem Hochmittelalter herrschte die Dreifelderwirtschaft (Wechsel von Winterfrucht, Sommerfrucht und Brache) bis ins 19. Jahrhundert vor. Der Kampf der jeweiligen Dorfgemeinschaft um die Allmende und um die Nutzung des Waldes und der Gewässer [Dokument
10] zog sich durch die Jahrhunderte [Dokument 11 und 12]. Erste Ansätze der staatlichen Fürsorge lassen sich in der Reformationszeit und nach dem Dreißigjährigem Krieg unter dem Landgrafen Wilhelm VI. entdecken; am Ende des 18. Jahrhunderts versuchte Landgraf Friedrich II. im Sinne des aufgeklärten Absolutismus mit der "Gesellschaft des Ackerbaus" systematisch eine Verbesserung des Bodens und besonders der Wollerzeugung zu erreichen [Dokument 13, 14].

2. Die Stadt

Die Städte im nördlichen Hessen haben ihren Ursprung in Bischofssitzen, Königspfalzen und Burgen der Adeligen. Neugründungen im Hochmittelalter gehen meist auf einen landesherrlichen Akt zurück, was sich an der Neustadt Frankenberg besonders gut zeigen läßt [Dokument
15 und 16]. Den Bürgern der Städte gelang es im Laufe des 13. Jahrhunderts meist, den Einfluß des landesherrlichen Schultheißen und in einem nächsten Schritt den der mächtigen patrizischen Schöffen zurückzudrängen [Dokument 17, 18]. Manche dieser Städte erhielten eine rechtliche Stellung, die fast der einer Freien Reichsstadt gleichkam. Bei landesherrlichen Eingriffen, besonders im finanziellen Sektor, konnte es zu regelrechten Aufständen kommen [Dokument 19].

Die eigentliche Macht einer Stadt zeigte sich in ihrer Position als Wirtschaftsfaktor: Die Stadtmauer mußte errichtet und gegebenenfalls verteidigt werden, das Münz- und Marktrecht bedingten eine Marktordnung [Dokument
20], die auch den Verkehr mit den in die Stadt strömenden Bauern und fremden Händlern regelte. Der Einfluß der Zünfte und Gilden basierte auf Zunftbriefen, die sie von dem Landesherrn bestätigt bekamen [Dokument 21 und 22] und die ihnen eine großen Einfluß innerhalb der städtischen Verwaltung und der Wirtschaft zuwies. Die Zunftordnungen von 1693 und deren Erneuerungen von 1730 bedeuteten jedoch den Sieg des absoluten Staates über die bis dahin selbständigen Zünfte, die bei jedem Regierungswechsel diese Ordnungen erneuern lassen mußten [Dokument 23].

Das Bürgerrecht konnte nur der erwerben, der in den Augen der Bürgerschaft dieser Ehre wert war [Dokument 24 und 25].
Die Städte erhielten die Braugerechtigkeit - Bierbrauen war kein zünftiges Gewerbe - vom Landesherrn verliehen und achteten streng darauf, daß nur sie das platte Land mit Bier versorgen durften. Ähnlich umstritten war die Pflicht, Getreide nur in bestimmten Mühlen mahlen zu lassen. Erst 1496 erwarb der Landgraf die Getreide-, Loh- und Walkmühlen Marburgs vom Deutschen Orden; nur noch der dritte Teil der Marburger Einwohner mußte in der Elwinsmühle des Deutschen Ordens, des früheren Besitzers aller Marburger Mühlen, mahlen lassen (Bannmühlen / Mühlenbann).

Die Stadtgemeinde kümmerte sich auch um die Einrichtung von Siechenhäusern, deren Existenz zumeist auf Stiftungen
beruhte [Dokument
27, 28, 29]. Genauso wichtig war die Einrichtung und Unterhaltung von Schulen, seien es Trivialschulen (von trivium d.h. Grammatik, Rhetorik u. Dialektik) oder Lateinschulen [Dokument 30]. Das Privileg zur Errichtung einer Hohen Schule, einer Universität, hingegen konnte nur der Kaiser oder Papst verleihen. Den intellektuellen Rang einer Universitäts- oder Residenz-Stadt machten auch ihre Druckereien aus, die wiederum zumeist die Unterstützung, später das Privileg des jeweiligen Landesherrn nötig hatten.

Nicht übersehen sollte man auch die vielen religiösen Bruderschaften, die Keimzellen der Zünfte, z.B. die Kalandsbruderschaften, die sich um eine würdige Beerdigung ihrer Mitglieder kümmerten, oder die Bruderschaften, die Prozessionen und geistliche Spiele organisierten.

3. Die Klöster, ihre kulturelle, wirtschaftliche, soziale und politische Bedeutung

Das Mittelalter ist ohne Wirkung der Klöster nicht zu denken. Sie waren der kulturelle, wirtschaftliche, soziale und häufig genug auch politische Mittelpunkt ihrer Landschaft. Die frühen Orden (Benediktiner/Zisterzienser) bauten ihre Klöster bewußt außerhalb einer Ortschaft, rodeten die Wälder, kultivierten den Boden und betrieben Landwirtschaft mit Hilfe von Konversen. Die Predigerorden (Franziskaner/Dominikaner) hingegen suchten ihre Aufgabe in den mittelalterlichen Städten, wie im 15. Jahrhundert der "Schulorden" der Brüder vom Gemeinsamen Leben. Das nördliche Hessen kann sich zudem rühmen, daß der erfolgreichste und einflußreichste Missionar Deutschlands, der Angelsachse Winfried/Bonifatius, in Hessen (721) die Klöster Amöneburg, Fritzlar und (744) Fulda gründete, wo er begraben ist [Dokument
31]. Bonifatius bewirkte auch die Bindung der Kirche des Frankenreichs an Rom [Dokument 32]. Bedeutende Klöster im nördlichen Hessen waren außer den genannten das Kloster Hersfeld, das Stift Ahnaberg in Kassel, Kloster Haina, Georgenberg bei Frankenberg u.a. Der geistliche Ritterorden, der Deutsche Orden, gehörte mit seiner Kommende Marburg zu den größten Grundherren im nördlichen Hessen und konnte seine - wenn auch nach der Reformation eingeschränkte - Reichsunmittelbarkeit bis 1807 wahren. Der Besitz der Klöster an Land und Häusern basierte auf Schenkungen durch die Landgrafen, durch Adelige, Bürger und Bauern zu deren Seelenheil [Dokument 33]. Außer der Vermittlung der christlichen Glaubenswahrheiten, sahen die Mönche und Nonnen auch eine Aufgabe in der Versorgung von Kranken [Dokument 34 und 35] und in der Bewahrung und Vermittlung der Kultur. Mit der Reformation wurden in der Landgrafschaft Hessen die Klöster aufgehoben [Dokument 36], nur die Reichsabtei Fulda im Osten des heutigen Hessen und die Klöster, die auf dem Territorium des Mainzer Erzbistums lagen (Amöneburg und Fritzlar), blieben bestehen.

Außerhalb dieser Schutz gewährenden Gemeinschaften lebten die Juden. Sie standen zwar unter Königsschutz, doch in der Regel hatte der König das Regal an die Landesherren und die Städte verliehen. Die frühen Judenordnungen [Dokument
38] zeigen, daß die Gesetzgeber von einer Hoffnung auf Bekehrung ausgingen und Judenpredigten anordneten. Da die Juden keinen Grundbesitz erwerben und kein zünftiges Gewerbe betreiben durften, waren sie abhängig vom Wohlwollen der jeweiligen Gemeinde oder des Landesherrn [Dokument 37]. Erst das 19. Jahrhundert brachte ihnen die Emanzipation.

4. Bergbau und Salinen

Rechtlich weder in den bäuerlichen noch in den städtischen Bereich fallen die vielen Bergwerke, die schon im Mittelalter im nördlichen Hessen bezeugt sind; sie gehörten zu den Regalien, d.h. den Rechten des Landesherrn und wurden an Gewerkschaften verliehen. Das Goldwaschen in der Eder wurde genauso hoffnungsvoll betrieben wie der Silberbergbau bei Gladenbach. Von größerer Bedeutung hingegen war die Schürfung von Eisenerz (Biedenkopf) und dessen kunstvolle Verarbeitung in den Hütten
und Hämmern des Klosters Haina in Fischbach und Neubau [Dokument
39]. Die Kupfergruben bei Frankenberg (Thalitter) waren wenig ertragreich, besser stand es um den Kupferbergbau im Richelsdorfer Gebirge. Hier, im Osten Hessens, wurde auch Alabaster abgebaut, der sich zu Grabdenkmälern, Altartischen oder Reliefs mit weltlichen Themen kunstvoll verarbeiten ließ [Dokument 40].

Ergiebig und wichtig waren hingegen die Produkte der Salinen in Soden-Allendorf. Die Pfänner, d.h. die Patrizier von Allendorf, hatten anfangs allein das Salzwerk als Lehen vom Landgrafen inne; unter Landgraf Philipp entstand neben der Pfännerseite eine Fürstenseite. 1540 wurden die Pfänneranteile auf Dauer an den Landgrafen verpachtet, der fortan allein das Salzwerk betrieb und das Salz verkaufte (Regiebetrieb). Der Verkauf des hessischen Salzes bedeutete für die Landgrafschaft eine wesentliche Einnahmequelle. Fremdes Salz wurde deshalb mit hohen Einfuhrzöllen belegt [Dokument
41].

5. Der Adel

Der nordhessische Raum wurde - wie die Herzogtümer Bayern, Sachsen oder Lothringen - im frühen Mittelalter von Grafen, die auch richterliche Funktionen innehatten, im Auftrag des Königs verwaltet. Diese edelfreien bzw. freien Grundherren (die Konradiner) sicherten das wichtige Durchgangsland Hessen für den König. Der behandelte Raum gehörte überwiegend zur Erzdiözese Mainz, die planmäßig ihren weltlichen Herrschaftsbereich auszudehnen bestrebt war und anfangs mit den Landgrafen von Thüringen (den Ludowingern) in bestem Einvernehmen stand. Erst als seit dem 12. Jahrhundert beider Interessen im hessischen Raum aufeinanderstießen, kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich zu Anfang des 15. Jahrhunderts zugunsten der seit 1248 unabhängigen Landgrafschaft Hessen entschieden [Dokument
42]. Auch die adeligen Herrschaften und geistlichen Grundherrschaften hatten nach und nach die Oberherrschaft der Landgrafen, die 1292 in den Reichsfürstenstand erhoben wurden, anerkannt und den Landgrafen als ihren Lehnsherrn akzeptiert. Nur der Grafschaft Waldeck gelang es in der Frühen Neuzeit, die Lehnshoheit abzuschütteln. Die Beziehung zwischen Lehnsherr und Lehnsmann [Dokument 43, 44 und 45] stellt neben der dinglichen Seite, der Gewährung eines Lehens, ein Hilfs- und Treueverhältnis auf Gegenseitigkeit dar; der Mann muß dem Herrn unter Eid versprechen, ihm "treu" und "hold" zu sein, der Herr bietet dem Mann "Schutz und Schirm".

Zeugen dieser Zeit gibt es reichlich, obgleich vieles durch Umbauten und Kriege zerstört worden ist. So findet man Burgen der Landadeligen [Dokument
46 und 47] und der Landgrafen [Dokument 48], die noch ihr mittelalterliches Gepräge bewahrt haben. Die Residenz des Landgrafen in Marburg [Dokument 49] besitzt einen der größten gotischen Säle; zahlreiche Epitaphe der Adelsfamilien in ihren Patronatskirchen zeugen von der Macht und dem Selbstbewußtsein dieser alten Familien. Die Grablege der Landgrafen im Südchor der Elisabethkirche vereinigt Grabdenkmäler von der frühen Gotik bis zum Manierismus [Dokument 40].
Kostbare Waffen in den einschlägigen Museen erinnern an die Hauptbeschäftigungen des Adels, an die Heerfahrt oder die Hoffahrt, an Turniere und vor allem an die Jagd im waldreichen Hessen. Selbst in alten Sagen spiegelt sich die Macht der Ritter im Bild der Riesen [Dokument
50].   

Das Mittelalter in Hessen
Das Mittelalter in Hessen

Einführung  (siehe auch > Ausstellungsübersicht)

Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann, so lautet ein alter Abzählvers in einem Kinderspiel. In der Reihenfolge der Bezeichnungen spiegelt sich die Hierarchie innerhalb der ständisch gegliederten Gesellschaft des Mittelalters, denn Herrschaft wird zu jener Zeit über Personen ausgeübt und erst durch diese über ein Gebiet [Dokument 1 und 2].

Daß der Mönch in dieser Aufzählung fehlt, lag sicherlich daran, daß die Vertreter des Klerus aus allen Ständen kamen; sie mußten als Bischöfe und Äbte adeligen Geblüts sein, der einfache Klosterbruder konnte jedoch aus einer bäuerlichen Familie stammen. Zu dieser ständischen Gliederung, die auch durch eine Kleiderordnung sichtbar festgelegt wurde [Dokument
34], trat noch ein zweiter Ordnungsfaktor hinzu, der der Genossenschaft. Eine Existenz als Individuum, wie das heute selbstverständlich ist, lag bis weit in die Frühe Neuzeit hinein außerhalb jeder Vorstellung: Als Adeliger legitimierte man sich durch seine Ahnentafel und sein Wappen, als Bürger war man eingebunden in die Stadtgemeinde und durch sie in die jeweilige Gilde oder Zunft. Das bäuerliche Dasein hingegen war abhängig von den Formen der Grundherrschaft, der der jeweilige Bauer unterworfen war, im späten Mittelalter war es zudem die Dorfgemeinschaft, zu der der Bauer gehörte. Sogar die vielen Bettler [Dokument 5, 6] hatten ihre Bettelherbergen.

Natürlich gab es neben den Bürgern die "Einwohner" einer Stadt, die vielen Knechte und Mägde und die unehelich Geborenen, doch sie durften darauf hoffen, daß ihre Nachkommen in der zweiten oder dritten Generation das Bürgerrecht erwerben konnten. Außerhalb jeder Gemeinschaft, die Sicherheit bis in den Tod bot, standen die Vagabunden, die fahrenden Leute, die Schinder, die Henker. Die Juden lebten - trotz des Königsschutzes - am Rande der christlich geprägten Gruppierungen. Daß Stadt und Land dem jeweiligen Landesherrn unterstand, versteht sich sogar bei dem eingangs zitierten Abzählvers von selbst.

Im nördlichen Hessen war dieser Herr für einige Klöster der König / Kaiser, der Landgraf oder das Erzstift St. Stephan in Mainz. Die Städte im nördlichen Hessen waren schon im Hochmittelalter zu Territorialstädten mit einer weitgehenden Selbstverwaltung geworden, die Bauern hingegen lebten unter unterschiedlichen Herrschaften; der Grundherr konnte der Landgraf direkt sein, der Deutsche Orden, ein Kloster, eine Kirche oder ein Landadeliger.

Da die Sozialgeschichte und ihre Themen sich im weitesten Sinne in den Lehrplänen für den Unterricht über das Mittelalter der Sekundarstufe I. und II. widerspiegeln, soll das vorliegende Quellenheftes nach wichtigen Bevölkerungsgruppen gegliedert werden: und

- Der Bauernstand (Grundherrschaft und Dorfgemeinschaft)
- Die Stadt (Stadtrecht und Stadtwirtschaft)
- Die Klöster (kultureller, wirtschaftlicher u. sozialer Mittelpunkt ihrer Landschaft)
- Der Adel


1. Der Bauernstand

Auch im nördlichen Hessen läßt sich die Entwicklung vom freien Bauern, der sein Gut als Leihgut einem Grundherrn gab, um vom Kriegsdienst befreit zu werden und als Gegenleistung Schutz zu erhalten, und die Einrichtung der Fronhöfe mit abhängigen Bauernstellen verfolgen. Doch unsere Quellenbeispiele sind aus der Zeit nach der großen Umgestaltung der Verwaltung auf dem Land im 13. Jahrhundert gewählt, als Ämter entstanden, in denen Verwaltungs- und Gerichtsobliegenheiten vereinigt waren: Gericht Frauenberg / Ebsdorf oder Seelheim. Die von Grundherren abhängigen Bauern erhielten in der Landsiedelleihe ein Gut in Zeitpacht, d.h. für einige Jahre, oder in Erbpacht und zahlten einen vereinbarten Zins in Geld oder Naturalien [Dokument 7 , 8, 9]. Der Deutsche Orden war einer der großen Grundherren im Westen und Osten Marburgs, teilweise sogar mit eigener Gerichtsbarkeit, vergleichbar den adeligen Gerichten, die bis 1806 bestanden haben.

Seit dem Hochmittelalter herrschte die Dreifelderwirtschaft (Wechsel von Winterfrucht, Sommerfrucht und Brache) bis ins 19. Jahrhundert vor. Der Kampf der jeweiligen Dorfgemeinschaft um die Allmende und um die Nutzung des Waldes und der Gewässer [Dokument 10] zog sich durch die Jahrhunderte [Dokument 11 und 12]. Erste Ansätze der staatlichen Fürsorge lassen sich in der Reformationszeit und nach dem Dreißigjährigem Krieg unter dem Landgrafen Wilhelm VI. entdecken; am Ende des 18. Jahrhunderts versuchte Landgraf Friedrich II. im Sinne des aufgeklärten Absolutismus mit der "Gesellschaft des Ackerbaus" systematisch eine Verbesserung des Bodens und besonders der Wollerzeugung zu erreichen [Dokument 13, 14].


2. Die Stadt

Die Städte im nördlichen Hessen haben ihren Ursprung in Bischofssitzen, Königspfalzen und Burgen der Adeligen. Neugründungen im Hochmittelalter gehen meist auf einen landesherrlichen Akt zurück, was sich an der Neustadt Frankenberg besonders gut zeigen läßt [Dokument 15 und 16]. Den Bürgern der Städte gelang es im Laufe des 13. Jahrhunderts meist, den Einfluß des landesherrlichen Schultheißen und in einem nächsten Schritt den der mächtigen patrizischen Schöffen zurückzudrängen [Dokument 17, 18]. Manche dieser Städte erhielten eine rechtliche Stellung, die fast der einer Freien Reichsstadt gleichkam. Bei landesherrlichen Eingriffen, besonders im finanziellen Sektor, konnte es zu regelrechten Aufständen kommen [Dokument 19].

Die eigentliche Macht einer Stadt zeigte sich in ihrer Position als Wirtschaftsfaktor: Die Stadtmauer mußte errichtet und gegebenenfalls verteidigt werden, das Münz- und Marktrecht bedingten eine Marktordnung [Dokument 20], die auch den Verkehr mit den in die Stadt strömenden Bauern und fremden Händlern regelte. Der Einfluß der Zünfte und Gilden basierte auf Zunftbriefen, die sie von dem Landesherrn bestätigt bekamen [Dokument 21 und 22] und die ihnen eine großen Einfluß innerhalb der städtischen Verwaltung und der Wirtschaft zuwies. Die Zunftordnungen von 1693 und deren Erneuerungen von 1730 bedeuteten jedoch den Sieg des absoluten Staates über die bis dahin selbständigen Zünfte, die bei jedem Regierungswechsel diese Ordnungen erneuern lassen mußten [Dokument 23].

Das Bürgerrecht konnte nur der erwerben, der in den Augen der Bürgerschaft dieser Ehre wert war [Dokument 24 und 25].
Die Städte erhielten die Braugerechtigkeit - Bierbrauen war kein zünftiges Gewerbe - vom Landesherrn verliehen und achteten streng darauf, daß nur sie das platte Land mit Bier versorgen durften. Ähnlich umstritten war die Pflicht, Getreide nur in bestimmten Mühlen mahlen zu lassen. Erst 1496 erwarb der Landgraf die Getreide-, Loh- und Walkmühlen Marburgs vom Deutschen Orden; nur noch der dritte Teil der Marburger Einwohner mußte in der Elwinsmühle des Deutschen Ordens, des früheren Besitzers aller Marburger Mühlen, mahlen lassen (Bannmühlen / Mühlenbann).

Die Stadtgemeinde kümmerte sich auch um die Einrichtung von Siechenhäusern, deren Existenz zumeist auf Stiftungen
beruhte [Dokument 27, 28, 29]. Genauso wichtig war die Einrichtung und Unterhaltung von Schulen, seien es Trivialschulen (von trivium d.h. Grammatik, Rhetorik u. Dialektik) oder Lateinschulen [Dokument 30]. Das Privileg zur Errichtung einer Hohen Schule, einer Universität, hingegen konnte nur der Kaiser oder Papst verleihen. Den intellektuellen Rang einer Universitäts- oder Residenz-Stadt machten auch ihre Druckereien aus, die wiederum zumeist die Unterstützung, später das Privileg des jeweiligen Landesherrn nötig hatten.

Nicht übersehen sollte man auch die vielen religiösen Bruderschaften, die Keimzellen der Zünfte, z.B. die Kalandsbruderschaften, die sich um eine würdige Beerdigung ihrer Mitglieder kümmerten, oder die Bruderschaften, die Prozessionen und geistliche Spiele organisierten.


3. Die Klöster, ihre kulturelle, wirtschaftliche, soziale und politische Bedeutung

Das Mittelalter ist ohne Wirkung der Klöster nicht zu denken. Sie waren der kulturelle, wirtschaftliche, soziale und häufig genug auch politische Mittelpunkt ihrer Landschaft. Die frühen Orden (Benediktiner/Zisterzienser) bauten ihre Klöster bewußt außerhalb einer Ortschaft, rodeten die Wälder, kultivierten den Boden und betrieben Landwirtschaft mit Hilfe von Konversen. Die Predigerorden (Franziskaner/Dominikaner) hingegen suchten ihre Aufgabe in den mittelalterlichen Städten, wie im 15. Jahrhundert der "Schulorden" der Brüder vom Gemeinsamen Leben. Das nördliche Hessen kann sich zudem rühmen, daß der erfolgreichste und einflußreichste Missionar Deutschlands, der Angelsachse Winfried/Bonifatius, in Hessen (721) die Klöster Amöneburg, Fritzlar und (744) Fulda gründete, wo er begraben ist [Dokument 31]. Bonifatius bewirkte auch die Bindung der Kirche des Frankenreichs an Rom [Dokument 32]. Bedeutende Klöster im nördlichen Hessen waren außer den genannten das Kloster Hersfeld, das Stift Ahnaberg in Kassel, Kloster Haina, Georgenberg bei Frankenberg u.a. Der geistliche Ritterorden, der Deutsche Orden, gehörte mit seiner Kommende Marburg zu den größten Grundherren im nördlichen Hessen und konnte seine - wenn auch nach der Reformation eingeschränkte - Reichsunmittelbarkeit bis 1807 wahren. Der Besitz der Klöster an Land und Häusern basierte auf Schenkungen durch die Landgrafen, durch Adelige, Bürger und Bauern zu deren Seelenheil [Dokument 33]. Außer der Vermittlung der christlichen Glaubenswahrheiten, sahen die Mönche und Nonnen auch eine Aufgabe in der Versorgung von Kranken [Dokument 34 und 35] und in der Bewahrung und Vermittlung der Kultur. Mit der Reformation wurden in der Landgrafschaft Hessen die Klöster aufgehoben [Dokument 36], nur die Reichsabtei Fulda im Osten des heutigen Hessen und die Klöster, die auf dem Territorium des Mainzer Erzbistums lagen (Amöneburg und Fritzlar), blieben bestehen.

Außerhalb dieser Schutz gewährenden Gemeinschaften lebten die Juden. Sie standen zwar unter Königsschutz, doch in der Regel hatte der König das Regal an die Landesherren und die Städte verliehen. Die frühen Judenordnungen [Dokument 38] zeigen, daß die Gesetzgeber von einer Hoffnung auf Bekehrung ausgingen und Judenpredigten anordneten. Da die Juden keinen Grundbesitz erwerben und kein zünftiges Gewerbe betreiben durften, waren sie abhängig vom Wohlwollen der jeweiligen Gemeinde oder des Landesherrn [Dokument 37]. Erst das 19. Jahrhundert brachte ihnen die Emanzipation.


4. Bergbau und Salinen

Rechtlich weder in den bäuerlichen noch in den städtischen Bereich fallen die vielen Bergwerke, die schon im Mittelalter im nördlichen Hessen bezeugt sind; sie gehörten zu den Regalien, d.h. den Rechten des Landesherrn und wurden an Gewerkschaften verliehen. Das Goldwaschen in der Eder wurde genauso hoffnungsvoll betrieben wie der Silberbergbau bei Gladenbach. Von größerer Bedeutung hingegen war die Schürfung von Eisenerz (Biedenkopf) und dessen kunstvolle Verarbeitung in den Hütten
und Hämmern des Klosters Haina in Fischbach und Neubau [Dokument 39]. Die Kupfergruben bei Frankenberg (Thalitter) waren wenig ertragreich, besser stand es um den Kupferbergbau im Richelsdorfer Gebirge. Hier, im Osten Hessens, wurde auch Alabaster abgebaut, der sich zu Grabdenkmälern, Altartischen oder Reliefs mit weltlichen Themen kunstvoll verarbeiten ließ [Dokument 40].

Ergiebig und wichtig waren hingegen die Produkte der Salinen in Soden-Allendorf. Die Pfänner, d.h. die Patrizier von Allendorf, hatten anfangs allein das Salzwerk als Lehen vom Landgrafen inne; unter Landgraf Philipp entstand neben der Pfännerseite eine Fürstenseite. 1540 wurden die Pfänneranteile auf Dauer an den Landgrafen verpachtet, der fortan allein das Salzwerk betrieb und das Salz verkaufte (Regiebetrieb). Der Verkauf des hessischen Salzes bedeutete für die Landgrafschaft eine wesentliche Einnahmequelle. Fremdes Salz wurde deshalb mit hohen Einfuhrzöllen belegt [Dokument 41].


5. Der Adel

Der nordhessische Raum wurde - wie die Herzogtümer Bayern, Sachsen oder Lothringen - im frühen Mittelalter von Grafen, die auch richterliche Funktionen innehatten, im Auftrag des Königs verwaltet. Diese edelfreien bzw. freien Grundherren (die Konradiner) sicherten das wichtige Durchgangsland Hessen für den König. Der behandelte Raum gehörte überwiegend zur Erzdiözese Mainz, die planmäßig ihren weltlichen Herrschaftsbereich auszudehnen bestrebt war und anfangs mit den Landgrafen von Thüringen (den Ludowingern) in bestem Einvernehmen stand. Erst als seit dem 12. Jahrhundert beider Interessen im hessischen Raum aufeinanderstießen, kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich zu Anfang des 15. Jahrhunderts zugunsten der seit 1248 unabhängigen Landgrafschaft Hessen entschieden [Dokument 42]. Auch die adeligen Herrschaften und geistlichen Grundherrschaften hatten nach und nach die Oberherrschaft der Landgrafen, die 1292 in den Reichsfürstenstand erhoben wurden, anerkannt und den Landgrafen als ihren Lehnsherrn akzeptiert. Nur der Grafschaft Waldeck gelang es in der Frühen Neuzeit, die Lehnshoheit abzuschütteln. Die Beziehung zwischen Lehnsherr und Lehnsmann [Dokument 43, 44 und 45] stellt neben der dinglichen Seite, der Gewährung eines Lehens, ein Hilfs- und Treueverhältnis auf Gegenseitigkeit dar; der Mann muß dem Herrn unter Eid versprechen, ihm "treu" und "hold" zu sein, der Herr bietet dem Mann "Schutz und Schirm".

Zeugen dieser Zeit gibt es reichlich, obgleich vieles durch Umbauten und Kriege zerstört worden ist. So findet man Burgen der Landadeligen [Dokument 46 und 47] und der Landgrafen [Dokument 48], die noch ihr mittelalterliches Gepräge bewahrt haben. Die Residenz des Landgrafen in Marburg [Dokument 49] besitzt einen der größten gotischen Säle; zahlreiche Epitaphe der Adelsfamilien in ihren Patronatskirchen zeugen von der Macht und dem Selbstbewußtsein dieser alten Familien. Die Grablege der Landgrafen im Südchor der Elisabethkirche vereinigt Grabdenkmäler von der frühen Gotik bis zum Manierismus [Dokument 40].
Kostbare Waffen in den einschlägigen Museen erinnern an die Hauptbeschäftigungen des Adels, an die Heerfahrt oder die Hoffahrt, an Turniere und vor allem an die Jagd im waldreichen Hessen. Selbst in alten Sagen spiegelt sich die Macht der Ritter im Bild der Riesen [Dokument 50].

Abbildung zur mittelalterlichen Vorstellung von der gesellschaftlichen Ordnung. Holzschnitt von Jacob Meydenbach aus Prognosticatio von Johann von Lichtenberg, 1488
Abbildung zur mittelalterlichen Vorstellung von der gesellschaftlichen Ordnung. Holzschnitt von Jacob Meydenbach aus Prognosticatio von Johann von Lichtenberg, 1488

Der Holzschnitt zeigt den auf einem Regenbogen thronenden Christus, der die drei Stände segnet: den Wehrstand (Ritter), den Lehrstand (Klerus) und den Nährstand (Bauern). Die Beschriftung über der linken Gruppe, den Klerikern, lautet "Tu supplex ora = Du bete inständig", die über der rechten Gruppe, den Fürsten,"Tu protege = Du schütze" und die über den unteren, tätigen Männern "Tuq(ue) labora = Und du arbeite".

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Auszug aus einem Brief der Äbtissin Hildegard von Bingen an die Äbtissin Tenxwind von Andernach über die gottgewollte Ständeordnung, um 1150
Äbtissin Hildegard von Bingen an die Äbtissin von Andernach

Gott achtet bei jedem Menschen darauf, daß sich der niedere Stand nicht über den höheren erhebe, wie es einst Satan und der erste Mensch getan [...]. Wer steckt all sein Viehzeug zusammen in einen Stall: Rinder, Esel, Schafe, Böcke? Da käme alles übel durcheinander! So ist auch darauf zu achten, daß nicht alles Volk in eine Herde zusammengeworfen werde. [...] Es würde sonst eine böse Sittenverwilderung einreißen [...], wenn der höhere Stand zum niedrigen herabgewürdigt und dieser zum höheren aufsteigen würde. Gott teilt sein Volk auf Erden in verschiedene Stände, wie die Engel im Himmel in verschiedene Gruppen geordnet sind, in die einfachen Engel und in die Erzengel [...], die Cherubim und Seraphim.

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Auszug aus der Kaiserchronik über die Kleidung der Bauern, um 1150
Dem Bauern ist nach dem Recht nur Schwarz oder Grau zu tragen erlaubt. Gere [keilförmige Verzierungen des Gewandes] darf er nur an der Seite tragen; rindlederne Schuhe sind genug; für das Hemd sieben Ellen und für die Kniehose Tuch aus Rupfen. [...] An den Sonntagen soll er zur Kirche gehen. Doch darf er nur einen Stecken in der Hand tragen. Kommt er mit einem Schwert, soll man ihn gebunden an den Kirchzaun führen, ihm dort den Hut wegnehmen und das Haar abschneiden. Wenn er angegriffen wird, darf er sich nur mit einem Krückstock verteidigen.
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Auszug aus dem Sachsenspiegel des Eike von Repgow über Buß- und Manngelder, um 1230

Die Höhe der zu zahlenden Bußen war vom Stand, vom "Wert", eines Menschen abhängig.

Buß- und Manngelder aus dem Sachsenspiegel


Bußgeld Manngeld
Fürsten und Freie Herren
Schöffenbare Leute
Bargilden (freie Grundbesitzer)
Freie im Land (ohne Grundbesitz)
Zinsbauern
Tagelöhner
30 Schillinge in Gold
30 Schillinge in Silber
15 Schillinge
15 Schillinge
20 Schillinge u. 6. Pf.
2 Wollhandschuh
1 Mistgabel
18 Pfund Pfennige
18 Pfund Pfennige
10 Pfund Pfennige
10 Pfund Pfennige
9 Pfund Pfennige
1 Haufen Weizen von
12 Ruten Maß




Zur Information:

Die Höhe der zu zahlenden Bußen war vom Stand, vom "Wert", eines Menschen abhängig

Bußgeld ist die Zahlung des Missetäters an den Kläger, d.h. ein Fürst erhielt als Sühne 30 Schillinge, ein Tagelöhner Wollhandschuhe und eine Mistgabel.
Manngeld oder Wergeld ist die Buße für die Tötung eines Mannes.

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Auszug aus der Reformationsordnung in Policey-Sachen von Landgraf Philipp von Hessen (1504-1567) gegen Bettler und Bettelmönche, 1526
Auszug aus der Reformationsordnung in Policey-Sachen von Landgraf Philipp von Hessen (1504-1567) gegen Bettler und Bettelmönche, 1526

Die "Reformations-Ordnung in Policey-Sachen" aus dem Jahre 1526 und deren Erneuerung zeigen, wie die hessischen Landgrafen ihre staatliche Autorität durchzusetzen versuchten. Mit den hier angesprochenen "Stationierern" sind die Mönche der Bettelorden gemeint.

Reformations-Ordnung in Policey-Sachen

Vom Jahr 1526

Unseres Landgrafen Philipsen Reformation und Ordnung, von
allerlei Gebrechlichkeit und Unordnung, so bisher in unsern Fürstentum,
Landen und Gebieten geschehen sei.


[...]
2. Von Bettlern und Stationierern.
Es ist unser Meinung, daß in allen unsern Ämtern keine fremden Bettler, die in unsern Gerichten und Gebieten nicht geborn, aufgezogen sein oder gewohnt haben, desgleichen keine Stationierer oder [Leute], die Heiligtum führen, umhergehen, sie seien wes Ordens oder Geschlechts sie wollen, zu betteln oder Station zu halten, zugelassen oder gelitten werden. Wo aber ein armer Mensch kommt, der von diesem Gebot nichts weiß, dem soll man so viel geben, daß er fortgehen und an einen anderen Ort gelangen kann, unter der Bedingung, daß er von Stund an wieder zurück aus unserem Fürstentum gewiesen und er verspricht, nicht zu betteln. Wenn auch einer mit Schwachheit [Krankheit] unversehenlich beladen würde, den soll man dulden und ihm Hilfe gewähren, bis er gesundet und weiter wandern kann. Sonst soll man mit ernstlichem Fleiß dafür sorgen, daß eine Stadt, ein Flekken oder Dorf ihre armen, bedürftigen Leute um Gottes Willen selbst unterhält, soviel immer möglich ist, sie keine Not leiden läßt, und also einer des anderen Bürde milde tragen helfe.
[...]
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Auszug aus dem Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm IV. gegen Bettler und Brandstifter, 5. Mai 1582
Auszug aus dem Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm IV. gegen Bettler und Brandstifter, 5. Mai 1582

WILHELMI IV. Ausschreiben
wider die sich einschleichende frembde Bettler,
besonders die, so Feuer anlegen.
Vom 5ten May 1582

[...] Da die Erfahrung lehrt, daß zu den ausländischen Bettlern sich solche gesellen, von denen oft Brand, Unglück und Unterschleif erfolgt, will es vonnöten sein, sowohl auf den Dörfern als auch in Städten auf dieselben Gesellen zur Vermeidung allerlei besorglicher Gefahr und Schaden eine gute Aufsicht zu haben. So ist demnach unser Befehl in Gnaden, daß ihr im Amt eurer Verwaltung, beide, Städte und Dörfer, allenthalben die Vorsehung tut, daß nicht allein auf die ausländischen Bettler und Müßiggänger ein fleißiges Aufsehen geschehe, sondern daß die Betreter bei nächster Gelegenheit wieder zurück in ihre Heimat, daher sie kommen, gewiesen werden, sintemalen es billig ist, daß ein jedes Land seine Bettler ernähre. [...]


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Leihebrief oder Pachtvertrag des Johann Adam Grebe in Niederweimar, 1. April 1782
Leihebrief oder Pachtvertrag des Johann Adam Grebe in Niederweimar, 1. April 1782
Da ein Leihebrief oder Pachtvertrag aus dem 18. Jahrhundert leichter zu verstehen ist, wurde auf den Abdruck eines ähnlichen Vertrags aus dem Mittelalter verzichtet. Die Abbildung zeigt die erste Seite dieses dreiseitigen Vertrags.

Ich Johann Adam Grebe von Niederweimar thue kund und bekenne hiermit, daß Sr. des Herrn LandCommenthur der Balley Hessen Hochwürd. Reichsfreyherr Excellenz mich mit einem ständigen Pacht Hof auf neun Jahr belehnt, und mir darüber einen Leihe Brief ertheilen lassen, welcher lautet wie folget:

Ich Beat Conrad Freyherr Reutner von Weyl, des Hohen Teutschen Ordens Ritter, LandCommenthur der Balley in Hessen, Elsaß und Burgund, Commenthur zu Marburg, Wetzlar, Alshausen und Maynau etc.

Thue kund und bekenne hiemit, daß Ich einen ständigen Pacht Hof in und vor Niederweimar gelegen welcher meinem Orden erb- und eigenthümlich zustehet, Johann Adam Grebe daselbsten von dato an neun Jahre lang / die nächste nacheinander folgende / und nicht länger verliehen und eingethan habe / Solchen Hof in gutem aufrichtigen wesentlichen Bau- und Besserung / in seinen rechten Anwänden / Mahlen / Rheinen und Steinen / unvertheilet / unverpfändet / unverändert und unbeschweret / bey einander behalten und gebrauchen; Davon auch nicht das Geringste in andere fremde Hände wenden oder kommen lassen; Auch seine Kinder und Angewandten weder gantz / noch zum Theil / damit außsteuren und bebräutelgaben / oder einen andern überlassen. Davon nun soll er Mir und meinem Orden alle und jedes jahres besonders / zwischen Michaeli und Martini Tagen / anhero ins Teutsche Hauß / oder wohin er sonsten auf anderhalbe Meile Wegs von hierauß gewiesen wird / Vierzehen Möth Korn, Vier Möth Gerste und zehen Möth Hafer an guter / reiner trockener / annehmlicher Marck=schöner Frucht; Darzu sein Feder=Vieh / nach Inhalt meines Ordens Registern / ein jedes zu gebührender Zeit / gütlich/ ohngemahnet liefern und bezahlen wie auch in gleichen das gewöhnliche Schalt Geld und Knecht Recht entrichten.

Nach Außgang bemeldter Neun Jahre / auch da er Besonders inmittelst verstürbe / oder einem oder mehreren diesem Ley=Brief einverleibten Puncten und Articuln zuwider handeln würde / so soll diese Leyhe aus / todt und abe / und dieser Hof und Güthere meinem Orden wiederum zu verleyhen / oder vor Sich Selbst einzuziehen anheim gefallen seyn; Wäre es aber Sache / daß mehr gemelter Beständer einen / oder mehr / diesem Leyhe-Briefe einverleibte Puncten nicht halten würde / so soll er sich damit dieser Leyhe selbsten entsetzet und verlustig gemacht haben; Und soll der Hof und Güthere meinem Orden / mit aller Zubehör / ohne einiges Menschen Einrede oder Verhindernuß / frey / ledig und los / heimgefallen seyn und bleiben; Inmasen dann Er alle diese vorgeschriebene Puncten bewilliget / und mit Handgegebener Treu / an eines leiblich=geschworenen Eydes statt / unverbrüchlich zu halten / zugesaget hat.

Dessen zu Urkund habe Ich von ordens wegen / als LandCommenthur der Balley Hessen / diesen leyhe=Brief eigenhändig unterschrieben / und untersieglen lassen. So geschehen Marburg den 1. April im Jahre Eintausend Sieben Hundert zwey und Achtzig
L.S.

[Unterschriften]


So gelobe und verspreche demnach Ich Anfangs gemeldter Beständer alles dasjenige / so in diesem vorgedruckten Leyhe=Brief begriffen und gesetzt / in allen seinen Inhaltungen / Puncten und Articuln, steth / vest und unverbrüchlich zu halten / bey Verlust dieser Leyh / auch meiner Haab und Gühter / so viel darzu vonnöthen / diesen Leyhe=Revers eigenhändig unterschrieben; So geschehen im Jahr und Tag wie obstehet.

Johann Adam Grebe


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Abrechnung mit Johann Adam Grebe in Niederweimar für die Jahre 1758 - 1776, 4. November 1777
Abrechnung mit Johann Adam Grebe in Niederweimar für die Jahre 1758 - 1776, 4. November 1777
Die Abrechnung mit dem Pächter Adam Grebe für die Jahre 1758 bis 1776.


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Auszug aus dem Sachsenspiegel des Eike von Repgow über die jährlichen Abgaben und Dienste eines Bauern, um 1230
Auszug aus dem Sachsenspiegel des Eike von Repgow über die jährlichen Abgaben und Dienste eines Bauern, um 1230

Das weitverbreitete Gesetzbuch, der Sachsenspiegel des Eike von Repkow, beschreibt u.a. in Wort und Bild die Abgaben und die Dienste, die ein Bauer im Laufe eines Jahres zu leisten hatte.


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Auszug aus der Fisch-Ordnung des Landgrafen Philipp von Hessen (1504-1567), 1558
Die Fisch-Ordnung des Landgrafen Philipp des Großmütigen regelte nicht nur das Fischen und den Verkauf der Waren, sondern bestimmte auch die Werkzeuge.

Fisch-Ordnung

Unser von Gottes gnaden Philipsen, Landtgraven zu Hessen, [...] Ordnung, welcher massen es hinfüro mit den Vischereien [...] in allen [...] Wassern und Bechen unsres Fürstenthumbs [...] gehalten werden und wie der Vischzeug und in was grösse und werth die Vische sein und verkaufft werden sollen.

Anfenglich, damit die jungen Vische, Geleych, oder Bruet in den wassern desto besser uffkommen mögen und nicht verderbt werden, so sol von Cathedra Petri ab, biß hinauß uff Johannis, in dem zinß und hegewassern mit Vischergarn und Fischzeugen zu vischen nicht gestattet werden, sondern hiermit gentzlich verbotten sein.
[...]

3. Und nachdem sich an vielen orten der gemeyne baurß- und handtwercksmann in Stetten und Dörffern, in den gemeynen wassern mehr des vischens, dann eygener und nothwendiger haußnahrung und seiner arbeyt befleissiget, dardurch sie auch i[h]nen selbst schaden und an i[h]rer narung verderben, neben dem das die wasser, bech und vischereien, durch das tägliche vbermessig abfischen verwüstet und außgeöset werden, so soll solch verwüsten und mißbrauch des vischens gentzlich verboten seyn und hinfüro mehr nicht als nur zwen tage in der wochen, nemlich Mitwochens und Freitags zu fischen gestattet werden. Und soll solch fischen alleyn den insassenen haußleuthen und inwo[h]nern eynes orts erlaubt, aber den frembden außwertigen und ledigen gesellen gentzlich verbotten seyn.
[...]

14. Eyn jeder, der Visch zu verkauffen hat, soll dieselbigen zu feylem kauff uff eynen freien marck[t] in Stetten und Dörffern lebendig bringen und nit heymlich hin und wider in die Wirts- oder andere heuser tragen und ausserhalb des Marck[t]s verkaufen. [...]


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Bittschrift der Bauern an die Deputierten des Kurhessischen Landtags um Senkung der Abgaben, 1816
Nachdem auf dem Wiener Kongreß den Fürsten die Einführung "Landständischer Verfassungen" empfohlen worden war, wagten auch die Bauern im Kurfürstentum Hessen im Jahre 1816, ihre Wünsche zu formulieren.


Bittschrift der Bauern vom Jahre 1816


Nothgedrungene Wünsche, welche die unterzeichneten Bauern am Diemelstrome ihren zum jetzigen Landtage erwählten Herren Deputierten zur Beherzigung vorlegen.

Da unser gnädigster Landesherr seine getreuen Stände wieder zusammen berufen hat, um mit ihnen die Noth des Landes zu berathen, und ihr - wenn es angeht - abzuhelfen: so nehmen wir uns die Erlaubniß, unserm zum jetzigen Landtage erwählten Herren Deputierten, und besonders dem Herrn Schulz, als Director der Curie des Bauernstandes, folgende Begehren nahe an das Herz zu legen.

Die Abgaben, welche wir entrichten müssen, sind unerträglich schwer. Die Franzosenzeiten waren schlimm, aber die jetzigen sind, wenn man alles geben zusammen rechnet, noch schlimmer, und wenns nicht unser lieber Kurfürst wäre, der ein Hesse ist, so gut wie wir, so hätte das Land nicht so lange stille geschwiegen.

Denn Geld wird gefordert ohne Aufhören, und doch ist kein Handel, kein Erwerb, und ist das Geld erst einmal aus unseren Händen, so kommt's nimmer wieder.

Wir wissen wohl, daß wir schuldig sind, dasjenige zu geben, was zur Erhaltung des Staates nöthig ist, und gern wollen wir dies thun, so lange es nur möglich ist, aber das ist eben das Unglück, daß wir nicht wissen, wie viel das Land eigentlich braucht. Da indeß unser allergnädigster Kurfürst seine Landstände hat zusammen kommen lassen, um mit ihnen über den Haushalt des Landes zu sprechen, so wird hoffentlich nun jeder erfahren, was nöthig ist, und was zu viel.

Das, hofften wir schon, würde beim ersten Landtage geschehen, da es aber nicht geschehen ist, sondern seit der Zeit die Lasten nur noch größer geworden sind, so bitten wir unsere Herren Deputierten:

1. ins reine zu bringen, was von dem vielen Gelde, welches das Land Hessen - wie man sagt - ausstehen hat, dem Lande zu gute kommt, oder, was von dem Staatsvermögen, das wir bereits haben, dem Lande, und was unserem Landesfürsten gehört. - Ist dies im reinen, so bitten wir

2. zu untersuchen, d.h. in welche Casse das viele Geld, das wir jährlich geben müssen, fließt und wozu es verwandt wird, und alsdann hiernach

3. Mittel und Wege aufzusuchen, wodurch die jetzt bestehenden Abgaben können gemildert, und auf einen erträglichen Fuß gesetzt werden. Damit indeß alsdann bestehende milde und billige Besteuerung nicht nach Belieben können abgeändert werden, so bitten wir unsere Herren Deputierten, daß sie

4. dahin sehen mögen, daß eine feste Verfassung dem Lande möge gegeben werden, wo ohne Genehmigung der Landstände nichts darf gefordert und aufgelegt werden - weil es recht und billig ist, daß derjenige, welcher geben soll, auch gefragt werde, wie viel er geben kann.

Dies sind, so viel wir bis dahin einsehen, unsere Wünsche, unser nothwendiges Begehren. Wir hätten gar nicht gesprochen, wenn's zu tragen wäre, aber es ist zu arg, und es thut uns leid, daß unser guter Landesfürst bei den Leuten im Lande an Liebe verliert, weil er bösen Rathgebern das Haus nicht verbietet.

Darum bitten wir unsere Herren Deputierten, daß sie frei die Wahrheit sagen und nicht hinter dem Berge halten, denn wir Hessen meinen's ehrlich mit Fürst und Vaterland, und wünschen, daß die alte Ordnung im Lande, und die alte Liebe zum Fürsten wieder kommen möge. Dann ist uns allen geholfen.

Wir verbleiben ihre getreuen
[Es folgen 79 Unterschriften.]

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Auszug aus der Kurhessischen Verfassungsurkunde über die Abschaffung der Leibeigenschaft, 5. Januar 1831
Erst in der Verfassung aus dem Jahr 1831 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben.


Artikel 25, 33 und 34 der kurhessischen Vefassungsurkunde
vom 5. Januar 1831


Artikel 25

Die Leibeigenschaft ist und bleibt aufgehoben. Die von ihr herrührenden unständigen Abgaben, in so weit sie noch rechtlich fortbestehen, namentlich für die Sterbefälle, sollen auf eine für die Betheiligten billige Weise im Wege des Vertrages oder für die Fälle, wo der deshalbige Versuch ohne Erfolg geblieben seyn würde, durch ein zu erlassendes Gesetz anderweit geordnet werden.

Artikel 33

Die Jagd-, Waldkultur- und Teich-Dienste, nebst den Wildprets- und Fisch-Fuhren oder dergleichen Traggängen zur Frohne, sollen überall nicht mehr stattfinden, und die Privatberechtigten, welche hierdurch einen Verlust erleiden, nach dessen Ermittelung auf den Grund der deshalb zu ertheilenden gesetzlichen Vorschriften, vom Staate entschädiget werden. Gleichfalls werden die dem Staate zu leistenden Fruchtmagazins-Fuhren und Handdienste auf den Fruchtböden gänzlich aufgehoben.

Die übrigen ungemessenen Hof-, Kameral- und gutsherrlichen Frohnen sollen in gemessene umgewandelt werden.

Alle gemessenen Frohnen sind ablösbar. Die Art und Weise ihrer Umwandlung ist durch ein besonderes Gesetz mit gehöriger Berücksichtigung der Interessen der Berechtigten und Verpflichteten näher zu bestimmen, auch demnächst die Ausführung nach Möglichkeit durch entsprechende Verwaltungs-Maasregeln unter angemessener Beihülfe aus der Staatskasse zu befördern.

Die Last der Landfolgedienste, welche nach deren gesetzlicher Feststellung fortbestehen werden, soll durch Beschränkung auf den wirklichen Bedarf gemindert und so viel, als thunlich, durch zweckdienliche Verdingung erleichtert werden.

Artikel 34

Alle Grundzinsen, Zehnten und übrigen gutsherrlichen Natural- und Geldleistungen, auch andere Reallasten, sind ablösbar. Über die deshalbigen Bedingungen und Entschädigungen wird ein Gesetz, unter gehöriger Berücksichtigung der Interessen der Pflichtigen und der Berechtigten, ergehen.



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Auszug aus den Statuten der „Gesellschaft des Land-Baues“ in Kassel, Ende 18. Jh.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts versuchte in Kassel die "Gesellschaft des Land-Baues" (die Physiokraten) im Sinne des Aufgeklärten Absolutismus die Landwirtschaft zu fördern. Die Preisfragen sollten als Anreiz dienen.


Statuta
der
in der Residenz-Stadt Cassel
auf Gnädigstes Gutfinden und Erlaubnis
zusammengetretenen Gesellschaft
des Land-Baues


§ 6
Die gewöhnliche Zusammenkunft wird entweder den ersten Donnerstag oder Freitag in jedem Monat nachmittags 4 Uhr im Kunsthause gehalten werden.
§ 21
Die Abhandlung, welche den Preis erhalten, lässet die Gesellschaft auf ihre Kosten drukken, und wenn unter denen eingelieferten Abhandlungen sich einige finden, welche beinahe eben so gut als die, so den Preis erhalten und die aufgegebene Frage erschöpft haben, so werden solche, wie auch sonstige nützliche Versuche und Ausarbeitungen, mit Benennung des Autors mit beigedruckt.
§ 11
Die Gesellschaft beschäftiget sich mit allen denenjenigen Untersuchungen, welche die Verbesserung des Land=Baues und was damit in Verbindung stehet oder dahin gehöret, befördern können.
§ 12
In dieser Absicht wird jedes Membrum ordinarium [gewöhnliches Mitglied] jährlich wenigstens eine Abhandlung liefern
§ 27
Denenjenigen Landes=Untertanen, welche die mehreste Früchte auf einem Stück Feld oder Wiese von gleicher Gröse, Lage und qualitaet gegen andere, durch Fleis und Geschicklichkeit ziehen, oder auch die beste Gattung von Flachs, Hanf und Tobak bauen, nicht minder sonsten in Verbesserung des Landbaues und der Vieh=Zucht etwas Vorzügliches praestiren, wird ein proportionirtes Praemium nach Erkenntnis der Gesellschaft gegeben werden.
§14
Man wird jedes Jahr zwei Aufgaben über bemeldete Gegenstände in der Gesellschaft festsetzen, dieselbe öffentlich bekannt machen und jedermann einladen, solche zu beantworten.
§15
Auf deren beste Beantwortung werden Preise gesetzet.
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Preisaufgaben und Preisfragen der „Hochfürstlich Hessischen Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste“, 1797
Preisaufgaben und Preisfragen der „Hochfürstlich Hessischen Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste“, 1797

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts versuchte in Kassel die "Gesellschaft des Land-Baues" (die Physiokraten) im Sinne des Aufgeklärten Absolutismus die Landwirtschaft zu fördern. Die Preisfragen sollten als Anreiz dienen.

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Auszug aus der Chronik der Stadt Frankenberg von Wigand Gerstenberg (1457-1522) über die Gründung der Neustadt 1336 und das Stadtrecht 1311 und 1428, um 1500
Der Chronist Wigand Gerstenberg beschreibt in seiner Stadtchronik von Frankenberg recht anschaulich die Gründung der Neustadt Frankenberg. Das Stadtrecht, das er in derselben Chronik aufgenommen hat, hält die Rechte einer neugegründeten Stadt des 14. Jahrhundert fest.

Die Beschreibung der Gründung der Neustadt in Frankenberg
aus der "Chronik der Stadt Frankenberg" von Wigand Gerstenberg


Als man schrieb nach Gottes Geburt 1336, da ließ der vorgenannte Fürst, Landgraf Heinrich, der Sohn Landgraf Ottos, den Hain unterhalb des Schlosses zu Frankenberg abhauen und die Neue Stadt bauen. [...] Er setzte ein Wachsgeld fest für die Kerzen zum Schloß. Er gab ihnen auch zwei Siegel, ein großes und ein Secret und erlaubte ihnen einen eigenen Rat neben den sechs Schöffen; auch [verlieh er ihnen das Recht,] ein eigenes Halsgericht [abzuhalten]. Er gab ihnen auch viele Freiheiten und Rechte, damit sie eine feste Mauer mit sicheren Toren und Gefängnissen im Laufe der Jahre bauen konnten, was sie auch taten.

[...] Als nun die Neue Stadt Frankenberg gegründet worden war, da begann man dort, fremdes Bier aus anderen Städten zu verkaufen, woran sie in der alten Stadt gehindert worden waren. Deshalb ließ der Fürst das verbieten. Er gab den Altstädtern einen offenen Brief in Latein mit dem Inhalt: In der Neuen Stadt Frankenberg, welche erst vor kurzem gegründet ist, darf niemand fremdes Bier, das in anderen Städten und Dörfern gebraut worden ist, hineinbringen, um es zu verkaufen oder auszuschenken; sondern das Bier allein, das in der Alten Stadt oder der Neuen Stadt selbst gebraut wird, dürfen alle gemeinsam ausschenken oder verkaufen. Datum 1336, am Peter und Paul Tag (29. Juni)

Die Stadtrechte aus derselben Chronik:

[Nachdem es über die Besetzung der Ratsstellen, der Schöffen und über Rechte der Zünfte zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Burgvogt und den Bürgern gekommen war, schränkte Landgraf Heinrich die Macht der Schöffenfamilien mit einem Brief ein.]


Wenn ein Schöffenamt in Frankenberg frei wird, so sollen die anderen Schöffen daselbst einen an seiner statt wählen, von dem sie glauben, nach ihrem Eid, daß er geeignet sei, der den Herrn dem Land und Leuten und der Stadt nützlich und gut ist. Auch sollen sie fürderhin nicht mehr einen Vater mit seinen zwei Söhnen oder drei Gebrüder in das Schöffenamt wählen. Außerdem sollen die Handwerker daselbst keinerlei Zunft oder Bruderschaft untereinander halten, nur allein die Wollenweber. [Weiter verspricht der Brief,] daß der Fürst den Schöffen zu Frankenberg alle Freiheiten und Gnade zusichert, die die Schöffen zu Marburg von den Fürsten zugebilligt bekommen haben.

Datum 15. Okt. 1368

Nachdem die Zünfte aufgelöst worden waren, baten die Bürger wieder um den Wochenmarkt, da dieser vormals mit großem Geld von der Zunft abgekauft worden war. Da gab ihnen der alte Fürst ihren Wochenmarkt wieder nach Weisung eines Briefs, der also lautet:

Wir, Heinrich von Gottes Gnaden Landgraf zu Hessen, bekennen für uns und unsere Erben öffentlich mit diesem gegenwärtigen Brief, daß wir durch besondere Gunst und Gnade unserer Stadt und unseren Bürgern zu Frankenberg für ihre Wochenmärkte, je des Freitags von mittags an, und den Tag auf und vor den nächsten Sonnabend danach zumal und alle ihre Jahrmärkte, zu welcher Zeit sie auch sind, wegen des Kaufens und Verkaufens, ewigen [Markt]frieden und [Markt]freiheit verleihen. Und in den Marktfrieden und die Freiheit sind auch alle eingeschlossen, die die Wochenmärkte und Jahrmärkte um des Kaufens und Verkaufens willen besuchen und darauf kommen. Auch die Leute, die von Rechts wegen kein Geleit haben, und auch jeder, der auf die Märkte kommt, soll die Freiheit und den Frieden halten und kein Vergehen verüben. Wer aber diese Freiheiten bricht, der soll sich nicht auf diese Freiheit und diesen Frieden berufen und er soll ihn auch nicht genießen. [...]

Gegeben zu Marburg, 21. Juni 1371


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Ansicht der Stadt Frankenberg. Federzeichnung aus der Chronik der Stadt Frankenberg von Wigand Gerstenberg (1457-1522), um 1500
Ansicht der Stadt Frankenberg. Federzeichnung aus der Chronik der Stadt Frankenberg von Wigand Gerstenberg (1457-1522), um 1500

Die Chronik des Wigand Gerstenberg ist reizvoll illustriert. Hier ist die Stadt Frankenberg abgebildet.



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Regest des Stadtrechts für Marburg durch Bischof Ludwig von Münster, 17. Oktober 1311
Die Rechte, die die Stadt Marburg im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts erlangen konnte, dienten als Vorbild für andere Städte in Hessen. Die Stadtrechte aus dem Jahre 1311 und 1428 sind nur in ihrem Inhalt (als Regest) wiedergegeben.

Regest des Stadtrechts des Bischofs Ludwig von Münster
vom 17. Oktober 1311:


Landgraf Ludwig, Bischof von Münster, befreit die Stadt Marpurg und die von Weidenhausen, Bulkenstein, Neuwenstat und was zur Pfarre gehört zu Marpurg von aller Schatzung gegen Erlegung von 300 Mk. Köln. Pfg. jährlich, 3 Heller für den Pfennig, (davon sollen 50 Mk. die Herren von St Stephan in Mainz und 50 Mk. seine Schwester Agnes von Nürnberg erhalten); trifft aber die Stadt Brand oder anderes Unglück, so sollen allein die 50 Mk. nach Mainz gehen.

Deshalb sollen die Schöffen von Marpurg jährlich 6 Ratsleute erwählen, 4 von Weidenhausen und 2 von Neustadt, welche die Umlage ausschreiben und verteilen sollen, wer gegen ihren Spruch sich auflehnt, soll mit 1 Jahre Verbannung und 10 Pfd. Marpurger Pfennig Buße an den Landgrafen bestraft werden.

Ferner sollen die Gewandmacher kein Tuch verschneiden, und die Gewandschneider kein Tuch anfertigen, auch sollen sie ihr Kaufhaus und Bruderschaft in der Stadt zu Marpurg halten, wie sie es von alters her gehalten haben und wie es rechtens ist.


Regest der neuen Stadtverfassung des Landgrafen Ludwig I. für Marburg vom 24. November 1428

Landgraf Ludwig I. bestimmt, daß die Zünfte und die Gemeinde der Stadt Marpurg 4 Männer wählen sollen, welche gemeinsam mit den 12 Schöffen alle Geldangelegenheiten der Stadt Marpurg beraten sollen, von denen jährlich 2 - 3 neu gewählt werden müssen. Auch sollen unter den Schöffen nicht mehrere aus einem und demselben Geschlechte sein; der Rat soll nach und nach aussterben und an seiner Stelle die 12 Schöffen und die genannten Vier treten.

Können diese eine Sache nicht erledigen, so sollen die Vier es an die Zünfte bringen oder weiter an den Landgrafen und seine Amtleute. Jeder soll Schoß zahlen nach seinem Eide und binnen 3 mal 14 Tagen erlegen; die Schöffen wählen einen Bürgermeister, die Vier einen Unterbürgermeister aus ihrer Mitte. Die Schöffen und Vier wählen einen und die Gemeinde einen zu Baumeistern, desgleichen je einen, welcher die Ratkäufe, Brot, Wein, Fleisch etc. besieht.

Bürgermeister und Unterbürgermeister richten die Botschaften aus und bezahlen sie; wegen der jährlichen Rechnungsablegung sollen Bürgermeister, Schöffen, Rat und die Vier die "freunde" des Landgrafen erbitten, die Rechnung zu hören; jeden Frevel in der Stadt und im Schlosse sollen Rat und Gemeinde mit den landgräflichen Amtleuten unterdrücken helfen. Der Landgraf behält sich das Recht vor, diese Artikel jeder Zeit zu ändern.




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Regest der neuen Stadtverfassung des Landgrafen Ludwig I. für Marburg, 24. November 1428
Regest der neuen Stadtverfassung des Landgrafen Ludwig I. für Marburg vom 24. November 1428

Landgraf Ludwig I. bestimmt, daß die Zünfte und die Gemeinde der Stadt Marpurg 4 Männer wählen sollen, welche gemeinsam mit den 12 Schöffen alle Geldangelegenheiten der Stadt Marpurg beraten sollen, von denen jährlich 2 - 3 neu gewählt werden müssen. Auch sollen unter den Schöffen nicht mehrere aus einem und demselben Geschlechte sein; der Rat soll nach und nach aussterben und an seiner Stelle die 12 Schöffen und die genannten Vier treten.

Können diese eine Sache nicht erledigen, so sollen die Vier es an die Zünfte bringen oder weiter an den Landgrafen und seine Amtleute. Jeder soll Schoß zahlen nach seinem Eide und binnen 3 mal 14 Tagen erlegen; die Schöffen wählen einen Bürgermeister, die Vier einen Unterbürgermeister aus ihrer Mitte. Die Schöffen und Vier wählen einen und die Gemeinde einen zu Baumeistern, desgleichen je einen, welcher die Ratkäufe, Brot, Wein, Fleisch etc. besieht.

Bürgermeister und Unterbürgermeister richten die Botschaften aus und bezahlen sie; wegen der jährlichen Rechnungsablegung sollen Bürgermeister, Schöffen, Rat und die Vier die "freunde" des Landgrafen erbitten, die Rechnung zu hören; jeden Frevel in der Stadt und im Schlosse sollen Rat und Gemeinde mit den landgräflichen Amtleuten unterdrücken helfen. Der Landgraf behält sich das Recht vor, diese Artikel jeder Zeit zu ändern
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Auszug aus dem Urteilsspruch gegen aufrührerische Bürger und Einwohner von Marburg, 13. Juni 1446
Der sogenannte "Marburger Aufstand" gegen den Landgrafen im Jahre 1446 hatte seine Ursache in den hohen Zahlungen, die der Landesherr der Stadt wiederholt abverlangte.

Die Revolte der Marburger Bürger gegen den Landesherrn, 1446

[Im Jahre 1446 rotteten sich Bürger und Einwohner (eythafftige burgere und auch etzliche, die nicht burgere und auch nicht eythafftig sin) zusammen, läuteten die Glocken, ein Recht, das nur der Landvogt innehatte, und bemächtigten sich der Schlüssel zu den Toren und Befestigungsanlagen der Stadttore. Auch außerhalb der Stadt kam es zu Übergriffen. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, und ein Gericht unter dem Landvogt an der Lahn, den Burgmannen und einigen Schöffen auch aus anderen Städten sollte den Hergang aufklären und ein Urteil fällen.]


Urteilspruch gegen aufrührerische Bürger und Einwohner von Marburg:

[...] Zum ersten hat der gestrenge Herr Siedich von Berleyubschen, Ritter, Landvogt an der Lahn, vor dem einberufenen Gericht zu Marburg nach der Weise des Gerichts und nach dem Recht des Gerichts Conrad Mattenberge, unseres gnädigen Herrn Rentschreiber daselbst zu Marburg, [...] gebeten, der dann über die Verbrechen des Frevels und der "Selbstgewalt" vor dem Gericht, vor den Burgmannen und den Schöffen berichtet hat. Und lautet nämlich die Schuld und Klage, daß vor kurzem zu Marburg ein Aufruhr geschehen ist, in dem einige der Bürger, die unserem Herrn mit Eid verbunden sind, und auch einige, die weder Bürger noch eidsuntertänig sind, mit Eigenmächtigkeit und Frevel ohne Geheiß und Befehl der Amtleute unseres gnädigen Herrn es gewagt haben, unseres gnädigen Herrn Macht, seine Gewalt, sein Gebot und Verbot (zu mißachten), die Glocken geläutet, die Schlüssel zu einigen Stadttoren und festen Häusern ohne Erlaubnis an sich genommen und die Tore frevelig zugeschlagen haben und auch außerdem zur selben Zeit auf den Straßen des Reichs und denen unseres gnädigen Herrn außerhalb der Stadt Frevel und "Selbstgewalt" verübt haben; [....] Darauf haben die Herren, die Burgmannen, die anwesend waren, mit den Schöffen zu Marburg und ebenso den Schöffen aus den Städten an der Lahn zurecht erkannt, daß diejenigen Bürger, seien sie eidsuntertänig oder nicht, die den Taten der "Selbstgewalt", nämlich des Glockenläutens, des Schlüsselnehmens zu den Stadttoren, der "Selbstgewalt" angeklagt werden und in dieser Weise gefrevelt haben, der Gnade unseres Herrn überantwortet werden.

[...] Wenn man die Frevler gefunden hat, die außerhalb der Stadt Marburg auf den Reichsstraßen und den Straßen unseres gnädigen Herrn gefrevelt haben, soll unser gnädiger Herr über sie nach dem festgelegten Recht richten. [...]

Gegeben am Montag nach dem Sonntag Trinitatis (13. Juni) im Jahr 1446.


StAM Best. 5. Hessischer Geheimer Rat Nr. 840
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Rathaus in Frankenberg, erbaut 1509. Fotografie
Rathaus in Frankenberg, erbaut 1509. Fotografie

Das Rathaus in Frankenberg, das nach dem großen Stadtbrand im Jahre 1509 erneuert wurde, besitzt im Erdgeschoß eine große Halle, in der noch heutzutage Markt abgehalten wird.


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Auszug aus dem Recht der Kaufleute zu Fritzlar, 24. November 1289
Das "Recht der Kaufleute zu Fritzlar" vom 24. November 1289 gehört zu den frühesten Urkunden dieser Art in Hessen.

Schultheiß, Schöffen und Bürger bestätigen den Kaufleuten zu Fritzlar ihr althergebrachtes Recht.

24. November 1289

In Gottes Namen Amen. Wir, Schultheiß, Schöffen und die Bürger der Stadt Fritzlar, wollen unseren lieben Mitbürgern mit dem Namen der Krämer zu Fritzlar ihr Recht, das sie von alters her besaßen und erhalten haben, durch unser Siegel stärken, damit unseren Nachkommen dieses Recht geoffenbart werde.

Wir setzen fest, wenn es an den Tagen der Kirchmeß, an den Jahrmärkten, an den Sonnabenden und an anderen Tagen, an denen die Krämer ihre Waren zum Verkauf auslegen, geschieht, daß einigen Krämern oder einem der Krämer solche Gegenstände gestohlen werden, dann dürfen sie sich diese Waren ohne Einmischung des Gerichts wiederbeschaffen. Und für diese Tat sollen die Krämer keiner Strafe [...] verfallen sein.

Auch sollen die Krämer dem Übeltäter sein Obergewand ausziehen und den Zöllnern von Fritzlar geben. Wenn außerdem der Verbrecher und Übeltäter durch die Fäuste einiger Krämer gestoßen und geschlagen wird, wird das eine gute Abhilfe sein.

Außerdem setzen wir fest: Wenn einer oder mehrere Krämer nach Fritzlar kommen, dann mögen der Fremde oder die Fremden einen Tag in der Woche und nicht mehr ihre zu verkaufende Ware auslegen, ohne unsere Krämer um Erlaubnis zu fragen. Wenn aber die Fremden mehr als einen Tag in der Woche bleiben wollen, um ihre Waren auszulegen, so können die Krämer zu Fritzlar oder der, den sie damit beauftragen, diesen Fremden [ihr Tun] verbieten.

Weiterhin legen wir fest, daß andere und fremde Krämer an Markttagen in der Nähe unserer Krämer stehen und ihre Ware auslegen sollen; wollen sie nicht bei unseren Krämern stehen, so dürfen die Krämer zu Fritzlar (die Verkaufsstände der Fremden) auflösen und ihre Waren solange mit Beschlag belegen, bis der Markttag zu Ende ist.

Zur Sicherheit von all dem haben wir den gegenwärtigen Brief mit unserem Siegel bekräftigt.

Geschehen und gegeben im Jahre 1289 an den 8. Kal. des Monat Dezember.



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Auszug aus dem Zunftbrief der Marburger Lohgerber über die Regeln des Handwerks und die Rechte der Meister-Witwen, 28. November 1496

Der Auszug aus dem Zunftbrief der Lohgerber vom 28. November 1496 legte nicht nur die Regeln des Handwerks fest, sondern auch die weitgehenden Rechte von Meister-Witwen.



Auszug aus dem Zunftbrief der Lohgerber vom 28. November 1496

Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden Landgraf zu Hessen, [...] bekennen für uns und unsere Erben öffentlich mit diesem Brief [...], daß wir der getreuen Dienste wegen, die uns die getreuen Meister des Lohgerberhandwerks zu Marburg geleistet haben und künftig leisten sollen und mögen, diesen Meistern des Lohgerberhandwerks eine Zunft oder Bruderschaft, die sie untereinander früher besessen, wieder gegeben haben [...]:

1. Zum ersten. Wer in ihre Bruderschaft und Zunft eintreten, darinne sich befinden und mit den Mitgliedern arbeiten möchte, der soll ehelich geboren, selbst fromm und ein eingesessener Bürger zu Marburg sein oder zur Stund Bürger von Marburg werden. Er muß sein Handwerk sicher beherrschen und den Mitgliedern zu ihrer Bruderschaft und Zunft sechs Mark Heller Marburger Währung geben, die zur Hälfte uns und zur anderen Hälfte der Bruderschaft zufällt; außerdem müssen sie ihrer Zunft zwei Viertel Wein, vier Pfund Wachs für Kerzen für den Gottesdienst und für die Armen geben. [...]

2. Er soll auch keinem Marburger Leder für Sohlen schneiden, oder an Stücken und es verkaufen, es sei denn an jemanden innerhalb der Zunft oder Bruderschaft, der sich an alle Vorschriften hält. Wer es aber doch täte, der soll eine Buße zahlen, acht Schilling Pfennige Marburger Währung, zur Hälfte an uns, die andere an die Bruderschaft.

3./4. Wollen Fremde gegerbte Felle bei den Lohgerbern kaufen, muß ihnen der Meister pro 10 Stück mehr berechnen und dem Landgarfen eine Steuer zahlen.

[...]

7. Es soll auch kein Lohgerber geraubtes oder gestohlenes Gut wissentlich kaufen. Wer es doch tut, soll mit einem Pfund Gelds bestraft werden. Kauft aber jemand im guten Glauben ein solches Fell, soll er die Haut zurückgeben und das Geld zurückerhalten.

[...]

9. Wenn der Sohn eines Meisters die Tochter eines anderen Meisters desselben Handwerks heiratet und das Lohgerberhandwerk betreiben will, der soll ohne Zahlung in die Zunft aufgenommen werden. Wähle aber einer eine Meistertochter, der noch nicht Mitglied der Zunft ist, aber eintreten möchte, der soll den halben Preis zahlen, die andere Häfte erhält er durch seine Frau. Wenn aber ein Frau nicht wieder heiratet und das Gewerbe trotzdem betreiben und ausüben will, so mag sie das ihre Leben lang tun und mit tugendsamen Knechten und Personen arbeiten. [...]


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Auszug aus der Renovation (Erneuerung) der Zunftbriefe und Privilegien nach dem Tod des Landgrafen Friedrich II. von Hessen (1720-1785), 5. Januar 1786
Auszug aus der Renovation (Erneuerung) der Zunftbriefe und Privilegien nach dem Tod des Landgrafen Friedrich II. von Hessen (1720-1785), 5. Januar 1786

Bei jedem Thronwechsel mußten alle Zünfte ihre Zunftbriefe erneuern lassen. Auf die oben stehende Anfrage folgte das darunter abgedruckte Ausschreiben.

Die Renovation der durch Absterben Sr. Fürstl. Durchlaucht des Herrn Landgrafen Friedrich eröffneten und heimgefallenen Zunftbriefe und Privilegien betreffend:

Actum Cassell bey Fürstl. Regierung den 5. Januarii 1786

Nachdem im Jahre 1751 nach erfolgtem höchstseeligen Absterben weyland Ihro Königl. Majestät in Schweden, so wie im Jahre 1760 nach höchstseeligem Hintritt weyland des Herrn Landgrafen Wilhelms des Achten Hochfürstl. Durchlaucht. glorwürdigsten Andenkens wegen Renovation der eröffneten und heimgefallenen Zunftbriefe und Privilegiorum die respec. in Abschrift und in Druck anliegende Ausschreiben in das Land ergangen sind, So hat dem Lehenhof hiervon unterthänigste Anzeige thun und, ob dermalen wiederum ein ähnliches Ausschreiben zu erlassen sey? gnädigst gefälliger Entschließung in tiefster Devotion anheimstellen sollen.

Lennep etc.


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Auszug aus dem Gewohnheitsrecht über die Bedingungen bei der Aufnahme als Bürger in Marburg, um 1395

Die Bedingungen für die Aufnahme eines Bürgers in eine Stadt waren streng geregelt.


Gewohnheitsrecht bei der Aufnahme als Bürger in Marburg, um 1395

1. Nota [Es wird verfügt], daß die Stadt jeden Bürger aufnehmen kann, wie, wann oder woher er auch kommt, und wäre es, daß er nicht in die Stadt kommen konnte und steckte aber die Füße unter die Pforte in die Stadt und begehrte die Bürgerschaft, sollte man ihn empfangen, und er sollte sich verantworten.

2. Wenn einer Bürger wird, so gibt es drei Gründe, weshalb ihn die Stadt nicht aufnehmen kann: Wenn ihm eine Fehde droht, wenn er schon mit jemandem in Fehde liegt, wenn er eines Herrn oder eines Amtmanns eigen wäre, wenn er in der Schuld eines Herrn oder eines anderen stünde.

3. Wenn einer die Bürgerschaft empfangen will, der soll dem Bürgermeister in die Hand geloben, unserm Herrn, dem Landgrafen und der Stadt Marburg getreu und hold zu sein und allen Schaden von der Stadt abzuwenden und sich nicht gegen unsern Herrn und gegen die Schöffen und den Rat zu wenden. Dann soll er seine Hand und die Finger erheben und schwören und sprechen: "Was ich in Treue gelobet habe, das will ich stets und fest halten."

4. Außerdem soll der Bürger von dieser Zeit an ein Haus in der Stadt besitzen mit einem Herd und Hausrat, so daß man ihm alle Belange der Stadt mitteilen kann.

5. Außerdem soll er ansagen, wo er vorher gewohnt hat und die Gebühr und den Botenlohn zahlen.

[...]

7. Ein Bürger soll zum Erwerb der Bürgerschaft ein Pfund Heller zum Bau der Pfarrkirche "Unser lieben Frau" geben, außerdem dem Obristen Hauptmann 1 Schilling Pfennige, dem Bürgermeister 1 Schilling Pfennige und jeglichem Schöffen vier Heller und dem Unterbürgermeister ein halbes Maß Wein und dem Schreiber ein halbes Maß Wein; hat er das alles erledigt, wird er sofort in das Bürgerbuch eingeschrieben.


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Bestätigung der ehelichen Geburt von Lorenz Schlosser durch Rat und Bürgermeister der Stadt Marburg, 14. August 1536
Der Nachweis der ehelichen Geburt gehörte zu den Voraussetzungen, um ein Handwerk zu erlernen oder es in einer anderen Stadt ausüben zu können. Die Zunftordnung aus dem Jahre 1816 hob die Bestimmung auf.

Bürgermeister und Rat zu Marburg bestätigen Lorenz Schlosser seine eheliche Geburt.

14. August 1536

Bürgermeister und Rat der Stadt Marburg bekunden, daß vor ihnen Lorenz Schlosser, Sohn des Marburger Bürgers Balthasar Schlosser, erschienen ist und gebeten hat, ihm, da er sich mit seinem Wesen und Handwerk außerhalb Marburgs, in der Fremde niederlassen will, seine eheliche Geburt zu bescheinigen. Die von Lorenz Schlosser gebetenen Zeugen Heinrich Franckenberg, Jost Kangisser und Jakob Ybach beeiden und bekunden, daß Balthasar Schlosser und weiland Kathrein, seine Frau, rechte Eheleute gewesen sind und der Schneiderzunft angehört und Lorenz wie ihre anderen Kinder in rechter Ehe geboren und erzogen haben. Des weiteren bescheinigen sie Lorenz Schlosser einen ehrbaren Lebenswandel.

Gegeben mit der Stadt Marpurg gemein klein anhangenden Ingesigel, versigelt am Montag nach Laurentii, des zehenden Tags Augusti, anno domini funfftzehenhundert dreissigk und sechs
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Auszug aus der Zunftordnung über Lehrvertrag und freie Wahl des Gewerbes, 5. März 1816
Auszug aus der Zunftordnung über Lehrvertrag und freie Wahl des Gewerbes, 5. März 1816

Der Nachweis der ehelichen Geburt gehörte zu den Voraussetzungen, um ein Handwerk zu erlernen oder es in einer anderen Stadt ausüben zu können. Die Zunftordnung aus dem Jahre 1816 hob die Bestimmung auf.

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Auszug aus der Stiftungsurkunde des Frankfurter Bürgers Siegfried zum Paradies und seiner Geschwister zur Armenspeisung am Gründonnerstag, 6. Oktober 1356
Aus der Stiftung des Frankfurter Bürgers Siegfried zum Paradies und seiner Geschwister zur Speisung von 72 Armen am Gründonnerstag.

[Nachdem die drei Brüder vor dem Rat der Stadt Marburg festgelegt haben, aus welchen Häusern die Spende alljährlich gezahlt werden soll, bei der für ihres Vaters, ihrer Mutter und das eigene Seelenheil gebetet werden soll, verpflichten sich der Bürgermeister und die Schöffen, einen bestimmten Ablauf einzuhalten:]

6. Oktober 1356

Also daß wir, der Bürgermeister und die Schöffen, jedes Jahr, auf ewig, [...] mit unseren eigenen Händen [...] am heiligen Gründonnerstag des Morgens vor der Hohen Messe auf unserem Kirchhof zu Marburg zweiundsiebzig armen Männern, die die Almosen nötig haben, eine Tafel decken mit einem weißen Tuche und jeglichem darauf setzen und mit nach Hause geben zwei gute Brote für vier Heller, einen halben Krug mit dem besten Wein, den man an dem Tag feilbietet, ein Schüsselchen mit kaltem Erbsenbrei und zwei Heringe für drei Heller. Und der Pfarrer oder einer seiner Mitbrüder soll den Armen die Füße waschen, und soll man dem, der die Füße wäscht, drei große Brote geben. [..] Und soll einer vor der Tafel, an der die armen Leute sitzen, das Evangelium lesen, das an dem Tag üblich ist. Wenn das Evangelium gelesen worden ist, so soll der Schulmeister mit seinen Schülern das Responsorium "Homo quidam" zu singen anheben. [...] Danach soll der Pfarrer mit den Schülern und den armen Leuten über die Gräber der vorgenannten [Eltern] Siegfried und Meckelin gehen und unsern Herrgott mit einem "Miserere" für ihr Seelenheil beten und [...] den armen Leuten befehlen, daß sie unsern Herrgott für die zwei Seelen Siegfrieds und Meckelins bitten. [...]

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Auszug aus der Aufstellung der Stadt Marburg über alle Armenspenden, um 1512

[Kurz vor der Reformation [um 1512] ließ die Stadt Marburg eine Aufstellung über alle Armenspenden anfertigen, an 12. Stelle heißt es dort:]

[...] Die zwölfte Spende gibt man auf den heiligen Gründonnerstag, sie hat gestiftet der reiche Sifurt [Siegfried zum Paradies].

Man gibt 72 armen Mannspersonen jedem 2 Pfennigwecke, 2 Heringe, ein Halbe Erbsen mit der Schüssel und ein Halben Wein mit dem Krug. Dem Pfarrer für die Seelenmesse 1 Pfund Geld, 6 schöne Brote, jedes einen Pfennig wert, ein Viertel Wein; dem Kaplan, der das Evangelium liest, 1 Tornes, dem Schulmeister ein Tornes, beiden Opferleuten ein Tornes, dem Schultheißen ein halbes Viertel Wein, dem Bürgermeister ein Viertel Wein, jedem Schöffen, der Handreichungen tut oder gegenwärtig ist, ein halbes Viertel Wein, dem Unterbürgermeister 1/2 Viertel Wein. [...]

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Initialbild mit Deutschordensbruder bei Fußwaschung. Ablassbrief für die Pfarrkirche St. Marien in Marburg, Avignon 1356
Initialbild mit Deutschordensbruder bei Fußwaschung. Ablassbrief für die Pfarrkirche St. Marien in Marburg, Avignon 1356

Die Initiale der lateinischen Ablaßurkunde für die Pfarrkirche St. Marien in Marburg hält eine der Bedingungen im Bild fest, nämlich die Fußwaschung der armen Männer durch einen Geistlichen des Deutschen Ordens.


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Auszug aus der Ordnung der „Marburger Stadtschule“, 14. Mai 1431
Der Auszug aus der "Ordnung der Marburger Stadtschule" vom 14. Mai 1431 zeigt die Aufgaben, die eine solche Schule beim Gemeindegottesdienst zu erfüllen hatte.

Auszug aus der "Ordnung der Marburger Stadtschule" vom 14. Mai 1431

[...]

8. Ein Schulmeister soll zuerst und zuvor die Kinder der [Marburger] Bürger getreulich unterrichten, bevor er die Fremden bildet, und er soll seinem Unterschulmeister auftragen, gleiches zu tun.

[...]

10. Ein Schulmeister soll darauf achten, daß alle seine Schüler, die am Chorgesang teilnehmen, jeden Tag zur Messe und zur Vesper kommen, sie seien Bürgerkinder oder Fremde.

11. Ein Schulmeister soll mit seinem Unterschulmeister und mit seinen Schülern jeden Sonntag und an allen Feiertagen das ganze Jahr hindurch in der Pfarrkirche die Frühmesse singen und an allen Tagen im Jahr das Hochamt und die Vesper. Ein Schulmeister soll auch dafür sorgen, daß in der Kirche richtig gesungen wird, ohne alle Konfusion.

12. Kein Bürgersohn soll einem Oberschulmeister oder Unterschulmeister Geld und Wertsachen geben, um von der Frühmesse an den Sonn- und Feiertagen befreit zu werden.

[...]

15. Ein Schulmeister und Unterschulmeister sollen alle ihre Schüler dazu anhalten, sich im Chor züchtig zu benehmen und nicht zu raufen und sich nicht zu ziehen und zu stoßen.

[...]

21. Ein Schulmeister soll seine Schüler zu ordentlichem Benehmen anhalten und zu Ordnung erziehen.

22. Auch soll ein Schulmeister seine Schüler dazu ernstlich anhalten, alle Gesangbücher oder alle anderen Bücher, die sie aus der Kirche mit in die Schule nehmen, reinlich zu bewahren; kein Schüler soll seine Hände oder Arme darauflegen, sie sollen sie auch nicht zerreißen oder zerschneiden und ihnen keinen Schaden zufügen.

[...]

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Auszug aus der Landeschronik von Wigand Gerstenberg (1457-1522) über die Fällung der Donareiche bei Geismar durch Bonifatius, um 1500
Der Chronist Wigand Gerstenberg berichtet in seiner Landeschronik davon, wie Bonifatius die Donar-Eiche bei Geismar fällen ließ.

Aus der Chronik des Wigand Gerstenberg um 1500:

Weiterhin stand auch früher ein großer Baum an der Stelle, wo jetzt Geismar an der Eder in Hessen liegt; da ehrten die Leute den Abgott mit Namen Jupiter. Diesen Baum ließ der heilige Bonifatius fällen. Darüber entstand ein großer Auflauf unter dem Volk, und sie wollten ihn totschlagen, weil er den Abgott zerstöre. Als man nun nur ein wenig an dem Baum gehauen hatte, fiel der große Baum jedoch durch die Kraft Gottes und seiner Wunderwerke um und zerbrach in vier Stücke. Als das die Leute sahen, stellten viele den Unglauben ab und bekehrten sich zu Gott. Daraufhin ließ der heilige Bischof an der Stelle eine kleine Kirche zu Ehren des heiligen Petrus erbauen. So liest man in der Martins-Chronik. Zu diesem Gedächtnis kommen die Bewohner von Geismar jedes Jahr nach Fritzlar und fällen einen Baum auf dem Friedhof.

Daraufhin zog der heilige Bonifatius zum Eichsfeld. Da kamen die greulichen Sachsen, die noch Heiden waren, und wollten alle Christen totschlagen. Bei dieser Gelegenheit schlug der heilige Bonifatius, der früher Winfrid (Wanfried) geheißen hatte, an einer Stelle sein Lager auf; daraus entstand ein festes Gebäude, das bis heute Winfride heißt. Am anderen Tag stieg der heilige Bonifatius direkt auf einen Berg, bat Gott den Allmächtigen um Hilfe, stritt mit den Sachsen und gewann die Auseinandersetzung. Da baute der heilige Bonifatius eine Kirche und nannte sie Heiliger-Hilfe-Berg, weil Gott ihm geholfen hatte, die Ungläubigen zu überwinden. So findet man es in vielen Legenden erzählt.


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Auszug aus dem Bericht des Bonifatius an Papst Zacharias (um 679-752, Papst seit 741) über die Gründung des Klosters Fulda, Sommer 751
Der Kontakt des angelsächischen Missionars Bonifatius mit dem Papst Zacharias sollte für die Zukunft der fränkischen Kirche entscheidend werden.

Auszug aus dem Bericht des Bonifatius an Papst Zacharias, in dem er die Gründung des Klosters Fulda mitteilt.

[...] Es ist weiterhin ein Waldgebiet da in einer Einöde von ungeheurer Weltverlassenheit inmitten der Völker unseres Missionsgebietes, in dem wir ein Kloster erbaut und Mönche angesiedelt haben, die nach der Regel des heiligen Vaters Benedikt leben, Männer von strenger Enthaltsamkeit ohne Fleisch und Wein, ohne Met und Knechte, zufrieden mit dem, was sie mit eigener Hand erarbeiten. Dieses genannte Gebiet habe ich von frommen und gottesfürchtigen Männern, vor allem von dem ehemaligen Frankenfürsten Karlmann durch redliche Bemühung erworben und zur Ehre des heiligen Erlösers geweiht.

Hier habe ich mit Zustimmung Eurer Huld mir vorgenommen, für einige Zeit oder auch nur für ein paar Tage den vom Alter matt gewordenen Leib in der Stille sich erholen und nach meinem Tode ruhen zu lassen. Es wohnen nämlich, wie bekannt, die vier Völker, denen wir das Wort Christi durch Gottes Gnade verkündet haben, im Umkreis um diesen Ort, und mit Gottes Gnade kann ich diesen, solange ich lebe und geistig imstande bin, nützlich sein. Es ist nämlich mein Wunsch, wenn Gottes Gnade sich zu Euren Gebeten gesellt, in der Verbundenheit mit der römischen Kirche und der Dienstbarkeit gegen Euch inmitten der Völker Germaniens, zu denen ich geschickt worden bin, zu bleiben und Eurem Gebot zu folgen [...].


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Schenkungsurkunde der Eltern von Hrabanus Maurus an das Kloster Fulda, 25. Mai 788
Durch Schenkungen an das Kloster Fulda wollten die Eltern des Hrabanus Maurus, von 822-842 Abt in Fulda, für ihr Seelenheil sorgen.

Eine Schenkung an das Kloster Fulda

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Wenn auch klein und unansehnlich sein mag, was wir für unsere ungeheuren Sünden und Verfehlungen darbringen, so wird doch unser gütiger Herr Jesus Christus nicht auf die Menge der Gaben, sondern auf den demütigen Geist des Schenkenden schauen.

Deshalb übereignen ich, Waluram, und meine Gattin Waltrat bei gesundem Verstand und nach vernünftigem Entschluß [zur Buße] für unsere Sünden und Fehler, damit wir im zukünftigen Leben verdienen, Verzeihung zu erlangen, der Kirche des hl. Bonifatius, die am Fuldafluß erbaut worden ist, wo ebenderselbe heilige Blutzeuge Bonifatius mit seinem heiligen Leib ruht, wo Baugulf Abt ist, ein innerhalb der Mauern der Stadt Mainz gelegenes Grundstück zusammen mit einem Haus und mit allen Gebäuden, in denen wir uns aufhalten. Dies [Grundstück] ist begrenzt auf drei Seiten von der öffentlichen Straße, auf der vierten Seite vom [Grundstück des] Zotan. Die Schenkung erfolgt in der Weise, daß ich, Waluram, und meine Gattin Waltrat und unser Sohn Hraban, wer auch den anderen überleben mag, [das Grundstück] haben soll. Nach unserem Tode sollen es die oben erwähnte Kirche des hl. Bonifatius oder ihre Vorsteher bekommen mit der Gewalt, völlig frei und dauerhaft darüber zu verfügen, es zu behalten, zu verschenken, zu verkaufen oder was immer sie damit machen wollen.

Wenn aber wirklich wir selbst oder irgendeiner unserer Verwandten, was ich nicht glaube, daß es geschehen wird, gegen diese Schenkungsurkunde anzugehen versuchen sollten, dann zieht er sich den Zorn Gottes und aller Heiligen zu. Außerdem kann er nach Weisung der Staatskasse gezwungen werden, zwei Unzen Gold [und] vier Pfund Silber zu bezahlen. Dessen ungeachtet möge diese Schenkung allezeit dauerhaft und unerschütterlich bestehen.

Diese Schenkung erfolgte am 25. Mai [788], im zwanzigsten Jahre der Regierung unseres Herrn Karl, des glorreichen Königs.

Das Zeichen Walurams und seiner Gattin Waltrata, die diese Schenkung zu machen baten [=veranlaßten]; die Zeichen Hrabans, Gundrams, Meginratas, des Grafen Hatto, Gebahards, Wargers, Meginoz, Muothars, Adalprahts, Adalfrids. Ich, Weliman, habe auf Bitten [diese Urkunde] geschrieben und Tag und Zeit notiert, wie oben [angegeben].


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Auszug aus der „Cronica sant Elisabet“ von Dietrich von Apolda (um 1228 - nach 1297) über die heilige Elisabeth in Marburg, 1520
Auszug aus der „Cronica sant Elisabet“ von Dietrich von Apolda (um 1228 - nach 1297) über die heilige Elisabeth in Marburg, 1520

Die Legende vom Leben der heiligen Elisabeth war stark verbreitet. Der Auszug und der Holzschnitt sind einem frühen Druck entnommen.

Aus dem Leben der heiligen Elisabeth

[Nachdem die heilige Elisabeth auf Vermittlung ihres geistlichen Beistandes von ihrem Schwager, dem Landgrafen von Thüringen, ihr Witwengut erhalten hatte,] ging sie, Magister Konrad folgend, nach Marburg. [...] Während sie sich in dem Dorf [in der Nähe von Marburg] aufhielt, wurde für sie in Marburg ein kleines Haus aus Steinen und aus Holz errichtet, damit sie dort mit den Ihrigen in aller Demut und großer Geduld wohnen konnte. Sie legte auch ihre weltliche Kleidung ab und demütigte ihren Leib, die große Königin, und erzeigte sich gleichsam als Dienstmagd und Dienerin Gottes. Aus den Händen Magister Konrads empfing sie ein demütiges Kleid, rauh und düster, ihre Tugend ersetzte die Farbe und die Leichtigkeit. [...]

So übte sich die heilige Frau im steten Gebet und in Werken der Liebe und Barmherzigkeit; und wenn sie hörte, daß jemand unter Armut, Krankheit und Schwäche litt, dann ließ sie ihn in ihrem Haus wohnen und versorgte ihn unermüdlich. Als aber Magister Konrad einmal bemerkte, daß sie selbst elenden, verunstalteten Menschen an ihrem eigenen Tisch essen ließ, bestrafte er sie dafür.


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Abbildung der Almosenspende am Elisabethschrein in der Elisabethkirche Marburg, Fotografie
Abbildung der Almosenspende am Elisabethschrein in der Elisabethkirche Marburg, Fotografie

Die heilige Elisabeth gilt bis heute als die Verkörperung der Nächstenliebe. Die Abbildung zeigt eine Szene, die Almosen-Spende, vom Elisabethschrein in der Elisabethkirche zu Marburg.


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Inventar der Kirchengeräte in der Pfarrkirche Ziegenhain, 9. März 1525
Das vorliegende Inventar der Kirchengeräte aus der Pfarrkirche zu Ziegenhain zeigt, wie reich der Kirchenschatz war und wie kostbar ein Gnadenbild geschmückt sein konnte.

Inventar des Kirchengeräts einer Kirche, aufgenommen 9. März 1525

Cleinother und ornat in der pfarkirchen zu Ziegenhain, besichtigt 9. Martii anno 25

Ein sylbern vergulte monstrantze;
eyn kopfern monstrantze, darin eyn portale und uf demeselben portale ein cruze mit perlin;
item zwen cleyne gulden ringe, gleich gurtelringen mit zungen, versetzt mit etlichen perlin;
item ein gulden ringk mit eynen schonen grunen stein eyner bonen groß, des ansehens wy ein smaragd;
ein gulden ringk mit eym blauwen steyn umb und umb mit buchstaben, darzwuschen blaw und grun verlasurt;
zwey sylbern messekennychen;
funfe sylbern vergulte kilche mit iren pathenen;
eyn cleyner silbern vergulter kilch, brauchlich zun krancken;
ein dreyschaftige silbern krone mit geflydder, an das [.....] gehörig;

Chorkappen
Ein alt blaw vertragen gulden stucke mith eynem kopfern versilberten pacem;
ein alt blaw vertragen silbern stucke verblombt mit veigeln.

Messegewand
Ein blaw atlassen mit grunen blomen, darauff ein perlincruce gemacht uß achtzig perlinroßen;
ein rots uß samath;
zwey swartze uß samath;
zwey wisse damascen;
ein lebberfarbs damascen, ist alt;
ein bunts atlassen;
ein alts von gruner seyden;
ein alts von gruner seyden geblomet;
ein alts seydens grun und roth;
ein alts zerbrochens geelichter seyden;
ein alts in blaw geblomet mit gulden pfauwen, seer vergangen;
ein alts grun und blaw gulden stuck gwest;
etliche alte von gwande und parchen;

Umbralen
Ein blaw atlassen mit achzeen perlinrosen in ein krutz versetzt;
ein rots von samath mit vierundzwentzig silbern vergulten spangen;
ein swarts samathen, ist alt;
ein swarts samathen mit silber vergulten bucklin;
zwey wysse damascken;
ein lebberfarbs damascen, ist alt;
ein bundts atlassen mit sybenzeen vergulten spangen.

Diackenrocke
Zwene, sint halb geel, halb swarts, damascen und atlassen;
darzu drey cristallen, ist eyne runt und zwo uberhoicht, sind nicht versatzt;
vier chorellen paternoster, daran zwo cristallen in sylber gfast.

Alle obgemelte ornat und cleynoter sint unter der verwarung eins schulmeysters.


Geschmogk an drey Marienbilde, verwart durch dy heylgenmeister volgt:

neune sylbern speynolden mit vergulten kopfen und flydern;
ein chorellen paternoster einer elen lang ungeverlich mit eym sylbern ringe;
ein chorellen paternoster dupel dreier virtel einer elen lang mit eym sylbern ringe;
ein cleyns korellen paternoster;
eyn krone mit etlichen kleynen perlin, durchsetzt mit etlichen silbern vergulten spangen und syben sylbern ringen, ist eyner vergult, mit eym ametisten, syben cristallen;
ein crone mit zwentzig sylbern vergulten spangen und eynem sylbern ringe;
ein bruner Marienrog mit zweien korellen paternoster mit eyner sylbern spangen und eym silbern ring;
ein rog an Sanct Annen bild mit 36 silbern spangen und ein korellen paternoster eyner elen langk.

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Auszug aus der Juden-Ordnung des Landgrafen Philipp von Hessen (1504-1567) über das Verhalten der Juden in einer christlichen Gemeinschaft, 1539
In der Judenordnung aus dem Jahr 1539 wurde genau festgelegt, wie die Juden sich in einer christlichen Gemeinschaft zu verhalten hatten.


Juden-Ordnung.
Vom Jahre 1539.


Ordnunge unser Philipsen von Gottes gnaden Landtgrave zu Hessen, [...],
wie und was gestalt die Juden nun hinfürter in unsern Fürstenthumb, Gravschaften und Gepieten gelitten und geduldet werden sollen.

Erstlichen sollen die Juden unsern Amptleuten, auch den Pfarrherrn jedes Orts, da sie gesessen sein, mit dem Eyde versprechen, bei den i[h]ren kyn Lesterunge wider Christum unsern Herrn und seine heylige Religion zu treiben, noch zu gestatten, sonder sich des alleyn zu halten, das i[h]nen Moses und die Propheten vorgegeben haben, und das sie auch die i[h]ren mit keyner Satzunge i[h]rer Talmudischen Le[h]rer, welche dem Gesetz und den Propheten nit gemeß seien, beschweren wöllen. Damit durch die Talmutischen gottlosen Gedichte die armen gutherzigen Juden von unser war[h]ren Religion nit zum fürne[h]msten abgehalten werden.

Zum anderm sollen sie die Juden geloben [...], nirgent newe Synagogen auffzurichten, sonder sich alleyn der alten und vorgebaweten mit aller Stille zu gebrauchen.

Zum dritten sollen sie versprechen, mit niemants der unsern von der Religion zu disputieren von eynichen Weg, dann alleyn mit denen Predigern, die wir darzu besonders verordnen werden.

Zum vierten, das sie zu den Predigern, die man i[h]nen insonderheit verordnen würdt, sampt i[h]ren Weibern und Kindern kommen und Predigt hören sollen und wöllen.

Zum fünfften, sollen zimlicher weise kauffen und verkauffen, doch in den Stetten und Orten, sofern Zünffte sein, oder da sie die Zünffte leiden. Doch sollen sie i[h]r Ware nit vertewren, sondern umb eynen zimlichen billichen Pfennig geben, wie es i[h]nen unsere Beampten oder Burgermeyster und Rath setzen würden, und sollen keyn War verkauffen, sie seie i[h]nen dann zuvor durch unsere Beampten, Burgermeyster oder Rath gesetzt worden. [...]

Zum siebenden sollen keynen Judischen Gesuche oder Wucher treiben und unsere arme Leuthe nicht uberne[h]men. Würden sie aber eynem eynen Gulden zwen oder drei oder mehr lehen, sollichs solle geschehen im Beisein unserer Amptleuth oder Amptknecht, oder mit Wissen eynes Raths, und davon nach billicher Widernüge derselbigen, als nemlich von eynem hundert Gulden eyn Jahr lang fünff Gulden, oder was man sunst den Christen zu geben pflegt, gegeben werden. Würde aber eyn Jude darüber Wucher und Gesuch treiben, so soll er die Hauptsumma seines ausgelihenen Gelts, und die Helfft aller seiner Güter verfallen haben und darzu vier Wochen mit dem Thurm gestrafft werden. [...]

Zum achten, sollen sie eynen Eydt zu Gott schweren, keynem Burger, Statthalter, Rathsamptmann, Burgermeyster oder Diener oder [deren] Weibern etwas zu schenken auch nit eynen eynigen Pfennig oder pfennigswerth, bei Straff i[h]res leibs und Lebens, damit unsere Beampten nit also durch Gaabe gestochen und den Juden dester eh i[h]re Vinatzen, unbilligen Wucher und ungepürliche Händel gestatten und zusehen. Würde auch darüber eyner unser Beampter Geschenck von Juden ne[h]men und i[h]re Vinantzen oder ungepürliche Händel zusehen, der soll von uns darumb unnachlessig gestrafft werden.

Zum neunten, welcher Jude eyn Christenweib oder Jungfraw schendet oder beschlefft, den sollen unsere Beampten am Leben darumb straffen. [...]

Zum viertzehenden wöllen wir haben, das sie uns den Schutzpfennig geben, weß sie mit uns uberkommen werden, und sonderlich eyn jeder, nach dem er vermag.


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Fotografie eines jüdischen Friedhofs
Fotografie eines jüdischen Friedhofs

Da Juden keinen Grundbesitz erwerben durften, war es für sie besonders wichtig, Land zur Einrichtung eines Friedhofs zu erhalten.


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Fotografie einer eisernen Bildplatte eines Spangenberger Ofens nach dem Entwurf von Philipp Soldan, 1926
Fotografie einer eisernen Bildplatte eines Spangenberger Ofens nach dem Entwurf von Philipp Soldan, 1926

Besonders kostbar sind die Öfen, deren Platten Philipp Soldan aus Frankenberg entworfen hat. Die Abbildung zeigt eine Eisenplatte von einem der Spangenberger Öfen.


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Grablege der hessischen Landgrafen in der Elisabethkirche Marburg, Fotografie
Grablege der hessischen Landgrafen in der Elisabethkirche Marburg, Fotografie

Die Grablege der hessischen Landgrafen in der Elisabethkirche zu Marburg.


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Auszug aus dem Ausschreiben des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen (1532-1592) über den Handel mit ausländischem Salz, 8. März 1589
Mit dem "Ausschreiben gegen die Durchführung des fremden Salzes" versuchte Landgraf Wilhelm IV. den Absatz des einheimischen Produkts zu stützen.

Wilhelm IV.
Ausschreiben gegen die Durchführung des fremden Salzes
vom 8. März 1589
Wilhelm von Gottes Gnaden Landgraf zu Hessen, Graf zu Katzenelnbogen etc.


Liebe Getreue, wiewohl wir euch zuvor zu mehreren Malen ernstlich befohlen, im Amt euerer Verwaltung und an allen Zollstätten eine fleißige Aufsicht zu haben, daß kein Franckenheuser oder anderes fremdes Salz, durch und in unsers freundlichen lieben Bruders Lande und Fürstentum [Marburg] geführt würde, wenn aber einige Fuhrleute so handeln, alsdann dieselben von jedem Pferde einen Taler als Zoll erlegen zu lassen, damit wir durch Zufuhr fremden Salzes an dem Sieden in unserem Salzwerk nicht gehindert würden. Wir haben den Eindruck, daß diese [Vorschrift] nicht also umgesetzt wird, sondern noch täglich viel fremdes Salz bei euch - auch bißweilen unter dem Anschein Allendorfer Salzes - durchgeführt würde und demnach in unser und unseres freundlichen lieben Bruders Land und Fürstentum eingeschoben und verkauft werden soll.

Da aber solches uns an dem Sieden und Verkaufen unseres Salzes sehr hinderlich ist, [...] so befehlen wir euch hiermit ernstlich und verfügen nochmals, daß ihr im Amt eurer Verwaltung und an allen Orten auf solche Fuhrleute Achtung gebet und sie nicht durch- und vorüberlasset, sie haben dann von jedem Pferde einen Taler zu Zoll erlegt, den ihr aber auch von ihnen unnachlässig erheben und uns verrechnen sollt.

Und wenn etliche der genannten Fuhrleute Salz fahren und vorgeben, daß sie Allendorfer Salz geladen haben, so sollt ihr auch auf solche gut achtgeben und bißweilen die Karren aufmachen und das Salz besehen lassen.

Wenn ihr dann bei einem oder dem anderen solchen Betrug finden werdet, dann sollt ihr das Salz zur Strafe für uns einziehen und verrechnen.
[...]


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Bildnis der Sophie von Brabant mit ihrem Sohn Heinrich. Holzschnitt aus der Hessischen Chronik von Wilhelm Dilich, 1605
Bildnis der Sophie von Brabant mit ihrem Sohn Heinrich. Holzschnitt aus der Hessischen Chronik von Wilhelm Dilich, 1605
In der Hessischen Chronica von Wilhelm Dilich werden die Tochter der heiligen Elisabeth, Sophie von Brabant, und ihr Sohn Heinrich als "Gründer" der Landgrafschaft Hessen im Bild dargestellt.



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Lehnsbrief König Wenzels für Graf Heinrich von Waldeck, 1379
König Wenzel stellte im Jahre 1379 einen Lehensbrief für Graf Heinrich von Waldeck aus.

Abschrift des Lehensbriefs für Graf Heinrich von Waldeck, ausgestellt von König Wenzel aus dem Jahr 1379

Wir Wenczlaw, von gotes gnaden Romischer Kunig, zu alln zeiten merer des Reichs und Kunig zu Beheim, Bekennen / und tun kunt offenlichen mit diesem brieve allen den, dye yn sehen oder horen lesen, das wir durch getrewer dienste / willn, die uns und dem Reiche der edel Heinrich Grave zu Waldecke uns[er] neve und lieber getrewer, getan hat und tun / sol und mag in kunftigen czeiten, mit wolbedachtem mute und rechter wissen demselben Graff Heinrich geli/hen haben und leyhen mit craffte diz briefs alle seyne herschafft und lehen, die er von uns und dem reiche / von rechte zu lehen haben sol und die er redlichen herbracht hat und mit namen seine freyen stule, strassen, / zolle und gerichte heymlich oder offembar, freyen Greve uns czu presentiren und bestetigen, confirmiren und / vernewen ym ouch in craffte dicz briefes alle sulche Privilegia, brieve, freyheitten und gnaden, die seliger gedechtnusse unser Herre und Vatter Romischer Keyser Karl etwenne Graven Otten von Waldecke, des vorgenanten / Heinrichs Vatter, und ouch demselben Heinrich gegeben hat, in aller der massen, als dieselbn privilegia und / brieve von Worte zu Worte sint begriffen, Mit urkunt dicz briefs, vorsigelt mit unser kuniglicher Majestat Ingesigel, / der geben ist zu Oppenheim Nach Crists geburt dreyczenhundert Jar darnach in dem Newnundsibenczigsten / Jare des nehsten donnerstages vor dem Sontag Reminiscere, unser Reiche des Behmischn in dem Sechsczehnden / und des Romischen in dem dritten Jaren.




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Revers Heinrich von Urffs über die Belehnung mit der Burg und der Freiheit zu Niederurff sowie der Zapferlaubnis durch den Grafen Philipp von Waldeck, 29. August 1507
Heinrich von Urff stellt seinen Revers über die Belehnung mit Burg und Freiheit zu Niederurff aus.

Heinrich von Urff stellt dem Grafen Philipp von Waldeck seinen Revers aus über die Belehnung mit der Burg und der Freiheit zu Niederurff und der Zapfgerechtigkeit über das ganze Dorf.

29. August 1507

Ich Heinrich von Urffe bekenne vor mich, myne gevettern seligen / Philips von Urffe soene und vor alle unser erben, das der wolgeborn / und edell here, her Philips grave zcu Waldegk, staithelter der grave-/schafft Ravensberg, myn gnediger her, mich zu behuff myner und myner ge-/vettern vorg(enant) na lehnrechts rechte belehnt hait mit der borgk zu / Urffe, der freyheit dorselbs und dem zcappen uber das dorff zu Urffe. Darumb sollen und wollen ich, myne gevettern vorg(enant) und / alle unser rechte manlives lehns erben des gemelten myns gnedigen / hern von Waldegke, siner gnaden gevettern und der graveschafft / zu Waldegk getreue gehuldete belehnde manne sin und blieben, / irer gnaden bestes thun und werben, iren schaden hindern und / warnen, die lehne entphain und verstain, so dicke des noit / und behoiff ist, und alles thun, das eyn getruwer lehnmann synem / lehnhern zu thun schuldig ist. Das ich also vor mich und myne / midbeschr(iebenen) myt mynen uffgerichten fingern gestaveder eyde zu godt / und den hilgen gesworn habe, stede, vast und unverbrochlich zu halten, / alles naich lehnrechts rechte und sunder geverde mit urkunde / hain ich myn ingesigel an diessen briff gehangen sontags sant Johans / baptiste tag decollationis anno domini millesimo quingentesimo septimo.




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Grafische Darstellung lehensrechtlicher Abhängigkeiten auf Grund einer Urkunde vom 9. Februar 1249

Anhand einer Urkunde aus dem Jahre 1249 läßt sich fast eine "hessische" Lehnspyramide erstellen.


Eine Lehnspyramide, die die lehnsrechtlichen Abhängigkeiten hessischer Adeliger spiegelt.


 



Eine Urkunde vom 9. Februar 1249 hält diese Abhängigkeiten fest.

Werner, Johanniterbruder und vordem Graf zu Battenberg, Konrad von Itter, Heinrich von Uttershausen, Eckebert Pleban zu Frankenberg, Anton zu Goddelsheim und Gottfried von Lauterbach bekunden, daß Hugo gen. von Heiligenberg gegen das Kloster Haina Anspruch auf den Zehnten im Dorf Altengrüsenn erhoben hat. Da auf einem zu Lichtenfels angesetzten Tag beide Parteien auf ihrem Recht beharrten, übertrugen sie die verbindliche Entscheidung des Streites den Ausstellern, die sich je nach Stand, die Geistlichen bei Ordensregel und Oboedienz, die Freien bei Treue und Ritterehre und die Ministerialen bei der ihrem Herrn geschuldeten Treue und Mannschaft verpflichtet haben. Sie stellten dann fest, daß der Zehnte vordem zu verschiedenen Zeiten und Orten von Bruno und Volpert von Allendorf und den Brüdern Hermann und Dietrich von Münden dem Edlen Hugo [von Uttershausen] und seinem Bruder Werner, von diesen den Grafen Wicker und Gottfried von Reichenbach, von denen wiederum Graf Hermann von Oralmünde und von ihm endlich dem Abt von Hersfeld aufgelassen worden war, wobei alle ihr jeweiliges Recht zugleich dem Kloster Haina übertrugen; dies alles geschah, als der mitausstellende Bruder Werner noch Richter zu Stift war. Sie sprachen den Zehnten auf Grund dieser Tatsachen dem Kloster zu und lassen Hugo [v. Heiligenberg] geloben, es künftig nicht mehr zu belästigen.

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Auszug aus dem Brief Ulrichs von Hutten (1488-1523) an den Nürnberger Patrizier Willibald Pirckheimer (1470-1530) über das Leben auf einer Burg, 25. Oktober 1518
Der Auszug aus dem berühmten Brief des Ulrich von Hutten an Willibald Pirckheimer beschreibt in eindringlicher Weise das Leben auf einer Burg.

Auszug aus dem Brief des Ritters Ulrich von Huttens an den Nürnberger Patrizier Willibald Pirckheimer, worin er über sein Leben Rechenschaft ablegt.

[...]
Ihr in den Städten - euch fällt es leicht, nicht nur ein friedliches, sondern auch ein geruhsames Leben zu führen, wenn das eurem Wunsche entspricht; glaubst du etwa, wenn ich es wollte, ich würde jemals unter meinen Rittern die Ruhe dazu finden? Hast du denn vergessen, welchen Strömungen und welcher inneren Beunruhigung die Menschen unseres Standes ausgesetzt sind?. Denke nicht [weiter] so und beurteile mein Leben nicht nach dem deinigen.

Bei uns verhält es sich so: Mag ich auch ein noch so prächtiges Erbteil besitzen, so daß ich von meinem Vermögen leben kann - dennoch sind die Beunruhigungen derart [groß], daß sie mich nicht zur Ruhe kommen lassen. Man lebt auf dem freien Lande, in den Wäldern und auf diesen Burgbergen. Diejenigen, die uns ernähren, sind ganz arme Bauern, denen wir unsere Felder, Weinberge, Wiesen und Wälder zu Lehen geben. Was an Ertrag davon eingeht, ist im Verhältnis zu der Mühe, die darauf verwendet wird, gering und spärlich, doch ist man mit großer Sorgfalt und großem Fleiß darauf bedacht, daß er möglichst reich und lohnend ist; denn wir müssen als Haushälter sehr sorgfältig sein.

Sodann müssen wir uns dem Dienst irgendeines Fürsten verdingen, von dem wir uns Schirmherrschaft erhoffen; wenn ich das nicht tue, glaubt jeder, daß er sich mir gegenüber alles erlauben dürfe, und auch wenn ich es tue, ist diese Zuversicht mit Gefahr und täglicher Furcht verbunden. Denn wenn ich aus dem Haus gehe, muß ich fürchten, denen in die Hände zu fallen, mit denen mein Fürst, mag er sein, wer er will, Händel oder Fehde hat. An seiner Stelle überfallen sie mich und schleppen mich fort, wenn einen das Mißgeschick trifft, zahlt man leicht die Hälfte seines Vermögens als Lösegeld; und so erwächst mir Feindschaft, wovon ich mir Schutz erhofft hatte. Daher halten wir uns zu diesem Zweck Pferde, schaffen Waffen an und umgeben uns mit zahlreichen Gefolge, alles unter großen und drückenden Kosten. Bisweilen reiten wir wohl sogar nicht zwei Morgen weit ohne Waffen aus; kein Dorf kann man unbewaffnet besuchen; auf die Jagd, zum Fischen darf man nur in Eisen gepanzert gehen. Außerdem kommen häufig gegenseitige Streitigkeiten zwischen fremden und unseren Hörigen vor, und es vergeht kein Tag, an dem man uns nicht irgendeinen Streitfall berichtet, den wir sehr vorsichtig schlichten müssen; denn wenn ich zu ungestüm das Meinige in Schutz nehme oder etwa das Unrecht ahnde, entsteht eine Fehde; wenn ich aber zu geduldig Nachsicht übe oder gar von meinem Recht abgehe, dann bin ich sogleich dem Unrecht aller ausgesetzt, denn was man dem einen zugestanden hat, das wollen dann alle als Zugeständnis für eigenes Unrecht eingeräumt haben. Und unter welchen Leuten geschehen derartige Sachen? Nicht etwa unter Fremden, mein Freund, sondern unter einander Nahestehenden, unter Verwandten und Angehörigen einer Familie, ja sogar unter Brüdern kommen sie vor.

Nun, das sind unsere Annehmlichkeiten auf dem Lande, das ist unsere Muße und Ruhe! Die Burg selbst, ob sie nun auf einem Berg oder in der Ebene liegt, ist nicht zur Behaglichkeit, sondern zur Sicherheit erbaut, mit Graben und Wall umgeben, im Innern eng, durch Stallungen für Klein- und Großvieh im Platz begrenzt; daneben finstere Kammern, die mit Kanonen, Pech und Schwefel und dem übrigen Gerät an Waffen und Kriegsmaschinen angefüllt sind; überall der Geruch nach dem Pulver der Kanonen; dann die Hunde und der Hundedreck - auch das ist ein unangenehmer Duft, denke ich! Reiter kommen und gehen, unter ihnen Räuber, Diebe und Mörder; denn meistens stehen unsere Häuser allen offen, da wir entweder nicht wissen, wer der Betreffende ist; oder auch nicht viel danach fragen. Es ist das Blöken der Schafe, das Brüllen der Rinder und Bellen der Hunde zu hören, das laute Schreien der Arbeiter auf dem Felde, das Quietschen und Rattern der Karren und Wagen, ja bei uns zu Hause sogar das Heulen der Wölfe, weil die Wälder ganz nahe sind. Den ganzen Tag gibt es Mühe und Sorge für den folgenden Tag, unablässige Geschäftigkeit und beständige Unruhe: Die Äcker müssen gepflügt und wieder bestellt werden, in den Weinbergen muß gearbeitet, Bäume müssen gepflanzt und Wiesen trockengelegt werden, man muß eggen, säen, düngen, ernten und dreschen; da rücken schon wieder die Ernte und die Weinlese heran. Wenn nun ein Jahr einmal schlechten Ertrag bringt, wie es bei dem unfruchtbaren Klima häufig der Fall ist, dann tritt entsetzliche Not und Armut ein, so daß immer etwas da ist, was einen aufregt, stört, beunruhigt, zermürbt und aufreibt, was einen herbeiruft, wegruft oder hinaustreibt. In solch ein Leben, das zum Studieren geeignet soll, rufst du mich vom Hofdienst zurück, weil er zum Studium ungeeignet sei, und stellst und verankerst mich dort mit Wissen und Willen als in einen erwünschten Lebenshafen; indem du das tust, glaubst du mich in die Ruhe und Stille zu bringen; oder wenn du es nicht glaubst, verbirgst du mir die Absicht, mit der du mir diesen Rat gibst. [...]

Es ist nicht der Ehrgeiz, der mich verführt, sondern eine lautere Absicht, die mich die nötige Ämterlaufbahn durchlaufen läßt. Ich habe auf meinen Ruf zu achten und meine Würde zu wahren, der Tüchtigkeit meiner Vorfahren nachzueifern und das Ansehen der Familie, das mir meine Verwandten zugute halten, zu erhöhen, sowie den Glanz des Geschlechts zu mehren. Wenn ich davon abgehe, dann werde ich mir selber und den Wissenschaften untreu. [...]

Übrigens blickt mein ganzer Stand auf mich: Alle meine Vorhaben, geschweige erst meine Taten beobachten die Menschen. Man verlangt von mir nicht in erster Linie, daß ich meine Schuldigkeit tue, sondern was ihnen als Forderung in den Sinn kommt. Sie erwarten Großes und denken noch Größeres von mir und leiten diese Meinung aus dem Ruhm meines Namens her, den sie nicht richtig einschätzen.

[Zur Information: Ulrich von Hutten wurde 1488 auf der Steckelburg bei Ramholz, heute Stadt Schlüchtern, geboren und 1517 von Kaiser Maximilian als Dichter gekrönt.]

aus: Schnack, Ingeborg: Marburg Bild einer alten Stadt, Honnef/Rhein 1961, S. 461 f.


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Auszug aus dem Burgfriedensbrief der von Lehrbach, 12. Dezember 1491
Der "Burgfrieden" derer von Lehrbach vom 12. Dezember 1491 illustriert, wie wichtig für eine adelige Familie der Erhalt der Burg war.

Burgfrieden der von Lehrbach vom 12. Dezember 1491

[...]
Wir sollen und wollen auch itzund an und noch hinfürter von dato unsers Burgfriedensbrief alle Jahr jährlich einen Vorständer und Baumeister uf Sanct Martins Tag zu gemeiner Noth und Nu[t]ze des Baues an unserem Schloß Lehrbach aus uns Ganerben allen vorgenan[n]t, jährlich umb von einem Stam[m] zum andern, kiesen und se[t]zen. Und welchen wir also sämtlich oder der mehrere Theil also kiesen wurden, der soll den Zehenden vor Lehrbach und Balderstorf und alles, das an und in unsern gemeinen Bau gehöret, nach Inhalt dieses Briefe getreulich fürdern, ufnehmen und wahren und davon an unserm gemeinen Schloß Lehrbach Macht haben zue bauen, doch mit Rath der Ganerben. Und ob einer oder mehr das zu thun nicht verwilligen wolte, wann dann der Mehrertheil den Bau verwilligte, solte er durch die Abfälligen nicht verhindert werden. Und was dann ein Baumeister von den gemeinen Gefällen eingenommen und verbauet hette, solte er alle Jahr jährlich uf den genannten S[anct] Martins Tag kundlich berechnen in Gegenwärtigkeit der Ganerben. Und was er dann in seinem Jahr nit verbauet hette, das solte er dem neu gekohrnen Baumeister wiederumb kundlich überliefern, alles in Beysein der Ganerben.

[...]

Auch so soll unser Ganerben oder Erben keinen unsers Lehnbriefs über unser Schloß Lehrbach haltend, auch ander Brief, so wir sonst haben über samtliche andere Güter melden, in keine Weis unser keiner besonders halten, dann wir sollen und wollen solche Brief in unsere gemein[sam]e Kisten uf unsern Thorn (Turm) ligen und gelegt haben, so daß unser keiner sonder des andern Zuthun dazu entkommen mögte.






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Inventar des Hauses Blankenstein, aufgenommen durch den Marburger Rentschreiber, 11. April 1514
Wie karg eine Burg eingerichtet sein konnte, beweist das Inventar des Hauses Blankenstein aus dem Jahr 1514.

Das Inventar des Hauses Blankenstein, aufgenommen durch den Marburger Rentschreiber am 11. April 1514.

Anno d[o]m[in] 1514 Uff Dinstag Nach palmarum [11. April] han Ich Johannes [Barthold] Eschweg Rentschreiber zu Marpurg von wegen meines g. H. von Hessen us bevelh meiner gnedigen Frauen und der verordneten Rethen dissen hernach verschribben Hußrat zu Blangstein funden und uffgezeichent und denselbigen In bey sein des kellers und Cort von Dernbachs Knechte Jacobuß Jorgen Juppen, Schepfen, Rentmeister zu Blangstein, uberlibbet

Zum ersten in meines g. H. Gemach
2 bettstul
2 fedderbett
1 schirbbet
ein tresor schrank verslossen
ein disch

In der Junghern Kamern
ein bettstul
3 fedderbett
3 pfell

In der Buchssen Kamer
ein büchen kiste darinnen sint zuryssen haddeln von alden leilachen, dischduchern, handzwelen und kessenziechen, gar nichts tuglichs
10 kessen buch bos und gut
2 pfell bos und gut
6 besser slecht geweben decktucher
3 gantzer hackenbuchssen
5 halbe hackenbuchssen
5 kortze ysern buchssen

In der Jungfern Kamern
3 bettstull
2 fedderbett
1 pelzdecke
1 wollen deck
6 kessen buch bos und gut
2 pfell

In der Kamer by der Glocken
ein bett

In des Kellers Kamer
ein fedderbett
ein bettstul
2 pfell
2 peltzdecke
[...]

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Fotografie des Marburger Schlosses
Fotografie des Marburger Schlosses

Die Residenz des hessischen Landgrafen hingegen, das Marburger Schloß, gehörte mit zu den besonders großzügigen Anlagen der Spätgotik und der Renaissance.


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Sage vom Riesenspielzeug
Die Sage vom Riesenspielzeug, die ursprünglich aus dem Elsaß stammt,
wird auch nördlich von Marburg angesiedelt.

Das Riesenspielzeug

Die nächsten Nachbarn des Weißenstein [bei Marburg] heißen Rickshelle, Heideberg und Heppersberg. Auf einem dieser Berge wohnte in ganz alten Zeiten ein großer Riese in seinem festen Schlosse. Er hatte nur eine einzige Tochter. Einmal ging das Riesenfräulein hinab ins Lahntal, wollte sehen, wie es da unten wäre, und kam auf ein Ackerfeld, das vor dem Walde lag. Das wurde gerade von den Bauern bestellt. Das Riesenfräulein blieb vor Verwunderung stehen und schaute den Pflug, die Pferde und die Leute an, das ihr alles etwas Neues war. "Ei", sprach sie und ging herzu, "das nehme ich mir mit." Da kniete sie nieder zur Erde, breitete ihre Schürze aus, strich mit der Hand über das Feld, fing alles zusammen und tat's hinein. Nun ging sie ganz vergnügt nach Hause. Sie tat nur einen Schritt und war droben auf dem Berge.

Der Ritter saß gerade am Tische, als sie eintrat. "Ei, mein Kind", sprach er, "was bringst du da? Die Freude schaut dir ja aus den Augen heraus." Sie machte geschwind ihre Schürze auf und ließ ihn hineinsehen. "Was hast du so Zappeliges darin?" - "Ei, Vater, gar artiges Spielding! So was Schönes hab' ich mein Lebtag noch nicht gehabt." Darauf nahm sie eines nach dem anderen heraus und stellte es auf den großen Tisch, den Pflug, die Bauern mit ihren Pferden, lief herum, schaute es an, lachte und schlug vor Freude in die Hände, wie sich das kleine Wesen darauf hin- und herbewegte. Der Vater aber sprach: "Kind, das ist kein Spielzeug; da hast du was Schönes angerichtet! Geh nur gleich und trag's wieder hinab ins Tal!" Das Fräulein weinte; es half aber nichts. "Mir ist der Bauer kein Spielzeug", sagte der Ritter ernsthaftig; "ich leide es nicht, daß du mir murrst. Kram alles sachte wieder ein und trag's an den nämlichen Platz, wo du's genommen hast. Baut der Bauer nicht sein Ackerfeld, so haben wir Riesen auf unserm Felsenneste nichts zu leben."
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